Hauskauf/-bau direkt oder noch weiter Sparen + Mieten

  • Hallo zusammen,


    mein Mann und ich haben schon immer das Ziel, in ein Eigenheim zu ziehen.


    Aktuelle Lage:

    • Wir wohnen in einer Großstadt, zahlen 1.770€ Warmmiete und haben noch Mindestmietdauer bis Oktober 2022
    • Mein Mann (29) verdient circa 4000€ netto, ich (25) bekomme noch bis Juni 2022 560€ Elterngeld. Dann ist ein weiteres Jahr Elternzeit ohne Einnahmen (das dritte Elternzeitjahr) geplant und danach das nächste Kind mit ebenfalls drei Jahren Elternzeit und diesmal nur einem Jahr das minimale Elterngeld (350€ oder so). Vorher habe ich 1500€ netto verdient.
    • Mit meinem Elterngeld, das demnächst wegfällt, sparen wir circa 2.000€ im Monat. Wir haben circa 70.000€ Ersparnisse. Vor dem Hauskauf wollen wir erstmal keine ETF holen.
    • Unsere Familien wohnen 350-450 km entfernt. Wahrscheinlich werden wir in die Mitte zwischen der Familie meines Mannes und meiner ziehen.

    Meine Fragen und Überlegungen:

    • Diverse Rechner sagt mir, dass wir uns eine Immobilie bis zu 350.000€ leisten können. Allerdings wird überall empfohlen 20-30% Eigenkapital aufzubringen. Das würde mit 350.000€ nicht klappen.
    • Ist es dann sinnvoller, noch ein paar Jahre in der Großstadt weiterzuleben, damit wir mehr Eigenkapital ansparen? Umso mehr Eigenkapital man hat, desto bessere Kreditkonditionen bekommt man ja. Oder macht ein Umzug 2023 auch finanziell Sinn, weil wir nicht noch mehr Kaltmiete in eine recht teure Wohnung stecken?
    • Aus privaten Gründen sehe ich für beides viele Vor- und Nachteile. Mich interessiert jedoch sehr, ob einer der beiden Optionen finanziell die geschicktere wäre. Ich weiß gerade nicht, wie ich das herausfinden oder abschätzen kann.
  • Hallo ihr Lieben. Glückwunsch zu eurem Familienglück und euren Zielen! Ich würde euch empfehlen, soweit ihr nicht bereits anderweitige große Vermögenswerte finanziert habt, bevor ihr ein Eigenheim per Darlehen finanziert, eine kleine Wohnung zu finanzieren. Dies ist nicht nur für euren Vermögensaufbau gut, sondern hat auch den Vorteil, dass die Bank euch, wenn ihr das nächste mal ein Darlehen wollt, etwa für eine Wohnung die ihr vermieten möchtet, deutlich gewillter ist, euch dieses bereitzustellen, da ihr ein echten Vermögenswert zur Seite habt. Finanzierte Eigenheime sind deutlich unbeliebter bei den Banken als gut laufende Mietswohnungen. Mit seiner ersten Finanzierung direkt ein Eigenheim zu kaufen, ist meist keine gute Entscheidung. Denoch, wenn ihr es machen wollt, würde ich es euch empfehlen, mit so wenig Eigenkapital wie möglich zu finanzieren. Diese Grundregel gilt quasi immer und in Angesicht der aktuell niedrigen Zinsen umso mehr. Schaut gerne mal zu dem Stichwort OPM (Other Peoples Money) nach. Eure "Rendite" ist nunmal umso höher, je weniger Eigenkapital ihr einbringt. Einen guten Zinssatz solltet ihr auch mit 15-20% Eigenkapital kriegen. Übrigens, haltet die Tilgungsrate nach Möglichkeit so gering wie möglich und vereinbart mit der Bank eine Sondertilgungsvereinbarung. So bleibt ihr flexibler. Liebe Grüße.

  • Mal meine Gedanken dazu:

    "Diverse Rechner sagt mir, dass wir uns eine Immobilie bis zu 350.000€ leisten können."


    -> Ist das wirklich so? Wenn ihr trotz der hohen Warmmiete noch so viel Geld weglegen könnt, dann sollte da schon noch mehr drin sein. Gut, hängt natürlich auch davon ab, ob und welches du Einkommen du in Zukunft haben wirst.


