Immobilienkredit tilgen vs. ETF

  • Hallo,


    ich habe eine Frage zum Thema „Immobilienkredit tilgen vs. ETF“. Ich weiß, dass dieses Thema bereits in einem Video besprochen wurde. Darin würde eher, auf Grund des sicheren Zinses (im Video 4%), zum Tilgen des Kredites geraten. Ich würde nun gerne wissen, ob dies auch in meiner aktuellen Situation sinnvoll ist.


    Ich (35 Jahre, Angestellter) bin verheiratet und habe zwei Kinder unter 5 Jahren. Meine Frau ist verbeamtet und aktuell in Elternzeit (unbezahlt). Wir haben aktuell ein Netto-Jahreseinkommen von ca. 53.000 € (inclusive Kindergeld). Unser „Vermögen“ setzt sich aus folgenden Bausteinen zusammen:

    • Girokonto: 5.000 €
    • Tagesgeld: 30.000 €
    • Bausparvertrag: 28.000 € (1,25% Zinsen, monatliche Einzahlung: 170 €, zuteilungsreif: Mitte 2025)
    • Betriebliche Altersvorsorge: 17.000 € (5% Zinsen, monatliche Einzahlung: 100 € vom Brutto)
    • ETFs: 65.000 € (55 % MSCI World, 25% MSCI EM, 20% MSCI World Small Cap; monatliche Sparrate: 500 €)
    • Krypto: 6.000 € (4.000 Bitcoin, 2.000 Ethereum)
    • Immobilienkredit: -90.000 € (-1,5% Zinsen, monatliche Tilgung: 1.700 €, Ende der Zinsbindung: Mitte 2031)
    • Eigengenutzte Immobilie: 425.000 € (berechnet aus damaligem Kaufpreis und dem Verlauf des „Preisindizes für Immobilien nach Kreistypen“ von Destatis. Dabei wurde mit dem „schlechtesten“ Verlauf gerechnet, obwohl die Immobilie eigentlich nicht in einem „dünn besiedeltem ländlichem Kreis“ liegt.)
    • Risikolebensversicherung ist für beide Ehepartner jeweils in Höhe von 150.000 € vorhanden (fällt jedes Jahr um 10.000 €)
    • BU-Versicherung ist für mich in Höhe von 3.000 € vorhanden (Dynamik von 3%)


    Das Geld auf dem Tagesgeldkonto und dem Bausparvertrag soll als Notgroschen und Instandhaltungsrücklage für die Immobilie (Baujahr: 2010) dienen. Die ETFs dienen als Altersvorsorge und zur Vermögensbildung. Sollen also die nächsten mindestens 25 Jahre nicht verkauft werden.


    Wenn ich den Kredit weiter mit 1.700 € tilge, wären wir ca. 2026 schuldenfrei (vor Ablauf der Zinsbindung). Ich würde jetzt die Kreditrate auf das Minimum (ca. 700 €) senken (Änderung der Rate ist einmal möglich), und mit einer jährlichen Sondertilgung von ca. 3.500 € (ca. 300 € monatlich) dafür sorgen, dass der Kredit zum Ende der Zinsbindung komplett getilgt ist. Damit würde sich meine monatliche Kreditrate von 1.700 € auf 1.000 € verringern. Die Differenz von 700 € würde ich dann in meine ETF-Sparpläne stecken. Mir ist bewusst, dass dies eine Wette darauf ist, dass der Aktienmarkt in den nächsten 10 Jahren besser läuft als 1,5 % p.a. (nach Steuern). Dies ist aber ein Risiko, was ich bereit bin einzugehen. Wenn dies der Fall sein sollte, habe ich ja trotzdem einen ordentlichen Betrag in ETFs und der Kredit wäre auch getilgt. Was ich aber verhindern will, ist aber dass ich und meine Familie in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten kommen.


    Das Risiko durch meinen Tod (Risikolebensversicherung) oder Berufsunfähigkeit (BU-Versicherung) wäre abgesichert. Meine Arbeitslosigkeit wäre durch den Beamtenstatus meiner Frau, „verkraftbar“. Auch mit nur ihrem Gehalt, wenn sie voll arbeitet, wäre die Rate des Immobilienkredites bezahlbar, ETF-Sparpläne würden dann ruhen.


