BHW kündigt nicht vollen Bausparvertrag - rechtens?

  • Hallo Franceline,
    wir haben Mandanten hinsichtlich dieser Konstellation gegenüber der BHW bereits erfolgreich betreut. Haben Sie den Widerspruch per Einschreiben versendet? Bzw. hat sich BHW zu Ihrem Widerspruch bereits geäußert. Zum Teil haben wir es erlebt, dass die Banken/Bausparkassen den Zugang des WIderspruchs bestreiten.
    Mit besten Grüßen
    Hermann Bröcker

    Dr. Hermann Bröcker, LL.M.
    Rechtsanwalt | Partner


    SYLVENSTEIN Rechtsanwälte
    Sckellstr. 6 | 81667 München

  • @forenteilnehmer #737


    In Deinem letzten Absatz meinst Du wahrscheinlich die „Anerkenntnisurteile“, die bis Ende 2013 vom BGH gefällt werden konnten, wenn die Bausparkasse bis zur Urteilsverkündung ihre Revision zurücknahm und den Anspruch des Bausparers anerkannte. Da gab’s dann keine Urteilsbegründung, weshalb in der Folge alle anderen Bausparer weiter prozessieren mussten, um zu ihrem Recht zu kommen.


    Meines Wissens gibt es diese Anerkenntnisurteile seit 01.01.2014 nur noch dann, wenn der Kläger/Bausparer einen gesonderten Antrag stellt und sich dadurch quasi damit einverstanden erklärt.
    Schau dazu mal § 555 Abs. 3 ZPO.


    Oder auch hier:


    http://www.focus.de/finanzen/r…id_1140749.html?drucken=1


    https://www.arag.de/service/in…htsurteile/sonstige/4644/




    @Hermann Broecker #741


    Das Bestreiten des Eingangs des Widerspruchs ist eine interessante Info. Dazu hätte ich zwei Fragen:


    • Steht die Bausparkasse mit dieser Strategie auf einigermaßen sicherem rechtlichen Boden oder wird das zu einem juristisch zu klärenden "Nebenkriegsschauplatz" werden?
    • Für den Fall, dass die Bausparkasse mit diesem Bestreiten Recht hat/bekommt:

    Steht dem Bausparer ein solches Recht ebenfalls zu, d. h. kann er mit Aussicht auf Erfolg den Eingang eines
    Kündigungsschreibens bestreiten, da diese Schreiben ja auch mit "normaler" Post versandt werden???



    Gruß
    Eagle Eye

  • Hallo (Frau oder Herr) Berghaus,
    Die Bausparsumme wäre brutto in ca 4 Jahren erreicht.
    Direkt zu Beginn hatte ich meine Ersparnisse in Einmalzahlung angelegt und auf 17 Verträge (Mindestsparsumme)
    gesplittet um mir somit später sukzessive Verträge auszahlen zu lassen, ohne in hohe Steuerprogredienz zu kommen.
    Dem BHW war durchaus bekannt, dass es sich um meine Altersbezüge handelt, da ich vor Jahren dies in einem vorausgegangenen Rechtsstreit dokumentiert hatte.
    Meinen Widerspruch hatte ich für jeden Vertrag einzeln und per Ebf mit Rückschein an BHW geschickt. Der Eingang wurde auch, wie von mir gewünscht, direkt in einem Schreiben bestätigt und natürlich mit den gleichen Phrasen negativ beantwortet. Daraufhin kamen schließlich jetzt die Abrechnungsunterlagen der noch bestehenden Verträge.
    Im letzten Jahr hatte ich mir das Gehirn zermatscht und dann nach Bauchgefühl entschieden, die Hälfte der Verträge auszahlen zu lassen und mir eine Alternative zu suchen. Somit wird die Steuerlast etwas gemindert und das Geld steht nicht irgendwo im "Leerlauf" .
    Beunruhigend ist für mich ist nach wie vor noch die Tatsache, dass die Anlage nicht mehr voll abgesichert ist, eher branchenunüblich.
    Von meiner Rechtschutzversicherung bekomme ich auch keine Unterstützung, da Geldgeschäfte nicht unter den Versicherungsschutz fallen.
    Es bleibt ja noch der Funke Hoffnung, dass der BGH noch vor Frist 04/2017 und Ende der Postbank entscheidet.


