Von Fortgeschritten zu Pro: Gesamtrendite vs. Internen Zinsfuß richtig interpretieren

  • Hallo liebe Community,


    jedes mal wenn ich bei Parqet den IZF sehe, frage ich mich, wie ich ihn im Vergleich zur Gesamtrendite interpretieren soll.


    Die Fragen für die Fortgeschrittenen weiter unten. Für die, die den IZF nicht durchblicken, möchte ich den Unterscheid zwischen Gesamtrendite und IZF an drei simplen Beispielen erklären:

    Beispiel 1: Am Jahresanfang investiere ich in den ETF "Konstant" genau 100€ . Das ganze Jahr über gewinnt der ETF "konstant" an Wert und am Jahresende liegt der Depotwert bei 105€. D.h. ich habe eine Gesamtrendite von +5%. Auch mein IZF liegt bei +5%.:)
    Jetzt weiß aber jeder, dass die Kurse nicht linear nach oben gehen. Was wäre also, wenn die Kurse schwanken?
    Beispiel 2: Sagen wir, ich habe gleichzeitig nebenher 100€ in ETF "Schwankung" investiert. Im ersten Halbjahr ("H1") verliert der ETF -80%=O, d.h. meine Investition ist auf 20€ Depotwert abgeschmolzen. Im zweiten Halbjahr (H2) steigen die Kurse wieder um +75% :love:(rechnerisch: 20€*1,75) , sodass am Jahresende der Depotwert bei 35€ liegt. D.h. von meinen 100€ habe ich 65€ verloren, ||. Ich habe eine Gesamtrendite von -65% und der IZF beträgt ebenfalls -65%.
    Zwischenfazit: In diesen Beispielen ist der ETF "Konstant" gut gelaufen :thumbup:und der ETF "Schwankung" ist schlecht gelaufen:thumbdown:. Aber die Gesamtrendite und der IZF sind in beiden Fällen gleich.
    Der Unterschied von Gesamtrendite und IZF wird erst deutlich sobald ich meine Investition zeitlich splitte:
    Beispiel 3: Ich bin ein gewiefter Spekulant 8) und versuche bei ETF "Schwankung" Markettiming zu betreiben: Anstatt am Jahresanfang meine ganzen 100€ in ETF "Schwankung" zu investieren, investiere ich am Jahresanfang nur 50€. Wie bereits in Beispiel 2 beschreiben, verliert der ETF "Schwankung" in der ersten Jahreshälfte (H1) 80%, d.h. meine Investition ist auf 10€ Depotwert abgeschmolzen. Da ich aber darauf spekuliere, dass die Kurse wieder steigen:whistling:, schieße ich nochmal 50€ nach. Die 60€, die ich nun investiert habe, steigen wie in Beispiel 2 in der zweiten Jahreshälfte (H2) um 75% (rechnerisch: 60€*1,75), sodass ich zum Jahresende wieder 105€ an Depotwert habe:thumbup:. Die Gesamtrendite beträgt 5% aber der Interne Zinsfuß beträgt in diesem Fall 6,68%.:/
    Fazit: In allen drei Fällen wurden 100€ investiert. In Beispiel 1 und 2 entsprach die Gesamtrendite dem IZF (je 5% bei ETF "Konstant" bzw. -65% bei "ETF "Schwankung"). In Beispiel 1 und 3 waren am Ende des Jahres 105€ im Depot, d.h. es wurde jeweils eine Gesamtrendite von 5% erzielt, aber der IZF bei Beispiel 1 liegt bei 5% und bei Beispiel 2 bei 6,68%. Der Grund dafür besteht darin, wann ich wieviel investiert habe. Abschließend könnte man festhalten, dass die Gesamtrendite nur das investierte Kapital und den Schlussstand vergleicht. Für die Gesamtrendite ist die Kursschwankung eine Blackbox.


    Lektion 1: Der IZF gibt Aufschluss darüber, wie mein Markettiming war.


