ETFs als Sachwert

  • Hallo zusammen,


    ich habe noch eine Frage im Zusammenhang mit ETFs:


    Ein Grund für mich am Aktienmarkt zu investieren ist, dass man mit einem Firmenanteil in Form einer Aktie ja quasi in einen Sachwert investiert. Auch wenn das Finanzsystem in arge Schwierigkeiten gerät, sollte der Aktie ja noch immer ein Wert in Form von firmeneigenen Grundstücken, Maschinen und Patenten etc. entgegenstehen (oder liege ich schon hier falsch?).


    Wenn ich nun einen Indexfonds kaufe, der mit Swaps arbeitet, besitze ich dann auch irgendwelche Sachwerte? Oder habe ich nur ein "Versprechen" gekauft, das wertlos wird, wenn das Finanzsystem instabil wird? Und wie verhält es sich bei physisch nachgebildeten Indexfonds? Erwerbe ich hier selber (direkt) einen "Anteil" der im Fonds gehalteten Aktien, die mir sozusagen zustehen, oder gehören die Aktien dem Fonds und ich kann keine direkten Ansprüche darauf erheben?


    Oder kurz: Ist eine Investition in Indexfonds sinnvoll, wenn man in Sachwerte investieren will.

  • Du hast völlig recht, dass Du Aktien als Sachwerte siehst. Genau so ist es!
    Du bist als Aktionär Mit-Eigentümer von allem, was die Firma darstellt. Das fängt bei den Immobilien und Maschinen an, geht weiter über Rohstofflager, Halb- und Fertigprodukte bis zu Know-how, Patente, Marken usw.


    Und mittelbar sind solche Aktien auch in einem ETF. Allerdings musst Du Dir genau anschauen, wie der ETF konstruiert ist.
    Wie Du richtig schreibst, werden von vielen Anbietern die ETFs auch mit synthetischen Produkten gebaut.
    Da hast Du natürlich KEINE Sachwerte. Ein Swap ist ein Tauschgeschäft. Das funktioniert nur so lange, wie der Tauschpartner solvent ist. Wenn der pleite geht, kann sich der ETF-Herausgeber den Swap ins Klo hängen.


    Deshalb: wenn Du in Sachwerte investieren willst: Finger von dem ganzen Fonds-Zeug. Schau Dir vernünftige, große Firmen an - und kaufe Einzelaktien!

  • Wobei doch auch hier zu sagen ist, dass Aktien in vielen Fällen nur einen imaginären Wert darstellen. Es ist die Vorstellung, wieviel Geld sich mit dieser Firma in Zukunft erwirtschaften lässt. Wenn du dir heute eine Aktie von Google kaufst, Google morgen die Hütte dicht macht und dein Aktienwert auf Basis des Verkaufswertes der Büros und Server bewertet wird, die Google besitzt, sind 99% deines Aktienwertes futsch. Das gilt mich Sicherheit für alle Internetaktien. Etwas anders sieht es mit traditioneller Großindustrie aus. Wobei auch hier Schwankungen zu sehen sind, die nichts mit dem Wert der Assets zu tun haben.

  • Ein Beispiel in diesem Zusammenhang habe ich selbst erlebt. Als Jugendlicher habe ich Geld meiner Großmutter in einen geschlossenen Immobilienfonds angelegt. Der brachte regelmäßig 7% Rendite. Und mein Vater machte ihn mir schmackhaft mit den Worten, Immobilien wären immer Wertbeständig, da könne gar nichts schiefgehen. Dann kam die Krise der Immofonds, mein Fonds wurde geschlossen und die Gebäude sollen nach und nach verkauft werden. Ans Geld komm ich schon jahrelang nicht ran und regelmäßig wird der Fonds neu bewertet - nach unten. Weil selbst Immobilienwerte schwanken und ein Bürokomplex in Paris eben nicht konstant 50 Millionen Wert ist und selbst Betongold im Wert schwankt. Und wenn man gezwungen ist, binnen kurzer Zeit zu verkaufen, wird man schneller runtergehandelt als wenn man in einer starken Position ist.