  • Hallo eagle_eye,
    wenn der Widerspruch nur per einfachem Brief versendet wurde, muss der Versender - also der Verbraucher/Bausparer - den Zugang beweisen. Prozesstechnisch gibt es auch keinen Anscheinsbeweis dafür, dass eine zur Post gegebene Sendung den Empfänger auch erreicht. Daher sollten wichtige Erklärungen per Einschreiben versendet werden oder per Fax. Aber beim Fax muss man auch die Sendebestätigungen erhalten.
    Umgekehrt, und das ist ein ziemlich schlauer Gedanke, könnte man auch den Erhalt der Kündigung bestreiten. Allerdings gibt es eine prozessuale Wahrheitspflicht. Die gilt für beide Seiten! Aber in der Praxis wird das bestreiten des Zugangs der Kündigung wohl nicht möglich sein, da ja meist durch den Verbraucher schon eine Reaktion auf die Kündigung erfolgt ist - und die Kündigung ihm daher zugegangen sein muss.

    Dr. Hermann Bröcker, LL.M.
    Rechtsanwalt | Partner


    SYLVENSTEIN Rechtsanwälte
    Sckellstr. 6 | 81667 München

  • Hallo eagle_eye,
    wenn der Widerspruch nur per einfachem Brief versendet wurde, muss der Versender - also der Verbraucher/Bausparer - den Zugang beweisen. Prozesstechnisch gibt es auch keinen Anscheinsbeweis dafür, dass eine zur Post gegebene Sendung den Empfänger auch erreicht. Daher sollten wichtige Erklärungen per Einschreiben versendet werden oder per Fax. Aber beim Fax muss man auch die Sendebestätigungen erhalten.
    Umgekehrt, und das ist ein ziemlich schlauer Gedanke, könnte man auch den Erhalt der Kündigung bestreiten. Allerdings gibt es eine prozessuale Wahrheitspflicht. Die gilt für beide Seiten! Aber in der Praxis wird das bestreiten des Zugangs der Kündigung wohl nicht möglich sein, da ja meist durch den Verbraucher schon eine Reaktion auf die Kündigung erfolgt ist - und die Kündigung ihm daher zugegangen sein muss.

    Hallo Hermann Broecker,


    danke für die Antwort!


    Es ist natürlich klar, dass ein Widerspruch den Eingang eines Kündigungsschreibens indirekt bestätigt.
    Wenn es tatsächlich so ist, dass es prozesstechnisch einen solchen "Anscheinsbeweis" nicht gibt und Bausparkassen, wie ich weiter oben lesen konnte, von dieser Tatsache zu Lasten von Bausparern Gebrauch machen, könnte man allerdings geneigt sein, dieses Gebaren bei zu erwartenden Kündigungen eines vorhandenen zweiten oder dritten Vertrages zu übernehmen.



    Gruß
    Eagle Eye

  • @eagle_eye


    Danke, das war wohl das, was mir im Hinterkopf rumspukte. Wenn ich es richtig verstehe, gibt es am 21.02.17 zwei (getrennte) Verhandlungen zu diesem Thema. Das heisst, also zwei verschiedene Kläger und Beklagte. Oder jedes mal die selbe Bausparkasse (hat Jemand Hintergrund-Infos?).
    Wenn das "mündliche" Verhandlungen sind, könnten die Kassen noch bis vor der Verhandlung jeweils einen Rückzieher machen (laut ARAG Text?) auch wenn der Bausparer ein Urteil will??


    Also hängt alles davon ab ob die Bausparkasse(n) vorher noch einen Rückzieher machen??. Wobei hier scheinen ja die Bausparer die Kläger zu sein. Dann können die Kassen ja eigentlich nicht den Prozeß verhindern!?!?


