BHW kündigt nicht vollen Bausparvertrag - rechtens?

  • Hallo liebe Mitstreiter,


    von meiner Seite aus erst einmal herzlichen Dank an RA Elias für die Information sowie an Thommy100 und wn25421pbg für die Links.


    Die Entscheidung des OLG Hamm vom 30.12.2015 ( Az.: 31 U 191/15 ) vermag unter Berücksichtigung des BGH Urteils vom 07.12.2010, Az.: XI ZR 3/10 nicht zu überzeugen, Im genannten Urteil hatte der BGH über eine Allgemeine Geschäftsbedingung eines Bausparvertrages zu befinden. Dort hat er sich auch mit der rechtlichen Einordnung eines Bausparvertrages beschäftigt.


    Der Bausparer erwirbt nach Ansicht des BGH zumindest eine Anwartschaft auf Gewährung eines Darlehens:


    "Unabhängig davon, ob man hinsichtlich der rechtlichen Konstruktion davon ausgeht, dass der Darlehensvertrag bereits mit dem Bausparvertrag aufschiebend bedingt geschlossen wird (m.w.N.), oder ob man annimmt, dass der Bausparvertrag i.S. eines Vorvertrages nur einen Anspruch auf Abschluss eines späteren Darlehensvertrages begründet, hat die Beklagte ihren Kunden jedenfalls bereits bei Abschluss des Bausparvertrages eine entsprechende Anwartschaft verschafft.“

    Die Option, diese Anwartschaft in Anspruch zu nehmen besteht daher in den Fällen wo Bausparverträge nicht voll bespart sind in jedem Fall, was aus Sicht von uns Bausparkunden eine Kündigung durch die Bausparkassen ausschließt.


    Der Bundesgerichtshof sprach in seinem Urteil weiterhin zutreffend davon,


    „dass der Bausparer eine Option erwirbt, später ein Darlehen ohne Rücksicht auf die Zinsentwicklung am Kapitalmarkt zu einem bei Abschluss festgelegten Zinssatz zu erhalten“.

    Die Kündigung der Bausparkassen soll diese Option vernichten, obwohl sie ohne zeitliche Beschränkung vereinbart und durch den Bausparkunden bereits vollständig bezahlt wurde.


    In diesem Zusammenhang sei auch nochmals auf folgendes hingewiesen:


    Bietet ein Vertragspartner in seinen Verträgen eine feste Verzinsung an, so ist er nach den Grundsätzen des Gesetzes hieran gebunden und hat das daraus resultierende Risiko zu tragen. Hierdurch entsteht kein willkürliches Missverhältnis, das einer Korrektur bedarf. Die Bausparkassen haben die Vertragsbedingungen und Höhe der Zinsen selbst festgelegt und angeboten. Sie hätten sich ohne weiteres ein ordentliches Kündigungsrecht vorbehalten können, was sie jedoch nicht getan haben. Die Zusage und Gestaltung der festen Verzinsung fällt in den Bereich der Vertragsfreiheit. Die Bausparkassen müssen sich daher an den von ihnen geschlossenen Verträgen nach dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ festhalten lassen.


    Vor dem Hintergrund des substantiiert dargelegten Sachverhalts bezweifle ich weiterhin, dass die bislang zu Gunsten der Bausparkassen ergangenen Urteile einer Überprüfung durch den BGH standhalten.


    Freundliche Grüße
    Betroffener2015




  • Hallo Betroffener 2015,


    Deine oben in Rot markierte Bemerkung möchte ich folgendermaßen klarstellen:
    Die Bausparkassen hätten sich ohne weiteres nicht nur ein ordentliches Kündigungsrecht vorbehalten können, was sie jedoch nicht getan haben,


    sondern ein ordentliches Kündigungsrecht in ihren ABB benennen müssen!!
    § 5 Abs. 3 Nr. 7 Bausparkassengesetz !!

    Gruß nicora

  • Hallo nicora,


    § 5 Abs. 3 Nr. 7 Bausparkassengesetz ist nur einer von zahlreichen weiteren Punkten, warum die Bausparkassen mit ihrer Kündigung nicht durchdringen können.