    Und genau das kann dir auch mir jeder Aktie passieren.

  • Schönes Beispiel, @chris2702.


    Ich gebe Dir recht, dass in Aktienkursen immer eine Bewertung der Zukunft enthalten ist. Keine Frage.
    Deshalb gibt es auch immer wieder überbewertete und unterbewertete Aktien. Wenn nur der Wert der Gebäude, Maschinen usw. zählen würde, dann müsste der Kurswert aller Aktien ja immer dem Buchwert des Vermögens der jeweiligen Gesellschaft entsprechen. Und das ist natürlich nicht der Fall.


    Trotzdem bist Du mit Aktien auf der Eigentümerseite. Wenn Du ein Banksparplan eröffnest, bist Du auf der Gläubigerseite.
    Du leihst praktisch der Bank Dein Geld. Wenn Du ein Aktie der gleichen Bank erwirbst, gehört Dir ein winziger Bruchteil der Bank.


    Eines ist ganz klar: man muss sich mit den Unternehmen beschäftigen. Und man sollte als (künftiger) Aktionär auch ein Bilanz wenigstens im Groben verstehen. Es ist auch nicht verkehrt, wenn man verschiedene Kennzahlen wie z.B. KGV oder RoE kennt und weiß, was sich dahinter verbirgt.


    Das Beispiel mit Deinem geschlossenen Immobilienfonds zeigt, dass vermeintlich "sichere" Anlagen wie Immobilien sehr wohl Marktschwankungen unterliegen. Du kommst um das Risiko niemals herum. Weder als Immobilien-Eigentümer noch als Aktionär. So viel steht fest. Ohne Risiko - keine Rendite.


    There's no free lunch - all around the world.


  • Wie Du richtig schreibst, werden von vielen Anbietern die ETFs auch mit synthetischen Produkten gebaut.
    Da hast Du natürlich KEINE Sachwerte. Ein Swap ist ein Tauschgeschäft. Das funktioniert nur so lange, wie der Tauschpartner solvent ist. Wenn der pleite geht, kann sich der ETF-Herausgeber den Swap ins Klo hängen.


    Ok, verstanden. Wenn ich nun einen ETF kaufe, der den Kurs durch physische Nachbildung des Indexes nachbaut - habe ich dann einen Anspruch auf die im Fonds befindlichen Aktien? Oder kann es auch hier passieren, dass ich nur Ansprüche gegen den Fonds habe und dieser die Aktien nach seinem Gutdünken verwertet und mich dann (so das möglich ist) auszahlt?

  • Jetzt weiß ich nicht, an welches Szenario Du denkst.


    Wenn uns der Himmel auf den Kopf fällt, sind alle Spatzen tot.
    Aber davon mal abgesehen, bist Du bei einem Investmentfonds als Fondsanteils-Inhaber IMMER gegen die Insolvenz des Fondsanbieters geschützt. Die Wertpapiere im Fonds sind sogenanntes "Sondervermögen".


    Das bedeutet, wenn beispielsweise eine Fondsgesellschaft wie meinetwegen Union Investment (nur um mal einen Namen zu nennen, nicht um zu sagen, dass die Gefahr besteht!) Insolvenz anmelden müsste, dann würden alle von Union Investment aufgelegten Fonds NICHT in die Insolvenzmasse fallen.


    Es muss in einem solchen Fall ein anderer Fondsverwalter und Fondsmanager gefunden werden. Das ist alles.


    Du hast allerdings als einzelner NIE Ansprüche auf irgendwelche Papiere, die in einem Investmentfonds verwaltet werden.
    Du kannst immer nur Deinen Fondsanteil an die Gesellschaft zurückgeben oder über die Börse verkaufen.


