BHW kündigt nicht vollen Bausparvertrag - rechtens?

  • Hallo Zusammen,


    Spezialgesetz vor BGB ?!


    Die Stellungnahme der BaFin wird wohl ausschlaggebend sein.


    Zwar ist nach der Recht-sprechung des Bundesgerichtshofs eine behördlich genehmigte Entgeltklausel - 8 -
    dann der Inhaltskontrolle entzogen, wenn Aufsicht und Genehmigung die ab-schließende und verbindliche Gestaltung der Rechtsbeziehungen der Vertrags-beteiligten bezwecken und somit der privatautonome Gestaltungsspielraum des Verwenders beseitigt ist (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - III ZR 467/04, WM 2007, 1623 Rn. 15). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Nach den Feststellungen des Landgerichts, die das Berufungsgericht gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Bezug genommen hat, kann aufgrund der im Verfahren eingeholten Stellungnahme der BaFin nicht mehr davon ausgegangen werden, dass diese auch heute noch die Genehmigung eines Bauspartarifs zwingend von der Er-hebung einer Abschlussgebühr abhängig macht. Vielmehr verzichtet sie in Ab-weichung von der früheren Praxis darauf, von vornherein feststehende Tarif-merkmale - wie eine Abschlussgebühr - als Mindestbedingungen einzufordern,

  • Hallo Forenteilnehmer,


    betreffend den Richtern hast du leider recht. Ich kaue seit 20 Jahren Paragraphen und habe so einiges erlebt.


    Aber ich bin trotzt meiner Arbeit und Inkompetenz so mancher Rechtsgelehrter, ein positiv eingestellter Mensch geblieben.


    Zu unserem Glück ist dieses Jahr ein Wahljahr! Es lebe die Unabhängigkeit unserer Gerichte.


    => Gewerbesteuer auf LG und OLG Ebene.
    => Wähler auf BGH - Ebene?


    Sorry, unqualifiziert. Aber der Frust musste raus.

  • Hallo zusammen,


    der XI. Senat, der über die betreffenden Klagen am 21.02. entscheiden wird, setzt sich aus Dr. Ellenberger (Vorsitzender Richter), Dr. Matthias und Dr. Joeres (stellvertr. Vorsitzender Richter) und anderen zusammen. Diese drei namentlich genannten Richter waren 2010 massgeblich an dem von j o e r g s p i unter Rz. 759 zitierten Urteil beteiligt.


    Es handelt sich also um Kenner der Materie.


    Uns allen viel Erfolg, wenn gleich ich immer noch an eine Rücknahme der Klagen durch Wüstenrot glaube. Die wirtschaftliche Existenz der Bausparkassen steht auf dem Spiel. Ein dreijähriges Gerichtemarathon mit Zermürbungstaktik und kleinen Vergleichsangeboten aus der Zuckertüte kommt in der Zukunft für die Bausparkassen billiger. Immerhin steht es im OLG - Urteils - Wettbewerb 3 : 3. Das Risiko für die Bausparkassen zu verlieren, besteht also zu 50 %.

  • Hallo wn25421pbg,


    danke für die Info. Macht Hoffnung.


    Aber deiner Einschätzung betreffend der wirtschaftlichen Situation der Bausparkassen sehe ich anders.


    Wenn es Probleme für die Stabilität des Finanz-Sektors gibt, muss die BaFin reagieren. Bis dahin haben die Bausparkassen ihren vertraglichen Verpflichtungen, wie jeder andere Marktteilnehmer auch, nachzukommen.
    Vertrag ist Vertrag.


    Der BGH hat ausschließlich die Zivilrechtlichen und nicht finanzpolitischen Aspekte zu bewerten.


    Von den Bausparkassen wurde die Einlagensicherung auf den gesetzlichen Betrag reduziert. Dieses reicht zur Stabilisierung des Finanzmarktes aus.


    Ansonsten


    "Geschäftsmodell Bausparen hat sich trotz Nullzinspolitik robust gezeigt"
    LBS-Nord-Gewinn übertrifft Prognosen
    09.02.2017 – 15:48



    Auszug aus einem Artikel vom Handelsblatt:


    26.01.2016 12:32 Uhr
    Die größte deutsche Bausparkasse Schwäbisch Hall leider weiter unter den niedrigen Zinsen. Der Gewinn in diesem Jahr wird voraussichtlich abermals schrumpfen. Mit Blick auf die neuen Verträge gibt es aber Hoffnung. .................



