Scheidung und Versicherungen, was ist zu beachten?

  • Hallo Zusammen,


    ich hoffe ich bin hier in der richtigen Kategorie gelandet.


    Mein Mann und ich haben nach langen Überlegungen und noch längeren Streitereien entschieden, dass unsere Ehe nicht mehr funktioniert und wir uns beide ein gemeinsames Leben nicht mehr vorstellen können.


    Als sei diese Entscheidung nicht bereits schwer genug, frage ich mich nun was das genau für mich bedeutet. Ich bin seit meiner Jugend mit meinem Mann zusammen und mein Mann und ich haben und bisher immer gemeinsam um unsere finanziellen und versicherungstechnischen Angelegenheiten gekümmert. Nun, da ich ab jetzt auch mich allein gestellt sein werde, frage ich mich, was eine Scheidung für Auswirkungen in diesem Bereich haben wird und ob ich bereits jetzt, also zum Zeitpunkt der Trennung, Vorkehrungen treffen muss.


    Selbstverständlich werde ich mich im Fall der Durchführung der Scheidung auch noch von einem Anwalt beraten lassen, zu Beginn wollte ich aber einfach mal ganz ungezwungen nach Erfahrungen und Tipps fragen um am Ende die Scheidung so konfliktfrei wie möglich zu gestalten und insbesondere um nicht etwas wichtiges zu verpassen...


    Vielleicht kennt jemand die Situation ja selbst und kann mir sagen wie er damit umgegangen ist. Würdet ihr direkt einen Termin bei der Bank und den Versicherungsunternehmen vereinbaren oder kann das alles auch warten bis man tatsächlich die Scheidung einreicht? Und muss man direkt alle Versicherungen die man zusammen hatte trennen und für einen selbst abschließen?


    Zurzeit bin ich noch etwas überfordert und weiß noch gar nicht ob ich am liebsten alles direkt klären möchte oder lieber für eine gewisse Zeit den Kopf in den Sand stecke und erst mal abwarte....


    Ich freue mich auf jeden Fall über jeden Tipp!


    Ganz liebe Grüße und einen schönen Feiertag wünsche ich euch (falls bei euch überhaupt Feiertag ist :) )

  • Würdet ihr direkt einen Termin bei der Bank und den Versicherungsunternehmen vereinbaren oder kann das alles auch warten bis man tatsächlich die Scheidung einreicht? Und muss man direkt alle Versicherungen die man zusammen hatte trennen und für einen selbst abschließen?

    Hallo Nordseeliebe und Glückwunsch zum Entschluss, künftig auch zu den "modernen Menschen" (mit Scheidungserfahrung) gehören zu wollen!


    IMHO ist es nicht verkehrt "gleich" die Finanzen zu trennen, also zumindest ein eigenes Konto zu eröffnen... damit der Zugriff auf das "eigene Geld" und/oder Einkommen gesichert ist.


    Das Vermögen (Positiv- wie Negativ-Vermögen) aufzuteilen hat prinzipiell Zeit bis zur Scheidung; allerdings ist es sicherlich nicht falsch vorher damit zu beginnen... solange die Grabenkämpfe noch ruhen. Ggfs. macht man das zusammen mit wenigsens einem Anwalt bzw. einer Anwältin... und lässt das Vereinbarte dokumentieren.

    Dabei (natürlich auch generell) ist es hilfreich, einen aktuellen Vermögensstatus über alle Konten und Verträge (inkl. Spar-, Kredit- und Versicherungsverträge) zur Verfügung zu haben.


    Mit den Vertreter:innen der jeweiligen Versicherer braucht man sich nicht an den Tisch setzen; diese Spacken haben eh nur ein wirtschaftliches Interesse daran, wenn aus einem Haushalt deren zwei entstehen, von der Situation mit Neuabschlüssen zu profitieren. Wenn du einen Status über deine/eure Verträge hast, kannst du gerne hier wieder Posten; hier sind einige Leute, die a) mit Scheidungsproblematiken und b) mit Versicherungsangelegenheiten vertraut sind.

    Was du an Versicherungsschutz "eintüten" solltest, ist eine preiswerte Privathaftpflichtvrsicherung... und zwar ab dem Zeitpunkt, zu dem du einen eigenen Haushalt führst. Mehr ist IMHO erst mal Luxus.


    Wenn du mehr wissen/erfahren möchtest, dann trau dich einfach zu fragen.


    Dir auch einen schönen Feiertag!

    John

  • Wenn ihr euch soweit grün seid, könnt ihr mit einem gemeinsamen Anwalt und einem Scheidungstermin Geld sparen. Dazu braucht es eine einvernehmliche Lösung sämtlicher Angelegenheiten im vorhinein.


