Leveraged ETF - warum eigentlich nicht?

  • Ich bin ganz dem Nick folgend der Verfechter des passiven Anlagestils mit guten alten günstigen Welt-ETF. Sparplan eingerichtet und dann schlafen gelegt. Synthetische Replikation lasse ich dort zwar durchgehen, aber bei allen anderen kreativen Anlageideen und Produkten bin ich sehr skeptisch.


    Da kommt mein jüngerer Bruder um die Ecke mit dem Amundi ETF (2x) Leveraged MSCI USA Daily UCITS ETF EUR FR0010755611, weil der in den letzten Jahre eine viel bessere Rendite hatte als alle anderen. Dazu fiel mir zunächst nur ein, dass er mit seinem MSCI-World-Portfolio die USA sowieso schon übergewichtet hat und es nicht gewiss ist, dass sich die Kurse an den US-Börsen auch weiterhin besser entwickeln als die im Rest der Welt. (Es gibt keinen Leveraged ETF MSCI World. (Alle Leveraged- und Short-ETF bei Justetf.))


    Aber gegen das Konstrukt als solches fiel mir nicht viel mehr ein. Es wird alles verdoppelt, auch Risiko und Volatilität. Wer in 5 Jahren das Eigenkapital für eine Immobilienfinanzierung braucht, wird den nicht zum Geldparken nehmen wollen. Aber wenn das Geld übrig ist und ich sowieso zu 100 % in Aktien anlegen wollte - warum nicht gleich 200 % ?. Im Zaster-Magazin wurde das Thema andiskutiert. Sonst habe ich nicht viel gefunden. Habt Ihr eine Meinung? Oder womöglich schon Erfahrungen damit gemacht?

  • Folge mal deinem ersten Link, gehe in die 3-Jahres-Übersicht und schau dir den Zeitraum Januar 2020 bis Mai 2020 an.


    Evtl. kennt dein Bruder keine Zeiten von lange stagnierenden/rückläufiger Börsen. Ich schon.


    Auf Hebel spekulieren ist selten eine gute Idee. Aber scheinbar muss jeder einmal im Leben hart hinfallen. :)

  • Tja,

    in Bullenmärkten sieht es immer Alles sooo einfach und logisch aus. :)

    Warum nimmt Dein Bruder nicht den WisdomTree NASDAQ 100 3x Daily Leveraged, IE00BLRPRL42?

    Der hat in den letzten 12 Monaten satte 133% gemacht! ;)


    Aber, nimm doch mal den Fall, denn ja keiner von uns hier vorhersehen kann. Einen Crash von sagen wir mal 30% innerhalb weniger Tage. Natürlich genau nachdem Du mit 10K€ in den ETF eingestiegen bist.

    Dann stehen mal eben 90% Verlust an. Hast also aus Deinen 10K€ mal eben 1K€ gemacht.

    Ja, und dann erholt sich der Markt auch wieder innerhalb nur einen Jahres und macht sogar 200%! Dann hast Du aus Deinen 1K€ im ETF satte 3K€ gemacht! :evil:


    Ist quatsch nicht!? Ach ne, da war doch 2020 so was wie Corona...

    Hebeln kann man machen, wenn man weiß was man da tut. Aber keinesfalls als langfristige Option! Direkt nach einem Crash ist der optimale Zeitpunkt zum hebeln. Nur, man muss halt wissen, dass der Crash auch vorbei ist.;)

  • Zu solchen ETF gibts auch Videos/Podcasts.

    Ich fand den Gedanken ursprünglich auch verlockend, allerdings macht einem hier m.E. die Prozentrechnung einen Strich durch die Rechnung.


    Wenn der ETF heute 100 € kostet und 10 % an Wert verliert, ist man bei 90 € mit 2fach-Hebel wäre man bei 80 €. Aber um von 80 € wieder auf die 100 € zu kommen braucht man einen Wertzuwachs von 25 %. Dazu kommt, dass - soweit ich die Podcasts richtig verstanden habe und es eine allgemeingültige Aussage ist - wird der Hebel täglich berechnet.