    "Allerdings wird überall empfohlen 20-30% Eigenkapital aufzubringen"


    Diese Zahlen sind meines Erachtens veraltet. Wichtig ist vor allem, dass ihr alle Kaufnebenkosten vom Eigenkapital berappen könnt.
    Was das bezüglich des Zinssatz' bedeutet: Nehmt ruhig schon mal Kontakt mit einem oder mehreren Immobilienfinanzierungsvermittlern auf. Da könnt ihr einfach schon mal recht konkret durchrechnen, was die unterschiedlichen Optionen so kosten würde und wie sich das wirklich auf den Zinssatz auswirkt.
    Es zudem eh von Vorteil, wenn man an dieser Stelle schon einen verlässlichen Partner an der Hand hat.

    Wenn ihr das durchgesprochen habt, dann könnt ihr eure Ideen und Pläne verfeinern und dann auch schon mal langsam die Fühler ausstrecken und die Lage auf dem Immomarkt sondieren. Ist ja heutzutage nicht unbedingt so, dass man sofort das bekommt was man will. Genauso hoch ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass es mit dem ersten Traumobjekt nichts wird - aus welchen Gründen auch immer.

  • Stellt am besten eine genaue Einnahmen- und Ausgabenrechnung auf. 1800€ Miete + 2000€ Sparrate lassen euch bei 4500€ Netto gerade mal gute 700€ zum Leben. Das kommt mir etwas arg knapp gerechnet vor. Habt ihr entsprechende Rücklagen für Auto, Elektrogeräte, etc eingerechnet oder verschwinden die in der Sparrate? Urlaub? Was ist mit anderen einmaligen oder jährlichen Kosten? Als ich meine Liste gemacht habe, kam nochmal einiges dazu das ich nicht direkt auf dem Schirm hatte.


    Als nächstes solltet ihr euch klar werden was ihr wollt. Bestandsimmobilie kaufen (+eventuell sanieren)? Einfamilienhaus mit Architekt oder Generalunternehmer bauen? Neubauwohnung vom Bauträger? In was für einem Ort? Alle diese Varianten haben unterschiedliche Voraussetzungen. Baugrundstücke sind zum Beispiel aktuell sehr schwer zu bekommen und oft nur für Einheimische verfügbar. Die Suche nach dem passenden Grunstück kann durchaus auch Jahre dauern.


    Macht euch dann ehrlich klar was die entsprechende Lösung kostet. Mit 350 000€ werdet ihr tendenziell nicht besonders weit kommen, aber bei dem Einkommen und Eigenkapital kann man auch mit gutem Gewissen höher gehen. Lasst euch an der Stelle nicht von Katalogpreisen der Fertighaushersteller blenden, da kommen noch viele Kosten dazu. Bei Bestandsimmobilien kommen zum Kauf häufig noch Renovierungen oder Sanierungen dazu.


    Wenn ihr euch entschieden habt, würde ich tendenziell nicht zu lange ansparen. Es gibt keine Zinsen und Baukosten bzw Immobilienpreise steigen seit Jahren schnell. 5% Steigerung bei den Baukosten fressen eure komplette Sparrate schnell auf. Klar kann sich die Beleihungsquote trotzdem verbessern und klar kann niemand die Zukunft vorhersehen. Die nächsten Jahre werden aber tendenziell die Auflagen für Immobilien steigen (Dämmung, Heizung, Sickerpflaster, Dachbegrünung, etc) und alleine das wird die Kosten für Bau oder Sanierung sicherlich nicht senken.


    PS: Nicht nur die Frage "Eigenheim oder nicht" ist eine Lifestylefrage, auch die Frage ob Stadt oder Land. Die sollte auch auf der Basis geklärt werden und ich würde dringend davon abraten nur wegen günstigerer Preise aufs Land zu ziehen.

