BHW kündigt nicht vollen Bausparvertrag - rechtens?

  • Der Zinszufluss und die damit verbundene Abführung der Steuern, ist unabhängig von der Tatsache, dass
    die Bausparkassen ihre (unberechtigten?!) Kündigungen rausschicken und das Geld ggfls. auf einem Sonderkonto
    verwahren.


    Bedeutet: Die Bausparkasse zahlt z.B. für 2015 Zinsen, führt gesetzesgemäß die vorgesehene Steuern ab und MUSS dem Inhaber des Bausparkontos einen Steuerbescheinigung für 2015 zusenden ggfls. sollte man sie anfordern.


    Der Steuerpflichtige kann ( muss aber nicht) die Kaptaleinkünfte, mit den gezahlten Abgaben, auf der Anlage KAP für 2015 aufführen und die "Günstigerprüfung" beantragen.


    Wenn die Bausparkasse das Geld auf einem Sonderkonto führt, wird sie dort keine Zinsen mehr zahlen und damit entfällt auch der Steuerabzug, sollten dort Zinsen bezahlt werden ist die Abwicklung wie oben beschrieben.


    Das ist alles völlig unabhängig von irgendwelchen Widersprüchen die man erhoben hat.


    Falls man für den Zinsausfall einen Schadensersatz einklagen möchte, ist dieser Schadensersatz im Jahr des Zuflusses voll
    ( mit allen anderen Einnahmen) zu versteuern ( gilt dann nicht als Zinseinnahme mit der Möglichkeit der "Günstigerprüfung").
    In diesem Falle sollte man ggfls. aber einen Steuerberater, oder Lohnsteuerhilfeverein, befragen.

  • Hallo Thommy,


    interessant dürfte es dann werden, wenn eine Bausparkasse, die z. B. für 2015 Zinsen gezahlt und die entsprechenden Steuern abgeführt hat, die juristische Auseinandersetzung 2016 oder 2017 verliert mit der Folge, dass die Kündigung des Bausparvertrages nichtig ist und dieser nicht beendet wurde, sondern unverändert fortbesteht.


    Wie ist Deine Einschätzung für diesen Fall? Sind die Geldflüsse, die zwischen Bausparkasse und Finanzbehörden stattgefunden haben, reversibel? Oder gibt es da eine Bestandskraft - in welcher Form auch immer?


    Danke + einen guten Tag!


    Eagle Eye

  • Danke, Thommy100, für Deinen Kommentar.
    Hat denn wirklich noch niemand von den Betroffenen mit im Laufe des Jahres 2015 unberechtigt gekündigtem Vertrag die konkrete Abwicklung der Einkommensteuererklärung für 2015 inclusive Einkommensteuerbescheid und Widerspruch wegen des laufenden Verfahrens hinter sich? Über einen kurzen Bericht wäre ich sehr dankbar.



    Auch Eure Gedanken zu den folgenden Punkten würden mich interessieren:



    Eine steuerliche Rückabwicklung bei für uns positivem Ausgang müsste eigentlich im System vorgesehen sein, denn manche Bausparkassen (bekannt sind mir Quelle und LBS) haben immer schon laufend Bonuszinsen gezahlt und dafür Steuern abgeführt, obwohl gar nicht feststand, ob der Bausparer den Schritt des Darlehensverzichts zur Erlangung der Bonuszahlungen tun würde. Hat jemand Erfahrung mit so einem Fall?



    Sollte es auf die Bemessung eines Schadensersatzes hinauslaufen, ist es ja gar nicht so trivial, bei mehreren Verträgen die Auswirkungen des entgangenen Gestaltungsspielraums zwischen persönlichem (evtl. niedrigeren) Steuersatz und der Abgeltungssteuer auszuloten, je nachdem, ob man die Verträge nach und nach oder alle auf einmal auflöst.



    Außerdem gibt es auch noch den Aspekt, dass auch bei Abschaffung der Abgeltungssteuer durch die Bundesregierung eine Auflösung der Verträge, solange es dieses Verfahren noch gibt, günstiger sein könnte. Kann man dann überhaupt umschwenken, wenn ein Schlichtungs- oder sonstiges Verfahren läuft?



    Und zuletzt muss man auch noch darauf achten, dass man bei fiktiver Fortsetzung des Vertrages den Zeitpunkt nicht verpasst, wo man gerade noch auf das Darlehen verzichten kann, um den Bonusanspruch nicht zu verlieren.


    Danke für Eure Kommentare
    Nemkinjata

  • @eagle_eye
    Vielleicht verstehe ich die Frage nicht richtig, aber in meinem Fall wurden die Zinsen, seit Bausparbeginn, jährlich dem Bausparkonto gutgeschrieben und auch jährlich automatisch mit der Abgeltungssteuer belegt.