    Sind meine Überlegungen richtig, oder übersehe ich irgendwas? Wäre in meinem Fall das Abkommen vom Grundsatz "erst tilgen, dann investieren" denkbar?

    Was meint ihr?


    Grüße

    Theodoro

  • Hallo.


    Rechnerisch lässt sich der Plan darstellen, gar kein Problem. Aber die Frage ist doch, ob beide Parteien diesen Plan befürworten würden. Ggf. ist der Beamtin und Mutter in der Gleichung mehr an Planbarkeit und Sicherheit gelegen.

    Kinder werden mit den Jahren nicht weniger kostspielig.


    Es wäre doch auch zu hinterfragen, warum man den einst gefassten Plan nun ändern will. Ab 2026 stärker investieren zu können, klingt doch auch verlockend.


    Dass Tilgung und Investment in der Ich-Form beschrieben wurden war Absicht?

  • Hallo Theo,


    der deutsche Michel hat diese 'Grundsätze' von Schuldenabbau vor Investitionen mit der Muttermilch aufgesogen ;)

    Letztlich kommt es darauf an, welche Rechenergebnisse du beim Vergleich beider Varianten erhältst. Ohne nachgerechnet zu haben, tendiere ich eher dazu, einen vernünftigen Betrag zu investieren, und dies lieber früher als später.

    'Man' redet bei solchen Geschichten oft vom Investieren auf Kredit, auch wenn der Zusammenhang nicht direkt besteht; ich sehe selbst beim besonnenen Investieren auf Kredit kein unüberschaubares Risiko.

    Bei Investitionen in Aktienfonds bzw. ETF bist du ja auch nicht festgelegt, an deiner Entscheidung von heute bis auf ewig, komme was wolle, festzuhalten.


    LG

    John

  • Beides machbar, hängt meiner Meinung nach vor allem davon ab, wie man persönlich gestrickt ist. Da ihr schon monatlich 500 EUR in den ETF investiert, fahrt ihr ja jetzt schon eine Misch-Strategie zwischen schneller Tilgung und Aktien-Investition. Ich persönlich würde es so laufen lassen, und wenn außer der Reihe was übrig ist zusätzlich in den ETF stecken. Dann seid ihr mit 40 schuldenfrei, und habt den Kopf frei für alles was da kommt. Jetzt vorausberechnen kannst Du alles und nichts, weil Du da fantasierte Annahmen über die Aktienrendite einsetzen musst.

  • Ich gestehe, ich bin deutscher Michel. Ein Kreditzins von 1,5% bei einer mittleren Laufzeit von 4,5 Jahren wäre mir zu teuer, um auf Kredit zu investieren.

    Auf der anderen Seite bist Du insgesamt eher konservativ aufgestellt, hast relativ geringe Objektschulden und genug liquide Reserven. "Ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten" sind also eher unwahrscheinlich und notfalls kannst Du Deine Anlagen verringern oder einen neuen Kredit aufnehmen.

    Von daher halte ich beide Wege für gut gangbar.

  • Vielen dank für eure zahlreichen Antworten.

    Dass Tilgung und Investment in der Ich-Form beschrieben wurden war Absicht?

    Wir besprechen solche Themen aufjedenfall miteinander, falls du das meinst;). Wir und ich kannst du in dem gesamten Post von oben beliebig gegeneinader austauschen:).


    Was hat es denn mit dem Bausparvertrag auf sich? Risiko-LV kommt mir eher niedrig vor (besonders da abnehmend), und BU für die Frau wäre noch die Frage.

    Der Bausparvertrag stammt noch von früher (vor dem Immobilienkauf). Wir haben ihn dann einfach weiterlaufen lassen. Damals war auch noch nicht allzu viel Geld drin. Jetzt sehen wir ihn eigentlich als ein etwas besser verzinstes "Sparbuch" für Instandhaltungsrücklagen.


    Stimmt, die Risiko-LV sollte eigentlich nur den Immobilienkredit absichern. Wenn also einer sterben sollte, sollte dadurch der Kredit bedient werden können. Allerdings hatten wir damals noch keine Kinder. Man könnte also mal über eine Aufstockung nachdenken.