BHW kündigt nicht vollen Bausparvertrag - rechtens?

  • Hallo liebe Forenteilnehmer,


    die letzten Diskussionsbeiträge (z.B. @Taxxer #873; @Fuchs0815 #877; @berghaus '880) zeigen doch ganz deutlich, dass auch nach den beiden BGH-Entscheidungen vom 21.2.2017 noch viele Fragen offen sind - es fehlen im Übrigen ja wohl noch immer die vollständigen Entscheidungsgründe zum zweiten BGH-Urteil.


    berghaus: Ich gebe Ihnen vollkommen Recht, dass bei den BHW-Tarifen vor 1999 unter Zugrundelegung der vom BGH unter Rz. 81 geäüßerten Rechtsansicht der Zeitgewinn für längere Zinszahlungen wohl relativ kurz ist. Bei dem von mir unter #876 genannten Fall (Tarif BHW DISPO PLUS; Vertragsbeginn: 24.2.1998) waren es wohl sogar nur einige Monate. Die Frage ist aber doch auch, welche rechtlichen Konsequenzen es hat, wenn das BHW bereits vor Ablauf des maßgebenden Zeitpunkts auf der Grundlage des § 489 I Nr. 2 BGB gekündigt hat, weil es fälschlicherweise (so jedenfalls nach BGH) das davor liegende Datum der Zuteilungszusage als maßgeblich erachtet hat? Damit hat das BHW (konsequenterweise) auch die in dieser Vorschrift genannte 6-Monatsfrist nicht eingehalten. Erfreulicherweise hat der BGH in seiner Entscheidung wohl ja auch klar zum Ausdruck gebracht, dass alle anderen im Wüstenrot-Verfahren herangezogenen Rechtsgrundlagen für eine Kündigung (insbesondere § 488 III BGB) nicht durchgreifen. Wird dann eine rechtlich fehlerhafte Kündigungserklärung "irgendwann" wirksam, ist sie in eine fehlerfreie umzudeuten oder trägt - was ich für überzeugender halte - derjenige, der die Kündigung erklärt - das volle Risiko, dass die Kündigung den rechtlichen Vorschriften entspricht? - Das hätte zur Folge, dass einer solchen fehlerhaften Kündigungserklärung keine vertragsbeendigende Wirkung zukommt, mithin der Vertrag (mit der Konsequenz des höheren Zinsanspruchs) jedenfalls so lange fortbesteht, bis die Bausparkasse eine rechtlich einwandfreie Kündigung erklärt. Auf diese Weise kämen für den Bausparer im Hinblick darauf, dass die erste Welle von Kündigungserklärungen wohl Ende 2014 erklärt worden sind, unter dem Strich jedenfalls 2 - 2 1/2 Jahre dazu, selbst wenn das BHW jetzt in den (möglicherweise) unter die Rz. 81 des BGH-Urteils fallenden Fällen alsbald entsprechende neue Kündigungsschreiben verschicken sollte.


    In dem Zusammenhang eine Frage an die Forenteilnehmer allgemein: Hatte denn irgendjemand von Euch/Ihnen auch nur ansatzweise damit gerechnet, dass der BGH die von ihm unter Rd. 81 als Beispiel ("z.B.") genannte Fallkonstellation explizit als - einzige - Ausnahme von der vom BGH selbst unter Rz. 80 aufgestellten Regel nennen würde? Ich hatte da eher andere Fallkonstellationen im Auge wie z.B. die von @berghaus #880 eindrucksvoll wiedergegebene Anpreisung des BHW zum Disp maXX (2003). Die BGH-Formulierung zu Rz. 81 lässt ja durchaus auch noch Spielraum, weitere Beispiele zu formulieren und nicht alles, was ein Vertragspartner dem anderen bei Vertragsschluss verspricht (oder sogar zusagt!) als nicht Vertrags relevantes Werbeversprechen anzusehen.


    Ich habe die Diskussion der letzten Jahre zur Frage der Rechtswirksamkeit der Kündigung alter (hochverzinster) Bausparverträge zwar nicht in allen Verästelungen verfolgt, war und bin aber doch privat (im Hinblick auf verwandtschaftliche Beziehungen und in meiner Funktion als Beirat einer Wohnungseigentümergemeinschaft) mit der Kündigungspraxis verschiedener Bausparkassen (BHW, Wüstenrot, Debeka, Aachener - vormals Huk) befasst. Die Bausparkasse Wüstenrot war hierbei sicher nicht die Bausparkasse, über die ich mich am meisten geärgert habe. Und der vom BGH entschiedene Wüstenrot-Fall, in dem die vollständigen Entscheidungsgründe nunmehr vorliegen, ist aus meiner Sicht in der Tat eher ein "klassischer" Bausparvertrag, auch wenn er von Wüstenrot offenbar zusätzlich mit dem Argument "Altersvorsorge" vertrieben worden ist: Vertragsschluss 13.9.1978; Bausparsumme 40.000 DM; Zuteilungsreife ab 1.4.1993; Kündigung zum 24.7.2015. Die Bausparerin konnte sich also immerhin fast 38 Jahre lang über "üppige" Zinsen freuen. Und die Bausparkasse hat nach der Zuteilungsreife auch noch mehr als zwanzig Jahre Geduld gezeigt.