    Im Übrigen lasse ich mich allein durch den Umstand, dass vereinzelte Oberlandesgerichte ( z.B. Hamm ) zugunsten der Bausparkassen entscheiden, nicht entmutigen, da es ja bekannterweise auch OLG Entscheidungen ( z.B. Stuttgart ) gibt, die für uns Bausparer streiten. Zudem streitet die vom BGH in dessen von mir bereits erwähnten Urteil vom 07.12.2010, Az.: XI ZR 3/10 ersichtliche Rechtsansicht ebenfalls für uns Bausparer. Solange der BGH diese ( seine ) für die Bausparer streitende Rechtsprechung zur Streitfrage nicht ändert, werde ich mit meinem Rechtstreit weiter durch die Instanzen gehen.


    Freundliche Grüße
    Betroffener2015

  • Hallo Forumsteilnehmer,


    hier noch ein neues positives Urteil vom Amtsgericht Ludwigsburg zur Kts.


    Gruß


    derfla



    Kündigung eines Bausparvertrags erfolgte zu Unrecht - Wüstenrot AG unterliegt erneut vor Gericht!Bankrecht & Kapitalmarktrecht, Zivilrecht
    (2 Bewertungen)


    Mit Urteil vom 29.01.2016 gab diesmal das Amtsgericht Ludwigsburg (2 C 2473/15) einer erneut von MPH Legal Services vertretenen Klägerin Recht: Die Kündigung von Bausparverträgen, die nicht voll bespart sind, ist rechtswidrig. Dies auch für den Fall, dass diese mehr als 10 Jahre zuteilungsreif sind.


    Damit wächst der Druck auf die Funktionsträger der Wüstenrot AG, die ihrerseits praktizierten massenhaften Kündigungen unliebsam gewordener Bausparverträge wegen zu hoher Guthabenverzinsung zu überdenken.


    Zur Urteilsbegründung:


    Die Beklagte stützte die Kündigung des Bausparvertrags auf § 492 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Dies zu Unrecht, urteilte das Gericht:


    Weder liegt ein „vollständiger Empfang“ im Sinne der Vorschrift vor, solange der Vertrag nicht voll bespart ist, noch steht der Beklagten die Möglichkeit offen, sich unter etwaiger Berufung auf die ABB von ihrer im heutigen Zinsumfeld unvorteilhaften Zinszahlungspflicht zu lösen.


    Auch erteilte das Gericht der gelegentlich vertretenen Ansicht eine Absage, wonach der vollständige Empfang im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem Erreichen der erstmaligen Zuteilungsreife gleichgesetzt werden könne.


    Das Amtsgericht Ludwigsburg ist damit argumentativ auf einer Linie mit der 12. Zivilkammer des LG Stuttgart.


    Gleichzeit erteilte es auch einer (analogen) Kündigungsmöglichkeit nach § 489 Abs. 3 eine Absage. Dies mit der Begründung, dass bereits der Anwendungsbereich der Norm nicht eröffnet sei. Schließlich beziehe sich der Anwendungsbereich von § 489 Abs. 3 BGB nur auf Darlehensverträge mit unbestimmter Laufzeit.


    Bereits mit Urteil vom 23.12.2015 gab das LG Stuttgart (12 O 97/15) einer gleichfalls von MPH Legal Services vertretenen Klägerin Recht. Die vier streitgegenständlichen Bausparverträge waren dort seit über 10 Jahren zuteilungsreif, aber nicht voll bespart. Die Kammer erteilte der Beklagten eine Absage, welche die Kündigungen auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB stützte. Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig.


    MPH Legal Services vertritt bundesweit Bausparkunden gegenüber Bausparkassen.


    http://www.mph-legal.de/lp/bau…ndigt-so-wehren-sie-sich/


  • Hallo Betroffener,
    freu mich ja über Deine Einstellung und Kampfeswillen. Diesen möchte ich nicht bremsen aber trotzdem darauf aufmerksam machen, dass es schon mal ein OLG-Urteil (glaube Frankfurt) gegeben hat, das die Revision nicht zugelassen hat.
    Die darauf erfolgte NZB vor dem BGH wurde von diesem ohne Begründung zurück-/abgewiesen. Ein Schelm, der sich dabei etwas Böses denkt.
    Mach weiter so, wer nicht kämpft, hat schon verloren !