    Eine Rückabwicklung des Steuerabzugs ist nicht notwendig, da ja die Zinsen in jedem Fall zu Gunsten des Bausparkontos gebucht wurden und der Bausparer den Nutzen daraus zieht; damit besteht eine Steuerpflicht.


    Auch wenn die Zinsen für den gesamten Bausparzeitraum erst in 2015, zusammen mit der
    Kündigung dem Bausparkonto, gutgeschrieben wurden, ändert sich, meiner Ansicht nach, nichts an der Steuerpflicht,
    d.h. die Frage ob die Kündigung wirksam oder unwirksam ist berührt nicht die steuerliche Abwicklung.

  • Na, so ganz trivial ist die "Steuerfrage" nicht, finde ich. Die BHW hat ja mit ihrer Vertragsbeendigung die letzten 6 Monate Zinsen versteuert und gleichzeitig die gesammten Bonuszinsen auch. Wenn ich vor Gericht obsiege kann ich den Vertrag aber noch ca. 15 Jahre fortführen oder das Darlehen abrufen. Also hätten die Bonuszinsen nie versteuert werden müssen/dürfen. Oder mache ich einen Denkfehler?


    MfG
    forenteilnehmer

  • Danke für die Antwort, Thommy,


    da habe ich mich wohl nicht deutlich genug ausgedrückt, sorry.


    Im Falle "meiner" Kündigung argumentierte die Bausparkasse nicht mit § 489 BGB, sondern damit, dass unter Hinzuziehung von Bonuszinsen die Bausparsumme erreicht sei und sie den Vertrag deshalb kündigen könne.


    Die Voraussetzung für einen Bonuszins (Einzelheiten erspare ich mir an dieser Stelle) war allerdings nach meiner/unserer Rechtsauffassung nicht gegeben, so dass im juristischen Erfolgsfall der Bausparvertrag unverändert fortbestände.


    Meine Frage bezog sich nun auf diese dann in 2015 zu Unrecht gezahlten und zu Unrecht versteuerten Bonuszinsen - und nicht auf die Basiszinsen, die auch meinem Konto jährlich gutgeschrieben wurden. Die Zahlung dieser Bonuszinsen, die in meinem letzten Kontoauszug ausgewiesen wurden (um die Kündigung zu rechtfertigen) und die sich im hohen vierstelligen Bereich bewegen, müsste dann sozusagen wohl wieder rückabgewickelt werden mit der Folge, dass dafür auch keine Steuern mehr fällig wären. Daraus ergab sich meine Frage, ob diese Steuern in dem Fall von den Finanzbehörden wieder zurückfließen - auch wenn dann seit der Kündigung zwei, drei oder mehr Jahre vergangen sein werden.

  • Na, so ganz trivial ist die "Steuerfrage" nicht, finde ich. Die BHW hat ja mit ihrer Vertragsbeendigung die letzten 6 Monate Zinsen versteuert und gleichzeitig die gesammten Bonuszinsen auch. Wenn ich vor Gericht obsiege kann ich den Vertrag aber noch ca. 15 Jahre fortführen oder das Darlehen abrufen. Also hätten die Bonuszinsen nie versteuert werden müssen/dürfen. Oder mache ich einen Denkfehler?


    MfG
    forenteilnehmer

    Hallo Forenteilnehmer,


    Du warst schneller, aber genau das war auch mein Gedankengang. Ich wäre gespannt, ob und wie die Bausparkasse das im Fall der Fälle hinbekäme ...

  • Wüstenrot zieht vor den Bundesgerichtshof
    http://www.stuttgarter-nachric…ae-b9ed-6f5f9e53b393.html

    @eagle_eye
    Ist das die Revision zum am 29.03.2016 bekannt gewordenen Urteil? Das könnte ja dann endlich den "Durchbruch" für uns bringen, wenn der BGH wirklich so verbraucherfreundlich ist, wie im Artikel beschrieben und Wüstenrot nach den neuen Vorschriften keinen "Rückzieher in der letzten Sekunde" mehr machen kann....


    MfG Forenteilnehmer

  • @eagle_eyeIst das die Revision zum am 29.03.2016 bekannt gewordenen Urteil? Das könnte ja dann endlich den "Durchbruch" für uns bringen, wenn der BGH wirklich so verbraucherfreundlich ist, wie im Artikel beschrieben und Wüstenrot nach den neuen Vorschriften keinen "Rückzieher in der letzten Sekunde" mehr machen kann....