    Also wer kann einem, der den 21.02.17 nicht mehr abwarten kann :) , erklären was jetzt noch passieren könnte, damit es nicht zu einem Urteil kommt?
    Sind wir also schon auf der sicheren Seite? Egal wie das Urteil lauten wird.....


    stefsch

  • Danke, das war wohl das, was mir im Hinterkopf rumspukte. Wenn ich es richtig verstehe, gibt es am 21.02.17 zwei (getrennte) Verhandlungen zu diesem Thema. Das heisst, also zwei verschiedene Kläger und Beklagte. Oder jedes mal die selbe Bausparkasse (hat Jemand Hintergrund-Infos?).
    Wenn das "mündliche" Verhandlungen sind, könnten die Kassen noch bis vor der Verhandlung jeweils einen Rückzieher machen (laut ARAG Text?) auch wenn der Bausparer ein Urteil will??


    Also hängt alles davon ab ob die Bausparkasse(n) vorher noch einen Rückzieher machen??. Wobei hier scheinen ja die Bausparer die Kläger zu sein. Dann können die Kassen ja eigentlich nicht den Prozeß verhindern!?!?


    Also wer kann einem, der den 21.02.17 nicht mehr abwarten kann , erklären was jetzt noch passieren könnte, damit es nicht zu einem Urteil kommt?
    Sind wir also schon auf der sicheren Seite? Egal wie das Urteil lauten wird.....

    Bei den beiden Rechtsstreitigkeiten handelt es sich offensichtlich um zwei verschiedene Bausparerinnen, bei der Bausparkasse aber in beiden Fällen um die Wüstenrot.


    OLG Stuttgart 9 U 171/15 vom 30.03.2016:
    https://www.anwalt.de/rechtsti…n-unzulaessig_083716.html


    OLG Stuttgart 9 U 230/15 vom 04.05.2016:
    https://www.anwalt.de/rechtsti…ertrags-statt_081907.html


    Die Wüstenrot war vor dem OLG jeweils unterlegen, legte Revision ein und ist damit Revisionsklägerin.
    Einen Rückzieher kann sie zwar vor der Verhandlung noch machen, aber ein "Nur-Anerkenntnisurteil" ohne verbindliche Folgen für alle gleich gelagerten Fälle würde es nur dann geben, wenn die Bausparerin dies ausdrücklich beantragt.
    Ist natürlich im Bereich des Möglichen - je nachdem, welchen "Köder" man ihr vorwirft und ob sie ihn attraktiv findet ...



    Gruß
    Eagle Eye

  • Hallo zusammen,


    ein Update meines Kündigungs-(Sonder-)Falls:


    ich hatte in Post 707 beschrieben, dass die Aachener Bausparkasse meinen Bausparvertrag unter Einbeziehung der Bonuszinsen gekündigt hatte. Ungeachtet dessen, dass bisherige Gerichtsurteile diese Praxis als unzulässig einstufen, gab die Spruchpraxis der Schlichtungsstelle der Bausparkassen diesen bisher Recht, da eine Annahme des Darlehens aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr sinnvoll wäre und damit kein Spielraum mehr für ein Darlehen bestünde.
    Ich hatte mich trotzdem bei der Schlichtungsstelle beschwert, weil meine ABB ein Mehrzuteilungsrecht bei Zuteilungsannahme von 25% der Bausparsumme vorsehen und damit das mir mögliche Darlehen noch lange nicht durch die Bonuszinsen aufgewogen wird. Sofern die Schlichtungsstelle ihre Spruchpraxis bestätigt, müsste dies folglich eben gerade nicht zur Kündigung führen, sondern zur Verpflichtung der Weiterführung.


    Heute habe ich nun die Stellungnahme der Aachener Bausparkasse zu meiner Beschwerde erhalten, und siehe da - die Kündigung wird "zur gütlichen Einigung ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung" zurückgenommen, obwohl man "weiterhin der Auffassung sei, zur Kündigung berechtigt zu sein".
    Ich vermute mal, dass die Schlichter der Bausparkasse nahegelegt haben, nicht auf einen für sie nachteiligen Schlichtungsspruch zu warten, der nun auch nicht als Präzedenzfall durch die Gegend geistert...


    Ich möchte daher allen Betroffenen, denen unter Einbezug der Bonuszinsen gekündigt wurde, raten, die ABB genau zu prüfen, ob nicht ebenfalls ein Sonderzuteilungsrecht besteht. Bis es eine oberste Gerichtsentscheidung gibt, scheint diese Argumentation in einem Schlichtungsverfahren ein gangbarer Weg zu sein, zumindest im Einzelfall die Vertragsfortführung durchzusetzen.