    Ich habe für mich mitgenommen:
    Das ist nix für die langfristige Anlage und eher auch was für die Leute, die tagsüber ständig auf die Kurse schauen und reagieren können.

  • "Das ist nix für die langfristige Anlage und eher auch was für die Leute, die tagsüber ständig auf die Kurse schauen und reagieren können."


    Das gilt beim Investieren für alles was mit Hebel läuft.

  • Wenn der ETF heute 100 € kostet und 10 % an Wert verliert, ist man bei 90 € mit 2fach-Hebel wäre man bei 80 €. Aber um von 80 € wieder auf die 100 € zu kommen braucht man einen Wertzuwachs von 25 %.

    Mit 2-fach Hebel brauchst Du nur einen Wertzuwachs des Index von 12,5 %.


    Mit der Geschichte "100 € erst 10 % minus dann 10 % plus macht 99 € - wo ist der Euro geblieben?" kann man immer wieder Leute echt ins Grübeln bringen. ;)

  • Überlegungen zum Chart:


    Kauf am 18.02.2020 insgesamt 10 Anteile a 1.090,29 Euro = 10.902,90 Euro investiert.


    Am 23.03.2020 beträgt der Wert je Anteil -550,40 Euro = -5.504,00 Euro (Nachschusspflicht beim Verkauf?).


    Was wäre nun, wenn die Börse so scharf korrigiert und dann 2-3 Jahre nur noch seitwärts läuft? Oder über einen Zeitraum von 2-3 Jahre nur rückläufig ist? Du kämst die ganze Zeit über nicht an dein Geld heran.

  • https://www.trading-fuer-anfaenger.de/etf-mit-hebel/
    "Da die Hebelwirkung auf Tagesbasis erfolgt ist zudem ein aktives Trading notwendig, um schnell auf Kursschwankungen zu reagieren. "

  • Es sollte einem klar sein, dass diese gehebelten ETFs nur für Kurzzeitinvestments taugen, wenn man den Trend erahnt.


    Von Wisdomtree gibt es beispielweise einen Dreifachen auf Kaffee (JE00BYQY3Z98). Finde den Kaffeepreis kann man in bestimmten Situationen gut vorhersagen.

    Lass keinen zwischen Dich und Dein Geld.

  • Soviel ich weiß (keine Gewähr!) gibt es bei gehebelten ETFs keine Nachschusspflicht, Du kannst maximal den kompletten Einsatz verlieren. Wie viele hier schon geschrieben haben sind solche ETFs für langfristige Anleger aber ungeeignet, da sich sogar bei seitwärts tendierenden Märkten das Kapital aufzehrt.

  • Pantoffelheld - siehe z.B. meine Berechnung von oben:


    Wenn der ETF heute 100 € kostet und 10 % an Wert verliert, ist man bei 90 € mit 2fach-Hebel wäre man bei 80 €. Aber um von 80 € wieder auf die 100 € zu kommen braucht man einen Wertzuwachs von 25 %, bzw. 12,5 % mit 2fach-Hebel.


    Wenn der Markt seitwärts tendiert, gibt es ja trotzdem Kursänderungen an jedem Tag.

    Mit den 2fach-Hebel braucht man aber auf einen Verlust mit 1 % am ersten Tag am Folgetag einen Kursgewinn von 1,25 % um wieder auf null zu kommen. Ohne den 2fach-Hebel braucht man "nur" 1,1 %, um auf null zu kommen.


  • So ist es. Die gehebelten ETFs funktionieren ganz anders, als es die meisten Menschen intuitiv erwarten. Die intuitive Erwartung ist: “Ich kaufe das Ding heute und verkaufe es in 2 Jahren wieder. Wenn über die zwei Jahre der zugrundeliegende ETF um 20% gestiegen ist, dann ist mein Hebel-ETF um 40% gestiegen.” So funktioniert das aber überhaupt nicht. Wenn man mal danach googelt findet man viele Seiten, auf denen das mit Zahlenbeispielen anschaulich erklärt wird.