    Gruß an alle
    nicora

  • nicora,


    unter Berücksichtigung des in meinem Fall vorliegenden Sachverhalts gehe ich derzeit nicht von einem Unterliegen aus.


    Wenn ich jedoch nach Ausschöpfung sämtlicher Rechtsmittel auf diesem Weg durch z.B. Nichtzulassung der Revision und zurückweisen der Nichtzulassungsbeschwerde unterliegen sollte, würde dies mein Rechtsempfinden erheblich stören. Ungeachtet dessen hätte ich in diesem Fall eine Entscheidung gegen mich natürlich hinzunehmen.


    Freundliche Grüße
    Betroffener2015

  • Hallo Mitstreiter,
    nur mal ein Gedanke:
    Wenn denn schon die Bausparkassen hier rechtliche Grauzonen betreten, warum tun das Gekündigte nicht ebenso?
    Meines Wissens versenden die Bausparkassen ihre Kündigungsschreiben ohne hierüber einen Nachweis führen zu können - d.h. mit normaler Post (die auf dem Weg zum Empfänger schon mal verloren gehen kann...).
    Beweispflichtig für den Zugang der Willenserklärung beim Empfänger ist immer derjenige, welcher diese ausspricht.
    Mit Widerspruch bestätigt man als Gekündigter aber indirekt den Erhalt der Kündigung.
    Jedoch die rechtlichen Folgen einer nicht zugegangenen Kündigung kann jeder für sich zu Ende denken...
    Also: ich würde nicht auf ein Urteil des BFH warten und eher (nach deutlichem Zeitgewinn) einen Vergleich anstreben, sollte man ein halbes Jahr später die Auflösung des Bausparkontos nach nicht zugeganger Kündigung feststellen.

  • Ich weiß nicht, ob es in diesem Forum schon mal erwähnt wurde, möchte auch nicht 22 Seiten rückwärts lesen, daher hier ein interessantes ( älteres) Urteil des OLG München
    19 U 3638/11 v. 21.11.11


    Nach Auffassung des OLG München steht das Kündigungsrecht nach & 489 I 2 BGB nur einem Verbraucher und nicht einem Kreditinstitut zu.
    Gegen die Anwendung von § 489 BGB spricht, dass es sich bei § 489 BGB um eine speziell verbraucherschützende Bestimmung handelt, die nach Sinn und Zweck nicht zugunsten der Klägerin als Kreditinstitut eingreifen kann.

  • Hallo Forumsteilnehmer,


    weiteres positives Urteil des LG Heilbronn zur Kts.


    Gruß


    Derfla



    LG Heilbronn verurteilt Schwäbisch Hall zur Fortführung eines gekündigten BausparvertragsBankrecht & Kapitalmarktrecht
    (2 Bewertungen)


    Nachdem einige Landgerichte bereits erste Klagen von Bausparern, die sich gegen die Kündigung ihres Bausparvertrags zur Wehr setzen, abgewiesen haben, stehen auf der anderen Seite bspw. aber das Landgericht Karlsruhe (Badenia) und auch das LG Stuttgart (LBS und Wüstenrot), die die Kündigungen der Bausparkassen als unwirksam ansehen und daher entsprechenden Klagen stattgegeben haben. So hat nunmehr auch das Landgericht Heilbronn am 29.01.29016 ein erstes Versäumnisurteil gegen die Bausparkasse Schwäbisch Hall erlassen, mit dem diese verurteilt wurde, den Bausparvertrag des klagenden Ehepaares über den 31.12.2015 hinaus fortzusetzen.


