Hallo RiSky , mein Verständnis zur ursprünglichen Frage ist wie folgt:
Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. So steht es in §6 GG. Innerhalb der Ehe sollen die Ehepartner selbst über die Verteilung von Aufgaben und Pflichten entscheiden können.
In der einen Ehe gehen beide gleichviel arbeiten und teilen sich (hoffentlich) Haushalt etc.
In einer anderen Ehe geht ein Ehepartner arbeiten, der andere kümmert sich überwiegend um Haushalt etc.
Besteuert werden sollen die Familien nach Leistungsfähigkeit. Wenn in beiden Familien in der Summe das Gleiche verdient wird, sollen beide die gleiche Steuer zahlen. Das wird nur durch Splitting erreicht.
Zur Leistungsfähigkeit gehören natürlich auch die Kinder. Diese werden nicht im Splitting berücksichtigt, sondern durch Kindergeld, Kinderfreibeträge, Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten etc.
Abgerechnet wird in der jährlichen Steuererklärung. Dort ist die vorherige Wahl der Steuerklassen irrelevant. Die Steuerklassenwahl soll nur helfen, dass die Lohnsteuerbelastung möglichst nah an die Jahressteuer heran kommt, also nur geringe Nach- und Rückzahlungen stattfinden. Wenn beide zu je etwa 50% zum Familieneinkommen beitragen ist Steuerklasse IV/IV sinnvoll, das entspricht Klasse I.
Wenn sich das Einkommen etwa 60%/40% aufteilt, ist Steuerklasse III/V passend. Hier wird der Besserverdienende entlastet und der Wenigerverdienende belastet, in der Summe passt das zur erwarteten Steuer der Steuererklärung. Vor einigen Jahren wurde das Faktorverfahren eingeführt, um die Lohnsteuer noch genauer auf die Einkommensverteilung abzustimmen.
Rechnerisch passt das bei der Betrachtung der Familie als Ganzes soweit gut.
Kritikpunkt ist wohl insbesondere, dass das nur dadurch rechnerisch passt, dass der Besserverdienende (traditionell eher der Mann) entlastet wird und der/die Wenigerverdienende belastet wird. Wenn der Mann der "Ernährer" der Familie ist und die Frau nach der Babypause wieder etwas hinzu verdienen will, wird sie mit einem sehr hohen Steuersatz belastet ("Lohnt sich das überhaupt, bleibe doch bei KKK").
Das ist systemisch richtig, denn jeder hinzuverdiente Euro muss zum Grenzsteuersatz der Familie besteuert werden, egal ob die Frau etwas hinzuverdient oder der Mann sein Gehalt steigern kann. Das Gerechtigkeitsgefühl zwischen den Eheleuten trifft es definitiv nicht.
Dieses zu ändern würde aber vermutlich einen Systembruch erfordern. In dem Moment, in dem die Frau etwas hinzuverdient, müsste sich die Lohnsteuer beim Mann erhöhen, damit die Frau eine gerechte Steuer zahlt. Die Gehälter der Eheleute müssten also unterjährig in einer Datenbank zusammen fließen, um den richtigen Steuersatz des Familieneinkommens zu ermitteln und den Arbeitgebern zur Verfügung zu stellen. Dafür gibt es vermutlich derzeit keine vernünftige Lösung.