    MfG Forenteilnehmer

    Davon gehe ich aus - die genannten Aktenzeichen sind jedenfalls identisch: 9 U 171/15

  • Davon gehe ich aus - die genannten Aktenzeichen sind jedenfalls identisch: 9 U 171/15

    Ok, habe ich übersehen. Dann stellt sich für mich vorerst die Frage wie lange kann es bis zu einem Urteil in diesem Fall daueren, wie partizipiere ich an einem für uns positiven Urteil und was macht man mit dem "unverzinsten" Bauspar-Geld. Der "Schaden" beträgt nach einem Jahr immerhin schon ca. 1500€ ......


    MfG
    forenteilnehmer

  • Ok, habe ich übersehen. Dann stellt sich für mich vorerst die Frage wie lange kann es bis zu einem Urteil in diesem Fall daueren, wie partizipiere ich an einem für uns positiven Urteil und was macht man mit dem "unverzinsten" Bauspar-Geld. Der "Schaden" beträgt nach einem Jahr immerhin schon ca. 1500€ ......
    MfG
    forenteilnehmer

    Zur möglichen Dauer äußert sich in dem Artikel eine Stuttgarter Juraprofessorin: zwei bis drei Jahre.
    K. A. welche Sachkenntnis dahinter steckt.
    Die anderen Fragen werden wohl erst dann richtig akut werden, wenn es zu einem - hoffentlich - für uns positiven Urteil kommen sollte ...

  • @forenteilnehmer
    Da gibt es zwei Möglichkeiten: Man einigt sich mit seiner Bausparkasse auf Zahlung eines Schadensersatzes für die entgangenen Zinsen, oder man klagt diesen Schadensersatz ein.


    Aber ACHTUNG: Durch die einmalige Zahlung eines Schadensersatzes, der voll steuerpflichtig ist, kommt man in dem Steuerjahr in eine höhere Steuerprogression, man sollte das bei der Ermittlung der Schadenshöhe möglichst berücksichtigen.

  • Revision?
    Es gibt noch keinen Grund, um zu frohlocken.
    Vor der mündlichen Verhandlung kann die Revisionspartei (Wüstenrot) die Revision jederzeit zurückziehen. Mit dieser Parteiherrschaft sind schon viele Grundsatzurteile verhindert worden. Bis Ende 2013 war das sogar noch in der Verhandlung, also sozusagen "in letzter Minute", möglich.
    Wüstenrot erreicht zunächst einmal, dass das ungünstige OLG-Urteil nicht rechtskräftig wird und kann bis zur 1. mündlichen Verhandlung weiter auf Zeit spielen. Bis dahin werden sie sicher mehrere tausend Altverträge los - von allen Kunden, die keinen Widerspruch machen.
    Wenn sie dann kurz vor der 1. Verhandlung die Revision zurückziehen, geht das Spiel von vorne los.
    Weiß hier jemand etwas genauer, wie man gegen die Bausparkasse auf Zeit spielen kann?
    Wenn z.B. ein Widerspruch gegen die Kündigung abgelehnt wurde - wie lange darf ein Bausparer maximal bis zur Klageerhebung warten? Kann er z.B. eine allgemeine Schadenersatzforderung mit Klageandrohung stellen und so die Verjährungsfrist des Leistungsanspruches von 3 Jahren nutzen und kurz vor Ablauf der 3 Jahre eine Klage einreichen?
    Ein paar allgemeine Tipps, auch zum Weiterleisen, wären nett - falls sie jemand hat.

  • Ich werde folgendermaßen vorgehehen:


    Habe jetzt zunächst der Kündigung mit Hinweis auf die Stuttgarter Urteile widersprochen. Bei Eintreffen der Ablehnung werde ich nochmals widersprechen mit dem Hinweis dass ich die Entscheidung des BGH abwarte. Sollten die mir den Scheck zusenden, werde ich diesen unbrauchbar machen und nochmals widersprechen mit dem Hinweis dass ich die Entscheidung des BGH abwarte. So ca. 1,5 Wochen vor dem Ablauf der Verjährungsfrist werde ich dann nach Lage entscheiden.

  • Um es nochmals klar zu sagen: Die Verjährungsfrist, nach Einlegen des nachweisbaren Widerspruches,
    beträgt 3 Jahre und beginnt mit dem Ablauf des Wiederspruchjahres. Wer 2016 einen Widerspruch einlegt,
    für den beginnt die Verjährungsfrist am 31.12.2016 / 01.01.2017 und endet am 31.12.19.


