sofortiges Krankenkassenwahlrecht Jahresarbeitsentgeltgrenze

  • Hallo liebe Community,


    ich habe in der letzten Ausgabe des Finanztip Newsletter gelesen, dass man die Krankenkasse ohne Kündigungsfrist wechseln kann, wenn man die Jahresarbeitsentgeltgrenze über- oder unterschreitet und dadurch vom Pflichtmitglied zum freiwilligen Mitglied wird.


    Weiter heisst es:

    "Nachdem der Umstand eingetreten ist, der Dein sofortiges Wechselrecht auslöst, hast Du 14 Tage Zeit, Dich bei einer neuen Kasse anzumelden."


    Ich habe im Januar mit meinem Chef eine Gehalterhöhung ausgehandelt, durch die ich im Kalenderjahr 2022 über die Jahresarbeitsentgeltgrenze von 64.350,- EUR kommen werde.


    Kann mir jemand sagen, ab wann der "Umstand" offiziell eintritt, welcher mir einen Krankenkassenwechsel ermöglicht und ab welchem Tag genau die 14-tägige Frist läuft? Ist das ab dem Tag im Kalenderjahr 2022 der Fall, an dem ich durch die Gehaltszahlung die Grenze von 64.350,- EUR überschreite?


    Schonmal vielen Dank und beste Grüsse aus Hamburg

    SL

  • Besteht für den Arbeitnehmer zunächst Versicherungspflicht, weil die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht überschritten wird, endet diese – im Falle der Entgelterhöhung – mit Ablauf des Kalenderjahres des Überschreitens, vorausgesetzt, dass das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt auch die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt (§ 6 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB V).


    In deinem Fall endet die Pflichtmitgliedschaft frühestens am 31.12.2022 - jedoch eben nur, wenn du auch über der dann 2023 gültigen JAEG liegst.


    Wie lang bist du denn schon Mitglied in deiner Krankenkasse? Mind. 12 Monate? Dann mach doch einfach so den Wechsel mit Kündigungsfrist.

  • Vielen Dank für die aufschlussreiche Antwort!


    Ich bin länger als 12 Monate Mitglied, jedoch habe ich ärgerlicherweise einen Wahltarif abgeschlossen, der mir vor gut einem Jahr "verkauft" wurde (von Beratung kann da keine Rede sein). Und dieser Knebeltarif fesselt mich 3 Jahre an die Krankenkasse (noch bis 31.03.2024). Jetzt wollte ich wechseln und habe zufällig diese Klausel im Wahltarif entdeckt. Tja, hätte ich mir die Konditionen vorher genauer durchgelesen. Ich hatte aber auch nicht erwartet, dass sowas rechtlich überhaupt möglich ist, zumal die Wechselfrist ja sogar von 18 auf 12 Monate weiter reduziert wurde.


    Wahrscheinlich wird die JAEG für 2023 nicht überproportional ansteigen, daher sollte ich vermutlich dann auch diese Hürde überspringen können.


    Hieße also, die Frist würde am 01.01.2023 beginnen und dann hätte ich bis zum 14.01.2023 Zeit zu wechseln?


    Wer weiss, ob die KK nicht eh den Beitragssatz zum Jahr 2023 erhöht, dann hätte ich ja sowieso ein Sonderkündigungsrecht.


    Viele Grüsse aus Hamburg

  • Alle Grenzen werden 2023 stark steigen. Die Pandemie will durch hohe Inflation bezahlt werden.


    Selbst die Rente wird stark steigen. Am Kurzarbeitergeld kann das nicht liegen.

    Lass keinen zwischen Dich und Dein Geld.

  • Äh, Grundlagen für diese Meinung?

    Ich gehe mal davon aus, dass die Lohn-Preis-Spirale dahinter steckt. Man kann die derzeitigen Inflationswerte unterschiedlich werten. Wenn man die Energie außen vor lässt war die Rate im Januar 3,2%, die Steigerung der Energiekosten wird auch nicht wieder weggehen. Das kann nicht ohne Auswirkung auf die Tarifrunden bleiben und in der Folge natürlich auch für andere Grenzen.


    Bei Interesse mal bei Eurostat mit den Zahlen spielen

    Überblick https://ec.europa.eu/eurostat/…e_and_its_main_components

    Details https://ec.europa.eu/eurostat/…tom_2083708/default/table -> Da wo rechts Gesamt-HVPI steht kann man sich die Details anzeigen lassen, u.a. Gesamt-HVPI ohne Energie

  • Ja, dann gilt natürlich die besondere Bindungsfrist des Wahltarifs. Um welchen Wahltarif (wird ja eigentlich ein Selbstbehalt-Wahltarif sein?) und welche Krankenkasse geht es denn? Wie hast du deine Wahlerklärung abgegeben? Gab es was von der Krankenkasse, was du unterschrieben hast? Rechtlich ist da alles sauber, das SGB V verpflichtet die Krankenkassen sogar dazu, bestimmte Wahltarife anzubieten...


    Nein, du hast länger Zeit zu wechseln. Wenn die Versicherungspflicht am 31.12.2022 endet, hast du nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V drei Monate Zeit, da du den Beitritt zur neuen Krankenkasse nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V anzeigst.


    Zusatzbeitragsatzerhöhung kann sein, muss aber nicht. Hängt natürlich von vielen Faktoren ab, vor allem auch von der Höhe des Bundeszuschusses...


    Zur Festsetzung der JAEG: Die Jahresarbeitsentgeltgrenze ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 SGB VI) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 SGB VI fest.