    In der mündlichen Verhandlung hatte das Landgericht Heilbronn deutlich gemacht, dass es der von uns vertretenen Rechtsauffassung folgt, wonach es Bausparkassen grundsätzlich verwehrt ist, Bausparverträge vor Erreichen der Bausparsumme zu kündigen und sich insbesondere auch nicht auf § 489 BGB berufen können, auf den sie sich in ihren Kündigungsschreiben berufen haben. Die Bausparkassen stützen ihre Kündigungen nämlich im Wesentlichen darauf, dass bei einem noch nicht voll besparten Bausparvertrag, dessen Zuteilungsreife mehr als 10 Jahre vor der Kündigung eintrat, es mehr oder weniger sachgerecht sei, die Zuteilungsreife dem vollständigem Empfang des Darlehens gleichzustellen.


    Nachdem die betroffenen Bausparer jedoch regelmäßig Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens haben, ist es der Bausparkasse auch vor diesem Hintergrund verwehrt, einen Bausparvertrag zu kündigen, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entzieht, d.h. dass Bausparvertrag solange unkündbar sind, wie die Auszahlung des Tilgungsdarlehens möglich ist und der Bausparer seine Pflichten erfüllt.


    Nachdem das Landgericht Heilbronn deutlich gemacht hat, dass Bausparkassen weder nach den Allgemeinen Bausparbedingungen (ABB) noch ein gesetzliches Kündigungsrecht BGB zusteht, hat die Schwäbisch Hall davon abgesehen, Klageabweisung zu beantragen, sodass am 29.01.2016 ein entsprechendes Versäumnisurteil erging. Insofern steht daher zu erwarten, dass die Bausparkasse Schwäbisch Hall auch in den weiteren derzeit bei dem Landgericht Heilbronn anhängigen Verfahren ähnlich vorgehen und auch zukünftig entsprechende Versäumnisurteile kassieren wird.


    Auch wenn sich die Rechtsprechung bislang uneinheitlich zeigt, sind wir doch zuversichtlich, dass letztlich der Bundesgerichtshof, bei dem voraussichtlich in Kürze die ersten Verfahren anhängig gemacht werden, ein Machtwort sprechen und Kündigungen der Bausparkassen jedenfalls in den Fällen, in denen der Bausparer noch Anspruch auf ein Bauspardarlehen hat, für unwirksam erklären wird.


    Unseres Erachtens dürften die Kündigungen der Bausparkassen sämtlich unwirksam sein, wobei die Bausparkassen jedoch bislang an ihren Kündigungen festhalten und es ausnahmslos auf eine gerichtliche Klärung ankommen lassen. Wir führen derzeit bereits eine Vielzahl von Verfahren gegen die jeweiligen Bausparkassen vor unterschiedlichen Land- und Oberlandesgerichten und stehen betroffenen Bausparern für eine erste unverbindliche Beratung gern zur Verfügung.


    hünlein rechtsanwälte – Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht

  • Ein freundliches Hallo an Alle!


    Ich bin neu im Forum, habe ganz dankbar die vielen Beiträge gelesen und versucht, die Lage zu verstehen,
    würde Euch aber gerne - da das juristische Gebiet ein mir recht fremdes Feld ist - ein paar Verstehensfragen stellen,
    da auch ich einen gekündigten Bausparvertrag vorliegen habe, allerdings keine Rechtschutzversicherung habe.


    Mein Bausparvertrag ist von der Aachener Bausparkasse AG, wurde im Dezember 1999 mit einer Bausparsumme von 7160 Euro abgeschlossen (bzw. damals 14000 DM noch bei der Huk Bausparkasse).
    Jetziger Stand ist 6450 Euro.


    Die Aachner begründet die Kündigung zum 28.2.2016 (die mit 6 Monaten Vorlauf erfolgte) mit §489, Abs.1 Ziffer 2 BGB.


    Ich habe per Musterbrief der Verbraucherzentrale dieser (wohl automatisch gefertigten und ohne Unterschrift versandten) Kündigung widersprochen. (Vielleicht hätte ich sie besser ignorieren sollen?)


    Darauf kam ein Brief, dass die Aachener an der Kündiung festhält, worauf ich nochmals mit der Wiederholung meines Widerspruches antworte. Zuletzt steht dann die darauf erfolgte Antwort der Aachener, dass sie sich im Recht sieht und die Kündigung bestehen bleibt.


