Es ist gut ein Guthaben zu haben

  • Liebe Gemeinde,


    wäre es angebracht, sich den Terminus "Guthaben" abzugewöhnen und stattdessen von "Forderung gegen die Bank" zu sprechen?


    Wir wollen unserer Großen (demnächst acht) das Finanzwesen erklären, gerne ehrlich, aber ohne Traumata auszulösen. :/

  • Moin,

    ich würde es bei dem umgangssprachlich genutzen Begriff 'Guthaben' belassen, jedoch erklären, dass man mit der Einzahlung auf sein Konto der jeweiligen Bank sein Geld leiht, dies auf dem Kontoauszug bestätigt bekommt, und man sich 'sein Geld' bei Bedarf auszahlen lassen kann... oder es an jemand Anderen überweisen kann... oder damit Aktien, Fonds, ETF, Edelmetall, Crypto Coins etc. kaufen kann...


    Stelle dir mal vor, deine Große würde in der Schule im Gespräch mit Gleichaltrigen und bei Anwesenheit einer Leerkraft (absichtlich falsch geschrieben) erzählen, dass sie seit dem letzten Weltspaßtag ihre Forderung gegen die ABC-Bank um X Euro auf nunmehr Y Euro erhöht hat! Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass du/ihr kurz danach von der/dem Jugendschutzbeauftragten befragt wirst/werdet, welche Psychopharmaka du/ihr dem Kind zum Frühstück verabreicht.

  • Für meinen Teil finde ich es ohnehin seltsam, wenn hierzulande so gut wie nie eine Unterscheidung zwischen Bargeld (sozusagen Zentralbankgeld) und Giralgeld (Buchgeld) gemacht wird - obwohl es sich dabei in praxi aber auch de jure um völlig unterschiedliche Geldarten handelt (man könnte juristisch von einem "aliud" sprechen).


    Meines Erachtens eine semantische Ungenauigkeit, die dem Sachverhalt nicht gerecht wird.


    Eine Freundin sagte letztens zum Beispiel sie hätte noch "viel Liquidität also Bargeld auf dem Konto" (bei allem Respekt - ein kompletter Unsinn nach meinem Dafürhalten).


    Bei Bargeld in meiner Tasche oder Brieftasche oder Geldbörse etc. fallen (in aller Regel) Besitz und Eigentum zusammen. Bei Giralgeld fallen Besitz (bei der Bank) und Eigentum (weiterhin bei mir) dagegen auseinander. Es existiert lediglich ein Anspruch meinerseits (leider nur ein schuldrechtlicher; s. auch unten) gegen die Bank auf Auszahlung. Dieser Anspruch ist aber immer nur so gut, wie die jeweilige Bank zahlungsfähig, zahlungswillig und zahlungsbereit ist (wie man in der Eurozone bereits mehrfach sehen konnte; Beispiel: Zypern (Haircut bzw. Bail-In), Beispiel: Griechenland (Tageslimits)). Man gibt bei Giralgeld der Bank also sozusagen einen Kredit. Und erhält im Gegenzug (nur) eine (schuldrechtliche) Forderung gegen die Bank auf Aus- bzw. Rückzahlung.


    Die Banken handhaben dies übrigens gerne und in aller Regel völlig anders. Vergeben diese einen (hohen) Kredit (Beispiel: Immobiliendarlehen) lassen sie sich diesen nicht schuldrechtlich sondern dinglich (!) (via Grundschuld) absichern ! Oder gegen Hinterlegung anderer Sicherheiten (z. B. Sicherungsübereignung, Abtretung etc.)


    Es bestehen natürlich weitere signifikante Unterschiede im Verhältnis Bargeld versus Buchgeld (informationelle Selbstbestimmung, anonyme Zahlung, natürliche Grenze bzw. Schutz vor Negativzinsen der ECB, Schutz vor Bail-Ins usw.). Dies würde aber hier zu weit führen.


    Im Sinne einer deutlichen und präzisen Sprache - aber auch bei meinen eigenen Geldanlagen - trenne und unterscheide ich jedenfalls sauber zwischen Giralgeld (Buchgeld) und Bargeld.


    Das ist aber nur meine bescheidenen Meinung zu diesem Thema.

  • Hallo Sovereign,


    ohne das Thema weiter vertiefen zu wollen unterstelle ich einmal, Sie haben recht.


