BHW kündigt nicht vollen Bausparvertrag - rechtens?

  • Wirklich sehr unausgereift.


    Erstens ist es keine plötzliche Erkenntnis von Bausparkassen, dass Einlagen rechtlich Darlehen darstellen. Das ist von der Rechtsprechung mindestens seit Jahrzehnten anerkannt. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es nicht schon bei Inkrafttreten des BGB so war, dass der Gesetzgeber ebenfalls davon ausgegangen sind, dass Einlagen Darlehen darstellen. Dazu müsste ich in die Motive und in die Protokolle zum BGB gucken.
    Einlagen kann man jedenfalls kaum anders als als Darlehen klassifizieren, weil sich Einlagen und Darlehen nur durch den Blickwinkel unterscheiden.


    Zweitens ist es ziemlicher Unfug, eine nicht vorhandene Klausel als "überraschende Klausel" im Sinne des § 305c BGB zu klassifizieren. Für den Laien ist allenfalls überraschend, dass eine solche Klausel nicht vorhanden ist. Das ist allerdings systematisch auch überhaupt nicht notwendig: Was das Gesetz regelt, muss im Vertrag nicht erneut geregelt werden. Wenn Sie in einen Laden gehen und einkaufen, wird Ihnen die Kassiererin auch nicht die gesetzlichen Regelungen zum Kaufvertrag herunterbeten. Vielmehr einigen Sie sich mindestens auf die wesentlichen Vertragsbestandteile ("essentialia negotii"), treffen gegebenenfalls einige weitere Vereinbarungen (etwa über eine Garantie) und der Rest - wie zum Beispiel der komplette Gewährleistungsteil - ergibt sich aus dem Gesetz.

  • @alpenveilchen


    Der bisherigen Diskussion und den Urteilen hatte ich entnommen, dass die Frage, ob die Einlagen rechtlich als Darlehen anzusehen sind, zumindest umstritten ist. Seht hierzu die sehr umfangreichen Ausführungen des OLG Stuttgart


    Mir war klar, dass die ABB in Bezug auf die Kündigung eigentlich keine ungewöhnlichen Bestimmungen enthalten.


    Aber Jahrzehnte war von einer Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse außer bei Ausbleiben der Regelsparbeiträge nicht die Rede. Gerade beim Lesen dieser Kündigungsmöglichkeit musste man doch annehmen, dass es ansonsten kein Kündigungrecht der Bausparkasse gibt, weil es sonst an dieser Stelle erwähnt worden wäre.


    Insofern ist der Bezug auf die allgemeinen Kündigungsvorschriften des BGB "überraschend"!


    berghaus 23.02.17

  • @alpenveilchen, @berghaus


    Grundsätzlich war ich schon überrascht, dass ich (zumindest nach Zuteilungsreife des Bausparvertrages) zum Darlehensgeber wurde. Insbesondere dass die Ausführungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, der ja vom Grundsatz her (sh. Historie) für den Verbraucher (also für den i.d.R. wirtschaftlich schwächeren Vertragspartner) geschaffen wurde, in dem vorliegenden Fall überhaupt anwendbar wäre.
    So ging ich, wie bereits in meinem Kommentar 803 erläutert, doch eigentlich davon aus, dass ein Vertrag, der mit hohen Gebühren und Vorleistungen dazu abgeschlossen wurde, sich langfristig vom Marktzins abzukoppeln, nicht mit einem BGB-Paragraphen gekündigt werden kann, der der Sicherstellung von marktüblichen Zinsen (für den Verbraucher) dient.


    Und nochmals, als Kunde einer Bausparkasse, hatte ich, im Gegensatz zu einem Finanzinstitut, zu keiner Zeit die Möglichkeit, dass Vertragsregelwerk zu gestalten.
    Bei all der Werbung und Vertragsklauseln eines Bausparvertrages wäre diesbezüglich ein entsprechender Hinweis in den Unterlagen für den Kunden sicherlich wertvoll gewesen, dass all die Vertragsinhalte nur für einen Zeitraum von 10 Jahren (und 6 Monaten) nach Zuteilungsreife gelten.
    Insofern stimme ich @berghaus oder @eagle_eye schon eher in seinen Ausführungen zu.