    Schöne Grüße
    Peter

  • Hallo Berghaus,


    LG Darmstadt vom 14.06.2016 - 13 O 277/15 kann unter


    http://www.lareda.hessenrecht.…lareda.html#docid:7820607


    gelesen werden


    Hans


  • Danke @Hans für den Link zum Urteil des LG Darmstadt vom 14.06.2016.



    Nach dem Urteil des LG Hannover vom Januar letzten Jahres hätte ich nicht gedacht, dass es noch eine Stufe tiefer gehen könnte, was die Verweigerung rechtlichen Gehörs, Schlampigkeit beim Argumentieren - sofern ein Argumentieren überhaupt erkennbar ist - und Missachtung vertraglicher Vereinbarungen zugunsten einer rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise aus der Sicht der beklagten Bausparkasse betrifft. Dass es darüber hinaus von Rechtschreib- und Grammatikfehlern nur so wimmelt, passt ins Bild.


    Kurzum: Die Urteilsbegründung ignoriert durchgehend alles, was bei Vertragsabschluss auf Grundlage der Bausparbedingungen vereinbart wurde.


    Die entscheidende Stelle der vertraglichen Vereinbarungen kommt nur einmal in der Urteilsbegründung vor, und das erst ganz am Ende und in einem einzigen Satz:
    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass § 3 Abs. 2 der allgemeinen Geschäftsbedingungen (Anlage B 3) so zu lesen ist, dass die erhöhte Gesamtverzinsung (Bonus) auch bei einer Kündigung der Beklagtenseite zu gewähren ist.


    Weshalb das „so zu lesen ist“? Keinerlei Begründung, keinerlei Erläuterung ... vielleicht nahte die Mittagspause?


    Hätte sich doch der Richter (oder die Richterin ?) nur etwas mehr Mühe gegeben!
    Und wäre er doch nur in der Lage gewesen, diesen Vertragstatbestand gedanklich zu erfassen!
    Oder hätte er sich in seinem Studium irgendwann einmal mit dem Hysteron-Proteron auseinandergesetzt!
    Dann wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass seine Behauptung, die Bausparkasse könne den Vertrag auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 der ABB kündigen und deshalb den Bonuszins berücksichtigen, auf einem Zirkelschluss beruht.


    Denn selbst wenn die ABB ein Kündigungsrecht für die Bausparkasse vorsähen (was nicht der Fall ist):
    Die notwendige Kündigungsvoraussetzung (Erreichen der Bausparsumme) kann nicht erst durch die Kündigung (mit anschließendem Hinzurechnen von Bonuszinsen) geschaffen werden, sondern muss vor Abgabe der Kündigungserklärung bereits vorliegen


    In diesem Zusammenhang stellt das OLG Celle in seinem Urteil u. a. auch fest:
    Aus dem Wortlaut des § 3 ABB ergibt sich demgegenüber zweifelsfrei, dass die Bonusverzinsung nur bei einer Kündigung gewährt wird, was indes die Wirksamkeit der Kündigung voraussetzt und nicht bedeutet, dass durch Hinzurechnung der Bonuszinsen der Kündigungstatbestand überhaupt erst geschaffen werden kann.“



    Mein Fazit: Es scheint nicht verwunderlich, „dass das Landgericht Darmstadt in den seit 2002 vom Bundesgerichtshof (BGH) für Strafsachen jährlich vorgelegten Statistiken, im bundesweiten Vergleich die hinteren Plätze belegt, d.h. die Urteile dieses Gerichts in der Revisionsinstanz vor dem BGH besonders häufig aufgehoben werden.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Landgericht_Darmstadt#Kritik



    Gruß
    Eagle Eye

  • Der Countdown läuft, der 21. 02. wird ein "Feiertag" für uns geschädigte Bausparer,
    wenn die Bausparkasse nicht noch einen lukrativen Köder auswirft und damit eine Entscheidung ausbremst.


    Noch ein Kommentar zum Urteil des LG Darmstadt: UNGLAUBLICH was da an Begründungen genannt wird.
    Kann man da noch von "Recht sprechen" reden?

