FAZ: ETFs sind für den Kapitalismus gefährlich

  • "Der ETF wird mal wieder einseitig gezielt verteufelt, weil damit Fondsgesellschaften aktiver Fonds Gebühreneinnahmen vereitelt werden; denen sind ETFs ein Dorn im Auge!"


    Naja, ganz so einfach ist die Sache nicht. Es gibt schon gute Gründe, die ETFs als latente Gefahr zu sehen.

  • Wenn irgendwann ein überwiegender Teil der weltweiten Aktien Investments in Index ETFs erfolgt, dann ist das erst mal ein Problem. Der Index fällt ja nicht vom Himmel, der geht nach Marktkapitalisierung. Und woher kommt die Marktkapitalisierung? Von der Nachfrage nach den jeweiligen Aktien. Woher kommt die Nachfrage? Aus den Index-ETFs. Merkst Du was?


    Mit einem ETF fährt man praktisch huckepack (überspitzt könnte man auch sagen als Schmarotzer) bei den aktiven Anlegern mit. Man kauft, was die aktiven Anleger in der breiten Masse gerade hoch bewerten. Wenn es irgendwann kaum noch aktive Anleger gibt, funktioniert das ganze System nicht mehr.


    Hinzu kommt eben noch das Problem, dass man mit einer Aktie auch einen tatsächlichen Eigentumsanteil am Unternehmen erwirbt, und bei entsprechend vielen Anteilen Einfluss auf die Entscheidungen des Unternehmens hat. Ein Index ETF hat daran aber gar kein Interesse, das heißt wenn es nur noch ETFs gibt sind die Unternehmen im Besitz von willenlosen Zombies, um es etwas plakativ zu sagen.


    Das ist aus meiner Sicht aber kein Problem für den einzelnen Anleger, da werden sich früher oder später Regulierer und die großen Marktakteure drum kümmern. Wenn die Entwicklung in die Richtung geht, entstehen wahrscheinlich auch wieder sehr attraktive Arbitrage-Möglichkeiten und alternative Investment-Ansätze, so dass sich das Problem auch ein Stück durch den Markt selbst lösen wird. Meine Prognose.

  • Ich komme zu einer ähnlichen Einschätzung wie Du, Panda. Wenn die "dumme Masse nur noch ETF kauft", dann bekommen aktive Investoren wieder bessere Chancen, mit Stock Picking eine Überrendite zu erzielen. Das sollte sich also einpendeln.


    Vor einigen Jahren hieß es mal, es könnte "gefährlich" werden, wenn ETFs mal 40% des Markts ausmachten. Die größte Gefahr sehe ich, dass Privatanleger mit wenigen Klicks große Summen aus dem Markt abziehen und damit (Abwärts-)Bewegungen verstärken können. Mit vielen Einzelaktien ist das aufwändiger. Die Privatanleger machen aber nicht den Großteil der Anleger aus. Ich finde ad hoc gar keine Statistik dazu; hat die jemand?

  • :sleeping:

    Sorry, aber die Diskussion gibt es doch schon (fast) so lange es ETF gibt!

    Aber wie viele Anleger sind denn wirklich reine ETF-Anleger!? Und vor Allem, wie viele davon legen wirklich ausschließlich in marktbreite ETF an!? Nur weil es ein ETF ist, muss ja nicht ein marktbreiter/weltweiter Index dahinter stehen. Es gibt ohne Ende Themen- bzw. Sektor-ETF (Wasserstoff, Gaming, Halbleiter, e-Mobilität, usw.). Dann gelten ja die Vorbehalte in der gleichen Form für aktive Fonds, oder!?

    Und immer dran denken. ETF wurden eben nicht für uns Kleinanleger geschaffen, sondern gerade damit institutionelle Anleger einfach Ihre Millionen/Milliarden anlegen können! Wir Kleinanleger dürfen da halt mitspielen.

    Außerdem, muss man sich doch nur anschauen welche Firmen den die Markttreiber sind! Wer vor 10 Jahre in die FAMTANG*-Aktien investiert hat wohl alle ETF deutlich ausperformt. Sind jetzt die ETF daran Schuld, dass gerade diese Firmen so abgegangen sind, oder liegt es nicht doch mehr an den Firmen und deren Produkten/Umsätzen/Gewinnen?;)


    *Facebook, Microsoft, Apple, Tesla, Amazon, Nvidia, Google

  • Lustig. Fast alle eure Argumente pro ETF finden sich teilweise wortwörtlich so in dem von MichaG verlinkten Artikel wieder. :)


    Frage: Hat jemand sich mal eigenständig tiefergehend mit der Thematik befasst oder basiert eure Einschätzung rein auf einer einzigen Quelle?


    Ich will ETFs für unerfahrene Anleger gar nicht schlecht reden, denn außer Fonds oder einem Vermögensverwalter haben sie ja gar keine anderen Chancen. Aber ich bin nach einigen Monaten hier im Forum leider doch zu der Ansicht gekommen, dass es bei vielen außer ETFs, 8% Rendite sind fix, 30/70 Regel, 4% Entnahmeplan und den ganzen Finanztip-Weisheiten nicht viel eigene Erfahrungen vorhanden sind.