    Frage an die Pros mit Beispielen aus dem echten Leben:


    Ich habe alle meine ETF-Sparplanbuchungen (seit 2018) bei Parqet eingegeben. Nach meinen ersten zwei Investitionen innerhalb eines Tages lag mein IZF nach nur 2 Tagen bei fast +900%, obwohl meine Gesamtrendite bei nur +2% lag. Nach nur ein paar Wochen in denen ich mehr Investitionen getätigt habe, glichen sich die beiden Kennzahlen einander an. Nach nun 4 Jahren fleißigem Sparens liegt mein IZF bei +6,68% und meine Gesamtrendite bei 6,5%. Mal lag der IZF über der Gesamtrendite, mal darunter. Dies führte mich zur...


    Lektion 2: Der IZF ist umso aussagekräftiger, je öfter und länger ich bereits investiert habe.


    Offene Fragen:

    1. Nähern sich ITZ und Gesamtrendite grundsätzlich an, je länger ich investiere? Oder können sie sich auch entfernen?
    2. Kann man ITZ und Gesamtrendite miteinander vergleichen? Falls ja, was heißt das dann jetzt? Heißt das, dass bei meinem Beispiel aus dem echten Leben mein Markettiming gegenüber der Gesamtentwicklung meines Portfolios leicht unterdurchschnittlich war?
    3. Die meisten von uns wissen, dass der MSCI World in den letzten Jahrzehnten ein durchschnittliche Wertentwicklung von 7% pro Jahr hatte. Daran kann man sich gut orientieren. Falls meine Rendite in der Zeit beispielsweise darunter lag, habe ich underperfomed. Falls sie darüber lag, habe ich outperformed. Aber wie ist das jetzt mit dem IZF? Gibt es eine Prozentzahl, mit der ich glücklich sein sollte oder eine, die utopisch ist? Welcher IZF wert ist gut? Auch 7%?

    Besten Gruß
    Julius

  • Hier lese ich mal interessiert mit, da ich diese unterschiedlichen Performanceberechnungen auch nicht so recht verstehe...


    Lektion 1: Der IZF gibt Aufschluss darüber, wie mein Markettiming war.

    OK, und was bedeutet es konkret, wenn bei mir der IZF 11% und die Gesamtrendite (und zwar die True Time Weighted Rate of Return (kumulativ) - das steht da in PP) 33% beträgt?

    Das ist ja ein eklatanter Unterschied. War ich dann bez Market Timing gut oder schlecht?

    In Wirklichkeit habe ich gar kein Timing betrieben, sondern habe stur jeden Monat zum 1. die gleiche Tranche nachgekauft - der Zeitraum sind fast genau 2 Jahre. Also einfach den Sparplan durchgezogen. Spiegelt sich das irgendwie in den Zahlen wieder?

  • Ich bin jetzt leider kein Pro, versuche mich aber mal an einer Erklärung, so wie ich es verstehe. Vielleicht findet sich ja noch ein echter Renditeprofi:)

    Lektion 1: Der IZF gibt Aufschluss darüber, wie mein Markettiming war.

    Korrekt. Der Interne Zinsfuß berücksichtigt den Zeitpunkt und die Höhe der Einzahlung.


    Lektion 2: Der IZF ist umso aussagekräftiger, je öfter und länger ich bereits investiert habe.

    Jein. Der IZF sagt dann halt nur ob Du langfristig noch ein gutes Markettiming hast. Dafür brauchst Du meiner Meinung nach den Vergleich mit der zeitgewichteten Rendite des Portfolios. In Beispiel 3 ergibt sich eine zeitgewichtete Rendite von -65% (Berechnung: 0,2*(1,75) - 1). Folglich sagt der IZF von 6,7% das Dein Markettiming für Dein Portfolio besser war, als eine Einmalinvestition am Anfang.


    Drehst Du die Renditereihenfolge (1. 75% und 2.-80%) ergeben sich:


    Gesamtrendite: -72,5%

    IZF: -84,4%

    Zeitgewichtet: - 65%


    Ergo wäre es besser gewesen sofort zu investieren, da Dein Markettiming nicht so gut war.