    In meiner Familie haben bewährte, konservative Anlageformen wie Bausparverträge, Lebensversicherungen und offene Immobilienfonds, eine lange Tradition.
    Hatten, muss ich mittlerweile gestehen, denn der Kapitalmarkt ist aus meiner Sichtweise zu einer Zockerbude des „billigen Geldes“ für Banken- und Staatsrettungen verkommen, in der Werte wie Moral, Anstand sowie Steuergerechtigkeit leider zu Worthülsen geworden sind.


    Grundsätzlich bin ich ein Anhänger der Idee eines gemeinsamen Europas. Allerdings halte ich die zunehmende Umverteilung „von unten nach oben“, hinsichtlich eines sozialen Friedens, für brandgefährlich. Hier lenkt das Thema Flüchtlinge eine große Anzahl der Bevölkerung von den wirklichen Gefahren noch herrlich ab.
    Lobbyismus und die sukzessive Zerstörung unserer bewährten Alterssicherungssysteme, schafft keinen sozialen Frieden in unserer Gesellschaft.


    Meine Altersvorsorge, wurde und wird jedenfalls in vielerlei Hinsicht torpediert und ich hoffe, unsere Kinder und Kindeskinder haben zukünftig mehr Glück.


    PS: Das BGH-Urteil erkenne ich im Übrigen an, bzw. finde mich damit ab.

  • Korrektur:


    Ich schrieb im oberen Kommentar 823:


    „Bei all der Werbung und Vertragsklauseln eines Bausparvertrages wäre diesbezüglich ein entsprechender Hinweis in den Unterlagen für den Kunden sicherlich wertvoll gewesen, dass all die Vertragsinhalte nur für einen Zeitraum von 10 Jahren (und 6 Monaten) nach Zuteilungsreife gelten.“


    Sollte besser lauten:


    Bei all der Werbung und Vertragsklauseln eines Bausparvertrages wäre diesbezüglich ein entsprechender Hinweis in den Unterlagen für den Kunden sicherlich wertvoll gewesen, dass all die Vertragsinhalte „im Zweifelsfall“ nur für einen Zeitraum von 10 Jahren (und 6 Monaten) nach Zuteilungsreife gelten.

  • So ging ich, wie bereits in meinem Kommentar 803 erläutert, doch eigentlich davon aus, dass ein Vertrag, der mit hohen Gebühren und Vorleistungen dazu abgeschlossen wurde, sich langfristig vom Marktzins abzukoppeln, nicht mit einem BGB-Paragraphen gekündigt werden kann, der der Sicherstellung von marktüblichen Zinsen (für den Verbraucher) dient.


    Sie täuschen sich. Die besonderen Vorschriften für Verbraucherdarlehen finden sich erst im Kapitel 2 des 2. Buches des BGB beginnend mit § 491 BGB.


    § 489 BGB gilt für ALLE Arten von Darlehen. Diese Vorschrift kann auch durch Vertragsbedingungen nicht ausgeschlossen werden. Der Gesetzgeber will einfach JEDEM, der einem anderen Geld schuldet, nach 10 Jahren ein ordentliches Kündigungsrecht einräumen. Und das ist auch gut und richtig!


    Dass die Bausparkassen nun diese Möglichkeit nutzen, hängt doch mit der gegenwärtigen Zinssituation zusammen.
    Auf Dauer würde jede Bausparkasse insolvent werden, wenn sie aus den hochverzinsten Verträgen nie mehr rauskommen. Damit wäre auch niemandem gedient.


    Willkommen in der Realität der absoluten Tiefstzinsen, die uns noch eine ganze Weile begleiten werden.


    In meiner Familie haben bewährte, konservative Anlageformen wie Bausparverträge, Lebensversicherungen und offene Immobilienfonds, eine lange Tradition.
    Hatten, muss ich mittlerweile gestehen, denn der Kapitalmarkt ist aus meiner Sichtweise zu einer Zockerbude des „billigen Geldes“ für Banken- und Staatsrettungen verkommen, in der Werte wie Moral, Anstand sowie Steuergerechtigkeit leider zu Worthülsen geworden sind.


