Trade Republic will Auskünfte aus „geldwäscherechtlichen Gründen“

  • Hallo Forum,


    Vor ein paar Wochen bin ich über die Empfehlung von Finanztip zu günstigen Depot-Anbietern auf Trade Republic gestossen und habe mich dort angemeldet. Ich fand es anfangs gewöhnungsbedürftig sämtliche Geschäfte allein über eine App abwickeln zu müssen, aber die niedrigen Gebühren beim Handel mit Papieren sind schon unschlagbar.

    Da ich hauptsächlich eine Altersvorsorge über ETFs aufbauen will, habe ich also in mehreren Tranchen Geld an mein Depot bei TR, bzw. das Verrechnungskonto überwiesen. Der letzte Batzen waren 10.000€, was aber nicht die grösste bisherige Überweisung war. Das Geld ist aber nicht angekommen, und heute bekam ich eine Email von TR, die ich zunächst für einen plumpen Phishing Versuch meiner Daten hielt, aber wohl ernst gemeint ist. Hier der Text:


    Trade Republic Team (Trade Republic Germany)

    11 Nov 2021, 12:09 CET

    Hallo,

    vielen Dank für Deine Einzahlung auf Dein Trade Republic Verrechnungskonto.

    Aufgrund der Höhe Deines eingezahlten Guthabens sind wir aus regulatorischen, insbesondere geldwäscherechtlichen Gründen dazu verpflichtet, zusätzliche Informationen von Dir einzuholen.

    Bitte beantworte mir die folgenden vier Fragen direkt in dieser E-Mail:

    1. Seit wie vielen Jahren bist Du erwerbstätig?

    2. Welche Tätigkeit übst Du aktuell aus?

    3. In welcher Branche bist Du aktuell tätig?

    4. Wie hoch ist Dein jährliches Durchschnittsbruttoeinkommen der letzten drei Jahren?

    • < 50.000 EUR

    • 50.000 - 75.000 EUR

    • 75.000 - 100.000 EUR

    • 100.000 - 150.000 EUR

    • 150.000 - 300.000 EUR

    • 300.000 - 500.000 EUR

    • > 500.000 EUR

    Nach der erfolgreichen Überprüfung Deiner Angaben wird die Gutschrift Deiner Einzahlung umgehend veranlasst. Bitte beachte, dass die Prüfung mehrere Bankarbeitstage in Anspruch nehmen kann. Ich bearbeite Deine Einzahlung so schnell wie möglich.

    Bei weiteren Fragen antworte mir gerne auf diese E-Mail, oder wirf einen Blick in unser Help Center.

    Viele Grüße

    Trade Republic Team


    Meinen die das wirklich ernst? Ich soll denen per Email mehr oder minder vertrauliche Antworten zu meinem Beruf und meinen Einkünften geben? Und wie bitte soll dann die Überprüfung stattfinden? Welche gesetzliche Grundlage gibt es dafür und zu welchen Auskünften bin ich da tatsächlich verpflichtet? Hat jemand von euch auch mal sowas bekommen?

  • Da hat vor kurzem jemand anderes ein Thread zum selben Thema (vom selben Broker?) geschrieben:

    Geldwäsche, Bank will Auskünfte


    Stichworte sind GWG und KYC. Gesetzliche Grundlagen sind Vorhanden und dadurch der Grund für diese Fragen.

    Du kannst ja gern bei TR nachfragen, ob es einen sicheren Kommunikationskanal gibt, um diese Fragen zu beantworten.


    PS: Das sind Fragen, die man eigentlich bei vielen Banken im Rahmen der Kontoeröffnung eh beantworten muss.

  • Ja, den anderen thread habe ich dann auch gesehen.


    Mir geht es ja weniger um den sicheren Kanal als um die Frage, ob es den Broker was angeht, wieviel ich womit verdiene. Ich habe schon relativ viele Konten aufgemacht, hauptsächlich Tagesgeldkonten, und natürlich muss man immer unterschreiben, dass man auf eigene Rechnung und nicht für Dritte handelt etc. Aber ich musste noch nie angeben, wieviel ich womit seit welcher Zeit verdiene. Selbst wenn ich mich weniger anstellen würde und alle Fragen beantworte, was soll das bringen ohne weitere Belege? Muss ich dann einen Lohnbescheid beibringen oder meine Steuerbescheide der letzten 3 Jahre? Wenn TR schreibt, dass sie das dann prüfen, was ist damit gemeint? Wird einfach nach dem Motto verfahren: wenn er <50k€ Jahreseinkommen hat, kann er es sich unmöglich leisten und muss ein Geldwäscher sein, und wenn er >500k€ ankreuzt, sind das ja Peanuts für ihn, also geht das in Ordnung. Scheint mir so sinnbefreit zu sein ohne Überprüfbarkeit.