  • Mir scheint die Ausgangsfrage noch etwas unklar. Die meisten Menschen orientieren sich beim Wohnort erst einmal an Beruf und Karriere. Spielt das bei Euch keine Rolle? Einerseits bei Deinem Mann (jetzt, aber auch in Zukunft), andererseits vielleicht auch bei Dir, wenn die Kinder älter sind und Du vielleicht auch wieder berufstätig sein möchtest? Ich kenne Leute, die sind mit der Familie aufs Dorf gezogen. Für den Mann war das OK, der war dauernd auf Dienstreise. Die Frau ist nach und nach depressiv geworden, wenig soziale Kontakte, keine berufliche Perspektive… Muss bei Euch natürlich nicht so kommen.


    Dann gibt es bei vielen eine grundsätzliche, persönliche Präferenz zu Stadt, stadtnah (“Speckgürtel”), oder wirklich ländlich. Wo seht Ihr Euch da als Familie? Einfach zu sagen, wir ziehen ca. in die Mitte zwischen den Großeltern, kommt mir etwas eindimensional gedacht vor.


    Zuletzt ist der ganze Gedankengang eher abstrakt, ohne einmal den konkreten Markt anzuschauen. Wenn ihr wisst wo ihr hin wollt, dann fahrt da mal hin, schaut Euch mal um, welche Gegenden es da so gibt, was überhaupt auf dem Markt ist (Kaufmarkt und Mietmarkt), entwickelt ein Gefühl für das Preisniveau… Bei Immobilien hängt alles am konkreten Objekt. Wenn genau das was ihr wollt auf dem Markt ist, dann heißt es zugreifen, da ist es völlig müßig, sich durchzurechnen ob es finanziell irgendwie besser wäre noch ein Jahr zu warten. Andererseits, wenn es gute Mietangebote gibt: Vielleicht ist es auch eine Möglichkeit, jetzt mit der Familie eine entsprechend große Wohnung zu mieten, und eher eine kleinere Eigentumswohung zu kaufen (stadtnah, mit guter Infrastruktur und Kulturangeboten), die man erst mal vermietet und vielleicht später selbst nutzt, wenn die Kinder aus dem Haus sind.


    Auch noch zu beachten: Aktuell ist nicht unbedingt eine gute Zeit, ein Haus zu bauen. Baustoffmangel, Handwerkerknappheit…

  • Hallo ihr Lieben. Glückwunsch zu eurem Familienglück und euren Zielen! Ich würde euch empfehlen, soweit ihr nicht bereits anderweitige große Vermögenswerte finanziert habt, bevor ihr ein Eigenheim per Darlehen finanziert, eine kleine Wohnung zu finanzieren. Dies ist nicht nur für euren Vermögensaufbau gut, sondern hat auch den Vorteil, dass die Bank euch, wenn ihr das nächste mal ein Darlehen wollt, etwa für eine Wohnung die ihr vermieten möchtet, deutlich gewillter ist, euch dieses bereitzustellen, da ihr ein echten Vermögenswert zur Seite habt. Finanzierte Eigenheime sind deutlich unbeliebter bei den Banken als gut laufende Mietswohnungen. Mit seiner ersten Finanzierung direkt ein Eigenheim zu kaufen, ist meist keine gute Entscheidung. Denoch, wenn ihr es machen wollt, würde ich es euch empfehlen, mit so wenig Eigenkapital wie möglich zu finanzieren. Diese Grundregel gilt quasi immer und in Angesicht der aktuell niedrigen Zinsen umso mehr. Schaut gerne mal zu dem Stichwort OPM (Other Peoples Money) nach. Eure "Rendite" ist nunmal umso höher, je weniger Eigenkapital ihr einbringt. Einen guten Zinssatz solltet ihr auch mit 15-20% Eigenkapital kriegen. Übrigens, haltet die Tilgungsrate nach Möglichkeit so gering wie möglich und vereinbart mit der Bank eine Sondertilgungsvereinbarung. So bleibt ihr flexibler. Liebe Grüße.

