Mieteinnahmen beim Zugewinnausgleich

  • Hallo Zusammen,


    mein Mann und ich haben uns kürzlich (im Guten) getrennt und wollen jetzt, bevor wir einen Anwalt einschalten und die Scheidung in Angriff nehmen, schon mal gemeinsam überlegen wie wir die finanzielle Auseinandersetzung handhaben wollen. Uns ist beiden wichtig, dass das ganze nicht im Rosenkrieg endet. Damit wir eine solide Basis für unser Gespräch haben, wollte ich mir hier ein paar Informationen zum rechtlichen Rahmen einer solchen Vermögensauseinandersetzung erfragen. Dass das natürlich keinen Gang zum Anwalt ersetzt ist mir dabei bewusst.

    Insbesondere geht es mir darum, wie geerbte Wohnungen im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen sind. Ich habe von meinen Eltern vor etwa 10 Jahren 6 Wohnungen geerbt. Dazu habe ich gelesen, dass Erbschaften nicht zu berücksichtigen sind, sodass demnach die Wohnungen nicht mit rein zählen, richtig? Und wie sieht es mit den Mieteinnahmen aus? Ich würde schätzen, dass die, die ich nicht wieder in die Immobilien investiert habe beim Zugewinnausgleich zu berücksichtigen sind, oder? Und muss der Zugewinn durchgeführt werden oder können wir uns auch einfach so außerhalb des Gerichtes endgültig hinsichtlich dieser finanziellen Fragen einigen?


    Über eure Erfahrungen würde ich mich sehr freuen, vielen Dank bereits vorab

  • Hallo Mooseline,


    eine Einigung ist immer möglich. Ihr könnt das komplett selbst, ohne Hilfe von außen herbeiführen, ihr könnt euch anwaltlich beraten lassen und darauf basierend selbst etwas erarbeiten, ihr könnt jeder einen Anwalt einschalten und die Anwälte das dann ausdiskutieren lassen. Ihr könnt die anwaltlich herbeigeführte Regelung so nehmen oder vom Gericht protokollieren lassen. (Und es gibt bestimmt weiteres.)

    Ein Aspekt sind die Kosten - alles, was ohne Anwälte geht, spart viel Geld. Das Gericht ist im Vergleich zu den Anwälten billig.
    Ein weiterer Aspekt ist die Sicherheit der Vereinbarung. Wenn ihr untereinander etwas absprecht (womöglich nur mündlich), kann der andere sich später immer noch benachteiligt fühlen und das ganze wieder aufrollen. Wenn das Gericht (basierend auf der anwaltlichen Ausarbeitung) festhält "A zahlt an B die Summe X bis zum Y.Z.2022 und damit sind alle gegenseitigen finanziellen Ansprüche abgegolten" hat das eine hohe Sicherheit.


    Zu den Wohnungen:
    Wenn du sie geerbt hast und du allein im Grundbuch stehst, gehören sie dir und gehören auch zukünftig dir.
    Die Mieteinnahmen, die nicht investiert oder anderweitig ausgegeben wurden, fließen in den Zugewinnausgleich. Falls Unterhaltsforderungen im Raum stehen, zählen zukünftige Mieteinnahmen aus diesen Wohnungen als dein Einkommen.


    Und dann gibts noch was richtig ekliges: Wertsteigerungen der Wohnungen während der Ehe, was wohl der Fall sein dürfte, wenn sie sich in einigermaßen brauchbarer Lage befinden. Hierzu würde ich einen Anwalt einschalten, mindestens zu einer Erstberatung. (Normalerweise sind Scheidungen etwas für Familienrechts-Anwälte. Aber da (viele) Immobilien im Spiel sind, wäre meine Empfehlung, einen Familienrechts-Anwalt zu suchen, der damit Erfahrung hat.)

  • Mir ist noch was eingefallen, weil du von "etwa 10 Jahren" geschrieben hast:


    Wenn du eine vermietete Immobilie verkaufst und du sie weniger als 10 Jahre besessen hast, zahlst du auf den Gewinn (also Verkaufspreis minus Kaufpreis minus Investitionen in die Immobilie) Spekulationssteuer. Es gibt aber Regelungen für geerbte Immobilien, bei denen ich im Detail passen muss.