    Die BHW-Verträge sind aus meiner Sicht jedenfalls mit diesem Wüstenrot-Vertrag nicht ohne weiteres vergleichbar. Allgemein: Seinem Wesen nach dient der Bausparvertrag sicher der wohnwirtschaftlichen Verwendung und gibt dem Bausparer ein Recht auf ein ("zinsgünstiges") Bauspardarlehen. Es darf aber doch nicht übersehen werden, dass jede Bausparkassse eine Fülle von Bauspartarifen angeboten hat und noch immer anbietet, um - gerade in der Konkurrenz zu anderen Finanzprodukten - möglichst viele Kunden anzusprechen. Ein aktueller Bausparvertragsvergleich stellt z.B. die Eingangsfrage "Wie möchten Sie den Bausparvertrag nutzen?" und gibt als Auswahlmöglichkeiten a) den Bausparvertrag zur Immobilienfinanzierung, b) das Bausparen als Altersvorsorge, c) das Bausparen mit maximaler staatlicher Förderung und d) den Bausparvertrag als Geldanlage. Je nach dem vom Bausparer geäußerten Wunsch schlägt er dann aus der Fülle der Bauspartarife verschiedener Bausparkassen einen oder mehrere dem Wunsch entsprechende optimale Bauspartarife vor. Ein eigenes Beispiel: Ich habe für meine bei jeweiligem Vertragsschluss über 16 Jahre alten Kinder diverse Bausparverträge mit der Mindestbausparvertragshöhe (10.000 DM) abgeschlossen allein zu dem Zweck, dass sie die staatliche Förderung erhalten, ggf. der Arbeitgeber zusätzlich darauf VL-Leistungen einzahlt und die Bausparkasse vielleicht sogar noch einen Ausbildungsbonus gewährt und im Falle eines Darlehensverzichts die Abschlussgebühr erstattet und ei Bonus gewährt wird. Also unter dem Strich reine Renditebausparverträge, bei denen die Vertragsparteien schon aufgrund der Gesamtumstände übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass kein Bauspardarlehen in Anspruch genommen wird.


    Bei dem von berghaus#880 genannten Anpreisungsbeispiel betr. dern Tarif Dispo maxxs (2003) frage ich mich im Übrigen persönlich schon, ob dem BHW in diesem Fall nicht zumindest der Vorwurf des widersprüchlichen Verhaltens entgegengehalten werden kann, nämlich einerseits seinerzeit massiv (man kann es auch "aggressiv" nennen) völlige Wahlfreiheit versprochen zu haben, dieses Versprechen aber jetzt mit der Kündigung wegen Nichtabrufens des Darlehens nicht mehr wahrhaben zu wollen. Einem widersprüchlichen Verhalten kann unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium im Einzelfall durchaus rechtliche Bedeutung zukommen. Auch ansonsten können Gesichtspunkte von Treu und Glauben der Ausübung eines Rechts im Einzelfall einmal Grenzen setzen. Auch in der BGH-Entscheidung vom 21.2.2017 wird zumindest an einer Stelle (Rz. 33) der Grundsatz von Treu und Glauben (allerdings unter einem anderen rechtlichen Aspekt) erwähnt


    Letztlich zeigen diese Fragen nur, dass es auch angesichts der beiden BGH-Entscheidungen noch durchaus rechtlich offene Flanken gibt. Auch über die vom OLG Celle verneinte Frage, ob die Bonuszinsen zum Bausparguthaben gerechnet werden dürfen mit der Folge, dass die Bausparsumme früher erreicht wird, ist meines Wissens ja höchstrichterlich noch nicht entschieden.


    Ich habe auf der Homepage des BGH unter der aktuellen Terminvorschau recherchiert, ob dort schon weitere Termine zur Thematik "Kündigung hochverzinster Bausparverträge durch die Bausparkassen" genannt sind, bin aber dort nicht fündig geworden. Wenn jemand aus diesem Forum insoweit mehr weiß, wäre ich natürlich dankbar, dies zu erfahren.