    Hätten Sie in "langer Tradition" Aktien zur Kapitalanlage gekauft, müssten Sie jetzt nicht den doch sehr bescheidenen Erträgen von LVs und Bausparverträgen nachtrauern. Aber es ist nie zu spät eigene Ansichten zu überprüfen.


    Die durchschnittliche Dividendenrendite beim DAX liegt derzeit bei ca. 3 % p.a. Das wäre doch was für Sie!


    :)


  • Der Richterspruch .... . Einen Funken Hoffnung sieht er nur für ganz wenige Bausparer, denen ihre Verträge nachweislich als "Renditeknaller", also vornehmlich als Geldanlage verkauft wurden. Wenn es dazu noch Unterlagen gebe, könnte sich ein Rechtsstreit vielleicht lohnen, meint er. Er sagt aber auch klar: "In allen anderen Fällen wird es jetzt schwierig."


    Ich sag nur "Dispo plus" - und die Hoffnung stirbt zuletzt.

    Hallo liebe andere BHW-Opfer,


    selbst wenn Dispo-Plus-Kunden (und vielleicht auch DispoMaxx?) einen "Funken Hoffnung" haben dürfen: Wenn man keine Rechtsschutzversicherung besitzt, die bei solchen Auseinandersetzungen zahlt, wird man kaum eine Chance haben, seinen Vertrag einzuklagen. Vermutlich ist das Kostenrisiko für das Verfahren höher als der zu erwartende Zinsgewinn, fürchte ich. Die Erfahrung zeigt leider auch, dass man wohl die Bausparkassen-Freundlichkeit mancher Gerichte ebenfalls in diese Chancen-Risiko-Abschätzung einbeziehen sollte.


    Ich befürchte, dass nach dem Urteil nun die Bausparkassen noch krasser kündigen werden. Die Aachener-Bausparkasse z.B. hat bereits im letzten Jahr Verträge gekündigt, die seit weniger als 2 Jahren zuteilungsreif sind!


    Das neue Urteil ist wohl nur ein großer Schritt auf den weiteren Weg zum Abbau der Kundenrecht, fürchte ich. Warten wir ab, was noch kommt.

  • @muc (825)


    Ich bezog mich auf die Historie des Gesetzes. So lautet der Titel 3 bekanntlich:
    „Darlehensvertrag; Finanzierungshilfen und Ratenlieferungsverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher.“


    Aus meiner Sicht hat ein Unternehmer die Möglichkeit (und Pflicht) in seinem Angebot entsprechende Eventualitäten wie Zinsschwankungen einzukalkulieren, (diesbezüglich hat es der normale Verbraucher schon schwerer).


    Sie argumentierten:
    „Auf Dauer würde jede Bausparkasse insolvent werden, wenn sie aus den hochverzinsten Verträgen nie mehr rauskommen.“


    Also erstens, stehen die Bausparkassen (wenn man deren Werbung bzw. Stresstests glauben darf) nicht kurz vor der Insolvenz, und zweitens läuft ein Bausparvertrag nicht ewig, da dieser zu einem gewissen Zeitpunkt (auch wenn ein Darlehen nicht abgerufen wurde) voll bespart ist.


    Es stellen sich für mich eher die folgenden Fragen:
    Nun mag ich ja Darlehnsgeber geworden sein, bin ich dadurch auch Unternehmer?
    Gilt diese Regelung dann, wie @eagle-eye es hinterfragte, auch beispielsweise für lang laufende Banksparpläne?


    Zu Ihrem sicherlich gut gemeinten Rat:
    „Hätten Sie“, klingt in meinen Ohren immer komisch...


    Einem jungen Menschen würde ich zum Vermögensaufbau beispielsweise inzwischen durchaus regelmäßige Sparraten in Aktien(index)fonds anraten. Bei älteren Menschen hängt es doch eher davon ab, wie groß das Vermögen zur Alterssicherung ist.


    Grundsätzlich bleibe ich bei meinem, in Kommentar 823, dargelegtem Fazit.

  • Zitat von williwusel:
    "Einen Funken Hoffnung...........


