Thesaurierender ETF - Steuern bei Verkauf nach 10+ Jahren?

  • Hallo Forum,


    ich bin neu und habe eine allgemeine Frage zur Besteuerung von ETFs beim Verkauf.


    Ich möchte demnächst mit einem für meine Verhältnisse großen Betrag bei einem ETF einsteigen. Ich habe mich aus diversen Gründen für den iShares Core MSCI World UCITS entschieden. Dies ist ja ein thesaurierender Fond, und falls nichts Dramatisches passiert, will ich das Geld für einen längeren Zeitraum (10 Jahre oder noch etwas länger) liegen lassen. Ich möchte außerdem per Sparplan monatlich weiter zufüttern.


    Ich habe verstanden, dass das Finanzamt hier bei positiver Entwicklung jährlich (Vorabpauschale) zugreift. Meine Frage betrifft den Verkauf.


    Nehmen wir mal an, die jetzigen steuerlichen Regeln in Deutschland bleiben bis auf weiteres, wie sie jetzt sind, mit 30 % Teilfreistellung. Wenn ich, sagen wir, …


    - heute 100.000 € anlege und


    - per Zufüttern (Sparplan) und erhoffter positiver Entwicklung daraus bis zum Jahr 2032 zum Beispiel 300.0000 € Euro geworden sind, und


    - ich verkaufe den Fond dann (um anders anzulegen und/oder Teilbeträge zu verzehren) – in welcher Höhe fallen bei diesem Verkauf Steuern an?


    Nach Teilfreistellung auf 70 % von 200.000 € Zuwachs = 140.000 €, also roundabout 35.000 € Steuern?


    Und macht es für das Finanzamt eigentlich irgendeinen Unterschied, ob ich das Geld z.B. verjuxe oder sofort in einen anderen Fond anlege? :)


    Danke!

  • Ich habe verstanden, dass das Finanzamt hier bei positiver Entwicklung jährlich (Vorabpauschale) zugreift.

    Google mal, wie hoch derzeit die Vorabpauschale ist ;)


    - ich verkaufe den Fond dann (um anders anzulegen und/oder Teilbeträge zu verzehren) – in welcher Höhe fallen bei diesem Verkauf Steuern an?

    Du solltest dich einmal mit dem sog. Rollen befassen, um Freibeträge in der Ansparphase (bei Sparplänen...) bzw. der Phase vor der Entnahmephase zu nutzen.

    Ferner solltest du dir einmal Entnahmepläne ansehen...

  • Hallo,

    die Berechnung ist soweit richtig. Was du mit dem Geld machst, ist dem Finanzamt egal.


    Du kannst aber jedes Jahr 801 Euro steuerpflichtige Erträge steuerfrei umschichten, was dann von den 35tEuro runter geht. Wenn du im Verkaufsjahr keine weiteren Einkünfte hast, sparst du noch einiges mehr. Bis 9700 + 801 + Sozialversicherung hast du dann frei.

  • Hallo Peleron , willkommen im FT Forum,

    Du zahlst nur auf Gewinne Steuern

    30% dieser Gewinne sind Steuerfrei

    Die anderen 70% werden versteuert, hinzu kommt Soli und gegebenenfalls Kirchensteuer.

    Versteuert wird immer in der Reihenfolge der Einzahlung, also 1. Einzahlung mit wahrscheinlich höchsten Gewinn wird zuerst versteuert.

  • Du kannst aber jedes Jahr 801 Euro steuerpflichtige Erträge steuerfrei umschichten, was dann von den 35tEuro runter geht. Wenn du im Verkaufsjahr keine weiteren Einkünfte hast, sparst du noch einiges mehr. Bis 9700 + 801 + Sozialversicherung hast du dann frei.

    Danke! Das entspricht grob dem, was mein Steuerberater mir bei einem kurzen Vorabgespräch gesagt hat; der Aspekt „Umschichtung“ war mir aber vom Radar gerutscht.


    Ich gehe davon aus, dass ich noch 10-12 Jahre steuerpflichtig arbeite, mein Geld liegen/wachsen lasse und danach von der Rendite und/oder Verzehr des Fonds lebe. Das wird also ein scharfer Spurwechsel, und obwohl natürlich niemand weiß, wie viel der ETF langfristig/zukünftig bringt, brauche ich eine Idee, wie viel Papa Staat sich voraussichtlich genehmigt, bevor ich mit dem Rest Miete, Heizung und Chappi zahlen kann … ?

  • Ergänzend: die 26,375% können unterboten werden, sofern der persönliche Steuersatz niedriger liegt (sog. Günstigerprüfung in der Steuererklärung). Je nachdem was im Alter sonst so reinkommt könnte das eine Chance sein.


    Ferner mal das Thema zeitliche Staffelung der Anlagevehikel ins Auge fassen, banal: nach zwei Jahren den nächsten ETF auf den MSCI World nehmen und besparen usw. Das hat den Effekt wie in #4 angedeutet, dass Du dann mit dem Verkauf mit dem ETF beginnen kannst, auf dem der geringste Gewinn liegt. Damit ist der Steuerabschlag geringer, d.h. das Kapital, das weiter Rendite bringt, bleibt höher und damit auch die absolute Rendite.

  • Danke allerseits! Das ist sehr hilfreich, denn da ich als Selbstständiger keine Ansprüche an die gesetzliche Rentenversicherung habe und viel zu spät in das Thema Altersvorsorge eingestiegen bin, muss ich meine Jetons jetzt schlau platzieren. Natürlich weiß keiner, welche Begehrlichkeiten das Finanzamt im Jahr 2033 haben wird, aber jetzt habe ich eine Vorstellung, was da kommt.