    Allerdings, was haben Sie von Ihrem Zentralbankgeld in Besitz und Eigentum, wenn Sie Sonntag früh beim Aufwachen hören, diese Geldscheine sind nur noch wertlose Zettel und Sie können Sie einige wenige davon unter bestimmten Randbedingungen gegen neue Zettel eintauschen?


    Die Geschichtsfreaks werden wissen, wie oft das in den letzten 100 Jahren in Deutschland vorgekommen ist.


    Deshalb, zerbrechen Sie sich nicht über Randthemen den Kopf.


    Gruß Pumphut

  • Pumphut


    Ich befürchte auch, daß ich recht habe mit der Differenzierung Bar- und Giralgeld ...


    Über "Randthemen" zerbreche" ich mir eher nicht den Kopf - für meinen Teil versuche ich a) die Dinge beim Thema "Geld und Finanzen" stets nüchtern, sachlich und realistisch zu sehen und b) bin ich gerne auch auf (unangenehme) Eventualitäten vorbereitet.


    Daher gehört zu meinem persönlichen Finanz-Mix (da mag natürlich jeder seinen Vorlieben folgen) neben Giralgeld auf Konten eben auch etwas Bargeld dazu - und bei dem Bargeld sind selbstverständlich auch andere Sorten dabei (um auch auf den von Ihnen angesprochenen Fall vorbereitet zu sein ...). Es gibt ja Sorten mit einer deutlich längeren Historie als ausgerechnet der Euro.


    Man muß übrigens kein "Geschichtsfreak" sein, um zu wissen, daß ein etwa 100jähriger in Deutschland allein seit 1923 zig Währungen erleben "durfte": Nach der Goldmark folgten die Rentenmark, die Reichsmark, die Alliierte Militärmark, die Deutsche Mark, die DDR-Mark (Ostdeutschland) - und im Moment haben wir gerade den Euro ...


    Papiergeld kann übrigens nicht nur über Nacht wertlos werden (oder sozusagen abgeschafft werden - jedenfalls gewisse Scheine siehe den 500-Euroschein durch die ECB), sondern auch schleichend sprich sukzessive via "Finanzieller Repression" real entwertet werden; etwa wenn die Zinsen dauerhaft unter der Inflationsrate liegen oder gehalten werden (= negativer Realzins) - was überschuldeten oder hochverschuldeten Staaten nicht ungelegen kommen dürfte. Im Gegensatz zum Bürger, Sparer, für sein Alter Vorsorgenden usw. der - wie in Deutschland oft üblich - in Nominalwerten spart und anlegt.


    Gruß Sovereign

  • Daher gehört zu meinem persönlichen Finanz-Mix (da mag natürlich jeder seinen Vorlieben folgen) neben Giralgeld auf Konten eben auch etwas Bargeld dazu - und bei dem Bargeld sind selbstverständlich auch andere Sorten dabei (um auch auf den von Ihnen angesprochenen Fall vorbereitet zu sein ...). Es gibt ja Sorten mit einer deutlich längeren Historie als ausgerechnet der Euro.


    Man muß übrigens kein "Geschichtsfreak" sein, um zu wissen, daß ein etwa 100jähriger in Deutschland allein seit 1923 zig Währungen erleben "durfte": Nach der Goldmark folgten die Rentenmark, die Reichsmark, die Alliierte Militärmark, die Deutsche Mark, die DDR-Mark (Ostdeutschland) - und im Moment haben wir gerade den Euro ...

    Nun,

    die Geschichte hat ja gezeigt, dass es auch immer wieder Zeiten gab, in denen der Besitz von 'Fremdwährungen' oder Gold durch die jeweiligen Regierungen verboten war.

    z.B. Verbote des Besitzes von Gold: Goldverbot – Wikipedia

    Devisenverkehrsbeschränkungen:

    Devisenverkehrsbeschränkung – Wikipedia

    Devisenfahndungsamt – Wikipedia


    Um es kurz zu machen. Wir sollten alle aktiv daran arbeiten, dass es nie wieder so weit kommt.

  • Die - mehr oder weniger verzweifelten - Versuche und Regelungen (von Goldbesitzverboten bis hin zu Devisenverkehrsbeschränkungen) von Staaten durch die Finanzgeschichte hinweg sind mir natürlich bekannt. Diese erzeugen aber meistens ebenso heftige Gegenbewegungen und/oder Ausweichreaktionen der Bürger, Sparer, Anleger etc. (bis hin zur Kapitalflucht und/oder Verlagerung des Standortes). Um nur ein einziges Beispiel zu nennen: Bei dem amerikanischen Goldbesitzverbot gab - trotz der Androhung hoher Gefängnistrafen - nur ein Bruchteil der US-Bürger sein Gold bei der Regierung (zu dem staatlich festgelegten niedrigen Preis) ab ...