    Vermutlich werden ja einige beim BGH anhängige Revisionen von Bausparern im Hinblick auf die beiden Grundsatzentscheidungen des BGH v. 21.2.2017 zurückgenommen werden. Ich würde mir aber wünschen, dass der BGH in absehbarer Zeit auch noch über einen offensichtlichen Renditebausparvertrag des BHW zu entscheiden hat, auch wenn das Ergebnis schwer vorhersehbar und das Kostenrisiko für den nicht Rechtsschutz versicherten Bausparer damit wohl unvertretbar ist. Vielleicht können sich ja aber Verbraucherschützer und/oder Rechtsschutzversicherungen darauf verständigen, einen besonders krassen Fall als "Musterfall" zur Entscheidung zu bringen.


    Grüße


    obiter25 (27.3.2017)
















    .

  • Liebe Forenteilnehmer,


    in eine ähnliche Richtung wie zuvor bei berghaus, geht es auch in meinem Fall, nämlich die Frage, wie ein Fall zu werten ist bei dem ein Verzicht auf das BS-Darlehen vereinbart wurde:


    In meinem Fall verhält es sich so, dass ich zur Einsparung einer Abschlussgebühr für einen zweiten BSV auf die Möglichkeit einer Auszahlung eines BS-Darlehens aus dem nun strittigen ersten Vertrag verzichtet hatte. Dieser Vertrag ist heute seit über 10 Jahren zuteilungsreif – aber nicht mehr zuteilungsfähig –, jedoch noch nicht voll bespart.


    Nun stellt sich mir die Frage, ob es sich ab dem Zeitpunkt des Darlehensverzichts überhaupt noch um einen BSV gehandelt hat, oder ob stattdessen ein normaler (einseitiger) Darlehensvertrag von mir an die BSK vorliegt?


    Das Urteil des BGH führt in Rd.Nr. 91 aus, dass „der Zweck des BSV … nur in der Erlangung eines Anspruchs auf Gewährung eines BSV (besteht)“. Wenn dieser alleinige Zweck nicht mehr gegeben ist, kann es sich dann noch um einen BSV handeln?
    In Rd. Nr. 38 schreibt der BGH, dass dem Darlehensnehmer „…ein Kündigungsrecht (zusteht), und zwar in jedem Fall zehn Jahre nach dem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta…“.


    Fraglich ist in meinem Fall also, wann der Zeitpunkt des vollständigen Empfangs gegeben ist.


    Ob hier auch der Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife maßgebend ist (vgl. Rd. Nrn. 72+76-79 für den Regelfall), ist hier doch fraglich, oder nicht?


    Der vollständige Empfang liegt erst mit der letzten Rate vor (soweit auch das BGH in Rd.Nr. 77), was aus meiner Sicht in meinem Fall erst mit Besparung der vollen Bausparsumme vorliegt und nicht schon bei Zuteilungsreife.


    Mit dem Vorschlag der BSK an mich, auf ein BS-Darlehen zu verzichten, um im Gegenzug Abschlussgebühren einzusparen, macht sie ja schließlich das Angebot einer Zweck-Umwandlung des Vertrages.


    Ich muss nun entscheiden, ob ich die erneute Kündigung meines Vertrages akzeptiere, oder versuche mit obiger Argumentation dagegen vorzugehen.


    Was meint ihr dazu?


    Grüße,
    nicname

  • Hallo orbiter25,


    so sehe ich das (leider) auch. MIr ist nur unklar, wie entschieden wird, wenn (wie bei mir) die Kündigung kurz vor Ablauf von 17 Jahren ausgeprochen wurde. Nun sind allerdings durch die Rechtsgeschichte die 17 Jahre überschritten. WIrd das dann so umgedeutet dass BHW Recht bekommt (mit verschobenen Kündigungstermin) oder muss eine erneute Kündigung ausgesprochen werden und das aktuelle Verfahren ist für mich gewonnen?
    Ich bin da schon gebranntes Kind, gekündigt wurde mir nach BGB 488, was nun im weiteren Verlauf auf BGB 489 umgedeutet wurde!

    Eine Verständnisfrage: Wer hat umgedeutet - BHW, ein Gericht oder wer sonst? Ist die Zulässigkeit einer derartigen Umdeutung in Ihrem Fall bereits rechtskräftig entschieden?


    orbiter25

    Zitat
  • Hallo nicname #882:


    Ich halte es für sehr zweifelhaft, ob man soweit gehen kann, den Vorschlag der BSK an Dich, auf ein BS-Darlehen zu verzichten, um im Gegenzug Abschlussgebühren einzusparen, als Angebot auf Zweck-Umwandlung des (ersten) Vertrags anzusehen.


