Kostenlose Girokonten laut BaFin-Präseidentin nicht "wirtschaftlich"

  • Die scheidende BaFin-Präsidentin Elke König sagte in einem Interview: "Über Girokonten, Depots oder Kreditkarten zum Nulltarif mögen sich die Kunden freuen, wirtschaftlicher Logik entsprechen sie nicht." Weiterhin unterstrich sie, dass Deutschland mit solchen Angeboten eher die Ausnahme sei.


    Wo sie Recht hat, hat sie Recht. In Zeiten niedriger Zinsen war ja sogar schon von "Strafzinsen" die Rede. Aber: Vielerorts erheben Banken horrend hohe Gebühren, auch Buchungsgebühren fallen nicht gerade gering aus (zu diesem Thema gibt es nächste Woche ein BGH-Urteil). Viele kostenlose Girokonten sind deshalb ohne Gebühren, weil sie von Direktbanken kommen, die an Filialen und Personal sparen können.


    Ist diese Meinung gerechtfertigt? Sollten wir uns freuen, dass wir überhaupt solche Angebote haben? Oder sollte das ein Grundrecht sein?

  • Meines Wissens erwirtschaften die kostenlosen Direktbanken oftmals eine bessere Umsatzrendite als kostenträchtige Filialbanken.


    Einen Artikel, den ich hierzu googlen konnte ist dieser:
    http://pagewizz.com/alles-kost…ank-wie-rechnet-sich-das/


    Weiß jemand, ob eine Bank an Girokontoguthaben verdient?


    Ansonsten reizen die niedrigen Dispogebühren wohl zur Nutzung und auch die Visa Karten werden eher in Direktbanken genutzt als von Filialbanken und an denen verdienen Direktbanken ebenfalls.


    Eins ist sicher: Banker wollen nur unser Bestes --- unser Geld!

  • Ich glaube, das Verleihen ist eines der Probleme bei einem Bankrun: Die Bank verleiht das Geld der Kunden, um damit Geld zu verdienen, und kann es im Ernstfall nicht bereitstellen. Ein anderes Problem ist natürlich, dass man im Zweifelsfall gar nicht die Barreserven zur Austeilung hat.


    bessere Umsatzrendite


    Ob das hauptsächlich an der dynamischen Ausrichtung liegt? Oder den gesparten Kosten? Spannende Frage auf jeden Fall!

  • Weiß jemand, ob eine Bank an Girokontoguthaben verdient?


    @chris2702


    Na logisch verdient eine Bank an Girokontoguthaben! Wie sonst könnte sie denn Darlehen vergeben?


    Die Fristentransformation (auch Fristverlängerungsfunktion) ist eine von drei volkswirtschaftlichen Funktionen der Kreditinstitute. Daneben erfüllen sie noch die Losgrößen- und die Risikotransformation. Die Aufgabe der Institute besteht bei der Fristentransformation darin, formell kurzfristig angenommene Geldanlagen zu langfristigen Krediten umzuwandeln. Das ist eine der wesentlichen Aufgaben des Bankensystems. Diese Umwandlung formell kurzfristiger Geldanlagen zu langfristigen Krediten ist ihnen nur im Rahmen ihrer Erfahrungswerte aus den Einzahlungs- und Abhebegewohnheiten ihrer Geldanleger möglich.


    @Franziska hat das Problem des gefürchteten Bank-run richtig erkannt. Eines ist klar: würden heute alle Kunden gleichzeitig ihre Guthaben in bar ausgezahlt verlangen, würde das Bankensystem zusammenbrechen.


    Das ganze Kreditwesen funktioniert nur, weil auch Girokonten mit Guthaben existieren und weil die Bank aus Erfahrung weiß, dass niemals alle Kunden gleichzeitig Ihre Guthaben abheben wollen.


    Das hat doch seinerzeit Kanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück im Herbst 2008 zu der Aussage veranlasst, "die Spareinlagen in Deutschland sind sicher" - dafür steht die Bundesregierung ein.


    Das ist natürlich Politiker-bla-bla. Die Bundesregierung wäre hilflos, wenn alle Gläubiger der Banken gleichzeitig ihre Guthaben verlangen würden. Allerdings musste sie das Volk beruhigen ja nicht auf die Idee zu kommen, es tatsächlich zu versuchen. Sonst hätte es bei uns wie in Zypern oder auf Island lange Schlangen von enttäuschten Menschen vor den Bankschaltern gegeben.


    Grundsätzlich ist jedoch - das will ich klar sagen - gegen dieses System nichts einzuwenden!


    Es geht in einer modernen und hochindustriealisierten Volkswirtschaft nicht ohne einen entsprechend eingerichteten leistungsfähigen Bankensektor.


    Ohne Guthabens- und Darlehensbeziehungen wäre Wirtschaften extrem schwierig und wir würden uns alle auf Steinzeit-Niveau bewegen. Schon im Mittelalter mit dem Aufkommen des internationalen Handels gab es Darlehensbeziehungen in ganz Europa. Damals ist die Familie Fugger aus Augsburg schwer reich geworden mit Bankgeschäften.


