Anleihen-ETF mit langer Laufzeit - Was tun?

  • Liebe Community,


    ich habe eine Frage zu einem Anleihen-ETF, dem dem Staatsanleihen von Euro-Ländern mit langer Laufzeit zugrunde liegen (Xtrackers II Eurozone Gov Bond 25+ UCITS ETF 1C).


    Ich habe eine nicht ganz unerhebliche Summe in einen solchen ETF investiert, der sich momentan schlecht entwickelt (ca. 19 % Verlust in den letzten 2 Jahren). Zudem sehe ich mit gewisser Sorge, dass sich so langsam eine Zinswende am Horizont abzeichnet, die ja wegen der langen Laufzeit auch einen erheblichen Wertverlust von langlaufenden Anleihen-ETFs nach sich ziehen wird. Allerdings habe ich selbst einen langfristigen Anlagehorizont und keine Schmerzen, die betreffenden ETFs 20 Jahre liegen zu lassen. Würdet ihr mir bei einem so langen Anlagehorizont eher raten, abzuwarten oder lieber das Geld jetzt (mit ca. 20% Verlust) rauszunehmen und in Aktien-ETFs zu reinvestieren?


    Vielen Dank für eure Einschätzungen


    BG

    Alex

  • Hallo Alex1990! und Herzlich-Willkommen im FT-Forum,

    Allerdings habe ich selbst einen langfristigen Anlagehorizont und keine Schmerzen, die betreffenden ETFs 20 Jahre liegen zu lassen. Würdet ihr mir bei einem so langen Anlagehorizont eher raten, abzuwarten oder lieber das Geld jetzt (mit ca. 20% Verlust) rauszunehmen und in Aktien-ETFs zu reinvestieren?

    Anleihe-ETF und Aktien-ETF sind ja völlig verschiedene Risikoklassen.:/

    Schon seit einigen Jahren wird Privatanlegern empfohlen der 'sicheren' Teil des Vermögens in Tages- oder Festgeld zu halten.

    Die Frage wäre, was Du seinerzeit mit der Investition mit den Anleihe-ETF erreichen wolltest?

  • Hallo Alex1990! , willkommen im Finanztip-Forum.


    Lt. Factsheet hat der ETF eine Duration von > 23, d.h. bei einer Steigerung des Marktzinses um weitere 1% würde der Kurs (theoretisch) um weitere rund 23% fallen. https://etf.dws.com/de-de/LU02…ent-bond-25-ucits-etf-1c/


    Ob Du das aussitzen möchtest kannst Du nur selbst entscheiden. Ich würde wahrscheinlich eher auf kürzere Laufzeit oder geschützte Einlagen umsteigen sofern ich in der Risikoklasse bleiben möchte.

    in Aktien-ETFs zu reinvestieren?

    Standardantwort wäre, dass FT bei einem Anlagehorizont > 15 Jahren zu breit gestreuten Aktien-ETF rät, allerdings eben je nach Risikoneigung als Mischportfolio mit Tages-/Festgeld. Daher gibt es auch für die Frage keine pauschale Antwort, sondern es muss sich an der persönlichen Vermögenssituation orientieren.

  • Anleihe-ETF und Aktien-ETF sind ja völlig verschiedene Risikoklassen.

    Und Anleihe-ETF mit langen Restlaufzeiten ist eine ganz andere Risikoklasse als Anleihe-ETF mit kurzen Restlaufzeiten. Wenn z.B. Kommer von Anlage-ETF als Sicherheitsbaustein spricht, dann meint er sowas: Lyxor EuroMTS Highest Rated Macro-Weighted Government Bond 1-3 mit der prickelnden Aussicht auf regelmäßige kleine Verluste (spätestens nach Inflation). Der Langläufer von Alex1990! hat Risikokennzahlen, die von einem Aktien-Welt-ETF gar nicht mehr weit entfernt sind. Und das, obwohl wir über Staatsanleihen Eurozone reden, wenn auch nicht ausschließlich "highest-rated".

  • Hallo zusammen,

    m.E. machen Langläufer Anleihen wenig Sinn, dann besser Tages- oder Fesrgeld.


    Das Zinsänderungsrisiko wird m.E. z.Z. ständig höher.


    Wenn es auch um Inflationsschutz geht und größer 10 bis 15 Jahre Zeit, dann MSCI World.

    (Um es einfach zu halten).


    LG

  • Wie kommt man auf die Idee bei der seit Jahren vorhandenen Zinsumgebung einen derartigen aus festverzinslichen Papieren bestehenden ETF zu kaufen? Mich würde mal interessieren wie es dazu kam. Möglicherweise liegt ja eine Falschberatung vor.

