Hilfe bei persönlichem bAV Szenario gesucht!

  • Hallo,

    ich habe mich mal vor 2 Jahren (01.07.2019) zu einer bAV überreden/überzeugen lassen. Seit 01.05.2020 habe ich einen neuen AG, der freundlicherweise meine Direktversicherung übernommen hat. Ich habe mir jetzt vorgenommen das ganze Thema nochmal auf den Prüfstand zu stellen. Leider habe ich schnell gemerkt wie komplex das Thema ist und dass ich mir das nicht einfach mal so ausrechne ||. Deshalb die bitte um Hilfe an die Community. Hier meine Eckdaten:


    • Geburt: Januar 1992
    • Bruttojahresgehalt: 66.000€ (5.500€ mtl.)
    • bAV AN-Anteil: 405,13€ (Dynamik: wächst im selben Verhältnis wie Beitragsbemessungsgrenze)
    • baV AG-Anteil: 18,75€ (Ja, es müssten min. 15% sein -> bereits in Klärung)
    • Steuerklasse III, Baden-Württemberg, KK: 15,8%, Kirchensteuer: 8%, Kinderfreibetrag: 0,5
    • Direktversicherung: Allianz, InvestFlex, Aufteilung: 100% iShares Core S&P 500 UCITS ETF,


    Ich habe mir natürlich schon die Finanztip Videos angeschaut und weiß daher, dass ich mit dem Bruttogehalt genau im unattraktiven Bereich liege und auch der AG Anteil viel zu gering ist. Trotzdem würde ich gerne einige Zahlen vor mir haben und ein paar Fragen klären:

    Wie kann ich mir den Verlust bei der gesetzl. Rente berechnen? Welche Steuersätze wende ich bei der Auszahlung an? Wie errechne ich mir die Steuerersparnisse in der EInzahlungsphase? Wie lange muss ich leben, damit sich die bAV für mich lohnt? Sollte ich meine Entgeltumwandlung reduzieren (angenommen 15% AG Anteil werden umgesetzt)?

    Ich hoffe wirklich sehr, dass ihr mir weiter helfen könnt und mich aus meinem Wirr-Warr erlöst! Vielen Dank schonmal im Vorfeld. :thumbup:

    Grüße
    Olive

  • Hi Olive,


    sind die 405,15 monatlich oder jährlich?


    Soweit ich mich dunkel erinnere, man darf mir gerne widersprechen: Man kann max 8% der Beitragsbemessungsgrenze einzahlen, bis 4 % ist man von SV-Beiträgen befreit.


    Wie du die Steuerersparnis ausrechnest:
    Brutto ohne bAV: 5500 € -> Das in einen Brutto-Netto-Rechner eingeben und schauen, was da an Steuern rauskommt.

    Brutto mit bAV: 5500-405,14 € = ca. 5100 € -> Das müsstest du deinem Gehaltszettel entnehmen können.

    Anmerkung: Wie kommt man mit Stkl. III auf 0,5 Kinderfreibeträge? Es muss dann doch einen Partner geben, der in Stkl. V ist. Die Kinderfreibeträge sind in dieser Konstellation komplett bei demjenigen mit Stkl. III.


    Generell ist bei solchen lang laufenden Versicherungen das Problem, dass sich die gesetzlichen Regelungen und auch die Lebensumstände ändern. Du wirst im Laufe deiner Karriere wohl dein Gehalt steigern. Irgendwann wird vielleicht ein weiterer Kinderfreibetrag dazu kommen, irgendwann werden beide wegfallen und deine Steuerlast steigen.

    Die Allianz hat dir sicher ausgerechnet, welches Kapital du nach X Jahren angespart haben könntest. Der ETF kann 5 % Rendite bringen, dagegen stehen die Verwaltungs-/Vertriebskosten der Allianz.


    Da du auf die Einzahlungen keine Steuern zahlst, musst du bei der Rentenzahlung mit dem dann geltenden Steuersatz versteuern. Die Versicherer argumentieren damit, dass man weniger Rente als Einkommen bezieht und damit einen niedrigeren Steuersatz hat. Ob der Gesetzgeber das in 30, 40 Jahren auch noch so sieht, weiß heute niemand.


    Wie eingangs gesagt, sind nach meiner Erinnerung Einzahlungen bis zu einer Höhe von 4 % der Beitragsbemessungsgrenze von SV-Beiträgen befreit. Mit 400 € monatlich bist du über diesen 4 % und für einen Teil der Einzahlungen müsstest du auf deinem Gehaltszettel SV-Beiträge haben. Für alle Beiträge unter diesen 4 % zahlst du auf den ausgezahlten Betrag SV-Beiträge und zwar die kompletten - AG- und AN-Anteile. Größter Anteil ist die KV, da werden statt heute vom Gehalt ca. 8 % dann 16 % abgezogen. (Wieder basierend auf der heutigen gesetzlichen Situation.)


    Zu den Abschlägen bei der gesetzlichen Rente ganz grob folgende Rechnung.

    Heute erwirbt man mit 40500 € brutto im Jahr 1 Rentenpunkt. Das ändert sich jährlich.
    Bei der Rentenauszahlung bekommt man heute für 1 Rentenpunkt eine monatliche Rente von 38 € (Annahme: Du bist Wessi).

    Angenommen du erarbeitest dir 1,5 Rentenpunkte im Jahr, dann sind das nach 35 Jahren 52,5 Rentenpunkte, was einer Rente von 1995 € entspricht. Wenn du Gehalt in deine bAV steckst und z.B. nur noch 1,4 Rentenpunkte pro Jahr erarbeitest, sind das nach 35 Jahren nur noch 1862 €.
    Die gesetzliche Rente musst du versteuern und SV-Beiträge zahlen (hier aber nur die halben, wie heute im Erwerbsleben auch).


    D.h. damit sich die bAV lohnt, muss sie mindestens (nach Steuern und SV-Beiträgen) die niedrigere gesetzliche Rente kompensieren.
    Dazu kommt noch die Inflation. Wenn die Modellrechnung deines Vertrags eine Rente von monatlich 500 €, dann überweisen sie dir diese 500 € abzüglich Steuern und SV-Beiträge, unabhängig von dem, was du in 35 Jahren davon noch kaufen kannst.

    Hier gibts ein bisschen was zu lesen dazu:
    https://hartmutwalz.de/trotz-1…e-bav-rechnet-sich-nicht/

    https://hartmutwalz.de/betrueb…eine-herbe-enttaeuschung/

    Und ein Modellrechner:
    https://www.altersvorsorgeverg…liche-altersvorsorge-bav/


    Ab hier persönliche Meinung:
    Ob sich das in deinem Fall rechnet oder nicht, kann ich nicht sagen. Was ich aber auf jeden Fall machen würde, wäre eine Modellrechnung anzufragen, was passiert, wenn du nur noch 4 % in die bAV einzahlst und so den SV-Beiträgen in der Einzahlphase entgehst.

    Ob man der gesetzlichen Rente angesichts von höheren Lebenserwartungen, weniger Kindern... mehr traut, ist Geschmackssache. Die geseztliche Rente liefert immerhin eine gewisse Inflationssicherheit, zumindest solange die Inflation in einem normalen Rahmen bleibt.

  • Anmerkung: Wie kommt man mit Stkl. III auf 0,5 Kinderfreibeträge? Es muss dann doch einen Partner geben, der in Stkl. V ist. Die Kinderfreibeträge sind in dieser Konstellation komplett bei demjenigen mit Stkl. III.

    Quergevögelt.

    Denken ist die schwerste Arbeit, die es gibt. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum sich so wenig Leute damit beschäftigen. Henry Ford