    Was ich damit sagen will: Die Welt ist in der Regel nicht so einfach wie man euch das vorbetet. Es schadet nichts, wenn man seine Fühler mal etwas weiter ausfährt und nicht bloß der Masse hinterher rennt.

  • Dir steht es ja frei uns alle zu erhellen.


    Ein weltweiter ETF ist die günstigste und zeitsparendste!! Methode die Marktredite mitzunehmen. Das reicht eigentlich. Wer reich werden will sollte es sowieso mit Unternehmertum probieren.

  • In der Diskussion werden oft zwei Fragen vermischt, die ganz unterschiedlich sind:


    Frage 1: Sind ETFs heute für den einzelnen Anleger ein problematisches Investment?

    Meine Antwort: nein


    Frage 2: Können ETFs irgendwann ein Problem für das System der Finanzmärkte werden?

    Meine Antwort: theoretisch ja. Praktisch erwarte ich es aber nicht, da es auf dem Weg dahin Anpassungsreaktionen geben wird. Die können durchaus auch darin bestehen, dass ETFs im Vergleich zu anderen Investment-Produkten unattraktiver werden und wir alle dann unsere Depots langsam umschichten. Wird die Zeit zeigen.

  • Thebat

    Ja, diesmal ist Alles anders, oder? ;)


    Und bei mir kam das tatsächlich über eigene Überlegungen zu den Unterschieden aktive Fonds vs. ETF.

    ETF steht ja erstmal nur für 'Börsengehandelter Fonds'.

    Was bitteschön unterscheidet denn nun einen aktiven Fonds von einem ETF? Warum sollen ETF gefährlich sein, aktive Fonds aber nicht!? :/

    Es sind ja in beiden Produkten die gleichen Aktien enthalten (bei physischer Replikation).

    Was ist denn mit den ARK-ETF!? Sind ja sozusagen aktiv gemanagte ETF?

    Wie sieht es mit dem ARERO Fonds aus. Ist ja ein aktiver Fonds, der aber mit festen Regeln arbeitet? Ist das nun auch schon ein ETF, oder wie?


    Ich freue mich auf Deine Argumente, warum ein ETF 'gefährlicher' sein soll als ein aktiver Fonds.

  • "Was bitteschön unterscheidet denn nun einen aktiven Fonds von einem ETF? Warum sollen ETF gefährlich sein, aktive Fonds aber nicht!?"


    Platt gesagt: ETFs sind regelmäßig strunzdumm und arbeiten ihre Vorgaben stur ab. "Eisberg voraus - egal, der Kapitän sagt volle Fahrt, also machen wir das."


    Es finden keine Steuerungsüberlegungen der Geldströme statt, das Geld wird stur nach Quote investiert. Und aus genau den Gründen können ETFs ab einem gewissen Marktvolumen ggfls. gefährliche oder übertreibende Tendenzen noch verstärken.


    ETFs funktionieren m.E. nur, wenn es noch genug eigenständige Denker und Analysten am Markt gibt, die die Eisberge sichten und den Ruderbefehl geben. Wo da die kritische Grenze zu ziehen ist? Keine Ahnung, man wird es aber bei gleichbleibend hohen Zuwächsen an ETFs vermutlich in den nächsten 25-30 Jahren sehen.

  • Hallo Thebat ,

    da Frage ich mich dann nur, warum nur es nur rund 20% der aktiven Fonds schaffen über einen Zeitraum von 10 Jahren Ihren Vergleichsindex zu schlagen. :/

    Ganz Offensichtlich schaffen es die meisten 'Steuerleute' ja nicht die 'Eisberge' zu umschiffen.;)

    Kann es nicht sogar sein, das feste Regeln ja gar nicht so verkehrt sind? Evtl. geht es dann in 50% der Fälle gut aus, wenn man sich an feste Vorgaben hält. :/


    Blättern wir etwas zurück in die gute alte 'vor' ETF-Zeit!

    Man blicke zurück auf Japan in den 80'er Jahren, oder mal auf die DotCom-Blase Anfang dieses Jahrtausends.

    Da haben es 'eigenständige Denker und Analysten' es auch ganz ohne ETF geschafft den Markt in Blasen zu treiben und zu crashen! ;)

    Aber ich verstehe schon. An der nächsten Blase sind dann die ETF schuld. :D

  • Ein ETF sollte möglichst einen Markt abbilden. (Das ist übrigens der Markt, den die meisten Investment-Götter nicht dauerhaft schlagen können.) Der ETF-Sparplan ist also der Versuch langfristig zu durchschnittlich günstigeren Konditionen ein durchschnittlich besseres Ergebnis zu bekommen.


    Oder anders:

    Wenn ETFs dummes Geld sind, was sagt das dann über diejenigen aus, deren Geld sich messbar langfristig nicht klüger anstellt?


    Da frage ich mich doch, wovor ich eher Angst haben sollte.

  • Abgesehen von der Zufluss- oder Abflussdynamik von Mitteln spricht der Artikel auch die Stimmrechte an. Ich finde die Indexanbieter (Vermögensverwalter) sollten diese Stimmrechte nicht ausüben dürfen, da Sie nicht der wirtschaftliche Eigentümer sind.


    Die Stimmrechte stehen den Investoren zu, die diese nach Belieben delegieren z.B. an eine Interessengruppe die zum Investor passt, oder einfach verfallen lassen können sollten.