  • Also eine Falschberatung liegt hier leider nicht zugrunde. Eher eine eigene Fehleinschätzung, aus Basis der Wertentwicklung der letzen Jahre. Die Frage ist für mich eher, ob es ggf. Sinn ergibt, so lange abzuwarten, bis man vielleicht einmal wieder im Plus landet oder ob es - wegen des historisch niedrigen Zinsniveaus - selbst in 20 Jahren rechnerisch allenfalls möglich ist, dass die ETFs wieder in etwa auf dem Stand von vor zwei Jahren landen können, weil weniger als Null % Zinsen eben denklogisch nicht in Frage kommt und die Wertentwicklung eben maßgeblich an das Zinsniveau gebunden ist. Dann wäre es aus meiner Sicht ja sinnvoller die 20% Verlust zu verschmerzen und - wie ihr anregt - in Kurzläufer bzw. andere Asset-Klassen umzuschichten. Andererseits dürften nach meinem Verständnis - weil die Anleihen von Staaten des Euroraums mit guter Bonität zugrundeliegen - ja durchaus möglich sein, dass die zugrundeliegenden Staatsanleihen in 15-20 Jahren an sich einfach werthaltiger sind, weil die Volkswirtschaften bis dahin gewachsen sind. Oder habe ich da einen Denkfehler?


    Danke und VG

  • Oder habe ich da einen Denkfehler?

    Vielleicht. Bei diesen ETF ist es so, dass die Laufzeiten gerollt werden, d.h. wenn die Bonds einige Jahre im ETF waren fallen sie in die nächste Laufzeitkategorie und werden verkauft. Dabei entsteht ein tatsächlicher Verlust, d.h. der im Preis des ETF abgebildete Buchverlust wird realisiert. Mit dem dann niedrigeren Kapital werden dann neue Bonds mit dann höherer Verzinsung gekauft. Wenn die Zinsen dann wieder fallen kommst Du in die Zone zurück, die Dich einst zum Kauf gebracht haben, steigen die Zinsen weiter fällt der ETF weiter. Irgendwann ist ein Hochpunkt aber erreicht.


    Fazit: mit so einem Produkt sicherst Du Dir für einige Jahre das aktuelle Zinsniveau. Das kann gut sein (sinkende Marktzinsen) oder schlecht (steigende Zinsen). Im Grundsatz ist so ein Produkt nichts schlechtes, da lange Zinsbindung hohe Zinsen bringt, allerdings mit höheren Ausschlägen als Kurzläufer. Im Moment ist halt durch die Politik der EZB alles verbogen.


    Reine Spekulation: Aufgrund der Verschuldungssituation kann die EZB keine höheren Zinsen für die Staaten zulassen. Es gab hier schon eine irritierende Äußerung in der Richtung trotz der hohen Inflation. https://www.bloomberg.com/news…ivate-if-bond-yields-jump Insofern würde ich mir wenig Hoffnung in Richtung einer auskömmlichen Verzinsung machen.

  • Nach meiner Meinung bringt Abwarten nichts. In der Zeit eilt eine rentablere Geldanlage davon. Da schaut man dann nur neidisch hinterher.

    20% Minus ? Da liegen im Moment auch andere Geldanlagen ähnlich.

    Gruß


    Altsachse

  • Die Duration ist das ist das was mich abschrecken würde. Wie wahrscheinlich ist, dass die langfristigen Zinsen um 1% oder 2% steigen? Gar nicht mal so unwahrscheinlich, wie sind immer noch in einer Niedrigzinsphase, wenn auch vermutlich an deren vorläufigem Ende. Dann fährt so ein vermeintlich sicherer Fonds mal schnell 30% Verlust ein. Das sind Verhältnisse, die passen besser zu einem Aktienfonds.

  • 1. Wie die Zinsen in 20 Jahren sind, weiß ich leider auch nicht. Darauf würde ich noch nicht einmal spekulieren.


    2. Ja, ich würde den Fonds schnell verkaufen. Der war toll, solange die Zinsen gefallen sind und den darf man nur halten, wenn man weiter fallende Zinsen erwartet.


    3. Ob ein Wechsel in eine andere Assetklasse sinnvoll ist, hängt von Deiner sonstigen Aufteilung aller Deiner Anlagen ab und Deiner Risikotragfähigkeit. Generell bin ich jedoch der Meinung, man soll sich erst überlegen, welche Anteile des Vermögens in welche Risikoart sollen und erst dann konkrete Produkte suchen.


    4. Falls Du in der Assetklasse bleiben willst: Hast Du schon mal überlegt, direkt Anleihen zu kaufen? Dann hast Du nicht das ständige Rollen der Laufzeiten, sondern kennst den Kurs zum Rückzahlungstermin.


  • Danke für den Input. Ja, ich denke, ich werde den Fonds zeitnah verkaufen. Die Frage ist nur, ob es vielleicht Sinn ergibt, auf eine kurzfristige leichte Erholung zu hoffen, weil sich die EZB mit einer Zinserhöhung so ziert oder besser heute als morgen zu verkaufen. Aber das ist natürlich reine Spekulation.


    Ja direkter Erwerb von Anleihen ist eine Option, die ich alternativ in Betracht ziehe.

  • Wenn Du Dich nicht entscheiden kannst, dann verkaufe doch eine Hälfte sofort und die andere Hälfte zu einem fixen Datum oder bestimmten Ereignis. Dann kannst du hinterher auch noch auf dem Kontoauszug sehen, was besser gewesen wäre.


    Es besteht sonst die Gefahr, dass man es nie tut, weil man immer noch auf irgendeine Sache wartet.