    Offene Fragen:

    1. Nähern sich ITZ und Gesamtrendite grundsätzlich an, je länger ich investiere? Oder können sie sich auch entfernen?
    2. Kann man ITZ und Gesamtrendite miteinander vergleichen? Falls ja, was heißt das dann jetzt? Heißt das, dass bei meinem Beispiel aus dem echten Leben mein Markettiming gegenüber der Gesamtentwicklung meines Portfolios leicht unterdurchschnittlich war?
    3. Die meisten von uns wissen, dass der MSCI World in den letzten Jahrzehnten ein durchschnittliche Wertentwicklung von 7% pro Jahr hatte. Daran kann man sich gut orientieren. Falls meine Rendite in der Zeit beispielsweise darunter lag, habe ich underperfomed. Falls sie darüber lag, habe ich outperformed. Aber wie ist das jetzt mit dem IZF? Gibt es eine Prozentzahl, mit der ich glücklich sein sollte oder eine, die utopisch ist? Welcher IZF wert ist gut? Auch 7%?

    Die Gesamtrendite betrachtet weder Zeitpunkt noch Höhe der Einzahlungen/Auszahlungen. Es ist nur eine einfache Renditeberechnung und daher relativ ungenau, wenn es über mehrere Zeiträume und Einzahlungszeitpunkte geht.


    Zum Vergleich der Rendite Deines Portfolios mit dem MSCI World nimmt man am besten die zeitgewichtete Rendite.


    Damit erhält man ein Ergebnis, welches Dir angibt ob die Einmalanlage in Deinem Portfolio besser war als die Einmalanlage in den MSCI World.


    Man könnte meiner Meinung nach natürlich auch aufwendig seine Timingversuche im gleichen Zeitpunkt und Höhe auf den MSCI World nachbauen und somit schauen, wie sich die wertgewichtete Rendite des MSCI World verhalten hätte.


    Wichtig ist nur die gleichen Renditen miteinander zu vergleichen.


    Ich meine auch das bei langfristigen Anlagezeiträumen sich die zeit- und wertgewichteten Zinssätze annähern müssten.

  • Hier lese ich mal interessiert mit, da ich diese unterschiedlichen Performanceberechnungen auch nicht so recht verstehe...


    OK, und was bedeutet es konkret, wenn bei mir der IZF 11% und die Gesamtrendite (und zwar die True Time Weighted Rate of Return (kumulativ) - das steht da in PP) 33% beträgt?

    Das ist ja ein eklatanter Unterschied. War ich dann bez Market Timing gut oder schlecht?

    In Wirklichkeit habe ich gar kein Timing betrieben, sondern habe stur jeden Monat zum 1. die gleiche Tranche nachgekauft - der Zeitraum sind fast genau 2 Jahre. Also einfach den Sparplan durchgezogen. Spiegelt sich das irgendwie in den Zahlen wieder?

    Die True Time Weighted Rate of Return ist die zeitgewichtete Rendite, seit Anlagebeginn. Hättest Du also Dein Kapital in voller Höhe am Anfang investiert, wärst Du besser (+33%) gefahren als durch den Sparplan (+11%).

  • Ich kenne Parqet nicht, gehe daher rein mathematisch an die Fragen:


    Die Gesamtrendite vergleicht offensichtlich nur den Endstand mit der Summe der Einzahlungen, egal wann diese stattgefunden haben.

    Probiere doch mal folgendes: Verdoppele durch eine heutige Einmalzahlung die Summe Deiner Einzahlungen. Wenn Du vorher eine Gesamtrendite von 5% hattest wirst Du danach vermutlich eine Gesamtrendite von 2,5% haben, da der gleiche Gewinn sich auf den doppelten Einsatz verteilt.


    Der IZF berücksichtigt die Einzahlungstermine und berechnet die korrekte Rendite p.a.

    In meinem Beispiel sollte der IZF also unverändert bleiben.


    Also keine Annäherung der beiden Werte.