    Auch hier meine Empfehlung: Frag jemanden, der sich professionell damit auskennt. Das ist im Zweifel viel, viel billiger als z.B. eine Wertsteigerung von 100.000 € mit 42 % versteuern zu müssen.

  • Hallo,

    ihr könnt euch außergerichtlich natürlich über alle streitigen Punkte einigen. Das ganze haltet ihr dann notariell in einer Scheidungsfolgevereinbarung fest, damit niemand plötzlich von der Vereinbarung abweicht. Damit entscheidet ihr selbst, inwiefern ihr Kompromisse eingehen wollt. Sollte das nicht gelingen, bleibt euch immer noch der gesetzlich geregelte Ausgleich.


    Die Wohnungen, die du geerbt hast, stehen in deinem Eigentum und werden nicht zu deinem Nachteil im Rahmen des Zugewinnausgleichs berücksichtigt. Allerdings, wie du schon vermutet hast, sind Einnahmen aus deinem Erbe (Mietzins) relevant für den Zugewinnausgleich. Dein Ex-Partner könnte also einen Anspruch auf die Gewinne haben.


    VG!

  • Wenn von den Mieteinnahmen der Lebensunterhalt bestritten wurde, dann gibt es davon überhaupt nichts zum ausgleichen. Wurde das Geld konsumiert ist es weg. Wurden diese in die Immobilien investiert, kommt es drauf an, wie sehr dies den Wert der Immobilien gesteigert hat. Die unrealisierten Wertsteigerungen der Immobilien, ab der Erbschaft sind ausgleichspflichtig. Deshalb sollte man das Anfangsvermögen am Beginn der Ehe möglichst genau festhalten und auch den Wert von Erbschaften. Der Unterschied zum Endvermögen ist ausgleichspflichtig. Vor Gericht wird selten genau gerechnet.

  • Hallo,


    Grundsätzlich ist die Berechnung im Prinzip sehr einfach:


    Anfangsvermögen vor der Ehe minus Endvermögen zum Stichtag (Zustellung des Scheidungsantrags) = Zugewinn.


    Beispiel:

    M hatte vor der Ehe 100KEUR (100.000 EUR)

    F hatte vor der Ehe 100KEUR und eine Erbschaft (Haus) im Wert von 500KEUR


    Endvermögen sei 1.000 KEUR (M 150KEUR und F 850 KEUR), folglich ist der Zugewinn 1.000 KEUR ./. (100+100+500) = 300KEUR. Die Verteilung sei dabei wie folgt:


    M 50 KEUR (150 KEUR Endvermögen ./. 100 KEUR Anfangsvermögen)

    F 250 KEUR (850 KEUR ./. 100 KEUR ./. 500 KEUR)

    ==> F zahlt also 100 KEUR an M und der Ausgleich ist erledigt.


    Erbschaften und ggf. andere Schenkungen werden mit dem Wert zum Zeitpunkt des Erbes dem Anfangsvermögen zugerechnet und fließen mit dem Stichtagswert des Zugewinnausgleichs in das Endvermögen.


    Ob dieser Zugewinn nun aus einer Wertsteigerung der Immobilie (neuer Wert bspw. 600 KEUR folglich 100KEUR Wertsteigerung), aus Mieteinnahmen, Kapitalrenditen, dem Kauf einer weiteren Immobilie aus den Mieteinnahmen des geerbten Hauses stammt ist i. d. R. irrelevant.


    Wesentlich aufwendiger (regelmäßig strittig) und ohne Fachleute kaum zu stemmen ist die Bewertung des Anfangs- und Endvermögens. Hier führt u. a. regelmäßig der Umstand zum Streit, dass Immobilien um Erbschaftsteuer zu sparen häufig möglichst niedrig bewertet wurden und somit der Zugewinn nach nun objektiver Bewertung deutlich ist.


    Besten Gruß

  • Wesentlich aufwendiger (regelmäßig strittig) und ohne Fachleute kaum zu stemmen ist die Bewertung des Anfangs- und Endvermögens. Hier führt u. a. regelmäßig der Umstand zum Streit, dass Immobilien um Erbschaftsteuer zu sparen häufig möglichst niedrig bewertet wurden und somit der Zugewinn nach nun objektiver Bewertung deutlich ist.

    Und nur weil ein Gutachter heute den Wert einer Immobilie auf den Wert X bestimmt, heißt das noch lange nicht, dass man diesen Betrag beim Verkauf auch wirklich bekommt.