    Nun bin ich unentschlossen, ob es Sinn macht, den Ombudsmann anzuschreiben, weil der Streitwert ja über 5000 Euro liegt und ein Schiedsspruch somit ja nicht bindend für die Bausparkasse ist.
    Oder seht Ihr einen Grund, warum das Anrufen des Ombudsmannes doch Sinn machen könnte?


    Da ich keine Rechtschutzversicherung habe, werde ich keine Klage führen können. Nun frage ich mich:


    Brav habe ich in den Widerspruchsbriefen geschrieben, dass ich mir alle Rechte vorbehalte, wenn mein Guthaben nach der Kündigung nicht weiter verzinst wird.
    Angenommen die Bausparkasse überweist mir das Geld aus meinem Bausparvertrag und ich halte es auf einem separatem Konto zur Rücküberweisung bereit - bedeutet das dann, dass ich - wenn der BGH ein Urteil zugunsten der Bausparer spricht - ich mich darauf beziehen und davon profitieren kann oder
    profitieren von einem Urteil des BGH nur Bausparer, die wegen einer Kündigung geklagt haben bzw. natürlich all jene, die sich noch im Widerspruchsschreib-Stadium befinden?


    Gibt es für die ohne Rechtschutzversicherung, wie mich, auch noch eine Möglichkeit der Teilhabe oder des Umgangs mit dem Ganzen?


    Für Eure Sicht der Dinge wäre ich sehr dankbar! Vielen Dank schon jetzt!
    Viele Grüße,


    Lisette

  • Hallo an alle,


    ich komme erst jetzt dazu, ein paar Zeilen zu dem Urteil des OLG Hamm zu schreiben, das RA Elias vor einigen Tagen hier eingebracht hat - und auch noch etwas darüber hinaus.
    Beim Lesen dieses Urteils fällt es mir an einigen Stellen wieder recht schwer, Begründungen unserer juristischen Entscheider nachzuvollziehen und Widersprüchlichkeiten zu ertragen.


    Zitat:


    "In einem Bausparfall steht der vollständige Empfang der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 I Nr. 2 BGB der eintretenden Zuteilungsreife gleich. Auch wenn es dem Bausparer grundsätzlich frei steht, das Darlehen nach Zuteilungsreife abzurufen oder nicht, rechtfertigt sich die Anwendung § 489 I Nr. 2 BGB aufgrund des Sinns und Zwecks der Norm, nämlich einen Interessenausgleich zu schaffen und den Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze zu schützen. Diese Überlegungen gelten auch zugunsten der Bausparkasse, die während der Ansparphase als Darlehensnehmerin einzuordnen ist. Die Anknüpfung an den Eintritt der Zuteilungsreife als Äquivalent zu dem in der Norm vorgesehenen vollständigen Empfang der Darlehensvaluta ist auch interessengerecht, da bei Bausparverträgen mangels der Verpflichtung des Bausparers zum Abruf des Darlehens ein an die Bausparkasse zu entrichtender Darlehensbetrag nicht feststeht, an dem man sich für den Zeitpunkt in § 489 I Nr. 2 BGB orientieren könnte. Dies rechtfertigt es aber nicht, die Dauer der Ansparphase in das uneingeschränkte Belieben des Bausparers zu stellen (LG Aachen, Urteil vom 19. Mai 2015 – 10 O 404/14 –,Juris, Leitsätze; vgl. LG Hannover, Urteil vom 30. Juni 2015 – 14 O 55/15 –, Juris; vgl. LG Nürnberg-Fürth, 17.08.2015, 6 O 1708/15; Juris)"


    Zwei Beispiele für meine Verständnisschwierigkeiten:


    Beispiel 1

    "da bei Bausparverträgen mangels der Verpflichtung des Bausparers zum Abruf des Darlehens ein an die Bausparkasse zu entrichtender Darlehensbetrag nicht feststeht"


    Wenn das laut Urteilsbegründung tatsächlich so ist, wenn also ein an die Bausparkasse zu zahlender Darlehensbetrag nicht feststeht, weil er nicht in den Vertrag aufgenommen wurde – und in der Tat: Mir ist kein Bausparvertrag bekannt, in dem die Höhe eines an die Bausparkasse zu zahlenden Darlehensbetrages vereinbart ist – , dann dürfte der Anwendungsbereich der Bestimmungen des BGB zu Darlehensverträgen bei Bausparverträgen eigentlich gar nicht eröffnet sein. Denn dort (§ 488 BGB) heißt es eindeutig:


    "Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen."


