Rürup oder GRV?

  • Liebes Forum,


    ich habe eine Frage zu Rürup-Verträgen. Meine Frau ist selbstständig und hat sich dieses Jahr von der Versicherungspflicht in der GRV befreien lassen. Ihre (durch einen Finanzberater befeuerte) Annahme war, dass sie das Geld lieber privat in eine Basisrente investiert.


    Nun haben wir uns etliche Vertragsangebote für Rürup schicken lassen und mit 3 unterschiedlichen Beratern gesprochen, die jeweils unterschiedliche Produkte anpreisen. Und ich habe angefangen, mich intensiv in das Thema einzulesen.


    Danach war uns recht schnell klar, dass die Klassikpolicen gar keinen Sinn machen. Bei den fondsgebundenen Verträgen bin ich etwas erschrocken darüber, wie viel Geld die Versicherer sich in die Tasche stecken. Und wenn man einen günstigen Tarif mit weniger als 1% Effektivkosten sucht wird die Auswahl sehr schnell sehr klein.


    Bei der ganzen Recherche - und das wäre meine Frage an Euch - stelle ich mir aber zunehmend die Frage, ob es überhaupt Sinn macht, die GRV aus dem Vorsorgekonzept zu streichen. Meine aktuelle Annahme wäre, dass es uU am meisten Sinn macht, weiterhin freiwillig in die GRV einzuzahlen und überschüssiges Geld entweder in einen zusätzlichen ETF-Sparplan oder (steueroptimiert) in ein günstiges ETF-Rürup-Produkt zu stecken. Meine Frau ist aktuell übrigens 43 Jahre alt und will voraussichtlich bis zum 67 Lebensjahr arbeiten.


    Wie sieht Ihr das? Sind meine Gedankengänge halbwegs nachvollziehbar?


    Danke für Euer Feedback!

    Cador

  • Hallo.


    Eine gesunde Abwägung enthält alle Optionen.

    Die freiwillige Versicherung hat gewisse Konsequenzen (ggf. späterer Wegfall Anspruch auf Erwerbsminderungsrente/Reha,..), daher wäre weitere Beratung bei der DRV angesagt.


    Ggf. machen freiwillige Beiträge für nur einen begrenzten Zeitraum und anschließende Antragspflichtversicherung Sinn. (Fristen beachten.)


    Die Kombination mit ETF-Anlage klingt grundsätzlich vernünftig.

  • Wie ist die Dame krankenversichert? - wichtig wegen KVdR.


    Mindestbeiträge in die GRV.

    Nettotarif Rürup (Einzahlungen vor allem in guten Jahren in naher Zukunft)

    Private Altersvorsorge mittels ETFs.

    Eine Kombination davon dürfte finanztechnisch ganz in Ordnung sein.

  • Im Rürup ist das Geld völlig unflexibel gebunden. Nur die Verrentung ist möglich. Diese ist regelmäßig so kalkuliert, dass man über 90 werden muss, bis man sein Kapital wiedersieht. Der Steuervorteil wird oft überschätzt.

  • Im Rürup ist das Geld völlig unflexibel gebunden. Nur die Verrentung ist möglich. Diese ist regelmäßig so kalkuliert, dass man über 90 werden muss, bis man sein Kapital wiedersieht. Der Steuervorteil wird oft überschätzt.

    Im Gegenteil der Steuerstundungseffekt wird unterschätzt, deshalb der Hinweis in den nächsten paar guten Jahren einzuzahlen. Wenn ich heute 2500 Euro Steuern zurückbekomme und dafür 8000 Euro Steuern in 25 Jahren zahlen muss, würde ich den Deal jederzeit eingehen.


    Außerdem muss man sich auch immer bewusst sein, dass man hier etwas empfiehlt, wo die Leute 2 Klicks von Dummheiten entfernt sind. Siehe FOMO bei Wirecard.

  • Die Dame ist gesetzlich krankenversichert. Dass Rürup unflexibel ist, ist vollkommen klar. Und dass die garantierten Rentenfaktoren bei vielen Versicherern niedrig sind, ebenfalls. Die Nachteile hat die gesetzliche Rente aber auch. Im Kern geht es um die Frage ob es sinnvoll ist, die Einzahlungen in die gesetzliche Rentenkasse auf Rürup umzuschichten. Oder ob man es - allenfalls - als eine weitere Säule nutzen sollte.

  • Und noch eine weitere Frage: Wo finde ich die Nettotarife für die Rürup? Nur über einen Honorarberater? Oder kann ich diese direkt bei den Versicherern abschließen?


    Den gefühlt „perfekten“ Vertrag habe ich nicht gefunden. Bei der Europa sind die Kosten und der Rentenfaktor ok, dafür lässt die Fondsauswahl zu wünschen übrig. Bei der raisin.Pension fehlt mir irgendwie das Vertrauen in den Versicherungsanbieter. Und viele klassische Versicherer haben hohe Kosten und niedrige Rentenfaktoren.


    Laut Check24 verspricht die SwissLife sehr hohe mögliche Rentenzahlungen. Nach meinem Verständnis dadurch, dass sie auch in der Rentenphase das Geld weiter anlegen. Habe dazu aber noch keine genaue Zahlen gesehen.