  • Der Countdown läuft, der 21. 02. wird ein "Feiertag" für uns geschädigte Bausparer,...

    Ich fürchte, das wird er nicht!


    Soweit ich weiß, geht es da auch zunächst nur um die Kündigung 10-Jahre nach der Zuteilung.
    Und da hängt m.E. viel davon ab, ob der BGH die Bestimmungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf Bausparverträge für anwendbar hält, wobei die bausparerfreundlichen Gerichte hauptsächlich in Süddeutschland meinen, dass dieser Paragraph seiner Entstehungsgeschichte nach eher dem Schutz des Verbrauchers dienen sollte.
    Da aber so viele Gerichte mit nicht von der Hand zu weisenden Argumenten zugunsten der Bausparkassen entschieden haben, habe ich wenig Hoffnung auf einen "Feiertag".


    Der am 14.09.2016 vom OLG zugunsten eines Bausparers entschiedene Fall "Kündigung nach (nicht vom Bausparer beantragter) Hinzurechnung der Bonuszinsen" ist wohl noch nicht beim BGH angekommen. Wer weiß mehr?


    berghaus 17.02.17

  • Hier noch mal die Bestimmungen in § 3 der ABB des Bausparvertrages, der in dem Urteil des OLG Celle vom 14.09.2016 zu dem Thema "Kündigung nach Hinzurechnung der Bonuszinsen" behandelt wird, wohl BHW:


    "Das Bausparguthaben ist nach § 3 Abs. 1 ABB-Tarif X mit einem Basiszins in Höhe von 2 % p. a. zu verzinsen. Verzichtet der Bausparer bei Annahme der Zuteilung des Vertrages auf das Bauspardarlehen, erhöht sich die Gesamtverzinsung des Bausparguthabens nach § 3 Abs. 2 Satz 1 ABB-Tarif X unter den dort genannten Voraussetzungen rückwirkend ab Vertragsbeginn auf 3 %, 4 % oder 5 % p. a. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 ABB-Tarif X wird die Gesamtverzinsung auch bei einer Kündigung nach 7 Jahren und einem Guthaben von 7.000,- DM gewährt. In § 14 ABB- Tarif X ist ein jederzeitiges Kündigungsrecht des Bausparers hinsichtlich des Bausparvertrages vorgesehen. Ein Kündigungsrecht der Bausparkasse ist in den ABB-Tarif X nicht ausdrücklich geregelt." (Hervorhebung von mir)
    (kopiert aus dem Urteil de OLG Celle unter Ziffer 2 der Gründe hier:
    http://www.rechtsprechung.nied…016&st=null&showdoccase=1)


    Den Wortlaut des § 3 der ABB, die dem Darmstädter Urteil vom 14.06.2016 zugrunde lagen und die Bausparkasse, kennen wir (noch) nicht.
    Auszug aus dem Darmstädter Urteil:
    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass § 3 Abs. 2 der allgemeinen Geschäftsbedingungen (Anlage B 3) so zu lesen ist, dass die erhöhte Gesamtverzinsung (Bonus) auch bei einer Kündigung der Beklagtenseite zu gewähren ist.


    Die Celler Richter zu diesem Thema (Ziffer 26 der Gründe):
    "Entgegen der rechtsirrigen Auffassung der Beklagten kann sich diese nicht auf § 3 Abs. 2 Satz 2 ABB-Tarif X berufen. Der dort erwähnte Fall erfasst nur Kündigungen seitens des Bausparers. Denn nur der Bausparer ist auf der Grundlage von § 14 der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge berechtigt, den Bausparvertrag jederzeit zu kündigen."


    Mein Bausparvertrag D maXX von 2003 (BHW) enthält nun in § 3 der ABB (V 10 DX/03.2002) nicht mal den Satz, dass der Bonuszins auch bei einer Kündigung nach 7 Jahren gewährt wird.
    Dafür aber den Satz, dass der Zinszuschlag von 2,25 % (zum Basiszins) nicht für die Baussparsumme übersteigende Guthaben gewährt wird.
    Wortlaut:
    "§ 3 Verzinsung des Bausparguthabens
    (1) Das Bausparguthaben wird mit 2 % jährlich verzinst.
    (2) Verzichtet der Bausparer nach einer Vertragslaufzeit von mindestens 7 Jahren auf das Bauspardarlehen, erhöht sich die Gesamtverzinsung des Bausparguthabens rückwirkend ab Vertragsbeginn auf 4,25 % jährlich. Für Guthaben, die die Bausparsumme übersteigen, erhöht sich die Gesamtverzinsung nicht."