    Die Frage ist, ob es jetzt schon noch Fälle gibt, in denen wegen des Ablaufes der Frist von 10 Jahren gekündigt wurde, die aber aus anderen Zeiten stammen und andere ABB haben und insbesonder "Renditeknaller" (s. Beitrag 809) waren.


    Viele werden ihre vor welchem Gericht auch immer anstehende Klage sicher zurückziehen.


    Zunächst aber müssen wir das Urteil abwarten.


    berghaus 23.02.17

  • Es ist schön zu sehen, dass einige Teilnehmer mit großer juristischer Fachkompetenz nun - leider erst nach dem Urteil - den Weg in dieses Forum gefunden haben, die sich bemühen, auch mir etwas Unbedarftem nicht die Rechtmäßigkeit (denn die steht ja wohl außer Frage), sondern die Grundlagen dieses wegweisenden BGH-Urteils sowie das „Pacta sunt servanda“ der Bausparkassen zu erklären.
    Diese Situation möchte ich gerne beim Schopf ergreifen - obwohl ich bei der Fallkonstellation, die jüngst entschieden wurde, noch als interessierter Betrachter an der Seitenlinie stand und stehe.


    Der Bausparkasse können Sie allerdings auch nicht vorwerfen, dass sie sich nicht an den Vertrag halten würde. Sie hält sich an den Vertrag und nimmt reguläre Kündigungsmöglichkeiten wahr. Das machen andere Kreditnehmer auch regelmäßig: Etwa, wenn ein normaler Darlehensnehmer (sagen wir: Bei einem Verbraucherdarlehen mit einer Bank auf der Seite des Darlehensgebers) Darlehen vorzeitig kündigt, weil es ihm gesetzlich erlaubt ist und er so Zinszahlungen sparen kann.


    Bislang konnte mir noch niemand - auch keiner derjenigen in diesem Forum, die das Urteil aus juristischer Sicht begrüßen - erklären, weshalb §§ 488, 489 BGB bei Bausparverträgen … nein, richtig muss es wohl heißen „bei Darlehensverträgen mit Bausparkassen“ (denn §§ 488, 489 BGB regeln nicht Rechte und Pflichten bei Bausparverträgen, sondern bei Darlehensverträgen … „verrückt“ eigentlich im ursprünglichen Wortsinn) nur teilweise gelten soll.


    Die Bausparkassen führen für ihren Standpunkt immer wieder, so auch hier, § 488, Abs. 3 als Argument ins Feld:


    Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt.


    Dem sind die Gerichte in aller Regel und auch bei den nun entschiedenen Fällen willig gefolgt, lassen aber gerne und ohne Erklärung den Abs. 1 unbeachtet, in dem vertragstypisch geregelt ist, wodurch ein Darlehensvertrag überhaupt erst zustande kommt:


    Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen.


    Das heißt nach meiner „Otto-Normalverbraucher“-Logik, dass die Höhe des Geldbetrages, der der Bausparkasse als Darlehen zur Verfügung gestellt werden soll, im Darlehensvertrag vereinbart worden sein muss, damit es sich überhaupt erst um ein Darlehen handelt.


    Nun kann ich allerdings nicht erkennen, dass an irgendeiner Stelle eines Bausparvertrages oder in den ABB ein Geldbetrag als Darlehenshöhe vereinbart wurde, eine vom Bausparer/Darlehensgeber geschuldete Darlehenssumme ist also in keiner Weise festgelegt.


    Weshalb handelt es sich bei Bauspareinlagen denn trotzdem um Darlehen? Weshalb also handelt es sich bei Bausparverträgen um Darlehensverträge, bei denen die Vorschriften der § 488, 489 BGB zum Tragen kommen?


    Vielleicht kann @alpenveilchen mir da etwas auf die Sprünge helfen, gerne auch @muc oder andere???



    Ach sorry, bevor ich es vergesse - eine Frage noch an den Experten:


    § 489 BGB gilt für ALLE Arten von Darlehen. Diese Vorschrift kann auch durch Vertragsbedingungen nicht ausgeschlossen werden. Der Gesetzgeber will einfach JEDEM, der einem anderen Geld schuldet, nach 10 Jahren ein ordentliches Kündigungsrecht einräumen.