    Im vergangenen Jahr schloss die Bausparkasse der Genossenschaftsbanken rund 900.000 neue Verträge über insgesamt 35 Milliarden Euro ab, ein Anstieg um knapp dreizehn Prozent. Das sei das zweithöchste Bruttoneugeschäft der 85-jährigen Firmengeschichte. Der Gewinn vor Steuern sank jedoch um zehn Prozent auf 341 Millionen Euro.
    Die Bausparkassen leiden unter dem anhaltenden Zinstief, weil sie das Geld ihrer Sparer äußerst sicher – und damit renditeschwach – anlegen müssen. Die teilweise hochverzinsten Altverträge belasten die Branche besonders. Fast alle deutschen Bausparkassen haben Verträge gekündigt, bei denen die Sparer zwar die hohen Zinsen mitnahmen, die Darlehen aber nicht abriefen.


    ....Der Zinsdruck könnte nach Einschätzung von Klein in der Branche mit gut 20 Anbietern zu Zusammenschlüssen führen. „Es gibt einen Trend zur Konsolidierung, der wird sich aber in den Sektoren abspielen“, sagte Klein. So haben aus dem Lager der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute die Landesbausparkassen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ihre Fusion beschlossen.

  • Wenn es Probleme für die Stabilität des Finanz-Sektors gibt, muss die BaFin reagieren. Bis dahin haben die Bausparkassen ihren vertraglichen Verpflichtungen, wie jeder andere Marktteilnehmer auch, nachzukommen.
    Vertrag ist Vertrag.


    Der BGH hat ausschließlich die Zivilrechtlichen und nicht finanzpolitischen Aspekte zu bewerten.


    Von den Bausparkassen wurde die Einlagensicherung auf den gesetzlichen Betrag reduziert. Dieses reicht zur Stabilisierung des Finanzmarktes aus.

    Hallo joergspi,


    Deine juristische Kompetenz will ich keineswegs in Frage stellen und ich hoffe, dass die Richter beim BGH bei ihrer Abwägung sich so verhalten wie von Dir beschrieben, nämlich ausschließlich die zivilrechtlichen und nicht die finanzpolitischen Aspekte zu bewerten.


    Da mir Revisionsschriften der BSK-Vertreter bekannt sind, bin ich mir nicht ganz sicher, ob unsere diesbezüglichen Hoffnungen nicht trügerisch sind. Zumindest versuchen die jeweiligen Gegenseiten, genau mit diesen finanzpolitischen Aspekten zu punkten, wenn sie etwa formulieren:

    • Die dauerhafte Belastung mit hohen Guthabenzinsen bedrohen die Solvenz der Bausparkassen und damit das Bausparkollektiv an sich. --- Oder:
    • Die hochverzinsten Altverträge belasten im Zusammenspiel mit den Folgen der Niedrigzinsphase das Kollektiv bis hin zur Existenzbedrohung. Sie gefährden eine ertragreiche Fortsetzung des Systems.

    Die Frage steht im Raum, weshalb sie so argumentieren, wenn sie doch wissen müssten, dass solche Argumente nicht zielführend sind ...



    Gruß
    Eagle Eye

  • Hallo eagle_eye,


    danke für dein Vertrauen. Wie schon gesagt, ich bin ein positiv eingestellter Mensch.


    Zu dem Gutachten der BSK-Vertreter:


    KO in der ersten Runde.


    https://www.bafin.de/SharedDoc…j_1602_bausparkassen.html


    *******************


    ...In den letzten 25 Jahren ist zudem die Einbindung der Bausparkassen in Konzernstrukturen fortgeschritten. Dies birgt grundsätzlich die Gefahr, dass Außenstehende auf das Risikomanagement der Bausparkassen Einfluss nehmen und dabei von Interessen geleitet sein könnten, die den Interessen der Bauspargemeinschaft entgegenlaufen


    Schließlich stellt das anhaltend niedrige Kapitalmarktzinsniveau die Bausparkassen vor neue Herausforderungen und belastet derzeit ihre Erträge. Es ist momentan nicht absehbar, wie lange die Zinsen so niedrig bleiben werden.