    Vielmehr könnte man den übereinstimmenden Vertragswillen m.E. auch lediglich darin sehen, dass nunmehr


    1. ein zweiter BSV zwischen Dir und der BSK geschlossen wird, für den - in Abweichung von den ABB - keine neue Abschlussgebühr erhoben wird bzw. die BSK auf diese Abschlussgebühr verzichtet, und dass
    2. - was den ersten BSV betrifft - Du Deinerseits auf Deinen vertragsmäßigen Anspruch auf Auszahlung des Bauspardarlehens verzichtest,


    ansonsten aber alle gegenseitigen Rechte und Pflichten aus beiden Verträgen unberührt bleiben sollen.


    Damit wären diese Erklärungen auch für die Frage, wann der Zeitpunkt des vollständigen Empfangs gegeben ist, ohne Bedeutung. Man wird wohl auch kaum davon ausgehen können, dass die BSK mit Ihrem Angebot auf die Geltendmachung Ihres Kündigungsrechts über den in seiner finanziellen Wirkung ja wohl ganz beschränkten Verzicht auf die Erhebung einer Abschlussgebühr gleichzeitig auf deutlich weitergehende Rechte, wie z.B. auf ihr Kündigungsrecht aus § 489 I Nr. 2 BGB, verzichten oder dieses modifizieren wollte.


    Aber das ist natürlich nur meine ganz persönliche Meinung.


    Gruß


    obiter25

  • Eine Verständnisfrage: Wer hat umgedeutet - BHW, ein Gericht oder wer sonst? Ist die Zulässigkeit einer derartigen Umdeutung in Ihrem Fall bereits rechtskräftig entschieden?
    orbiter25

    Das Landgericht hat das in einem noch nicht rechtskräftigen Beschluss festgestellt.

  • Was mich noch interesiieren würde, evtl. kann jemand dazu beitragen:
    Sind eigentlich die Gerichte an die Randnotizen der beiden BGH Urteile gebunden? Oder muss man sich erst wieder durch das BGH klagen?

  • Ziffer 81 des Urteils des BGH v. 21.02.2017
    „Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn nach den vertraglichen Vereinbarungen der Bausparer z.B. im Falle eines (zeitlich begrenzten) Verzichts auf das zugeteilte Bauspardarlehen und nach Ablauf einer bestimmten Treuezeit einen (Zins)Bonus erhält. In einem solchen Fall ist der Vertragszweck von den Vertragsparteien dahingehend modifiziert, dass er erst mit Erlangung des Bonus erreicht ist, so dass auch erst zu diesem Zeitpunkt ein vollständiger Empfang des Darlehens im Sinne des § 489 Abs.1 Nr.3 BGB a.F. anzunehmen ist.“

    Noch ein paar Gedanken zu den Ausführungen des BGH in Ziffer 81:


    a) Das Gericht sagt nicht, „etwas anderes kann gelten, sondern ,…. gilt!


    b) ohne das Beispiel nach z.B. heißt es:
    ........gilt anderes, wenn nach den vertraglichen Vereinbarungen der Bausparer einen Bonuszins erhält.


    c) Wenn der einzige Vertragszweck die „Erlangung des Anspruchs auf ein Darlehen“ ist, macht doch ein modifizierter Vertragszweck, der eben diesen Anspruch ausschließt, irgendwie keinen Sinn.
    Da kann es sich doch nur um einen Sparvertrag handeln, der nach Wahl des Bausparers erst erfüllt ist, wenn die Bausparsumme erreicht ist oder auch eher, wenn der Bausparer das Geld braucht oder anderswo besser anlegen kann.


    Man muss dabei im Auge behalten, dass damals Bausparen auch mit Bonuszinsen nicht unbedingt die zinsattraktivste Anlage war. Erst die Wohnungsbauprämie und ev. die Sparzulage für vermögenswirksame Leistungen verbesserten die Rendite ein wenig. Und wenn man bauen wollte (und auch konnte) war zeitweilig auch das Bauspardarlehen sinnvoll und attraktiv.


    Wie sagt es die Alte-Leipziger in ihrem Kundenblatt von 05/2015 hier.
    http://www.alte-leipziger.de/b…-gute-gruende-pro0122.pdf


    „Gute Gründe für das Bausparen
    Ein Bausparvertrag bietet vielseitige Verwendungsmöglichkeiten. Wir sind beim Aufzählen auf immerhin 97 gekommen, die mit Hilfe eines Bausparvertrages realisiert werden können.
    Bausparen lohnt sich immer:
    - zum Bau, Kauf oder zur Modernisierung eines Eigenheims oder einer
    Eigentumswohnung
    - zum Erwerb von Bauland, zwecks Errichtung eines Wohngebäudes
    - zur Ablösung teurer Baukredite
    -oder ganz einfach zum Sparen.“


    d) Interessant ja auch, dass bei bis 2008 abgeschlossenen Verträgen das Bausparguthaben einschließlich der Wohnungsbauprämie nach 7 Jahren nicht mehr unbedingt zur wohnungswirtschaftlichen Verwendung benutzt werden muss (siehe hier: http://www.alte-leipziger.de/i…e-verwendung-va306.01.pdf).