  • Scheint mir so sinnbefreit zu sein ohne Überprüfbarkeit.

    Nur weil eine Sache für Dich betrachtet keinen Sinn ergeben mag, mag es für TR durchaus einen Sinn ergeben. TR (und andere Banken/Broker) muss auf Grund der geltenden Gesetze auf den Verdacht der Geldwäsche prüfen.

    Dabei werden sicherlich zum einen bestimmte Verdachtsmomente gemäß eines Algorithmus geprüft und mit ziemlicher Sicherheit auch einfach Stichprobenprüfungen durchgeführt.

    So nach dem Motto, es muss bei x% aller Kunden nachgefragt werden, damit der Broker seiner 'Sorgfaltspflicht' nachgekommen ist.

    Und nein, TR muss Deine Angaben ja gar nicht prüfen können. Es reicht schon, dass Du diese Angaben gemacht hast.

    Schon mal daran gedacht, dass die erhebende Stelle diese Angaben möglicherweise weitergibt (z.B. an das Finanzamt).

    Diese Stelle kann dann möglicherweise schon prüfen, ob Deine Angaben auf Grund Deiner Steuerunterlagen 'schlüssig' sind.


    BTW: Der Zoll fragt einen an der Grenze ja auch mal, ob man etwas zu verzollen hat oder größere Mengen Bargeld einführt. Es wird anschließend ja auch nicht jeder kontrolliert, der die Frage mit Nein beantwortet hat.;)

    Nur, wenn Du dann kontrolliert wirst und bei der Frage falsche Angaben gemacht hast, wird die Strafe höher, da Dir ein Vorsatz unterstellt wird.

  • Schon mal daran gedacht, dass die erhebende Stelle diese Angaben möglicherweise weitergibt (z.B. an das Finanzamt).

    Theoretisch müssten sie das ja sowieso, sobald man Kapitalerträge hat, die von einem Freistellungsauftrag betroffen sind. Und um das mal klarzustellen, bin ich kein Geldwäscher und meine Ersparnisse sind hart erarbeitet ? Ich kann ja sowieso keine Bargeldeinzahlungen vornehmen, und Überweisungen vom/zum TR-Konto laufen ausschliesslich über ein einzelnes Referenzkonto. Jeder Cent ist also nachvollziehbar. Wenn es also eine gesetzliche Regelung aka GWG gibt, hätte ich erwartet, dass die prüfenden Stellen auch Zugriff auf meine Bank- und Steuerdaten haben und nicht auf meine Angaben angewiesen sind.

    Offensichtlich bin ich zu old school, um es normal zu finden, dass ich von einer nicht näher spezifizierten Stelle („Trade Repuplic Team“) ohne konkrete Hinweise auf die genauen Rechtsgrundlagen („aus regulatorischen, insbesondere geldwäscherechtlichen Gründen“), geschweige denn die dafür geltenden Datenschutzbestimmungen aufgefordert werde, meine privaten Verhältnisse offenzulegen? Wer nichts zu verbergen hat, braucht auch keine Grundrechte, oder wie? Also helfe ich den Jungs doch mal, ein ordentliches Persönlichkeitsprofil anzulegen, das sie zusammen mit meinem Anlegeverhalten gewinnbringend verhökern können. Bin ich wirklich nur paranoid?

  • Also helfe ich den Jungs doch mal, ein ordentliches Persönlichkeitsprofil anzulegen, das sie zusammen mit meinem Anlegeverhalten gewinnbringend verhökern können. Bin ich wirklich nur paranoid?

    Auch das ist durchaus möglich.;)

    Wer (außer einem Anwalt) kennt schon die genauen Vorgaben/Daten, die für die Erfassung gemäß GWG wirklich erforderlich sind?