    ************************


    Interessant, Erträge sind Gewinne. Von einem Risiko für die Einlagen oder Existenzgefährdung der Bausparkassen wird von der BaFin bis heute in keinem Wort gesprochen. Sollte die Revisionsschriften des BSK zutreffen, müsste sie das aber und eingreifen.
    Hier sind die Rechtsanwälte der Bausparer gefordert, dass auch vorzutragen bzw. um Stellungnahme der BaFin zu bitten. (Prüfung, ob die Anforderungen der Bausparkassenverordnung eingehalten werden)


    Der gesamte Artikel ist ein Brüller. 2015 wurde den Bausparkassen das Recht eingeräumt, Baufinanzierungen auch außerhalb des Bausparkassengeschäftes zu finanzieren (Gewerbe, Flughafen BER usw.), diese zu beleihen und sogar in Aktien zu investieren. Das erklärt auch, warum die Bausparkassen die Einlagensicherung begrenzt haben. Das Kasino wurde eröffnet. Vielleicht ist es gut, dass ich mein Geld nunmehr doch auf dem Tagesgeldkonto habe?!


    Aufgrund meiner Erfahrungen habe ich aber ein gutes Gefühl hinsichtlich eines positiven Urteils für uns.
    Zur Überprüfung ob ein Paragraph angewendet werden darf, wird der Grundgedanke eines Gesetzes herangezogen. In unseren Fall, wen wollte der Gesetzgeber schützen? Hierzu hat sich das Parlament als gesetzgebendes Organ bereits im Rahmen der Novellierung des Bausparkassengesetzes 2015 sowie der Petition eindeutig geäußert.
    Dieses ist natürlich für die Richter nicht rechtsbindend. Aber wenn es vorgetragen wird, kann es nicht schaden.


    So lang die Bausparkassen Gewinn machen und diese in Form von Dividenden ausschütten (Sparkassen), haben die Bausparkassen ein argumentatives Problem. Nicht Gewinne der Bausparkassen als Verwalter der Einlagen ist schützenswert, sondern nur die Einlagen.


    Diese Sachverhalte sind dem BGH bekannt und werden in der Regel berücksichtigt. Abwägt wird, ob es ein Missverhältnis gibt. Hier braucht man nur auf die erzielten Gewinne und auf das Zinsbestimmungsrecht der Bausparkassen verweisen.


    Aber ich bin leider nicht der BGH. Also abwarten und hoffen.

  • @eagle_eye @joergspi @wn25421pbg


    Das sind ja nochmal interessante Einschätzungen und Hintergründe! Wenn morgen tatsächlich "Recht" gesprochen wird dürfte ja nix mehr schiefgehen. Wenn.


    Mal zum Ablauf/Zeitplan morgen: Wann geht das gewöhlich los? Und wann könnte dann Frank Bräutigam seinen Aufsager für die ARD machen ^^ .


    Ich lass morgen diesen Thread mal mitlaufen, damit ich die qualifizierten Experten-Einschätzungen nicht verpasse....


    Dann bleibt mir nur noch, "uns" morgen Glück zu wünschen...... :thumbup:

  • Um 10:00 Uhr soll's losgehen - offenbar mit beiden Verhandlungen gleichzeitig:


    http://www.bundesgerichtshof.d…e/XIZR272.html?nn=6128288



    http://www.bundesgerichtshof.d…e/XIZR185.html?nn=6128288



    Wünsche einen GUTEN Tag!
    Eagle Eye

  • @eagle_eye
    Das mit den 2 Terminen um 10:00 Uhr hatte ich auch schon gesehen, konnte mir das aber nicht richtig vorstellen wie mehrere Prozesse vor einer Kammer gleichzeitig "rechtsstaatlich abgewickelt" werden können...?
    Oder liegt es daran, dass in beiden Fällen die Wüstenrot Revisionskläger ist und die Fälle "sehr" ähnlich sind?


    MfG
    forenteilnehmer

  • Hallo Eagle Eye,


    leider war ich nicht in der Verhandlung dabei und kann deshalb auch nichts über eine Tendenz sagen!
    Wir (die Bausparer) müssen noch etwa 2 Stunden "bangen".


    Danke für den Willkommensgruß und
    gute Wünsche für alle betroffenen Bausparer.


    ASSMANN

  • verklickt,
    berghaus wollte sagen: 'berghaus gefällt das Urteil gar nicht!
    Wollte aber auf 'antworten' klicken und sagen;


    Nun stellt sich noch die Frage, wie sich diese Haltung der BGH-Richter (auf die Gründe müssen wir noch warten) auf den Fall "Kündigung nach Hinzurechnung der Bonuszinsen" auswirkt.


    Hier gibt es ja wohl nur erst ein OLG-Urteil (das des OLG Celle v.14.09.2016 - 3 U 37/16) zugunsten der Bausparer.


    berghaus 21.02.17