  • Im Gegenteil der Steuerstundungseffekt wird unterschätzt.

    Wenn die Steuerstundung konsequent investiert wird, bin ich bei dir. Ich vermute aber, die Steuerstundung wird konsequent dem Konsum zugeführt.

    Wenn ich heute 2500 Euro Steuern zurückbekomme und dafür 8000 Euro Steuern in 25 Jahren zahlen muss, würde ich den Deal jederzeit eingehen.

    Wie rechnest du hier?


    Rürup wird oft mit dem Argument verkauft, "heute zahlen Sie 42% Steuern, in 40 Jahren zahlen Sie 15%, die Differenz ist Ihr Vorteil". In der Realität ist die Differenz oft einstellig, da die Leute heute 30+% zahlen und im Alter 20+%.


    Und dass die garantierten Rentenfaktoren bei vielen Versicherern niedrig sind, ebenfalls. Die Nachteile hat die gesetzliche Rente aber auch.

    Referat Janders was ist der Rentenfaktor der GRV? Ich wette mit 43 Altersjahren im Rürup ist er um die 20, heißt 42 Jahre Rentenempfang, bis das Kapital ausbezahlt ist.


    Cador

    Ich würde versuchen, einen guten Rürup zu finden mit Hilfe eines Honorarberaters. Wenn dies nicht zufrieden stellt, würde ich mir die GRV ansehen. 100% ETF Vorsorge wäre mir zu einseitig.


    Edit: Beitrag wurde zeitgleich mit den letzten von Cador geschrieben.

  • @chris2702

    Aktuell bei 44 für eine abschlagsfreie Rente.


    Vor Berücksichtigung von Steuern und Kranken-/Pflegeversicherung auf die Rente, Steuererstattung für die Einzahlung und künftigen Rentenanpassungen muss man die Rente knapp 220 Monate beziehen, um das Geld wieder drin zu haben.

  • Es spielt nicht nur eine Rolle, dass der progressive Steuersatz im Alter oft niedriger sein wird, sondern auch der Zeitwert des Geldes spielt eine Rolle. Der größte Effekt wird bei langer Laufzeit, Rendite oberhalb der Inflation und in Gutverdienerjahren erreicht (falls die Einkünfte der Selbständigkeit schwanken).


    Der Steuersatz dürfte bei der Dame, bei den angegebenen Daten im Alter tendenziell leicht niedriger sein, ceteris paribus (keine Änderungen).

  • Danke soweit. Wir werden zusammen veranlagt und zahlen den Spitzensteuersatz. Die Steuererleichterung könnten wir also im vollen Umfang mitnehmen.


    Bezogen auf die Rendite: Müsste nicht jedes Rürup-Produkt mit effektiven Kosten unter 1% und auf ETF-Basis die Inflationsrate toppen?


    Bezogen auf die Immobilie: Ist vorhanden. Ich schaue mir aktuell wirklich nur die DRV vs Rürup an und frage mich, was rentabler ist.

  • Müsste nicht jedes Rürup-Produkt mit effektiven Kosten unter 1% und auf ETF-Basis die Inflationsrate toppen?

    Erst musst du so ein Produkt finden, das gibt es sicher nicht oft, dann muss auch noch der Rentenfaktor stimmen, denn was bringt dir effizienter Vermögensaufbau, wenn du es erst mit 99 Jahren wiedersiehst? Du hast ja schon Angebote. Was sind denn da die Einmalkosten, lfd Kosten und der Rentenfaktor?

  • Was du dir wünschst ist klassisches ETF Sparen mit Steuerbegünstigung. Das gibt es nicht.

  • Erst musst du so ein Produkt finden, das gibt es sicher nicht oft, dann muss auch noch der Rentenfaktor stimmen, denn was bringt dir effizienter Vermögensaufbau, wenn du es erst mit 99 Jahren wiedersiehst? Du hast ja schon Angebote. Was sind denn da die Einmalkosten, lfd Kosten und der Rentenfaktor?

    Der Rentenfaktor ist ein sehr valider Punkt. Unter 1% landen nur Raisin und Europa (und evtl Nettopolicen, die liegen mir aber aktuell nicht vor). In der Region um 1,5% wird die Auswahl dann breiter.

  • Hi Cador,


    seid ihr an der Stelle weitergekommen? Bin in einer ähnlichen Situation (selbstständig, Spitzensteuersatz), aber wage es aktuell nicht mir einen Rürup ans Bein zu binden. Setze aktuell auf flexibles ETF-Sparen ohne Förderung.


    Hier gibt ein Rürup-Berater einen Vergleich mit der Europa

    https://www.michael-werlich.de…rs-ruerup-und-basisrente/


    Um welches Angebot es sich handelt, wird aber nicht im Blog Artikel genannt. Wichtiger Aspekt ist wohl die Möglichkeit auch in der Rentenphase noch teilinvestiert bleiben zu können. Und nicht zu Rentenbeginn das gesamte Kapital in Versicherung zur überführen. Ob ich meine Rentenerwartung an die potentielle Outperformance institutioneller Fonts knüpfen würde, wage ich zu bezweifeln.