    Um es kurz zu machen. Wir sollten alle aktiv daran arbeiten, dass es nie wieder so weit kommt.

    Das sehe ich ebenso. Dazu würde aber zwingend gehören, daß unser Geld (Euro) wieder die drei Geldfunktionen erfüllt (eine andere Definition als die folgende habe ich nämlich noch nie gefunden): Also neben Zahlungsmittel (Tauschfunktion) und Wertmaßstab (Recheneinheit) auch wieder zum Wertaufbewahrungsmittel wird (Schatzcharakter des Geldes). Wie diese - für Bürger und Sparer so wichtige Funktion - ein Geld erfüllen soll, daß seit dem Jahr 2009 einen negativen Realzins liefert (der über die Jahre übrigens immer noch negativer geworden ist, dabei ist auch kein Ende in Sicht ...), erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht so recht.


    Eventuell gibt es aber noch eine andere Definition von Geld, die mir bislang in der Fachliteratur nicht begegnet ist ... ?

  • ...Wertaufbewahrungsmittel wird (Schatzcharakter des Geldes). Wie diese - für Bürger und Sparer so wichtige Funktion - ein Geld erfüllen soll, daß seit dem Jahr 2009 einen negativen Realzins liefert (der über die Jahre übrigens immer noch negativer geworden ist, dabei ist auch kein Ende in Sicht ...), erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht so recht.

    War das jemals wirklich so? :/

    Die reale Rendite (also das Delta aus Zins und Inflation) war bereits in vielen Dekaden negativ. Und das im Zuge der Finanzkrise die Zinsen nahezu weltweit auf '0'-Gesunken sind ist nun wahrlich kein Phänomen der Eurozone. Irgendwie scheinen die Industrienationen da alle in einem Boot zu sitzen.

    Das Problem sehe ich viel mehr darin, dass wir Deutschen 'traditionell' eher ein Volk der Sparer als der Investoren sind. An den niedrigen Zinsen und er hohen Inflation kann ich nichts ändern, sehr wohl aber in der Weise wie ich mein Geld investiere.

    Frei nach dem Motto 'Leg nicht alle Eier in einen Korb' sollte man eben einen Teil seines Geldes investieren statt stumpfsinnig zu sparen.

  • War das jemals wirklich so? :/

    Bin zwar nur interessierter Laie habe aber - neben 50 Jahren praktischer Erfahrung mit solchen Themen - einige Hundert Bücher zu "Geld, Finanzen und Währungen" immerhin auch gelesen. Dann müßte ja die Definition von Geld mit den drei Geldfunktionen (wie gesagt, eine andere Definition ist mir nie begegnet) aus sämtlichen Büchern verschwinden und/oder durch eine andere ersetzt werden ... ?!

    Die reale Rendite (also das Delta aus Zins und Inflation) war bereits in vielen Dekaden negativ.

    So pauschal stimmt dies nach meinen Recherchen (und auch Erfahrungen) nicht. Dieses Delta gab es - wenn überhaupt - immer nur temporär. Selbst dann war der Realzins nur leicht im Minus. Zudem: Man konnte dies so gut wie immer über längere Laufzeiten bei der Anlage (Illiquiditätsprämien) kompensieren. An Realzinsen, die derart langen Zeit und so weit im negativen Bereich liegen, kann ich mich nicht erinnern.

    Und das im Zuge der Finanzkrise die Zinsen nahezu weltweit auf '0'-Gesunken sind ist nun wahrlich kein Phänomen der Eurozone. Irgendwie scheinen die Industrienationen da alle in einem Boot zu sitzen.

    Es gibt einige strukturelle Gründe für das gesunkene Zinsniveau (das zu vertiefen würde hier zu weit führen). Auch die Finanzkrise sowie im Euroraum die Eurokrise haben zusätzlich via der Notmaßnahmen der Notenbanken (Leitzinssenkungen, QE in Billionenhöhe) das Zinsniveau runtergedrückt. Was so sicher auch beabsichtigt war. Nichtsdestotrotz gibt es da erhebliche Unterschiede, wie ein Blick auf die USA versus Japan zeigt - um nur ein Beispiel zu nennen.