    Bei meiner Ehe würde das nicht klappen. Entweder sie hält oder es gibt Krieg. :thumbup:


    Mehrer Anwälte und langjährige Auseinandersetzungen machen die Scheidung teurer.

  • Was du an Versicherungsschutz "eintüten" solltest, ist eine preiswerte Privathaftpflichtvrsicherung... und zwar ab dem Zeitpunkt, zu dem du einen eigenen Haushalt führst. Mehr ist IMHO erst mal Luxus.

    Nein, bis zur Scheidung gilt die vorhandene Privathaftpflicht für beide Ehepartner unabhängig davon, ob diese bereits in getrennten Haushalten leben!

    Wer ist denn der Versicherungsnehmer!? Wenn Du der Versicherungsnehmer bist, ändert sich durch die Scheidung nichts für Dich und Dein Ex-Partner muss sich um eine neue Versicherung(en) kümmern.

  • Nein, bis zur Scheidung gilt die vorhandene Privathaftpflicht für beide Ehepartner unabhängig davon, ob diese bereits in getrennten Haushalten leben!

    Wer ist denn der Versicherungsnehmer!? Wenn Du der Versicherungsnehmer bist, ändert sich durch die Scheidung nichts für Dich und Dein Ex-Partner muss sich um eine neue Versicherung(en) kümmern.

    Völlig ok, was du schreibst...


    Aber ich würde mich nicht darauf verlassen wollen, dass der Noch- oder EX-Partner, falls er denn VN ist oder beide VN sind, die Police bis zur Scheidung aufrecht hält. Lass' nur den Fälligkeitsermin in die Trennungsphase fallen... und der "Gegner" zahlt den Beitrag nicht oder hat die Police heimlich gekündigt... Der Teufel ist ein Eichhörnchen ;)

    Für eine PHV zahlt die Single:in monatlich den Gegenwert von weniger als einem Happy Meal; mit diesen Gedanken im Hinterkopf würde ich rechtzeitig "meine" Police haben wollen.

  • Hallo,


    du hast gesagt, dass ihr in finanziellen Angelegenheiten immer gemeinsam gehandelt habt. Das kann in Bezug auf Versicherungen und Bankkonten heißen, dass ihr beim jeweils anderen mitversichert seid oder gemeinschaftlich zur Kontoführung berechtigt seid. Hier solltet ihr nun schnellstmöglich Klahrheit schaffen, sodass keine Folgeprobleme entstehen.


    Die meisten Mitversicherungen enden erst mit der Rechtskraft des Scheidungbeschlusses. Ihr müsst euch also während der Trennungszeit keine Sorgen um euren Versicherungsschutz machen. Mit Ende der Trennungszeit würde ich allerdings dazu raten, sich nach einer neuen Versicherung umzuschauen, sodass keine Lücke bzgl. des Versicherungsschutzes entstehen kann.


    Im Falle einer Lebensversicherung müsstest du das Bezugsrecht ändern, wenn du nicht mehr willst, dass dein Ex-Mann die im Versicherungsvertrag vereinbarte Summe im Versicherungsfall erhält. Wenn das Bezugsrecht unwiderruflich und namentlich vereinbart wurde, benötigst du allerdings die Zustimmung deines Ex-Partners.


    Alles Gute!

  • Wie die Vorschreiber schon geschrieben haben, solltet ihr anfangen, die Finanzen zu trennen.

    Also pro Person zumindest mal ein Girokonto, auf das die Gehälter gehen und die persönlichen Ausgaben abgebucht werden.

    Für das vorhandene Geld müsst ihr einen Tag festlegen, an dem die Teilung (Zugewinnausgleich) berechnet wird. Ich glaube, offiziell ist das der Scheidungstermin oder der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags. Man kann aber auch zB den Tag der Trennung nehmen. Solange es einvernehmlich ist, fragt kein Gericht nach.

    Für den Zugewinnausgleich brauchst du die Info, was du am Tag der Hochzeit hattest und was du am Tag X hattest. Das, was dazwischen erwirtschaftet wurde, wird geteilt. Außer ihr habt einen Ehevertrag, der dazu irgendwas regelt.


    Je nach dem, wie viel Geld und anderes (Immobilien?) da ist, kosten Anwälte viel Geld, um das zu berechnen. Und 2 Anwälte kosten entsprechend doppelt. Aber Vorsicht bei 1 Anwalt - der vertritt nur den der ihn beauftragt, nicht den anderen. D.h. wenn dein Mann ihn beauftragt wird er dich nicht unbedingt darauf hinweisen, wenn du mit einer anderen Regelung besser rauskommen würdest. (Das finde ich gerade bei Scheidungen völlig kontraproduktiv, weil es den Konflikt noch anheizt.)