    Wenn Du in Deinem Beispiel 3 einen zusätzlichen Kauf von 50€ am Jahresanfang des ETF "Absolut Konstant" erfasst und einen Verkauf zu 50€ zur Jahresmitte, dann erwarte ich einen IZF von ebenfalls 5%. denn jetzt waren die 100€ das ganze Jahr investiert und haben insgesamt 5€ Gewinn erwirtschaftet.

    Nach meinen ersten zwei Investitionen innerhalb eines Tages lag mein IZF nach nur 2 Tagen bei fast +900%, obwohl meine Gesamtrendite bei nur +2% lag.

    Wenn Du alle 2 Tage absolut +1,3% machst, hast Du nach 1 Jahr Dein Geld verzehnfacht (1,013^180), also ist Deine Rendite ca. +900%. Passt also etwa.

  • Die True Time Weighted Rate of Return ist die zeitgewichtete Rendite, seit Anlagebeginn. Hättest Du also Dein Kapital in voller Höhe am Anfang investiert, wärst Du besser (+33%) gefahren als durch den Sparplan (+11%).

    Verstehe ich das jetzt richtig? Der IZF gibt meine Rendite an, die ich real erzielt habe, in dem Fall also 11%.

    Und die zeitgewichtete Rendite ist nur ein theoretischer Wert, der mir sagt, was ich erzielt hätte, wenn ich eine Einmalanlage gemacht hätte. Also die 33%. Diese Rendite habe ich aber in Wirklichkeit nicht, da ich ja einen Sparplan gemacht habe. Richtig?

    Der IZF ist also der aussagekräftigere Wert für die Entwicklung meines Portfolios?

  • Ich gehe an das Thema recht entspannt heran. Letztlich kann mich meine konkrete Rendite ja doch erst beim Verkauf bestimmen. Bis dahin ist das Alles ja mehr oder weniger 'Längenvergleich'.:)

    Ja. Wenn einer dich fragen sollte, wie viel pro Jahr Rendite hast bist jetzt gemacht. Dann ist der IZF der richtige Wert für die Antwort.

    Ah ha,:/

    und was ist u.a. mit dem Thema steuern?

    Oder Corona 2020 und einem rapiden Crash Absturz. Da kann sich Deine 'Rendite' schnell in Luft auflösen.

    Ja, Du kannst über den IZF feststellen, welche aktuelle Bruttorendite Du aktuell in Deinem Depot erzielt hast.

    Die 'echte' Rendite kann man erst berechnen, wenn man das Geld auf seinem Konto hat.

  • Als 'alter Sack' will ich auch mal einen oder zwei Gedanken zu diesem Thema loswerden...


    Früher hatte man derartige Tools und/oder Apps nicht und durfte sich anders um seine Zahlen kümmern. Es mag durchaus mehr Zeit gekostet haben, seine Zahlen aufzuarbeiten und zu 'messen'... und es ging niemandem, den ich kenne, um diesen Finanzporno der heute mit Zahlen betrieben wird, die man sogar noch direkt/indirekt anderen zur Verfügung stellt.


    Also... man hat quasi zu Fuß sein Nettovermögen mit allen relevanten Werten in Tabellen erfasst und sämtliche Änderungen, Käufe, Kontenbewegungen, Verkäufe, Kosten, Steuern und Hastenichtgesehen regelmäßig eingepflegt.

    Somit hatte man jederzeit sein Nettovermögen inkl. der Buchwerte (brutto und netto...) zu Gesicht und konnte auch bei den volatilen Werten den Faktor sehen, der sich aus Buchwert zu investierten Summen ergab/ergibt. Die Änderungen der Werte konnte man somit jederzeit in Prozenten ausdrücken, und sie auchauf beliebige Zeiträume ansehen, also laufend im jeweiligen Jahr oder eben auf den Gesamten Betrachtungszeitraum.

    Darüber hinaus haben diese unkomplizierten Tabellen Auskunft gegeben, was bereits versteuert (oder steuerfrei) im Töpfchen war, und welcher Anteil an Buchwerten unversteuert war.

    Mir hat dies immer gereicht und reicht mir immer noch. Vergleiche mit irgendwelchen Indizes interesieren mich nicht.