Selbst genutzte Immobilien, die bis zur Rente nicht abbezahlt sind

  • Hallo liebe Community,

    ich habe eine Frage, die mich sehr beschäftigt. In letzter Zeit haben mir mehrere Bekannte erzählt, dass sie ein selbst genutztes Eigenheim gekauft haben, das bis zur Rente jedoch nicht abbezahlt sein wird. Ich kenne die sonstigen finanziellen Rahmenbedingungen dieser Leute nicht (so gut, kenne ich sie dann doch nicht..) - aber irgendwie verursacht mir dieser Gedanke Bauchschmerzen. Ich dachte immer, die goldene Regel sei, dass man das selbst genutzte Eigenheim am besten noch 1-2 Jahre vor Renteneintritt abbezahlt haben sollte. Außerdem dachte ich, es gäbe eine EU-Richtlinie, die es Banken verbietet, Kredite zu gewähren, die bis zur Rente nicht abgelöst werden können.


    In unserer Gegend gehen die Preise für Häuser gerade durch die Decke. Wir könnten aktuell noch nicht mal ein kleines RHM kaufen. Es sein denn, wir sehen es „entspannt“ und leben damit, dass auch wir in einem Haus leben, das bis zur Rente nicht abbezahlt ist.


    Wie seht ihr das? Ist der Kauf tatsächlich ratsam, wenn man so ein Haus nicht bis zur Rente abbezahlen kann? Oder ist mein Bauchweh begründet?


    Vielen Dank schon mal für eure Antworten!

  • Hallo Frieda82,


    wie immer kommt es auf den Einzelfall an.

    Außerdem dachte ich, es gäbe eine EU-Richtlinie, die es Banken verbietet, Kredite zu gewähren, die bis zur Rente nicht abgelöst werden können.

    So detailliert ist die Richtlinie nicht. Sie besagt nur, dass der Kreditnehmer in der Lage sein muss, den Kredit zurückzuzahlen. Es kommt also auf die Rentenhöhe an. Einige Banken kalkulieren außerdem mit der durchschnittlichen Lebenserwartung. In der Zeit sollte der Kredit zurückgezahlt sein. Der Bezug von Rente an sich ist kein Ausschlusskriterium, nur die Rentenhöhe. Sie wissen doch: „Die Rente ist sicher“ – zumindest sicherer als der Lohn eines normalen Arbeitnehmers.

    Wie seht ihr das? Ist der Kauf tatsächlich ratsam, wenn man so ein Haus nicht bis zur Rente abbezahlen kann? Oder ist mein Bauchweh begründet?

    Die emotionale Seite Ihrer Frage ist wohl typisch deutsch. Ich habe mir sagen lassen, dass unsere niederländischen Nachbarn die Kredite für ihre Häuser nie tilgen, sondern nur laufend die Zinsen bezahlen. Auf der objektiven Seite kommt es auf die Zahlen an. Können Sie sich im Rentenalter trotz laufender Tilgung alles leisten, was Sie sich wünschen? Falls Sie die Frage bejahen können, wo ist das Problem?


    Anmerkung: Wenn ich einmal annehme, dass im Nickname Ihr Geburtsjahr verarbeitet ist, würde ich vermuten, die Probleme mit einer Baufinanzierung könnten in der Zeit bis zur Rente auftreten, nicht danach.


    Gruß Pumphut

  • Hallo.


    Es kommt tatsächlich auf das Szenario an.


    Wenn das Haus geplant erst mit 85 abbezahlt wäre, dann ist das natürlich etwas anders zu bewerten, als wenn die letzte Rate für 67 plus 2 Monate geplant ist.


    Wenn von einem Haus am Ende des Arbeitslebens noch wenige Prozent offen sind, dann muss das kein Beinbruch sein. Es ist wahrscheinlich aber auch so, dass eine 30-jährige Finanzierung zwischendrin ihr Tempo ändert (Gehaltssprung, Sondertilgung, x, y, z).

  • Ich würde mir auch keinen Kopf machen, wenn zum vermuteten Renteneintritt noch ein paar zehntausend Euro offen sind.
    Bei meiner Finanzierung könnte dies genauso der Fall sein, aber das ist nichts, was mich um den Schlaf bringt. Zudem sind Einmalauszahlungen zum Zeitpunkt der Rente zu erwarten, mit denen man notfalls die Restschuld tilgen könnte.