    Nun liegen hier gerade neben mir die „Allgemeine Bedingungen für Bausparverträge (ABB)
    mit Abschlussdatum vom 01.03.1998 bis 31.12.2000“ in der zuletzt geänderten Fassung vom Januar 2013.


    Ich zitiere daraus:


    „§ 14 Kündigung des Bausparvertrages


    (1) Die Bauspar AG kann den Bausparvertrag nicht kündigen, solange der Bausparer seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt.
    (2) Der Bausparer kann den Vertrag jederzeit kündigen. [...]“


    Ist diese Vereinbarung dann also ungültig, weil rechtswidrig?



    Danke und Gruß
    Eagle Eye

  • Gilt diese Regelung dann, wie @eagle-eye es hinterfragte, auch beispielsweise für lang laufende Banksparpläne?

    Hallo ein_Buerger,


    wenn alle Spareinlagen je nach Sichtweise sowohl als Spar- als auch als Darlehensbetrag gelten, fürchte ich, dass es so ist und dass weiteres Ungemach auf das "Fußvolk" der Sparer zukommen könnte. Deshalb kalkuliere ich heute mehr denn je die Möglichkeit ein, dass weitere Institute sich zukünftig "bei Bedarf" aus langfristigen Verträgen mit Hilfe der Justiz verabschieden könnten, gute Lobbyarbeit vorausgesetzt.


    Was das etwa für 30-jährige Riester-Banksparpläne bedeuten würde, sollte sich jeder rechtzeitig selbst ausmalen ...


    "Dumm gelaufen" werden dann manche Spötter wahrscheinlich wieder sagen, "für dumm verkauft" wird es auch dann wohl besser treffen.



    Gruß
    Eagle Eye

  • I. Zitat von eagle_eye in 829;
    "Nun kann ich allerdings nicht erkennen, dass an irgendeiner Stelle eines Bausparvertrages oder in den ABB ein Geldbetrag als Darlehenshöhe vereinbart wurde,.."


    Die Höhe des Guthabens im Moment der Zuteilungsreife, bzw. bei der Zuteilung ist bei Vertragsabschluss ja noch völlig offen und hängt von vielen Faktoren ab. Früher musste man lange darauf warten.
    (Ein Wüstenrotmitarbeiter zu mir: BHW heißt: Bangen, Hoffen, Warten) oder hier :
    http://www.faz.net/aktuell/fin…n-lebenslang-1489045.html

    Ich nehme an, dass ich die Bausparkassen auf keine neue Idee bringe, wenn sie jetzt alsbald alle Verträge mit hohen Zinsen (heute ist ja 0,5 % schon ein hoher Zinssatz) für zuteilungsreif erklären, zumindest für alle Fälle, z.B. dass die Zinsen so niedrig bleiben oder umgekehrt: Dann kann man nach 10 Jahren das Darlehen, das wegen der vereinbarten niedrigen Zinsen die Bausparkasse in den Ruin treibe würde, verweigern!



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    II. Zitat von eagle_eye in 829
    "Nun liegen hier gerade neben mir die „Allgemeine Bedingungen für Bausparverträge (ABB) mit Abschlussdatum vom 01.03.1998 bis 31.12.2000“ in der zuletzt geänderten Fassung vom Januar 2013.
    Ich zitiere daraus:
    „§ 14 Kündigung des Bausparvertrages
    (1) Die Bauspar AG kann den Bausparvertrag nicht kündigen, solange der Bausparer seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt.
    (2) Der Bausparer kann den Vertrag jederzeit kündigen. [...]“



    Bei welcher Bausparkasse war das denn?


    Einen so schönen Satz wie der zitierte in § 14 (2) kann ich in den ABB der BHW z.B. von 1998 (V 10 DP/ 04/98) oder von 2002 (V 10 DX / 03.2002) nicht finden.