    Bei der Rückgabe bekommst Du den täglich festgestellten Rücknahmekurs des jeweiligen Fonds.
    Beim Verkauf über die Börse bekommst Du den Kurs, der sich nach Angebot und Nachfrage richtet.
    Der kann einen Tick höher sein, als der Rücknahmekurs der Fondsgesellschaft. Aber niemals niedriger.

  • Wenn ein Fonds schließen muss, was zum Beispiel bei ein paar offenen Immobilienfonds der Fall war, dann
    werden diese aufgelöst und du dann ausgezahlt. Allerdings sind offene Immobilienfonds schon sehr speziell (hier kann es Jahre dauern, bis du an das Geld kommst, da erst die Immobilien veräußert werden müssen).


    Ich finde die Frage aber prinzipiell berechtigt und auch interessant.


    Ich vermute allerdings, dass diese Gefahr bei einem Aktien-ETF weniger besteht, da er sich ja immer aus den aktuell größten Unternehmensaktien der jeweiligen Region / Branche etc. zusammensetzt und nicht wie Immobilienfonds ein "festgeschriebenes" Vermögen aufweist.


    Deine Bedenken gegenüber den ETF waren für mich ein Grund, mich für die ETF von I-Shares zu entschließen, da I-Shares nur oder überwiegend physisch replizierend abbildet. Die swap-basierten sind mir persönlich zu undurchsichtig. Alles, was ich nicht zu 99 Prozent nachvollziehen kann, lehne ich als Finanzanlage konsequent ab.


    Ich gebe zu: Ich gehe beim direkten Aktienkauf sogar noch ein Stück weiter: Wenn es angeboten wird, wähle ich die Variante Namensaktie statt Inhaberaktie. Denn nur bei der Namensaktie bin ich auch im Firmenregister der Firma eingetragen. Bei der Inhaberaktie ist es jedoch die Depotbank. Das werden sicher aus Kostengründen viele für übertrieben halten; aber wenn einmal beispielsweise durch einen großen Hackerangriff bei der Depotbank die Daten abhanden kommen, wer weiß, wie schwierig es werden könnte, hinterher genau nachzuweisen, was mein Vermögen war. Und dass bei all "meinen" Firmen und der Depotbank gleichzeitig die digitalen Daten abhandenkommen, würde ich jetzt eher mal ausschließen. Doppelt genäht hält besser. Und da ich vorhabe, die Aktien prinzipiell für mehr als 15 Jahre zu halten, ist es für mich ok.


  • Ich gebe zu: Ich gehe beim direkten Aktienkauf sogar noch ein Stück weiter: Wenn es angeboten wird, wähle ich die Variante Namensaktie statt Inhaberaktie. Denn nur bei der Namensaktie bin ich auch im Firmenregister der Firma eingetragen. Bei der Inhaberaktie ist es jedoch die Depotbank. Das werden sicher aus Kostengründen viele für übertrieben halten; aber wenn einmal beispielsweise durch einen großen Hackerangriff bei der Depotbank die Daten abhanden kommen, wer weiß, wie schwierig es werden könnte, hinterher genau nachzuweisen, was mein Vermögen war.


    Man kann sich auch das Leben (bzw. die Vermögensanlage) durch zu viel Phantasie hinsichtlich von Dingen, die passieren könnten, extrem verkomplizieren ;)

  • Das ist richtig. Aber das Leben zeigt, dass trotzdem häufig Dinge passieren, von denen wir noch eine kurze
    Zeit vorher uns niemals vorstellen konnten, dass sie passieren. Und mein Vertrauen in Datenschutz, unsere Banken und
    das ganze IT-System hält sich sehr in Grenzen. Mir persönlich ist es das wert und dazu stehe ich auch, vor allem da es zwar etwas mehr kostet aber ansonsten kein zusätzlicher Aufwand ist. Als Verkomplizierung betrachte ich es daher nicht. Es geht einfach auf Kosten der Rendite. Es ist auch nicht als Empfehlung für andere gedacht, sondern nur als Beisteuerung meiner Auffassung ;)

  • Elke: Dein Beispiel mit den offenen Immobilienfonds, die "schließen mussten", ist nicht so ganz richtig.