    Es ist unerheblich, ob die Bausparkasse den Widerspruch anerkennt, man muss ihn nur beweisen können.
    Innerhalb dieser 3 Jahre kann man seine Ansprüche stellen;
    bzw.MUSS man sie in diesem Zeitraum einklagen, um die Verjährung zu hemmen.


    Ein BGH-Urteil bis zum 31.12.19, zu Gunsten eines Bausparers, bedeutet aber nicht, dass sich alle Bausparkassen daran halten, ggfls. muss man trotzdem mit Klage drohen bzw. diese auch innerhalb der 3 Jahre erheben, denn das Urteil bezieht sich nur auf den Einzelfall.
    Natürlich wissen die Bausparkassen, dass sich die untergeordneten Gerichte an solch einem BGH Urteil orientieren und werden das Risiko weiterer Klagen kaum eingehen, aber wie gesagt: es kommt immer auf den Einzelfall an.

  • Wüstenrot zieht die Berufung vor dem OLG Stuttgart zurück. Das war zu erwarten.
    Die Revision beim BGH wird Wüstenrot ebenfalls kurzfristig zurücknehmen, weil:
    - Der BGH bereits in einem älteren Urteil (BGH XI ZR 3/10 v. 07.12.2010) ausführt, dass der Sinn des Bausparens der Erhalt eines vom Marktzins unabhängigen Darlehens ist und dafür vom Bausparer marktunüblich niedrige Zinsen für das Bausparguthaben in der Ansparphase als Vorleistung erbracht werden. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB soll aber gerade die lange Bindung an marktunübliche Zinsen verhindern. Es ist also fraglich, ob der Paragraph auf Bausparverträge anwendbar ist, die ja keine üblichen Darlehensverträge sind, bei denen der Darlehensgeber den Zins bestimmt.
    - weil das OLG Stuttgart 9 U 171/15 die Rolle der Regelsparbeiträge hervorgehoben hat. Die Bausparkassen haben bei den jetzt gekündigten Verträgen eigennützig gehandelt und über Jahrzehnte die Regelsparbeiträge nicht eingefordert. Nur so konnten die Altverträge überhaupt so lange bestehen. Dieses Verhalten ist im Übrigen auch mit dem Bausparkassengesetz nicht vereinbar. Dort wird herausgestellt, dass die Bausparkassen die Vertragsbedingungen nicht so gestalten dürfen, dass die Ansparphase übermäßig lange dauert In § 6(4)2 BauSparkG wird ausgeführt, dass das Hinausschieben der Zuteilung nicht ausreichend die Interessen der Bausparer wahrt. Es ist als schuldhaftes Versäumnis der Bausparkasse anzusehen, wenn Sie zwar in den ABB Regelsparbeiträge im Sinne des BauSparkG vorsieht, die eine überlange Ansparphase verhindern würden, die Einhaltung der Vertragsregel aber nicht einfordert, um dadurch eine überlange Ansparphase zu erreichen und an der "Vorleistung" der Bausparer möglichst lange gut zu verdienen.
    - weil in § 6(4) 1 BauSparkG gefordert wird, dass über die gesamte Laufzeit das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ausgewogen sein muss. Da die Laufzeit in den ABB nicht befristet ist, kann ein Bausparvertrag nicht nur aus der Zahlung der Abschlussgebühr und der Ansparleistung des Bausparers bestehen, denn die Gegenleistung ist das Darlehen, welches die Bausparkasse eben nicht entziehen darf, weil sonst die Gegenleistung fehlt. Nur der Bausparer kann darauf (freiwillig) verzichten. Bereits im o.g. BGH-Urteil wird die Ansparphase als eine Vorleistung des Bausparers bezeichnet. Es ist nicht die Schuld des Bausparers, wenn durch unerwartete Zinssenkungen die Ansparphase zufällig zu einer attraktiven Kapitalanlage wird. Die Wahrung der Interessen beider Parteien war jederzeit durch die Einforderung von Regelsparbeiträgen möglich. Insofern ist die Bausparkasse, die die eigenen ABB nicht nutzt um ihre Interessen zu schützen, auch durch § 498 Abs. 1 nicht schutzwürdig.
    Man kann allen Bausparern nur raten, sich so bockig wie möglich zu stellen.

  • Eine kleine Ergänzung zur Behauptung der Bausparkassen, in der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle sei zu ihren Gunsten entschieden worden. Alles ist relativ ...


    "Weitere für den 4. Mai 2016 bestimmte Verhandlungstermine fanden nicht statt. Teilweise sind die Berufungen zurückgenommen worden, teilweise wurden die Termine wegen außergerichtlicherVergleichsverhandlungen auf Wunsch der Parteien aufgehoben."



    https://www.datev.de/web/de/ak…ausparkasse-stattgegeben/