    Frage an die Experten hier im Forum: " Was würde der BGH denn in so einem Fall wohl sagen?"


    berghaus 23.02.17

  • @muc (825)


    Sie argumentierten:„Auf Dauer würde jede Bausparkasse insolvent werden, wenn sie aus den hochverzinsten Verträgen nie mehr rauskommen.“


    Also erstens, stehen die Bausparkassen (wenn man deren Werbung bzw. Stresstests glauben darf) nicht kurz vor der Insolvenz, und zweitens läuft ein Bausparvertrag nicht ewig, da dieser zu einem gewissen Zeitpunkt (auch wenn ein Darlehen nicht abgerufen wurde) voll bespart ist.

    Volle Zustimmung!


    Zum Thema Stresstest:


    "Der Verband der Privaten Bausparkassen, dem die Marktführer Schwäbisch Hall, Wüstenrot und BHW angehören, versucht zu beruhigen und verweist auf die letzten drei Stresstests der Finanzaufsicht Bafin, die Ende 2012, Ende 2014 und Mitte 2015 durchgeführt wurden. Demnach könnten die Bausparkassen unterschiedliche Zinssituationen bewältigen. Dabei sei auch ein Niedrigzinsniveau für 20 Jahre durchgerechnet worden, erklärte ein Sprecher des Verbandes. Nach den Bafin-Prüfungen wären die Bausparkassen auch für einen plötzlich starken Zinsanstieg gewappnet."


    Das Argument der Bausparkassen, das sie in den vergangenen zwei, drei Jahren immer wieder in Klageerwiderungen oder -begründungen genutzt haben, nämlich ohne Kündigungsrecht aus den Verträgen nie mehr rauszukommen, ist fadenscheinig und scheinheilig. Sie haben es in vielen Fällen nicht nur versäumt, ausgesetzte Regelbesparungen wieder einzufordern, um sich bei Nichtbefolgung damit ein vertragliches Kündigungsrecht zu sichern. Sie haben im Gegenteil dieses ihnen zustehende Recht absichtlich über viele Jahre ruhen lassen, weil ihnen ein hoher Guthabenbestand gut ins Konzept passte.


    In jedem Fall ist richtig, dass jeder Vertrag automatisch "nicht ewig" läuft!



    Gruß
    Eagle Eye

  • Oh, da ist was verloren gegangen - sorry berghaus.


    Das war nicht, sondern das ist die seit 2013 so gültige Fassung der ABB eines Vertrages, der hier neben mir in meinem Ordner schlummert ;) ... und dreimal darfst Du raten ...


    ... "Wüstenrot"



    Und genau deshalb bin ich ja so dermaßen an der Meinung der Rechtsexperten in unserem Forum interessiert.


    Oder sollte ich jetzt doch besser mal eine Anfrage an die Kanzlei richten???



    Gruß
    Eagle Eye

  • Was sind die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge eigentlich wert?



    § 5 (2) meiner Dispo plus ABB regelt die Zuteilung und die Vertragsfortsetzung; dort heißt es: nimmt der Bausparer seine Zuteilung nicht fristgerecht an oder ... , wird der Vertrag fortgesetzt.



    § 5 (3) Setzt der Bausparer seinen Vertrag fort, kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen.



    Also alles glasklar geregelt! Wo bleibt der Verbraucherschutz, wo der Vertrauensschutz?


    § 20 ABB regelt die Bedingungsänderungen!



    (2) Ohne Einverständnis des Bausparers, aber mit Zustimmung des Aufsichtsamts für das Kreditwesen können die Bestimmungen der §§ 2 bis 7 und ... mit Wirkung für die Zukunft geändert werden.



    Wurde die Möglichkeit einer vorzeitige Kündigung nach Ablauf von 10 Jahren nach Zuteilung beantragt?


    Wenn nicht, warum nicht?
    Wozu dann den Weg über den BGH?



    Fragen über Fragen, wir sollten vielleicht erst einmal alle die Urteilsbegründung abwarten, vielleicht sehen wir dann vieles klarer.

  • Gleichwohl, Fragen über Fragen:


    Zitat von eagle_eye in 829:
    "Nun liegen hier gerade neben mir die „Allgemeine Bedingungen für Bausparverträge (ABB)
    mit Abschlussdatum vom 01.03.1998 bis 31.12.2000“ in der zuletzt geänderten Fassung vom Januar 2013."