    Sieht da nicht auch der Staat den Spargedanken im Vordergrund?


    Man kann ja auch das Bausparguthaben eines voll besparten Bausparvertrages, auf den die Bonuszinsen noch oben drauf kommen, ganz prima zum Bauen verwenden.


    e) Wenn RA Meyer in dem Link in Beitrag 871 mit „maximalen Bonuszins“ z.B. die 5 % nach 7 Jahren z.B. in dem BHW-Tarif Dispo Plus (1998) meinen sollte, ist darauf hinzuweisen, dass diese Bonuszinsen nicht an einen Verzicht gebunden sind.
    Die Verzichtstarife gibt es bei BHW erst ab 2000 und diese haben auch keinen maximalen Bonuszinssatz, sondern nur eine ‚Erhöhung auf die Gesamtverzinsung‘.


    f) Was mit (zeitlich begrenztem) Verzicht gemeint ist, weiß ich immer noch nicht.
    Vielleicht gibt es das ja bei anderen Bausparkassen?


    berghaus 29.03.17

  • Das Landgericht hat das in einem noch nicht rechtskräftigen Beschluss festgestellt.

    Danke für die Info. Was das für ein "noch nicht rechtskräftiger Beschluss" des Landgerichts sein soll, verstehe ich zwar nicht so recht. Aber das kann man mal so stehen lassen.


    Das von Dir aufgeworfene Problem, was geschieht, wenn die Bausparkasse unter Anwendung der vom BGH in RdNr. 81 skizzierten Grundsätze verfrüht gekündigt hat (und dabei wahrscheinlich auch die Sechsmonatsfrist des § 489 I Nr. 2 BGB nicht beachtet hat), stellt sich auch in meinem Fall und dürfte auch für nicht so wenige andere Betroffene von Bedeutung sein.


    Vielleicht bringt ja auch die noch ausstehende zweite BGH-Entscheidung etwas Licht ins Dunkel. Es ist jedenfalls aus meiner Sicht auffällig, dass diese Entscheidung noch nicht mit vollständigen Urteilsgründen vorliegt. Vielleicht enthält sie ja noch klarstellende Ausführungen oder weitere Fallkonstellationen, bei denen nach Auffassung des BGH eine Ausnahme von der von ihm selbst aufgestellten Regel gegeben ist.


    Bevor wir hier im Forum weiter spekulieren, was im Einzelnen die Ausführungen des BGH (insb. zu RdNr. 81) für BHW-Betroffenene bedeuten, wäre es daher aus meiner Sicht vernünftig, erst einmal die schriftlichen Urteilsgründe der zweiten BGH-Entscheidung abzuwarten.


    Zu Deiner im Beitrag 887 aufgeworfenen Frage: Ohne ins Detail gehen zu wollen: eine rechtliche Bindung der Instanzgerichte an die "Randnotizen der beiden BGH-Urteile" (Anm.: gegenwärtig ist es ja erst 1 Entscheidung) besteht schon deswegen nicht, weil es sich bei den Ausführungen des BGH zu RdNr. 81 eben nur um nicht entscheidungstragende Ausführungen, also ein sog. Obiter Dictum, handelt. Aber natürlich nehmen die Instanzgerichte diese Ausführungen zur Kenntnis und werden sie im Allgemeinen wohl auch versuchen umzusetzen, es sei denn, sie glauben es besser zu wissen als der BGH. Im Grunde genommen geht es den Instanzgerichten - wenn sie jetzt über einen Kündigungsfall z.B. des BHW, der Debeka oder der Aachener Bausparkasse (zumindest diese BSK haben ja Bonusklauseln in gewissen Bausparverträgen) zu entscheiden haben, wohl nicht anders wie uns in diesem Forum: Auch die Gerichte werden möglicherweise darüber "rätseln", was der BGH mit diesen Ausführungen gemeint hat und welche rechtlichen Konsequenzen diese Ausführungen konkret auf die von ihnen aktuell zu entscheidenden Fälle haben.


    Ich werde jedenfalls - was meinen eigenen Fall betrifft - erst einmal "abwarten und Tee trinken", bis die Urteilsgründe der 2. BGH-Entscheidung vorliegen.