    PS: Bei den Schweizern ist es genauso, es wird nur sehr wenig getilgt und teilweise auch erst spät durch gewisse Einmalzahlungen; das liegt vor allem am Steuersystem begründet (Schuldzinsen lassen sich von der Steuer abziehen, man kann steuerbegünstigt zweckgebunden Sparen und diese Auszahlung dann zur Amortisation der Hypothek verwenden).

  • Scheinbar gibt es den Hypothekenzinsabzug in der Schweiz und auch in den Niederlanden, darum sehen die das mit der Tilgung entspannt.


    Ich persönlich sehe es hier in Deutschland kritisch, wenn ich die Tilgung des Darlehens von Erbschaften, Sonderzahlungen etc. abhängig mache. Die Zahlungen können kommen, müssen sie aber nicht. Und dann?


    Das Leben kann uns Scheidung, Krankheit, Jobverlust, Tod etc. bescheren, da sollte man sein Haus nicht Spitz auf Knopf abzahlen. Außerdem können natürlich auch unvorhergesehene große Ausgaben kommen, die dann die ganze Finanzierung gefährden.


    Und ebenfalls fatal: Ich tilge bis zur Rente oder darüber hinaus und habe deswegen keine Rücklagen bilden können. Was ist dann aber, wenn nach 30 Jahren die ersten richtig großen Reparaturen an Haus anstehen? Wovon will ich die als Rentner mit 48% vom letzten Netto bezahlen?


    Früher war es für die Banken üblich, eine Wertsteigerung mit in die Darlehenszusage einzubeziehen. Das ist meines Wissens nach nun nicht mehr zulässig, was ich auch in Ordnung finde (Subprime lässt grüßen). Zudem muss die Bank auch so rechnen, dass das Darlehen bis zur Rente getilgt werden kann.


    Zu deine Ausgangsfrage:


    Ja, ich hätte Bauchschmerzen. Vermutlich geht es in 95% aller Fälle gut, aber 5% der Leute werden wohl in Rente gehen und ihr Häuschen dann verkaufen müssen (oder die Kinder kaufen es und lassen die Eltern günstig drin leben). Wenn man damit klar kommt, dann kann man das aber natürlich so durchziehen.

  • Hallo

    Zudem muss die Bank auch so rechnen, dass das Darlehen bis zur Rente getilgt werden kann.

    Das muss die Bank nicht. Sicherlich werden einige so schematisch vorgehen. Es gibt aber auch Banken, die sich die konkreten Verhältnisse ansehen. Meine Partnerin (kurz vor der Rente) und ich bereits als Rentner haben problemlos einen Neukredit für eine Immobilienfinanzierung abschließen können. Wir konnten uns aus mehreren Angeboten das beste aussuchen. Es kommt halt auf die Randbedingungen an.


    Gruß Pumphut

  • Okay, das dürfte der Knackpunkt sein:


    "Die Gesetzesänderungen verbieten Banken nicht, Darlehen an Rentner zu vergeben. Die Beschränkung liegt an ganz anderer Stelle. Was die Darlehensvergabe deutlich beschränkt, ist die Tatsache, dass ein Darlehen spätestens innerhalb der statistischen Lebenserwartung allein über die zu zahlenden Darlehensraten getilgt werden muss. Dabei können .je nach Alter bei Darlehensaufnahme- sehr hohe Raten fällig werden, die sich viele mit ihrer Rente nicht leisten können oder wollen."


    https://www.baufi-nord.de/ratg…nanzierungen-fuer-rentner

  • Das kommt wirklich auf den Einzelfall an. Ich habe letztes Jahr eine Immobilie für 400.000 gekauft und mit 2% Tilgung zu 100% bei der BBBank finanziert. Auf dem Papier wird das nicht bis zur Pensionierung klappen, aber sowohl Bank als auch ich sehen das total entspannt.

  • Das kommt wirklich auf den Einzelfall an. Ich habe letztes Jahr eine Immobilie für 400.000 gekauft und mit 2% Tilgung zu 100% bei der BBBank finanziert. Auf dem Papier wird das nicht bis zur Pensionierung klappen, aber sowohl Bank als auch ich sehen das total entspannt.

    Pensionierung ist doch etwas anderes als Verrentung.