    Ich habe noch nie eine geänderte Fassung der ABB bekommen.


    Wenn doch welche zugeschickt werden, wieder die Fragen:.


    - Gelten die nicht, wenn der Bausparer Widerspruch gegen die Änderungen einlegt?
    - Gelten sie, wenn der Bausparparer auf den Hinweis, dass die Änderungen gelten, wenn der Bausparer nicht innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch einlegt?


    Was bedeutet das in beiden Fällen, wenn da plötzlich festgelegt ist (§ 14 (2): Die Bausparkasse kann den Vertrag nicht kündigen?


    berghaus 23.02.17

  • Stop @berghaus, da haben wir uns falsch verstanden:


    Mit "geänderte Fassung" meine ich nicht, dass dieser Passus geändert wurde oder dass der "plötzlich festgelegt" wurde - der war schon immer drin.


    "In der zuletzt geänderten Fassung von 2013" hatte ich deshalb geschrieben, weil in dem Jahr zwei, drei andere nicht so wichtige Stellen geändert wurden und um zu sagen, dass man selbst vor vier Jahren diesen Kündigungsverzicht nicht rausgenommen hat.


    So, nun haben wir's hoffentlich :)



    Gruß
    Eagle Eye

  • Sie wurden nicht "nach Zuteilungsreife" zum Darlehensgeber, sondern bereits vorher. Die Zuteilungsreife ist nach Ansicht des BGH (die ich im Übrigen für richtig halte: Die Mindesteinzahlung ist der Höchstbetrag, die die Bausparkasse vom Bausparer rechtlich verlangen kann) lediglich maßgeblich für den Beginn der 10-Jahres-Frist.


    Dass Sie die Bedingungen nicht beeinflussen konnten, mag richtig sein; für ein Kündigungsrecht ist es aber nicht maßgeblich.

    Richtig: Titel 3 lautet „Darlehensvertrag; Finanzierungshilfen und Ratenlieferungsverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher.“. Was folgt daraus? In Titel 3 ist zunächst der Darlehensvertrag geregelt (Untertitel 1), die vollkommen unabhängig davon sind, ob ein Verbraucher beteiligt ist. Untertitel 2 regelt dann die Finanzierungshilfen zwischen Unternehmer und Verbraucher.


    § 489 BGB ist eine allgemeine Vorschrift zum Darlehensvertrag, die immer gilt und nicht auf Verbraucherdarlehensverträge zu Gunsten des Verbrauchers beschränkt ist. Hätte der Gesetzgeber die Kündigungsmöglichkeit des § 489 BGB nur dem Verbraucher zugestehen wollen, hätte er diese Kündigungsmöglichkeit in Titel 3 Untertitel 1 (Darlehensvertrag) Kapitel 2 (Besondere Vorschriften für Verbraucherdarlehensverträge) geregelt, nicht in Titel 3 Untertitel 1 (Darlehensvertrag) Kapitel 1 (Allgemeine Vorschriften [zum Darlehensvertrag]).

  • Hallo,


    joergspi: Ihr Beitrag ist bezüglich der Entstehungsgeschichte der Norm interessant, allerdings bezieht sich der von Ihnen verlinkte Aufsatz nicht auf die aktuelle Fassung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB - vgl. https://www.buzer.de/gesetz/6597/al24037-0.htm !
    Und genau in der dort dargestellten Gesetzesänderung dürfte das Problem liegen - in dem Bemühen, das Kündigungsrecht zu Gunsten von Baudarlehensnehmern auf grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen auszuweiten, hat der Gesetzgeber leider den Begriff "Verbraucher" entfallen lassen, so dass seit dem 11. Juni 2010 diese Kündigungsmöglichkeit dem Wortlaut und der systematischen "Unterbringung" der Norm innerhalb des BGB (Titel 3, Untertitel 1, Kapitel 1 und nicht Kapitel 2) auch institutionellen Darlehensnehmern eröffnet ist - ob das so gedacht war oder ob es sich um eine gesetzgeberische Panne handelt, vermag ich nicht zu beurteilen.