    Wo also ist da die Logik?


    Das sah im Übrigen auch das AG Ludwigsburg in seinem Urteil vom 07.08.2015 so:
    Dieser ‚Normalfall’ ist beim Bausparvertrag gerade nicht gegeben. Zwar ist der Bausparer in der Ansparphase Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin, jedoch ist im Bausparvertrag die vom Darlehensgeber ‚geschuldete’ Darlehenssumme mit keinem Wort festgelegt.
    […]
    Damit ist vertraglich eine bestimmte Darlehenssumme, die der Darlehensgeber der Ansparphase, also der Bausparer, an die Bausparkasse zu zahlen hat, nicht ausgewiesen. Auch daraus ergibt sich, dass die Gesetzesnorm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerade nicht auf den Bausparvertrag zugeschnitten wurde
    .



    Beispiel 2


    "Dies rechtfertigt es aber nicht, die Dauer der Ansparphase in das uneingeschränkte Belieben des Bausparers zu stellen"


    Dass diese These sachlich falsch ist, sollte einem Richterkollegium eigentlich nicht schwer fallen zu erkennen.
    Denn ein "uneingeschränktes Belieben" kann es schon der Wortbedeutung nach gar nicht geben.
    Das "Belieben" wird allein schon dadurch eingeschränkt, dass irgendwann die Bausparsumme erreicht ist und dadurch der Vertrag beendet wird.
    Und für den Fall, dass der Bausparer das Erreichen der Bausparsumme durch das Einstellen von Regelsparleistungen über Gebühr hinauszögern wollte, könnte die Bausparkasse zusätzlich das vereinbarte vertragliche Recht ausüben, ihn zu weiteren Zahlungen aufzufordern und bei Nichtbefolgen den Vertrag zu kündigen.


    Wo bitte ist da ein "uneingeschränktes Belieben", meine Damen und Herren Richter???


    Aber es ist doch interessant zu sehen, dass der Senat eines Oberlandesgerichtes zur Begründung und Absicherung seines Urteils die Formulierungen niederinstanzlicher Landgerichte heranzieht und sich auf sie stützt, ohne ihre Stimmigkeit mit den vertraglichen Tatsachen abzugleichen ...



    Nicht nur deshalb ist das, was Du @Betroffener2015 für Dich momentan noch im Konjunktiv schreibst, nämlich „Wenn …, würde dies mein Rechtsempfinden erheblich stören“ bei mir inzwischen in Teilen schon längst so angekommen.
    Wenn ich sage „Nicht nur deshalb“, dann weil ich sehr befremdet bin davon, wie n. m. M. bislang jedenfalls nördlich der Mainlinie Recht gesprochen und begründet wird: oberflächlich; ängstlich sich an bereits ergangene Urteile klammernd, was zu copy und paste weiter Teile / ganzer Absätze führt; keinerlei Eingehen auf vorgebrachte Argumente; dabei nicht nur vertragliche Vereinbarungen, sondern auch das Bausparkassengesetz ignorierend.


    „Das-Gesetz-ignorierend“ mache ich beispielhaft an dieser Stelle fest an der eindeutigen Vorschrift des Bausparkassengesetzes, die Du @nicora weiter oben genannt hast: § 5 Abs. 3 Nr. 7.


    Nach dieser Vorschrift – wohlgemerkt: im maßgeblichen Gesetz – müssen die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge Bestimmungen enthalten über die Bedingungen, nach denen ein Bausparvertrag gekündigt werden kann.
    Die ABB des BHW Dispo Plus enthalten nun allerdings nur eine einzige Bestimmung, nach der die Bausparkasse kündigen kann: Das ist diejenige für den Fall, dass ein Bausparer trotz Aufforderung die Regelbesparung weiterhin verweigert.