    Wie sehr da seitens der EZB in die Märkte eingegriffen wurde (um nicht zu sagen die Märkte nahezu außer Kraft gesetzt wurden) zeigt die Tatsache, daß ein Land wie Greece (!) sich teilweise zu niedrigeren Zinsen (!) verschulden konnte (und eventuell immer noch kann, müßte ich mal nachschauen) als die größte und stärkste Volkswirtschaft der Welt die USA (!). Das ist nach meinem Dafürhalten absurd.

    Das Problem sehe ich viel mehr darin, dass wir Deutschen 'traditionell' eher ein Volk der Sparer als der Investoren sind.

    Meines Erachtens tun und agieren sehr viele Deutsche beim Sparen und Anlegen noch so, als hätten wir die Deutsche Mark (und eine Deutsche Bundesbank, die stringent über den Geldwert wacht) also halbwegs stabiles Geld (ähnlich wie der Schweizer Franken; zwar beides - DM und Franken - auch nur Papiergeldwährungen - aber eben die noch am "wenigsten schlechten" von den Papiergeldwährungen).


    Nur so ist für mich erklärbar, daß wir im internationalen Vergleich regelmäßig sowohl bei den Aktienquoten (letzte mir erinnerliche Zahl < 20%) als auch bei der Wohneigentumsquote (m. W. letzter Platz in der gesamten Eurozone) stets weit oder ganz hinten landen.


    Der Euro befindet sich meines Erachtens auf dem schleichenden Weg zu einer Schwach- bzw. Schwundwährung (eine Art der Liraisierung sozusagen) - da ist der typische deutsche Weg überwiegend auf Nominalwerten zu setzen kein besonders guter (wie Sparbuch, Tages-und Festgelder, Lebensversicherungen etc.).

  • Nur so ist für mich erklärbar, daß wir im internationalen Vergleich regelmäßig sowohl bei den Aktienquoten (letzte mir erinnerliche Zahl < 20%) als auch bei der Wohneigentumsquote (m. W. letzter Platz in der gesamten Eurozone) stets weit oder ganz hinten landen.

    Das hat andere Gründe. Der typische Deutsche ist risikoscheu bis zur Selbstgefährdung. Die letzten beiden Jahre sollten das zur Genüge gezeigt haben. Die offensichtlichen Risiken werden krampfhaft vermieden während die nicht so offensichtlichen Risiken gekonnt ignoriert werden. Bei der Geldanlage dasselbe in Grün. Aktien könnten Verlust einfahren, aber hohe Kosten und Garantiezinsen unterhalb der Inflationsrate werden es auf jeden Fall tun.


    Und ein Eigenheim ist keine gute Geldanlage. Zum einen ist das Vermögen gebunden und kann nur als ganzen zu Geld gemacht werden, mit der Konsequenz dass man aus der eigenen Wohnung fliegt. Zum anderen sind die Wertsteigerungen langfristig deutlich schlechter als die letzten 10 Jahre. Und dann klafft eine gewisse Lücke zwischen "Eigenheim-Standard" und "Mieter-Standard". Mit dem Ergebnis dass die allermeisten Eigenheime teurer sind als nötig.

  • Meines Erachtens tun und agieren sehr viele Deutsche beim Sparen und Anlegen noch so, als hätten wir die Deutsche Mark (und eine Deutsche Bundesbank, die stringent über den Geldwert wacht) also halbwegs stabiles Geld (ähnlich wie der Schweizer Franken; zwar beides - DM und Franken - auch nur Papiergeldwährungen - aber eben die noch am "wenigsten schlechten" von den Papiergeldwährungen).

    Schau dir mal die Inflation der DM zwischen 1970 und der Euro-Einführung an und vergleiche sie mit der Inflation des Euro bis 2020...

  • Schau dir mal die Inflation der DM zwischen 1970 und der Euro-Einführung an und vergleiche sie mit der Inflation des Euro bis 2020...

    Bitte keine Fakten.

    So etwas etwas passt einfach nicht in das Weltbild. Die Zahlen heutzutage sind ja ohnehin nur 'fake' von willfährigen Statistikern und spiegeln nicht die Realität wieder.

    Und außerdem war früher ohnehin ALLES besser.

    Das weiß doch jeder!;)