    Vielen Dank für die Glückwünsche! Zuerst eine Wohnung finanzieren kam mir so noch nicht in den Sinn. Mein Mann und ich hatten zwar geplant, im Alter eine Eigentumswohnung zu finanzieren - falls das dann finanziell möglich ist. Ich kenne mich mit der Rechnung allerdings nicht aus, ob wir zuerst eine Eigentumswohnung und dann noch ein Haus finanzieren könnten, während wir diese vermieten. Ist ja auch unsicher, wie unsere Einnahmen und Ausgaben in x Jahren aussehen werden. Außerdem wollen wir spätestens, wenn unser jetziges Kind in die Schule kommt im Haus wohnen. Aufgrund von Schule und Freunde käme dann kein weiterer Umzug in ein anderes Umfeld mehr in Frage. Ein Haus in der Gegend der Wohnung finden zu müssen, stelle ich mir zusätzlich schwierig vor. Prinzipiell aber ein reizvoller Gedanke.


    Das Stichwort OPM werde ich mal recherchieren. Habe schon einmal gehört, möglichst wenig Eigenkapital sei schlau. Gleichzeitig lese ich aber auch immer wieder "zuerst Kredit abbauen und alles Geld (=Eigenkapital) da reinstecken, bevor man woanders investiert (Risikovermeidung)". Vielleicht werde ich nach meiner Recherche dazu ja schlauer.


    Herzlichen Dank für deinen Input!

  • Finanziell scheint ja alles erstmal zu passen, auch wenn ihr die Kosten nicht unterschätzen solltet wenn man auf dem Land lebt. 2 Autos hauen auch ganz schön rein.

    Größtes Problem wird sein dass ihr von weiter weg aus sucht und jede Besichtigung richtig Aufwand bedeutet. Gleichzeitig werden alle Häuser überrannt die halbwegs in Ordnung sind, d.h. ihr werdet sehr oft zur Besichtigung hinfahren und leer ausgehen. Kritisch ist auch dass beim Bestand eigentlich jemand dabei sein muss der sich mit alten Häusern auskennt und einschätzen kann was gemacht werden muss. Da muss man auch kritisch sein. Ein Haus aus den 70ern lässt sich nicht einfach von Ölheizung auf Wärmepumpe umstellen. Wenn Leitungen neu gemacht werden müssen (Kupferfrass!) dann ist auch nichts mehr mit nebenher selbst sanieren. Und wenn der Vorbesitzer viel in Eigenleistung saniert hat, muss man doppelt aufpassen ;)

    Von Zwangsversteigerungen würde ich die Finger lassen. Jeder halbwegs vernünftige Mensch wird bei den Wertsteigerungen der letzten Jahre sein Haus selbst zu Geld machen. Wer das der Bank überlässt, der macht eher Ärger.

  • Ob ich viel Ahnung habe weiß ich nicht. Wir waren halt vor ziemlich genau einem Jahr auf Immobiliensuche und ähnliche Situation. Bei 40-50 Minuten Fahrzeit war die Sache mit den Besichtigungen schon recht frustrierend und obwohl ich versucht habe vorher ordentlich auszusortieren war nur ein einziges Haus dabei das einen ordentlichen Zustand und fairen Preis hatte. Das haben wir natürlich nicht bekommen. Die anderen waren alle runtergewirtschaftet und beinahe Neubaupreise (und trotzdem nach ein paar Tagen weg). Das Problem ist dass die guten Häuser fast nie auf Immobilienportalen auftauchen sondern an jemand verkauft werden der jemand kennt der den Verkäufer kennt. Als Auswärtiger hast du da kaum eine Chance ranzukommen und ob das ein Makler wirklich erhöht...letztendlich hat der nämlich das Interesse mit möglichst wenig Aufwand das Haus schnell zu verkaufen, am besten noch mit Bieterverfahren.


    Und klar, in der Theorie wäre es am günstigsten bei jeder Besichtigung einen Experten mitzubringen. Problem ist halt dass das kaum praktikabel ist wenn viel Nachfrage besteht. Da bezahlst du 10 Mal einen Experten nur damit dann jemand anders den Zuschlag bekommt.


    Was ich euch als Empfehlung mitgeben kann ist die Hausaufgaben zu machen. Finanziellen Spielraum abklären, mit dem Arbeitgeber klären was "ich arbeite dann von 300km weg" konkret bedeutet und welche Präsenz im Büro er dann erwartet. Verstehen was bei Häusern in einem gewissen Alter an Reparaturen kommt, was diese in etwa kosten, was nötig ist und was Schönheitsreparaturen sind. Und dann muss man vermutlich einfach nur viel Zeit und Nerven investieren.