Altersvorsorgeverträge nicht 100% in Aktien?

  • Hallo,


    habe gerade Saidi's Podcast zu Riester gehört (#16).


    Dort hat er gesagt, dass Altersvorsorgeverträge nicht 100% in Aktien anlegen dürfen, weil sie garantieren müssen, dass man auch das rausbekommt, was man eingezahlt hat.



    Jetzt frage ich mich nur: Wenn ein 20 oder 30 jähriger in so einen Vertrag einzahlt und der Versicherer garantieren muss, dass er zum Renteneintritt in ca. 40 Jahren dem Versicherten das Geld wieder auszahlen kann, ... ist dem Versicherer (oder der Politik) das Risiko bei so einem langen Zeitraum immer noch zu groß?


    Es widerspricht doch all dem was hier gesagt wird, nämlich, dass eine Aktienanlage über 15 Jahre noch nie Verlust gemacht hat.


    Glauben die Versicherer selbst nicht dran?


    Wieso schichten sie das Geld nicht erst im Alter (15 Jahre vor Renteneintritt) in sichere Anlagen um?


    Oder habe ich da etwas falsch verstanden? Wäre ja schade um die Rendite, die man in jungen Jahren erzielen könnte.

  • Es gibt Altersvorsorge-Verträge, die genau das machen. Weltsparen hat das mit FairRiester gemacht. Bei FairRürup kann man selbst umschichten. Es gibt ein paar andere Anbieter, deren Riester-Verträge in Aktien laufen, die dann irgendwann umgeschichtet werden und mein AG legt die bAV auch auf diese Weise an.

    Blöd wird es halt, wenn man - wie FairRiester - beim Tiefstand der Kurse die Aktien verkauft.

  • Das Problem ist und bleibt die Beitragsgarantie.

    Man schreibt zwar immer wieder das die Bank/Versicherung die Einzahlungen aus Beiträgen und Zulagen zum Rentenalter garantieren muss, aber von der Phase dazwischen wird i.d.R. nicht gesprochen.


    Für die Anbieter ist es aber eben so das auch sie nicht wissen wann sich der Markt erholt nach einem Kursrutsch wie wir ihn Anfang 2020 erlebt haben.

    Laufen die Verträge also ins Minus müsste die Anbieter die Differenz zur Garantie aus eigenen Mitteln decken. Zumindest so lange bis der Vertrag wieder im Plus ist. Das geschieht natürlich nicht mit Ausgleichzahlungen im Vertrag, sondern das muss der Anbieter intern durch Rücklagen machen. Auch das ist geregelt.

    Da aber keiner weiß wie lange das dauern kann und wie weit der Markt noch abrutschen wird schichtet man eben um in Anleihen oder Cash sofern der Vertrag Cash überhaupt hergibt.


    Machen sie das nicht, dann müssen sie wie gesagt Rücklagen bilden oder Vorhandene Rücklagen diesen Verträgen vorbehalten. Und geparktes/gesperrtes Geld ist teures Geld für die Anbieter. Zumal je nach Größe und Finanziellen Möglichkeiten diese Rücklagen für einige überhaupt nicht zu stemmen sind oder man nicht weiß wie lange man sie stemmen muss.


    Das ist im übrigen kein Fairr Phänomen sondern kann alle Anbieter betreffen die solche Garantie-Produkte Anbieten. Es hat im übrigen auch andere Anbieter getroffen, denn auch bei der DWS oder Union wurden viele umgeschichtet oder zumindest die Aktienquoten reduziert.


    Meist wurden nur die nicht sonderlich groß angefasst die schon ordentlich in der Gewinnzone waren. Warum? Eben aus dem Grund oben: Der Puffer von Gewinn und Garantie war noch groß genug das der Anbieter mit einer Rücklage nicht hätte einspringen müssen.

    Und das wird auch in Zukunft so sein mit Garantie-Produkten solange man von gesetzlicher Seite nichts ändert.


    Zum Thema Fairr muss man aber auch dazu sagen das sie einfach viel viel zu spät reagiert haben. Ein rechtzeitiges einschreiten und umschichten wäre noch vertretbar gewesen und man hätte wieder frühzeitig zurück auf Aktien gehen können.

    Da man aber quasi (fast) am Tiefpunkt verkauft hat, mit maximalen Verlusten und dann beim anschließenden Börsen Run nicht mehr investiert war ist natürlich der Super Gau.

  • Das Problem ist weit komplexer.

    Wenn Dein Riester-Guthaben unter den Garantiebetrag fällt, ist der Riester-Anbieter bzw. der jeweilige Fonds-Verwalter verpflichtet den Vertrag durch entsprechendes Eigenkapital abzusichern.

    Georg hat das am Beispiel des Fairr-Riester-Desasters hier mal aufgezeigt:

    Panikverkäufe während Corona - ist die Riester Rente endgültig gescheitert? - Finanzen? Erklärt! (finanzen-erklaert.de)


    Es gab gibt durchaus Fondsbasierte Riester-Verträge, die funktioniert haben. So haben z.B. viele Altkunden von Union Ihre Aktienquoten auch während des Corona-Crashs gehalten.

    Aber das sind eben 'alte' Riester-Verträge, die dann lang von den positiven Aktienmärkten und den seinerzeit noch höheren Zinsen auf Staatsanleihen profitiert haben. Wenn Dein Riester-Vertragsguthaben 100% über der Riester-Garantiesumme steht, kann die Fondsgesellschaft auch bei einem Markteinbruch von 30% gelassen bleiben.

    Heute ist das Alles eher illusorisch und es ziehen sich aktuell immer mehr Anbieter aus dem Riester Neugeschäft zurück, da selbst die Anbieter nichts mehr verdienen können.

  • Bei Fairr wäre der Depotwert bzw. das Plus aber auch irrelevant gewesen. Die Sutor hat ausnahmslos JEDES Riesterdepot zum ungünstigsten Zeitpunkt (ich glaube das war weltweit der 18.03.) ins Cash geschoben. Das wiederum war neben dem Zeitpunkt, und dem Fakt, dass man finanziell nicht in der Lage war schnellstmöglich zu reinvestieren, für mich ein Hauptindiz der Inkompetenz und der Grund meinen Riester im letzten Jahr zu begraben. Aktuell existiert nur noch der Riester meiner Frau. Und der auch nur noch wegen den Kinderzulagen.

  • Meiner Meinung nach ist diese Absicherung der Riestereinkommen (Einzahlung + staatliche Zulage) die eine große Komponente, wie wir alle hier wissen geht es an den Börsen nicht nur Bergauf, jeder Aktien oder ETF Sparer weiß, daß man solche Zeiträume am besten durch nichts tun bzw. durch Zukäufe (sollte Kapital vorhanden sein) überbrücken sollte. Rutscht die ganze Sache bei den Anbietern ins Minus sieht es halt anders aus. Dann müssen die rein rechtlich diese Beträge ausgleichen, dann kommt schon mal der Zwang zum Verkauf. Weiterhin müssen diese auch ihre eigenen Gewinne realisieren, also geht für den Anleger noch mehr verloren. Sicherlich ist keinem nach 20, 30, oder 40 Jahren einzahlen mit dem Betrag Einzahlung + Zulagen geholfen. Dann kommt noch die Versicherung hinzu, dass es auch über ein Alter von 85 Jahren weiter gezahlt werden kann. (2. Komponente).