    Ab 1.1.2022 fallt ihr wieder in Steuerklassen 1. Das müsst ihr dem Finanzamt mitteilen, da gibt's ein Formular "... Dauerndes Getrenntleben". Wenn ihr jetzt in Steuerklassen 3/5 seid, empfiehlt sich evtl ein Wechsel in 4/4, damit jeder für sich wirtschaften kann.


    Edit:

    Alles, was mit Altervorsorge zu tun hat, also gesetzliche Rente, private Rentenversicherungen, betriebliche, Riester ... regelt das Gericht im Rahmen des Versorgungsausgleichs.

  • Nordseeliebe , ich finde es immer traurig, wenn eine langjährige Beziehung auseinander geht. Manchmal lässt sich das aber halt nicht vermeiden. Dann sollten daraus wenigstens nicht zusätzlich noch finanzielle Probleme entstehen.


    Hier ein Artikel aus der Welt zum Thema "Bei Scheidung droht die Versicherungsfalle". Auf unserer Website steht dazu auch ein längerer Beitrag, den zu zitieren hier den Rahmen sprengen würde.


    Landläufig spricht man gerne von dem günstigeren "gemeinsamen Anwalt". Das klingt erst mal schön friedlich. Als Jurist kann ich davor nur warnen. Es gibt im Scheidungsverfahren keinen gemeinsamen Anwalt, das ist rechtlich nicht zulässig. Ein Ehepartner, der lediglich der Scheidung zustimmt, kann zwar auf einen eigenen Anwalt verzichten. Der agierende Anwalt ist aber immer Parteivertreter eines Ehepartners und nur diesem gegenüber zur Loyalität verpflichtet. Im Interesse der "Waffengleichheit" empfiehlt sich daher immer ein eigener Anwalt. Das steht einer einvernehmlichen friedlichen Regelung überhaupt nicht entgegen. Im Gegenteil - es einigt sich i.d.R. leichter und fairer, wenn alle Beteiligten ihre Rechte und Möglichkeiten nach entsprechender Beratung kennen.

    Dr. Schlemann unabhängige Finanzberatung GmbH & Co. KG
    Von Finanztip empfohlene Spezialisten für Berufsunfähigkeit und private Krankenversicherung | Angaben gem. § 11 VersVermV, § 12 FinVermV: https://schlemann.com/erstinformationen | Beiträge in der Finanztip Community erstelle ich mit größtmöglicher Sorgfalt, jedoch ohne Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität. Deren Nutzung erfolgt auf eigene Gefahr.

  • Ach ja noch ein Warnhinweis zur Privathaftpflichtversicherung: Wenn der Ehegatte, der Versicherungsnehmer ist, der Versicherung noch vor der Scheidung einen neuen Lebensgefährten bzw. eine neue Lebensgefährtin als Mitversicherte(n) meldet, fällt der andere Ehepartner sofort aus dem Vertrag heraus - ohne dass er oder sie davon unbedingt etwas erfährt - und hat keinen Versicherungsschutz mehr! Deshalb ist der Abschluss einer eigenen Privathaftpflichtversicherung wie JDS schreibt ggf. bereits ab Trennung sinnvoll.

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  • Im Interesse der "Waffengleichheit" empfiehlt sich daher immer ein eigener Anwalt. Das steht einer einvernehmlichen friedlichen Regelung überhaupt nicht entgegen. Im Gegenteil - es einigt sich i.d.R. leichter und fairer, wenn alle Beteiligten ihre Rechte und Möglichkeiten nach entsprechender Beratung kennen.

    Ja, mit 2 Anwälten kennen beide ihre Rechte. Es gibt aber genügend Fälle, in denen die Anwälte eine Eskalation herbei geführt haben.


    Es gibt inzwischen Anwälte, die auf einvernehmliche Lösung setzen. Dazu setzen sich die beiden Ex-Partner und beide Anwälte sich zusammen und erarbeiten Lösungen. Sollte doch ein Gerichtsverfahren nötig sein, beteiligen sich diese beiden Anwälte nicht daran.


    Das halte ich für einen sehr guten Ansatz

  • Hallo Zusammen,


    erstmal vielen Dank für eure informativen und netten Antworten, jede einzelne davon ist wirklich hilfreich! Ich habe mir daraus jetzt eine Art "to do-Liste" erstellt und werde diese abarbeiten. Auch vielen Dank für den Hinweis bzgl. einem oder zwei Anwälte, das werde ich mir in jedem Fall auch noch mal angucken.


    Sollte mir noch mal was unklar sein, werde ich mich ganz bestimmt wieder an euch wenden, denn ich bin echt total positiv überrascht, was hier für tolle (also informative) Antworten kamen und auch der freundliche und respektvolle Umgangston gefällt mir super!


    Daher nochmal von ganzem Herzen ein großes Dankeschön, ich mache mich nun direkt daran eure Tipps abzuarbeiten :)