    In meinem Fall verfährt die Bausparkasse nach folgendem Muster:


    1. Die Bausparkasse kündigt ohne vertraglichen vorliegenden Grund - also entgegen der Vorschrift des Bausparkassengesetzes;
    2. Sie zaubert einen Bonuszins „aus dem Hut“, weil der angeblich bei allen Vertragskündigungen gezahlt wird, was aber keiner Stelle der ABB vereinbart ist.
    3. Sie schlägt den Bonuszins dem Bausparguthaben zu.
    4. Sie konstruiert sich auf diesem Wege die nachträgliche Begründung, damit sei die Bausparsumme erreicht und rechtfertigt ihre Kündigung damit im Nachhinein.


    Wie verhält sich nun das Landgericht in seiner knappen, weniger als zweiseitigen Urteilsbegründung, von der mehr als drei Viertel in copy und paste von einem anderen Urteil aus 11/15 wortwörtlich übernommen wurde:


    Unser Verweis auf das Bausparkassengesetz und darauf, dass es in den ABB – wie vom Gesetz gefordert – keine Bestimmung gibt, nach der die Bausparkasse den Bausparvertrag hätte kündigen können, wird nicht einmal zur Kenntnis genommen geschweige denn kommentiert bzw. bei der Urteilsbegründung berücksichtigt.


    Übrigens und nur nebenbei: Auch unser Argument, dass ein an die Bausparkasse zu entrichtender Darlehensbetrag nicht feststeht (s. oben / Urteil OLG Hamm) und dass somit der § 488 BGB gar nicht zum Tragen kommen kann, wird schlichtweg ignoriert und im Urteil mit keinem einzigen Wort erwähnt.


    Da denke sich jeder seinen Teil.
    Wir werden sehen, ob das zuständige OLG sich etwas mehr Mühe gibt …



    Sorry, ist etwas länger geworden als ich vorhatte. Trotzdem einen schönen Tag!


    Eagle Eye

  • Lisette,


    bei einer Bausparsumme von 7.160,00 EUR und einem aktuellen Kontostand von 6.450,00 Euro stehen 710,00 Euro im Streit. Bei diesen Zahlen würde ich mir - obwohl ich Sie im Recht sehe - die Frage der Wirtschaftlichkeit stellen.


    Meines Erachtens können Sie bei einer Zurückhaltung im Moment nichts verlieren, denn Sie haben per Musterbrief der Verbraucherzentrale der Kündigung widersprochen und darauf hingewiesen, dass Sie sich alle Rechte vorbehalten, wenn Ihr Guthaben nach der Kündigung nicht weiter verzinst wird. Diese Ausführungen würde ich - sofern nicht schon geschehen - in einem Schreiben ( Einschreiben / Einwurf ) wie folgt präzisieren:


    Sehr geehrte Damen und Herren,


    in vorbezeichneter Angelegenheit bin ich mit Ihrer Vorgehensweise nicht einverstanden, weshalb ich ihr erneut widerspreche und weiterhin die Fortsetzung des Bausparvertrages mit der Nummer 123456789 begehre.


    Ich erwarte von Ihnen Vertragstreue, also weiterhin die Gutschrift der vereinbarten Zinsen.


    Für den Fall, dass Sie entgegen der vertraglichen Vereinbarung mein Guthaben zinslos oder geringer verzinst als vertraglich vereinbart auf ein Zwischenkonto anlegen, behalte ich mir das Recht auf Schadenersatz vor.


    Darüber hinaus darf ich Sie darauf hinweisen, dass ich mir ebenfalls die Geltendmachung aller Ansprüche und Rechte vorbehalte. Dies insbesondere für den Fall einer gerichtlichen Entscheidung.


    Mit freundlichen Grüßen


    Max Mustermann


    Mit diesem Schreiben hält man sich – zumindest meines Erachtens nach – die Möglichkeit offen, bei einem zu Gunsten von Bausparern ergehenden BGH Urteil von diesem zu profitieren indem man sich auf dieses beruft.


    Ein Anschreiben des Ombudsmannes scheint angesichts der von dort kommenden „Entscheidungen“ entbehrlich.