    Evtl. könnte man bei der Verbraucherzentrale nachfragen, welche Angaben gemäß GWG gegenüber der Bank/Broker gemacht werden müssen.


    Ich finde es z.B. sehr befremdlich, dass ich heutzutage in vielen Lokalitäten meine persönlichen Daten zum Zwecke der 'Kontaktverfolgung' angeben soll (Name, Anschrift, Telefonnummer). Teilweise auf Listen, die von Jedem anderen Gast nach mir eingesehen werden können.=O

    Grundsätzlich würde ja allein die Telefonnummer vollkommen ausreichend sein um mich im Falle des Falles über einen möglichen Kontakt mit einer Corona-Positiv-Person zu informieren. Zumal die eingetragenen Daten ja eh niemand in den Lokalen kontrolliert. Aber da bin ich wohl auch zu Paranoid. :/


    Bleibt die Frage, was passiert, wenn man bei der Befragung nach GWG bewusst falsche Angaben macht bzw. explizit darauf hinweist, dass man bestimmte Angaben nicht beantwortet, weil Sie die Bank/Broker schlichtweg nix angehen.

  • Auch das ist durchaus möglich. ;)

    Tatsächlich befürchte ich das schon länger ^^ Darauf deutet auch, dass ich noch immer nicht müde geworden bin, jedesmal alle Optionen in den Cookie-Einstellungen wegzuknipsen. Wieviel Lebenszeit ich darauf schon verschwendet habe, will ich gar nicht nachrechnen X/


    Wer (außer einem Anwalt) kennt schon die genauen Vorgaben/Daten, die für die Erfassung gemäß GWG wirklich erforderlich sind?

    Zugegebenermaßen lege ich ja auch nicht wirklich Wert darauf, mir hunderte Seiten von Kleingedrucktem durchzulesen, aber so flapsig finde ich es auch wieder nicht ok. „Eyh Alter, schieb mal eben deine privaten Daten rüber, weisst schon, wegen Geldwäsche und so. Wir halten deine Kohle übrigens mal zurück, bis wir ne echt völlig krass freiwillige Antwort von dir kriegen“.


    Bleibt die Frage, was passiert, wenn man bei der Befragung nach GWG bewusst falsche Angaben macht bzw. explizit darauf hinweist, dass man bestimmte Angaben nicht beantwortet, weil Sie die Bank/Broker schlichtweg nix angehen.

    Tja, ist halt immer die Frage, wo man seine persönliche Schmerzgrenze zieht. Wenn sie mir dann kündigen wollen, bringt mich das zwar nicht um, aber es bringt mich auch nicht weiter. Hätte mich jetzt nur interessiert, wie andere Leute mit diesem „Problem“ umgehen.

  • Musst du dir leider gefallen lassen. Und auch, wenn ich das ganze mit der Geldwäsche manchmal als ein wenig "vorgeschoben" empfinde, ist es ja ganz grundsätzlich etwas gutes, dass diese Kontrollen durchgeführt werden müssen.

  • ... ist es ja ganz grundsätzlich etwas gutes, dass diese Kontrollen durchgeführt werden müssen

    Grundsätzlich ja, aber ob ich mit meiner 10k€ Überweisung wirklich das richtige Target bin, bezweifle ich. Geldwäscher kaufen Immobilien oder Ferraris in bar, dachte ich. Und ob es der richtige Weg ist, die Banken/Broker damit zu beauftragen, ihre Kunden zu durchleuchten, weiß ich auch nicht. Das sollten gefühlt "hoheitliche" Aufgaben sein, die man nicht an Unternehmen delegiert (womit wir wieder bei der Kontaktverfolgung im Gastgewerbe sind). Andererseits konnte mich die Bafin bei der Wirecard-Geschichte auch nicht wirklich überzeugen. Scheint ein Dilemma zu sein :S


    Jedenfalls habe ich vorhin widerwillig und spartanisch auf die Mail geantwortet, nach 2 Minuten eine Antwort bekommen, und 3 Minuten später war das Geld auf meinem TR-Konto. Sieht also ganz nach einer Feigenblatt-Aktion aus, denn so schnell kann man mal gar nichts überprüfen. Ich versuche, mir das als unbürokratische Serviceleistung schönzureden, aber das schale Gefühl, als Tiger angetreten und als Bettvorleger geendet zu sein, bleibt irgendwie :/:(