    Die offenen Immobilienfonds sind prinzipiell so konzipiert wie Investmentfonds. D.h. die Immobilien sind Sondervermögen und vor der Insolvenz des Fondsanbieters insoweit geschützt.


    Das Problem bestand darin, dass es sich eingebürgert hatte, dass auch große, professionelle Anleger die offenen Immofonds als "Parkplatz" für kurz- bis mittelfristige Gelder benutzt haben. Das ging viele Jahre gut. Die offenen Immofonds hatten häufig bis zu 40 % oder gar 50 % ihrer Gelder am Geldmarkt bzw. in kurzfristigen Schuldtiteln angelegt und waren daher recht liquide.


    Irgendwann zogen jedoch im Zuge der Finanzkrise auch die Großanleger ihre Beträge aus den offenen Immofonds ab.
    Und dann kamen noch viele Privatanleger dazu, die ihr Geld zurück haben wollten. Und plötzlich reichte die Liquidität nicht mehr aus, um alle gleichzeitig auszuzahlen.


    Dann haben sich die Immobilienfondsmanager auf eine Bestimmung des damaligen Investmentgesetzes berufen und ein Auszahlungsmoratorium verhängt. Das war nach den seinerzeitigen Gesetzesvorschriften möglich. Sie haben die Rücknahme von Fondsanteilen für bis zu zwei Jahren und bei Vorliegen bestimmter Umstände bis zu drei Jahren aussetzen können. Das bedeutete für den einzelnen Anleger, dass der Fonds praktisch geschlossen war. Er bekam von der Fondsgesellschaft den Rücknahmepreis nicht mehr ausbezahlt.


    Über die Börse war ein Verkauf weiterhin möglich. Allerdings lag der Kurs dann erheblich unter dem letzten bekannten Rücknahmepreise, weil niemand wusste, wann die Rücknahme wieder erfolgen würde und zu welchem Kurs.


    Schließlich stellten die Fondsmanager fest, dass zu viele Anleger "raus" wollten, als man dies mit der laufend hereinkommenden Liquidität hätte finanzieren können. Da blieb nichts anderes übrig als die Fonds abzuwickeln.
    Dies hatte zur Folge, dass man weitere Jahre an Zeit gewann und in der Zwischenzeit die Immobilien veräußern konnte.


    Leider stellte sich dann heraus, dass die Immobilien teilweise nicht den Wert der Schätzgutachten erzielen konnten.
    Durch die Mindererlöse beim Verkauf der Immobilien war dann noch einmal ein erheblicher Rückgang der Fondsanteilspreise bedingt. Im Endeffekt haben viele Anleger bei einem als "sehr sicher" gepriesenen Finanzprodukt sehr viel Geld verloren.


    Bei Aktien- und Rentenfonds kann das nicht passieren. Im Gegensatz zu Immobilien sind die in Fonds befindlichen Wertpapiere sehr liquide und auch über die Börse jederzeit veräußerbar.


    Würden jetzt alle Anleger eines großen Investmentfonds alle ihre Anteile zurückgeben, dann käme es möglicherweise auch an der jeweiligen Börse zu Kursrückgängen der betroffenen Aktien/Anleihen. Aber ein Kurs würde zustande kommen.
    Der Anteilspreis würde sicher zurückgehen. Aber das ist auch ein Extrem-Szenario, dass alle Anleger plötzlich ihre Investmentfonds loswerden wollen.


    Im Übrigen zeigt die Entwicklung bei den offenen Immofonds sehr gut, dass es kein wirklich "sicheres" Finanzprodukt gibt.
    Am besten jeder löst sich von der Vorstellun einer "sicheren Geldanlage". Alles ist mit Risiken verbunden.
    Entscheidend ist zu beurteilen, welches Risiko gehe ich ein - und welche Rendite oder Gewinnchance erwerbe ich.