    In Deinem Fall scheint ja möglicherweise noch ein gerichtliches Verfahren anhängig zu sein, bei dem Du überdies anwaltlich vertreten bist. Wenn es Dir daher in dieser Frage eilig ist, solltest Du Dich deshalb an Deinen Anwalt wenden.


    Gruß


    obiter25 30.3.2017

  • Nicht einmal zum heutigen Fünf-Uhr-Tee hat es gereicht. Jetzt liegen auch die vollständigen Urteilsgründe der zweiten BGH-Entscheidung vom 21.2.2017 vor.


    Und nach meinem ersten überschlägigen Eindruck enthält diese Entscheidung gegenüber der ersten Entscheidung weder in den entscheidungstragenden Erwägungen (was ohnehin nicht zu erwarten war) noch in den sonstigen Ausführungen etwas Neues oder Ergänzungen gegenüber der ersten Entscheidung. Die Ausführungen zu RdNr. 81 der ersten Entscheidung finden sich jetzt in der RdNr. 84.

  • Also:
    Erst mit dem Zeitpunkt der Erlangung der Bonuszinsen ist das Darlehen, das die Bausparkasse vom Bausparer durch fortwährende Einzahlungen bekommen hat, vollständig erreicht.


    Allerdings nimmt der BGH das auch nur an, so genau weiß er es auch nicht.


    Dann beginnt die 10jährige Kündigungsfrist.


    Das in den Randziffern 81 und 84 erwähnte Beispiel mit ‚Verzicht‘ und ‚Treuebonus‘ ist ja nur ein Beispiel.
    Da bleibt Spielraum für viele andere Fallkonstellationen.


    Die Tatsache, dass in dem Beispiel der Randziffern 81 und 84 das (zeitlich begrenzt) in Klammern steht, soll wohl der Erläuterung in diesem Beispiel dienen.


    Ich verstehe diese Erläuterung allerdings nach wie vor nicht.


    Stünde (zeitlich begrenzt) nicht in Klammern, wäre es m.E. eine Einschränkung dahingehend,
    dass ‚etwas anderes‘ in diesem Beispielsfall nur gilt, wenn der Verzicht zeitlich beschränkt ist.


    Das kann ja auch nicht sein.


    berghaus 31.03.17


  • Ich verstehe das als Aufzählung von Alternativen: "Bei einem Verzicht, egal ob zeitlich begrenzt oder nicht, ..."


    Ich habe mich gerade noch schnell mit einer Kollegin ausgetauscht, die auch Juristin ist. Wir halten das beide für die übliche Art, in Urteilen Alternativen abzudecken ohne viel schreiben zu müssen.

  • hallo andipla



    Ich stimme der Auslegung zu und ziehe meine Version als ‚Erläuterung‘ zurück.
    Die Richtigkeit der Auslegung als ‚Alternative‘ wird auch deutlich bei dem Begriff (Zins)Bonus im gleichen Satz des BGH:


    „Egal, ob Zinsen oder was anderes, der Bonus kann auch aus Ostereiern oder Urlaubsreisen :) bestehen“, je nachdem, was in den ABB vereinbart ist.


    Immerhin haben wir, so gesehen, in dem vom BGH angeführten Beispiel zwei Alternativen.


    Lassen wir den zeitlich begrenzten Verzicht mal weg, weil noch nicht geklärt, was damit gemeint ist,
    bleibt die Frage, ob das Bauspardarlehen = Guthaben des Bausparers in dem Moment von der Bausparkasse vollständig (empfangen) worden ist, in dem die Beanspruchung der erhöhten Gesamtverzinsung durch den Bausparer möglich ist.


    Wie gesagt, beim BHW Dispo Plus (1998) gibt es die Gesamtverzinsung von 5 % nach 7 Jahren und einem Guthaben von 7.000 DM automatisch.


    Beim Dispo maXX (2003) gibt es z.B.4,25% auch erst nach 7 Jahren und, wenn der Bausparer bei der Annahme der Zuteilung auf das Darlehen verzichtet.
    Ob dieser Verzicht aktiv erklärt werden muss oder ob es genügt, dass er offensichtlich ist, weil z.B. die Inanspruchnahmes des zustehenden Darlehens unwirtschaftlich ist, ist noch offen.
    Ob der Bausparer in diesem Fall zu der Annahme der Zuteilung gezwungen werden kann oder ob der Bonus gar weg ist, wenn die Bausparkasse dem Bausparer durch eine zulässige Kündigung zuvorkommt, muss (auch) noch geklärt werden.