    Wenn die Bausparkasse das Geld aus Ihrem Bausparvertrag überweist kann man es entweder zurücküberweisen oder auf einem separaten Konto zur Rücküberweisung bereithalten.


    Diese Information ersetzt nicht die Beratung durch einen Anwalt.


    Freundliche Grüße
    Betroffener2015

  • @ Betroffener2015


    Vielen Dank für Ihre Einschätzung und den Entwurf des entsprechenden Schreibens!


    Ja, in der Tat, mein Bausparvertrag ist nur ein kleiner .... aber da er mitsamt der Bonusverzinsung auf einen Zinssatz von 4,75 % gekommen ist, ist er mir so lieb geworden und würde ich ihn gerne noch behalten.


    Ich werde obiges Schreibenin jedem Fall aufsetzen und absenden. -


    Wie lange kann denn dann das Geld aus dem Bausparvertrag sozusagen "auf Eis" entweder bei der Bausparkasse oder bei mir auf einem separaten Konto problemlos liegen bleiben?
    Ist da auch die Verjährungsfrist von drei Jahren gültig? Und würde diese bedeuten, das BGH-Urteil muss, wenn ich mich darauf berufen wollte, spätestens drei Jahre nach dem Eintreffen der ersten Kündiung meines Bausparvertrages gesprochen sein?


    Dann wäre es ja vielleicht noch eine Option, falls kurz vor Ablauf dieser Frist noch kein BGH-Urteil gesprochen sein sollte, dann erst den Ombudsmann anzurufen, weil dann die Verjährung ausgesetzt wird und möglicherweise dann die Bearbeitungszeit der Ombudsstelle die Zeit bis zum BGH-Urteil überbrücken hilft?


    Vielen Dank schon jetzt für jede Hilfe des Verstehens!
    Viele Grüße,


    Lisette

  • Lisette,


    dass Geld aus dem Bausparvertrag kann solange bei der Bausparkasse auf einem Zwischenkonto oder bei Ihnen auf einem separaten Konto ruhen, wie Sie es wünschen, denn wie gesagt, Sie haben der Kündigung ja widersprochen und alleine durch eine von der Bausparkasse vorgenommene Auszahlung an sie oder ein Zwischenkonto lässt sich eine Kündigung nicht erzwingen. Zudem führt die Auszahlung auch nicht zwangsläufig dazu, dass die Kündigung als berechtigt oder gar wirksam anzusehen ist.


    Ungeachtet dessen birgt das Abwarten auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ( BGH ) die Gefahr, dass bis zur Rechtskraft des Urteils die Verjährungsfristen verstrichen sind und die Ansprüche nicht mehr durchgesetzt werden können. Sie sollten daher die dreijährige Verjährungsfrist im Auge behalten. Wann Ansprüche gegen die Bausparkasse verjähren, kann nur durch nur eine anwaltliche Prüfung des Einzelfalls geklärt werden.


    Freundliche Grüße
    Betroffener2015

  • @ Betroffener2015,


    vielen herzlichen Dank für Ihre erklärenden und hinweisenden Ausführungen!
    Jetzt verstehe ich das Ganze wirklich schon viel mehr und werde die Verjährungsfrist im Hinterkopf behalten bzw. abklären lassen.


    Und, so hier auch bei einem so kleinen Bausparvertrag Interesse am Fortgang der Dinge besteht (?), auch darüber berichten.


    Einen langen Atem und viel Erfolg allen, die ihren Bausparvertrag behalten möchten!
    Viele Grüße,


    Lisette

  • @Lisette


    Betroffener2015 hat es für ihren Fall auf den Punkt gebracht!


    Zum Thema Verjährungsfrist verweise ich auf meinen Beitrag vom 28.01.16.


    Da bei ihnen die Kündigung und der Widerruf in 2016 erfolgte, beginnt die Verjährungsfrist erst am 31.12.2016
    und endet am 31.12.2019, also da ist noch viel Zeit, ein BGH-Urteil abzuwarten.
    Dieser Hinweis ist eine Meinungsäußerung und ersetzt keine anwaltliche Beratung!!