  • ... da ich als Selbstständiger keine Ansprüche an die gesetzliche Rentenversicherung habe und viel zu spät in das Thema Altersvorsorge eingestiegen bin...

    Ach du Sch... !

    Dann abseits der Steuerfrage mal in Kurzform etwas zu einem praktikablen Entnahmeplan...


    Aus dem Depot kannst du etwa 4% pro Jahr entnehmen, bei 300.000 also 12.000. Die 12.000 sind brutto (vor Steuern).

    3 bis 5 Jahre vor dem "Rentenbeginn" entnimmst du scheibchenweise 3 bis 5 Jahresrenten (brutto), falls du bis dahin (noch) keine Cash-Reserve in etwa der Höhe von 3 bis 5 Jahrenrenten gebildet hast.

    Die Entnahmen macht man übrigens (zeitlich) davon abhängig, ob die Kurse "günstig" stehen.

    Fürs erste "Rentenjahr" ziehst du also 12.000 brutto in Betracht, netto entsprechend der bereits erfolgten Versteuerung von realisiserten Gewinnen und der dann aktuellen Versteuerung eben weniger. Angenommen, du müsstest noch rund 20% an die §nimmersatten Steuerverschwender" abdrücken, dann musst/kannst du mit monatlich umgerechnet rund 830 Öcken kräftig auf die Ka..e hauen.

    Im zweiten "Rentenjahr" erhöhst du deine Rente um - sagen wir - 3%, also auf umgerechnet rund 854... und so weiter.

    Mit einem solchen Modell kannst du für den Fall, dass die Renditen von dem noch unangetasteten Depotvermögen bei durchschnittlichen 7% liegen, steinalt und älter werden, ohne dass das Depot bei Null landet.


    Ich hoffe, diese Perspektive beruhigt insoweit, wie sie auch ernüchtert.

    Vielleicht wird's Zeit auch darüber nachzudenken, wie du als erfolgreicher Selbständiger "schnell" noch mal 'ne Mio auf die Seite bringst, bevor du auf die Seite der "Privatiers" wechselst ;)

  • Ich gehe davon aus, dass ich noch 10-12 Jahre steuerpflichtig arbeite, mein Geld liegen/wachsen lasse und danach von der Rendite und/oder Verzehr des Fonds lebe.

    Dann brauchst du aber nicht unbedingt in 10 Jahren alles auf einmal verkaufen und versteuern. Sondern nur soviel, wie du gerade zum Leben im Monat brauchst. Denn die 10t€ + x Freibeträge stehen dir jedes Jahr aufs neue zur Verfügung.

  • Ach du Sch... !


    [langer, hilfreicher Beitrag]


    Ich hoffe, diese Perspektive beruhigt insoweit, wie sie auch ernüchtert.

    Danke fürs Sorgen und Mitdenken (im Ernst). ?


    Und ja – mit 300.000 € zum „Rentenbeginn“ sähe es bei der 4%-Regel nicht so prickelnd aus. Aber das war erst mal nur als Rechenbeispiel wegen der Steuerfrage gedacht.


    Ich starte jetzt mit 100.000 €, dann kommen voraussichtlich in diesem Jahr 50.000 € und in den nächsten Jahren aus einem Erbe (Bar und Verkauf einer Immobilie) noch mal 450.000 bis 500.000 €, die in den ETF sollen/können. Damit sammer schon bei 650.000 € plus dem, was ich jedes Jahr noch zulegen kann.


    Wenn 1. ich jetzt als Selbstständiger noch mal ordentlich auf die Tube drücke und 2. der ETF gut läuft, kommt die Million zumindest in Reichweite. Ich weiß, dass das nicht mehr dasselbe bedeutet wie vor 20 Jahren, aber es ist deutlich besser als nix. ?


    Die sich gerade jetzt immer deutlicher abzeichnenden Risiken sind natürlich Inflation und steigende Lebenshaltungskosten in Deutschland (Miete, Energie). Auf der Haben-Seite bin ich gesund, schuldenfrei, mobil und habe unternehmerisch noch ein paar Patronen im Revolver. Insofern bin ich verhalten optimistisch.


    Danke nochmals an alle.


  • Falls es aus den anderen Antworten noch nicht ganz klar ist: Diese Rechnung ist so nicht richtig. In dem Beispiel setzen sich die 200.000 Zuwachs ja aus weiteren Einzahlungen in den Sparplan und Kursgewinnen zusammen. Steuern fallen aber nur auf die Kursgewinne und nicht auf die Einzahlungen an.

  • Wer als DM-Millionär heute kein Euro-Millionär ist, hat irgendwas falsch gemacht.

    Das dürfte so stimmen. ? Was ich wohl sagen wollte: Als der Euro eingeführt wurde, hätte ich als kleiner Selbstständiger keinen Pfennig / Cent zurücklegen können; schwierige Zeit. Aber „eine Million“ war damals etwas nahezu Magisches, eine Kennzahl für Leute, die „es geschafft hatten“. Heute sitzt manch einer in einem Haus dieses Wertes (in €) und rauft sich trotzdem die Haare ob hoher Energiepreise usw. Mehrere von mir geschätzte Menschen haben sinngemäß gesagt, dass, wenn man von Kapitalerträgen in einer Großstadt leben will und kein Händchen / keine Nerven für riskante Investitionen hat, die „Mio“ eher Untergrenze ist.

  • ... die „Mio“ eher Untergrenze ist.

    Es kommt nicht von ungefähr, dass man bei den Millionären, die ein geringeres Vermögen als 1,5 Mio haben (ohne Wohneigentum), von den 'armen Millionären' spricht.

    Aus 1m ziehst du roundabout 2.500 netto im Monat, wovon man durchaus leben kann. Mit offener Hose rumlaufen ist da aber noch nicht drin ;)