    Für das aktiv werden des Bausparers spricht die Ausage des BHW im April 2015, dass der Bonus über Nacht weg ist, wenn durch Einzahlungen, Basiszinsen und Bausparprämien die Bausparsumme erreicht oder überschritten wird, weil dann kein Raum mehr für ein Darlehen bleibe und „folglich auch kein Darlehensverzicht mehr ausgesprochen werden könne“.
    Siehe mein (erster) Beitrag unter # 520


    Widersprüchliches könnte im Raum stehen!


    berghaus 31.03.17

  • Wie gesagt, beim BHW Dispo Plus (1998) gibt es die Gesamtverzinsung von 5 % nach 7 Jahren und einem Guthaben von 7.000 DM automatisch.

    Hallo berghaus,


    "automatisch" gibt es die Gesamtverzinsung von 5 % nach 7 Jahren und einem Guthaben von 7.000 DM auch beim Dispo Plus nicht.


    § 3 Abs. 2 ABB beginnt mit dem Satz:


    "Verzichtet der Bausparer bei Annahme der Zuteilung des Vertrages auf das Bauspardarlehen, erhöht sich die Gesamtverzinsung des Bausparguthabens rückwirkend ab Vertragsbeginn wie folgt:"


    Gleiche Bedingung also wie beim Dispo maXX. Oder habe ich Dich falsch verstanden?



    Gruß
    Eagle Eye

  • Folgt man den Ausführungen von test.de sind die BHW-Verträge Dipo-plus (ca. 1998) und Dispo-maXX (ab 2000) frühestens 17 Jahre nach ihrem Abschluß nach § 489 BGB kündbar, auch wenn die Zuteilung noch vor dem Ablauf der 7 Jahre lag.
    Die Kündigungsmöglichkeit kann sich dann noch nach hinten verschieben, wenn die Zuteilung wegen sparsamer Besparung später als 7 Jahre nach Vertragsabschluß erfolgt.


    Im Prinzip hat wn25421pbg das schon im Beitrag 870 so erklärt.


    berghaus 02.04.17

  • Hauptsache jedoch, die Bausparkasse darf nicht unter Hinzurechnung der Bonuszinsen zum Bausparguthaben schon früher nach § 488 BGB mit einer Frist von nur drei Monaten kündigen!


    berghaus 02.04.17

  • Hallo liebe Forenteilnehmer,


    danke für Eure letzten Beiträge und den Link auf den Artikel der Stiftung Warentest vom 31.3.2017


    Zu eagle_eye und berghaus Beiträge 895 und 896


    Danke für Eure zutreffende Klarstellung, dass es auch beim BHW-Dispo plus-Tarif die Gesamtverzinsung von 5 % nicht "automatisch" nach (frühestens) 7 Jahren und einem Guthaben von 7.000 DM gibt.


    Ich nehme insoweit privat die Interessen eines hochbetagten Bausparers wahr, der leider sämtliche Unterlagen, die er für nicht mehr wichtig erachtet hat, "entsorgt" hat - dazu gehören z.B. leider auch die seinerzeitigen ABB, das Zuteilungsschreiben des BHW sowie die Jahreskontostände aus den Jahren 2003 und 2004. Immerhin hat er noch das von ihm und dem BHW-Berater unterschriebene Antragsformular vom 17.2.1998 und die "BauSparvertrag Annahmeurkunde", die als Vertragsbeginn den 24.02.1998 aufweist.


    Auf der Rückseite dieses Antragsformulars heißt es unter Nr. 2 Tariferläuterungen (Gebühren und Zinsen) Tarif DISPO PLUS auszugsweise wie folgt:
    "Das Bausparguthaben wird mit 2 v.H. jährlich verzinst (§ 3 der ABB).
    Die Gesamtverzinsung erhöht sich rückwirkend ab Vertragsbeginn
    bei Verzicht auf das Bausparguthaben bei Annahme der Zuteilung
    - nach 3 Jahren und 3000,00 DM Guthaben auf 3%
    - nach 5 Jahren und 5.000,00 DM Guthaben auf 4%
    bei Verzicht auf das Bausparguthaben oder bei Kündigung
    - nach 7 Jahren und 7.000,00 DM Guthaben auf 5%.
    ...."


    Hier noch einmal (siehe Beitrag 872) zusammenfassend die Eckdaten des o.a. BHW-Vertrags:
    Tarif BHW DISPO PLUS; Vertragsbeginn: 24.2.1998; Bausparsumme 100.000 DM; 15.6.2004 Zuteilungsschreiben des BHW mit Mitteilung, dass der BSV am 1.9.2004 zugeteilt wird. 8.12.2014 Kündigung durch BHW unter Hinweis auf § 489 I Nr. 2 BGB zum 1.7.2015. Abrechnung zum 1.7.2015 einschließlich Bonuszinsen und Rückerstattung der Darlehensgebühr abzüglich KESt, Soli und Kirchensteuer. Dieser Betrag ruht derzeit noch auf einem BHW-Konto.


