Alles anzeigenHallo, liebe Community,
es entsteht durchaus der Anschein, dass Bausparer mit Bonusverträgen bzw. Rendite-Bausparverträgen für die Bausparkassen sprichwörtlich „Kanonenfutter“ geworden sind. Ohne anwaltlichen Beistand gestaltet es sich für die Verbraucher derzeit leider schwierig, ihre Interessen durchzusetzen.
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Aus dem als Anlage beigefügten Urteil des Landgerichts Koblenz ist darüber hinaus ersichtlich, dass in dem Debeka-Tarif bei Vertragsauflösung ein Darlehensverzicht seitens des Bausparers vor Abrechnung bzw. Auszahlung ausgesprochen werden muss. Sollte die Vertragskündigung daher rechtmäßig erfolgt und das Guthaben nebst Zinsen ausgezahlt worden sein, verfällt demnach ein Anspruch auf den bis dahin erlangten Bonusbetrag.
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Hallo ein_Buerger,
danke für die Übermittlung der Entscheidung des LG Koblenz v. 30.3.2017. Die Entscheidung ist aus meiner Sicht in der Tat in mehrfacher Hinsicht hilf- bzw. lehrreich:
a) An der Entscheidung des LG mag man zu Recht kritisieren, dass es sich die Kammer etwas zu leicht gemacht hat, wenn sie den Feststellungsantrag des Klägers (siehe Klageantrag 1) mit der im Urteil gegebenen Begründung abgelehnt hat. Denn der BGH hat zwar in RdNr. 81 seiner Leitsatzentscheidung vom 21.2.2017 ein Beispiel genannt, bei dem ausnahmsweise nicht der Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife den vollständigen Empfang des Darlehens darstellt, so dass dieser Zeitpunkt damit (ausnahmsweise) für den Beginn der 10-Jahresfrist des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB nicht maßgeblich ist. Das bedeutet aber nicht zwingend, dass dies der einzige Anwendungsfall für die Annahme einer Ausnahme i.S. der RdNr. 81 der BGH-Entscheidung sein muss. Worin soll z.B. ein sachlicher Grund bestehen, dass ein zeitlich befristeter Verzicht auf das Bauspardarlehen in seinen rechtlichen Bedeutung anders zu behandeln ist als ein „kompletter“ Verzicht, der erst nach einer bestimmten Mindestvertragslaufzeit erklärt wird?
Allerdings hatte das LG im konkreten Fall wohl wenig Anlass, sich mit dieser Frage näher auseinanderzusetzen, weil der Berufungsvortrag des Klägers - unter der Prämisse, dass dessen wesentlicher Berufungsvortrag in der Entscheidung des LG richtig wiedergegeben ist – wohl ziemlich „dünn“ gewesen ist (vgl. S. 9 letzter Absatz der Urteilsgründe). Dass allein das Vorliegen eines Zinsbonustarifs noch nicht zu einer Modifizierung des Vertragszwecks führt, ergibt sich bereits aus den BGH-Urteilen vom 21.2.2017, weil einem der beiden entschiedenen (Wüstenrot-)Fälle ebenfalls ein Tarif mit Bonusklausel zugrunde liegt. Der Kläger hätte also (spätestens) in der mündlichen Verhandlung vom 30.3.2017 insoweit noch substantiiert „nachlegen“ müssen, wenngleich zu diesem Zeitpunkt die schriftlichen Entscheidungsgründe der BGH-Entscheidungen faktisch noch „druckfrisch“ waren – immerhin hat eagle_eye in diesem Forum die erste BGH-Entscheidung bereits in seinem Beitrag vom 24.3.2017 (Nr. 868) gepostet!
b) Ihre Schlussfolgerung, aus der LG Koblenz Entscheidung ergebe sich, dass ein Anspruch auf die bis dahin erlangten Bonuszinsen verfalle, wenn die Bausparkasse rechtmäßig kündige, kann ich allerdings nicht teilen. Richtig ist wohl, dass die Debeka bei der Abrechnung des Bausparvertrags keinen Zinsbonus ausgezahlt hat und die Vorinstanz (Amtsgericht Koblenz) diese Praxis für rechtmäßig gehalten hat (vgl. S. 3 der Entscheidungsgründe). Das Landgericht hat insoweit aber nicht zur Sache entschieden, sondern den entsprechenden Berufungsantrag Nr. 3 des Klägers als unzulässig angesehen. Die vom LG hierfür auf S. 4/5 gegebene Begründung ist aus meiner Sicht nicht zu kritisieren; sie entspricht vielmehr gängiger Rechtsprechung nicht nur im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
c) Auffällig ist schließlich, dass das Landgericht zum Klageantrag Nr. 4 (wenn ich insoweit nichts übersehen habe) in den Entscheidungsgründen überhaupt nichts gesagt hat. In der Sache wäre der Antrag auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren aber natürlich ebenfalls erfolglos geblieben. Die Rechtsprechung erkennt im Übrigen einen derartigen Anspruch wohl nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen und entsprechendem substantiierten Sachvortrag an (vgl. OLG Celle, U.v. 14.9.2016, Az. 3 U 86/16).
d) Sehr aufschlussreich finde ich darüber hinaus den vom Landgericht Koblenz im Streitwertbeschluss zitierten Beschluss des BGH vom 21.2.2017 Az. XI ZR 88/16. Ich habe mich immer gewundert über die ganz unterschiedlichen Streitwertfestsetzungen in diesen Kündigungsfällen. Viele Gerichte haben den Streitwert bei derartigen Feststellungsklagen gleichgesetzt mit dem Nennbetrag der Bausparsumme. Ich habe dies immer für viel zu hoch und damit „ungerecht“ empfunden, weil es dem klagenden Bausparer aus meiner Sicht doch primär um die weitere Verzinsung seines Bausparguthabens geht. Erfreulicherweise hat der BGH auch insoweit am 21.2.2017 nun eine Grundsatzentscheidung gefällt, die aber jedenfalls in diesem Forum noch nicht entsprechend zur Kenntnis genommen worden ist. Ich lege diesen immerhin neun Seiten langen und insgesamt sieben alternative Auffassungen (!) aufzählenden Beschluss als Anhang bei.
Für den von einer Kündigung betroffenen Bausparer hat diese Entscheidung aus meiner Sicht den Vorteil, dass sich die Kosten für ihn im Falle eines erfolglosen Rechtsstreits in aller Regel wohl erheblich reduzieren dürften, weil sich sowohl die Gerichtskosten als auch die Rechtsanwaltskosten (sofern keine Honorarvereinbarung abgeschlossen worden ist) nach dem gerichtlich festgesetzten Streitwert richtet. Die weitere Folge dürfte sein, dass - wie auch im vorliegenden Fall - erstinstanzlich vielfach das Amtsgericht zuständig ist mit der Konsequenz, dass ein klagender Bausparer hierfür noch nicht zwingend einen Anwalt benötigt. Ob dies sinnvoll ist, muss er freilich selbst entscheiden. Jedenfalls die beklagte Bausparkasse dürfte sich wohl generell anwaltlich vertreten lassen.
Gruß obiter25 (27.07.)