    Im Hinblick auf die Gebührenpolitik der Banken muss ich sagen, dass ich Gebühren gerne zahle, wenn die Leistung stimmt. Andererseits ist es für uns Verbraucher gut, wenn Wettbewerb herrscht und dieser dazu führt, dass Gebühren sinken oder gar kostenfreie Leistungen angeboten werden.


    Fakt ist, dass Deutschland im internationalen Vergleich "overbanked" ist. D.h. es gibt viel zu viele Banken hierzulande.
    Die Folge ist das "Filialsterben". Viele Banken haben ja inzwischen erkannt, dass sie mit den teuren Filialen kein Geld mehr verdienen und dementsprechend ihr Netz ausgedünnt. Dieser Prozess wird sich fortsetzen.


    Aber erst wenn alle Banken keine Filialen mehr betreiben, haben die Direktbanken keinen Kostenvorteil mehr.
    Und das wird wohl noch viele Jahre dauern...


    Also können wir in der Zwischenzeit vom Wettbewerb profitieren und kostengünstige oder kostenfreie Direktbanken nutzen.

  • Ich habe heute früh noch einen Artikel zum Thema gelesen. Darin wird erläutert, dass gerade die Volksbanken und Sparkassen anders als große Banken wie die Deutsche Bank ihre Ausgaben im Privatgeschäft gerade so mit den Einnahmen aus dem Firmengeschäft ausbalancieren können. Die Niedrigzinsen, so die These, erschweren besonders diesen Banken das Geschäft.


    Daher würden auch in der Zukunft weniger Filialen bereitgestellt werden können - also genau, was Du gesagt hast, muc. Für die "Oma auf dem Dorf" tut mir das sehr leid, aber durch den Wettbewerb haben wir ja gerade so schöne Konditionen.


  • Viele kostenlose Girokonten sind deshalb ohne Gebühren, weil sie von Direktbanken kommen, die an Filialen und Personal sparen können.


    Ist diese Meinung gerechtfertigt? Sollten wir uns freuen, dass wir überhaupt solche Angebote haben? Oder sollte das ein Grundrecht sein?


    Natürlich kann es kein Grundrecht auf eine privatwirtschaftlich organisierte Kostenlos-Dienstleistung geben. Ich finde selbst die Auflage, P-Konten zu denselben Konditionen wie 'normale' Girokonten zu führen, grenzwertig, denn selbstverständlich verursachen P-Konten einen höheren Aufwand für die Banken (zudem ohne Aussicht, von dem P-Konto-Kunden über andere Produkte finanziell zu profitieren und diesen Aufwand quasi als Quersubvention zurückzuholen). Wenn es solche günstigen Angebote allerdings gibt, so kann ein kostenbewusster Kunde sie auch ohne schlechtes Gewissen, seine Bank in den Ruin zu treiben, nutzen. In einem gesättigten Markt mit vielen konkurrierenden Anbietern wird es immer Versuche geben, dem Konkurrenten Marktanteile über Preisdumping abzujagen. Da gerade der deutsche Kunde sehr preisbewusst entscheidet, ist hierzulande auch der Bankensektor für den Privatkunden extrem günstig. Die Existenz von Direktbanken kann dabei nicht der alleinige Grund sein, die gibt es in vielen Ländern, doch nur hier haben sie einen so nachhaltigen Effekt auf die Preisgestaltung des gesamten Sektors.


    Isoliert betrachtet ist die kostenfreie Führung eines Girokonten mit einer kostenlosen Girocard und einer kostenlosen Kreditkarte und evtl. weiteren 'Goodies' defizitär für die Bank, denn trotz schlanker Kostenstruktur bei effizient gestalteten automatisierten Abläufen verursacht der Girokunde Kosten, die sich die Bank über andere Wege zurückholen muss. Offensichtlich gelingt den meisten Direktbanken dies so gut, dass sich diese Angebote insgesamt rechnen. Dabei sind es nicht allein direkt mit der Nutzung des Girokontos zusammenhängende Erträge wie Nutzung der unverzinsten Girokontoguthaben oder Provisionen von Kreditkartenfirmen, die Erträge für die Bank einbringen. Das kostenlose Girokonto ist der 'Türöffner' für die Bank (ähnlich wie die kostengünstige KFZ-Versicherung im Versicherungsmarkt, die oft - isoliert betrachtet - für den Versicherer ebenfalls ein Zuschussgeschäft ist), um weiteres Geschäft mit dem Kunden zu machen. Offenbar besteht bei vielen Kunden der Wunsch, 'alles aus einer Hand' zu bekommen, so dass es lohnend ist, mit einem attraktiven Produkt den Fuß in die (virtuelle) Tür zu bekommen, wozu sich das Girokonto besonders eignet, da es jedermann braucht. Kunden wie ich, die Produkte bei vielen Banken nutzen und eine Art 'Rosinenpickerei' betreiben, scheinen selten zu sein, worüber ich mich letztlich sogar freuen sollte, da nur dadurch isoliert betrachtet defizitäre Angebote auf längere Sicht existieren können.