    Anmerkung: Das Zuteilungsschreiben hat mir das BHW auf meine Anforderung hin nochmals in Kopie kostenlos übersandt. Für eine Kopie der Jahreskontoauszüge würde das BHW 15 EUR je Kontoauszug verlangen.


    Auch bei dem BHW Dispo plus Vertrag bedarf es daher für die Gewährung des Bonuszinses einer aktiven Mitwirkung des Bausparers (Verzicht auf das Bausparguthaben).


    Zu berghaus Beiträge 898 und 899


    Ich stimme Ihrer Einschätzung zu, dass sich der Zeitpunkt, ab dem die BSK unter Zugrundelegung der Ausführungen des BGH zu RdNr. 81 (BSV mit Bonuszinsvereinbarung) auf der Grundlage des § 489 I Nr. 3 BGB a.F. (jetzt § 489 I Nr. 2 BGB) unter Einhaltung einer Frist von 6 Monaten frühestens kündigen darf, dann noch weiter nach hinten verschieben kann, wenn die Zuteilung wegen sparsamer Besparung später als 7 Jahre nach Vertragsabschluß erfolgt (Beitrag 898).


    Letztlich müssen aus meiner Sicht beim Tarif BHW DISPO PLUS unter Berücksichtigung der Ausführungen des BGH zu RdNr. 81 also immer sämtliche Voraussetzungen vorliegen, damit für den Beginn der 10-Jahresfrist des § 489 I Nr. 2 BGB nicht der Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife, sondern ein anderer (= späterer) Zeitpunkt maßgebend ist. Das bedeutet also: Zuteilungsreife; Erreichen der höchsten Zinsbonusstufe, das ist frühestens 7 Jahre nach Vertragsbeginn; Erreichen des Mindestguthabens von 7.000 DM; Verzicht des Bausparers auf das Mindestguthaben oder Kündigung - letztes Tatbestandsmerkmal dürfte in der Praxis wohl nur auf eine Kündigung durch die BSK zutreffen.
    Je nach den Umständen des Einzelfalls, z.B. Höhe der Bausparsumme, vergleichsweise niedrige oder Aussetzung der Spareinzahlungen, kann sich m.E. dadurch die Kündigungsmöglichkeit auf der Grundlage des § 489 I Nr. 2 BGB ggf. sogar erheblich nach hinten verschieben, wenngleich dies wohl eher die seltene Ausnahme sein dürfte.


    Andererseits kann die BSK natürlich auf der Grundlage des § 488 III BGB a.F. auch schon vor Ablauf der im vorausgegangenen Absatz genannten 10 Jahresfrist mit einer Frist von 3 Monaten kündigen, wenn die Bausparsumme voll angespart ist, weil ab diesem Zeitpunkt ein Bauspardarlehen nicht mehr beansprucht werden kann. Diese Kündigungsmöglichkeit hat der BGH in seinen beiden Entscheidungen bei seiner Prüfung des § 488 III BGB a.F. (insoweit mit der ganz allgemeinen Meinung in Rechtsprechung und Literatur) als einzigen, eine derartige Kündigung rechtfertigenden Grund anerkannt (RdNr. 26). Auch insoweit stimme ich Ihrer Einschätzung (Beitrag 899) zu.


    Zu wn25421pbg Beitrag 897


    Den Link auf den Stiftung Warentest-Artikel v. 31.3. finde ich sehr hilfreich, insbesondere auch den dort gemachten Hinweis auf Ausführungen eines Fachanwalts zur Frage der Zulässigkeit von Kündigungen durch die Debeka-BSK. Nach dem dort genannten Fallbeispiel steht danach der BSK ein Kündigungsrecht frühestens im September 2020 zu.


    Nicht ausdrücklich beantwortet wird hierbei allerdings die mich (und wohl auch andere Forenteilnehmer) interessierende Frage nach den Rechtsfolgen, wenn die BSK unter Berücksichtigung der BGH-Entscheidung RdNr. 81 zwar "verfrüht" gekündigt hat, mittlerweile aber die Voraussetzungen für eine "rechtmäßige" Kündigung vorliegen. Immerhin sind ja seit der ersten Kündigungswelle der BSK (im 2. Halbjahr 2014) mehr als 2 1/2 Jahre vergangen, sodass wohl im Regelfall jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt auch bei einem BSV mit Bonuszinsvereinbarung die vom BGH in RdNr. 81 aufgestellten entsprechenden Voraussetzungen vorliegen dürften. Nachdem ich selbst Abonnent der Zeitschriften test und Finanztest bin, werde ich insoweit einmal bei der Stiftung nachfragen und über deren Antwort hier berichten.



    obiter25 (2.4.2017)