    Ansonsten hat @alpenveilchen einiges ausgeführt, was wahrscheinlich zutrifft (insbes. Zeitpunkt der Zuteilungsreife als Zeitpunkt des vollständigen Empfangs des Darlehens des Bausparers an die Bausparkasse) - Näheres wird die Urteilsbegründung zeigen.


    Ergänzend noch: ABBs nützen in diesem Zusammenhang rechtlich nichts wegen § 489 Abs. 4 - Unabdingbarkeit des Kündigungsrechts!


    Um das klarzustellen - vor dem BGH-Urteil bin ich auf Grund der mich überzeugenden Begründung der Urteile durch das OLG Stuttgart vom 30. März 2016 davon ausgegangen, dass § 489 BGB (auf Grund der Entstehungsgeschichte der Norm) nicht von institutionellen Darlehensnehmern anwendbar ist und war bezüglich des BGH-Urteils dementsprechend optimistisch zu Gunsten von uns Bausparern. Ich nehme ausdrücklich nicht für mich in Anspruch "es schon vorher gewusst zu haben" (ganz im Gegenteil), sondern versuche auch nur zu verstehen, was da eigentlich passiert ist ...


    Grüße


    BSHKunde

  • Das Urteil war nicht zu erwarten. Oder vielleicht doch?
    Ich habe mich mit meiner Kasse noch Monate vor dem Urteil verglichen, obwohl ich ganz klar die Sichtweise der Bausparer als juristisch haltbar eingeschätzt habe. Einige OLGs hatten ja auch entsprechend geurteilt. Die Argumente brauchen hier nicht im Detail wiederholt zu werden, aber allein die von den BSK grob fahrlässig nicht eingeforderten Regelbeiträge, die überlange Laufzeiten erste ermöglicht haben, sollten schon ausreichen, um den BSKs eine weitere Kündigungsmöglichkeit zu verwehren.
    Nebenbei: Im Prinzip hat die BSK damit die Interessen des Kollektivs schuldhaft verletzt, denn fehlende Einzahlungen führen dazu, dass für diejenigen, die auf ein BSK-Darlehen warten, die Wartezeit zunimmt und ggf. eine teure Zwischenfinanzierung erforderlich wird. Hätten die Kunden nicht Anspruch auf Schadenersatz?
    Zurück zum Urteil. Was wäre gewesen, wenn die BSKs verloren hätten?
    Die Finanzlage einzelner BSKs ist ja kritisch bis überkritisch. Deshalb ja auch die Kündigungswelle trotz des Imageschadens.
    Was wären die Folgen, wenn durch das Urteil auch nur eine BSK in die Pleite geraten wäre?
    Es hätte eine Diskussion über die Sicherheit der BSKs gegeben, die angesichts der Sorgen der Sparer um ihr Geld schnell auf Sparkassen und Banken hätte übergreifen können. Wenn das Vertrauen erst weg ist, kommt schnell eine Lawine ins rollen. Das kann sich niemand wünschen. Die Regierung gibt sich auch sonst alle Mühe, uns in Sicherheit zu wiegen. Regelmäßig kommen mit den Kontoauszügen die Informationen über das Einlagensicherungssystem. Jedes mal denke ich, dass die Lage sehr kritisch sein muss, wenn man so oft auf die Sicherheit hingewiesen wird.
    Die Krise der EU (Brexti, Wirtschaftsflüchtlinge, Wahlen) und des Euro (Griechenland, Italien, Frankreich) sind lange nicht überwunden. Noch werden alle Register gezogen, um uns mit Geschichten über Präsident Trump abzulenken - zu unrecht, wie sich m.E. noch herausstellen wird.
    Ich denke, dass das Urteil letztlich ein Urteil im Kontext der Finanzkrise bzw. der Euro-Rettung ist. Vielleicht hätte das Gericht zugunsten der Bausparer entschieden, wenn es keine latente Finanzkrise geben würde.
    Insofern ist das unbefriedigende Urteil sogar gerecht, denn die Finanzkrise wird in Form der Nullzinspolitik von der sparenden Mittelschicht bezahlt und warum sollte man da gerade die Bausparer verschonen?