    Gerichtsverfahren oder Urteile gibt es zu diesem Sachverhalt wohl noch nicht.
    Wenn jemand mehr weiß, bitte melden.


    berghaus 17.02.17

  • Hallo berghaus,



    kurz zu Deinen Ausführungen #755, #756:


    Für den Fall, dass die Verhandlungen stattfinden, geht es am 21. Februar in den zwei Revisionsfällen im Wesentlichen um Antworten auf zwei Fragen:

    • Findet § 489 BGB auf Bausparverträge Anwendung?
    • Ist bereits der Eintritt der Zuteilungsreife mit dem vollständigen Empfang des an die Bausparkasse zu gewährenden Darlehens gleichzusetzen?


    Der am 14.09.2016 vom OLG Celle entschiedene Fall "Kündigung nach Hinzurechnung von Bonuszinsen" liegt dem BGH inzwischen vor, die Bausparkasse hat Revision eingelegt.
    Ein Termin ist nicht absehbar, wir rechnen mit Q4 2017 oder Q1 2018.



    Im Folgenden der Wortlaut des § 3 der ABB, die dem Darmstädter Urteil vom 14.06.2016 zugunsten der BHW Bausparkasse zugrunde liegen:


    § 3 Verzinsung des Sparguthabens


    (1) Das Bausparguthaben wird mit 2 Prozent jährlich verzinst (Basiszins).
    (2) Verzichtet der Bausparer bei Annahme der Zuteilung des Vertrages auf das Bauspardarlehen, erhöht sich die Gesamtverzinsung des Bausparguthabens rückwirkend ab Vertragsbeginn wie folgt:


    Voraussetzungen


    Laufzeit und Guthaben Verzinsung
    mindestens mindestens


    3 Jahre 3.000,- DM 3%
    5 Jahre 5.000,- DM 4%
    7 Jahre 7.000,- DM 5%


    Die Gesamtverzinsung von 5 Prozent wird auch bei einer Kündigung nach 7 Jahren und einem Guthaben von 7.000,- DM gewährt.
    (3) Die Basiszinsen werden dem Bausparguthaben jeweils am Ende des Kalenderjahres gutgeschrieben. Sie werden nicht gesondert ausgezahlt. Die Differenz zur Gesamtverzinsung wird bei Auszahlung des gesamten Bausparguthabens fällig und dem Bausparkonto zu diesem Zeitpunkt gutgeschrieben.



    Gruß
    Eagle Eye

  • @eagle_eye und @berghaus


    Danke für´s Thema "hochholen" und die "Vorberichterstattung"!


    Da der Fokus bei meiner "Kündigung" auch auf den beiden oben genannten Punkten liegt, fiebre ich dem nächsten Dienstag auch schon entgegen. Für mich steht nicht nur eine Menge Geld im (unverzinsten) Feuer sondern auch meine Sicht auf den deutschen Rechtsstaat 8o .
    Ich befürchte auch, dass da noch was "schiefgehen" kann, obwohl viele hunderttausend Deutsche (mit Familienangehörigen) von diesem enteignungsähnlichen Eingriffen betroffen sind, hat es erstaunlich wenig (organisierten) Protest gegeben. Vielleicht hätte man sich auch zu einem öffentlichen Protest zusammenschließen sollen. Schließlich sind dieses Jahr auch Wahlen, da hätte man auch mal die sicht von Politikern/Parteien einfordern können. Für diesmal ist es zu spät....
    Welche Motivation für die Baussparkassen kann es geben, das Ganze erst unmittelbar vor der Verhandlung "platzen zu lassen"? Wenn man die Sparer "schmieren" wollte, könnte man das doch auch vorher an anderer Stelle machen!?
    Ist etwas über die ursprünglich klagenden Bausparer der zwei anstehenden Fälle bekannt. Besteht tatsächlich die Gefahr, dass sie "in den Sack hauen" oder wurden sie möglicherweise von Verbraucherschutzorganisationen im Rechtsweg begleitet und bestehen auf einem Urteil?

  • Hallo Zusammen,


    ich glaube nicht, dass Schwäbisch Hall einen Rückziehermacht. Hintergrund ist, dass für alle offenen Rechtsfälle/Risiken Rücklagen bilanziellausgewiesen werden müssen. Dieses belastet die Bilanz und das Betriebsergebnis. Und zwar auf Grund des Urteils in Stuttgart nur für Schwäbisch Hall und nichtfür die andere Bausparkassen, die Ihre Prozesse gewinnen. (Die Vorstände erhalten einen gewinnabhängigen Bonus =>Ein Urteil liegt somit im Interesse der Eigentümer).


    Nach meiner Einschätzung nach wird der BGH § 489 nicht fürAnwendbar erklären. Der BGH hat 2010 in einem anderen Grundsatzurteil bereits entschieden, dass es Zweck eines Bausparvertrages ist über einen langenZeitraum auch an marktunübliche Zinsen zu binden.


    Urteildes XI. Zivilsenats vom 7.12.2010 - XI ZR 3/10


    (1) Gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 2 BSpkG erwirbt der Bausparernach Leistung seiner Spareinlagen in das zweckgebundene Vermögen einenRechtsanspruch auf Gewährung eines niedrig verzinslichen Bauspardarlehens ausdieser Zuteilungsmasse. Entsprechend diesem Vertragsinhalt kann die Klausel -wie die Revisionserwiderung im Anschluss an eine in der instanzge-richtlichenRechtsprechung und im Schrifttum vertretene …….. meint - so verstanden werden,dass der Bausparer die Abschlussgebühr als "Eintrittgebühr" für seineAufnahme in die "Bausparergemeinschaft" zahlt, mit der er bereits dieOption erwirbt, später ein Darlehen ohne Rücksicht auf die Zinsentwicklung amKapitalmarkt zu einem schon bei Abschluss des Bausparvertrages festgelegten,besonders günstigen Zinssatz zu erhalten. Dass für die Inanspruchnahme desDarlehens Zinsen zu entrichten sind, macht es nicht unmöglich, in der Abschlussgebühr ein zusätzli-ches (Teil-)Entgelt für die Kreditgewährung zu sehen (Nobbe, WuB IV C. § 307 BGB 1.10).


    Anders als die Revision meint, verbietet sich ein solches Verständnis nicht deshalb, weil die Abschlussgebühr unabhängig davon anfällt, ob der Bau-sparer im weiteren Verlauf des Vertragsverhältnisses die Zuteilungsvorausset-zungen des Bauspardarlehens überhaupt erfüllt. Nach dieser - möglichen - Aus-legung zahlt der Bausparer die Abschlussgebühr nämlich dafür, dass die Be-klagte sich bereits mit dem Vertragsabschluss endgültig gebunden hat, ihm - wenn auch im Hinblick auf einen zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestimmten Zuteilungstermin (vgl. § 4 Abs. 5 BSpkG) - ein Bauspardarlehen zu feststehen-den Konditionen auszuzahlen. Unabhängig davon, ob man hinsichtlich der rechtlichen Konstruktion davon ausgeht, dass der Darlehensvertrag bereits mit dem Bausparvertrag aufschiebend bedingt geschlossen wird .........hat die Beklagte ihren Kunden jedenfalls bereits bei Abschluss des Bausparvertrages eine entsprechende Anwartschaft verschafft. Damit hat sie ihre vertraglich geschuldete Leistung, die nach diesem Klauselverständnis mit der Abschluss-gebühr abgegolten werden soll, unabhängig davon erbracht, ob der Bauspar-kunde von dieser Option im weiteren Verlauf des Vertragsverhältnisses Gebrauch macht.


    Kann ja nicht sein, dass sich die Bausparkassen 2010 hierauf berufen und später Ihrer eigenen Rechtsauffassung widersprechen. Ich glaube, dass wird der BGH, wenn auch nicht offen ausgesprochen, in seinen Urteil berücksichtigen.


    Grüße
    Jörg