Arbeitslosengeld

  • Hallo, ich bin 54 Jahre und würde mein Arbeistlosengeld erst mit 55 Jahren beantragen, so dass ich 18 Monate das Geld erhalte. Ist das statthaft oder muss ich mit der Meldung in arbeitslos das Arbeitslosengeld beantragen?

  • Nach § 137 Abs. 2 SGB III kann bis zur Entscheidung über den Anspruch die antragstellende Person bestimmen, dass der Anspruch nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll.


    Ob damit jedoch verbunden ist, dass Du dann ein Vierteljahr länger Arbeitslosgengeld beziehen kannst, muss Du unbedingt mit der Arbeitsagentur abklären! § 147 Abs. 1 Nr. 2 SGB III könnte so ausgelegt werden. Aber klär das direkt mit der Arbeitsagentur, um Enttäuschungen vorzubeugen.

  • In einem Artikel hier (bezugsdauer-arbeitslosengeld) steht, dass der einmal erworbene Anspruch nach seiner Entstehung 5 Jahre bestehen bleibt. Im SGB3 steht aber 4 Jahre. Ein Fehler? Bedeutet das, dass bei kurzzeitigem Bezug von ALG1 ab 1 Januar 2012 ab 31.12.15 der gesamte Rest (zum Beispiel 11 Monate) noch bezogen werden kann. Bei Antrag am 1.1.16 aber alles verfallen ist? Danke & Gruß

  • § 142 Abs. 1 SGB III (Anwartschaftszeit) verweist auf die Rahmenfrist (§ 143 SGB III).


    Und § 143 SGB III definiert in drei Absätzen, was unter der Rahmenfrist zu verstehen ist.
    In § 143 Abs. 3 SGB III steht, dass die Rahmenfrist spätestens fünf Jahre nach ihrem Beginn endet.
    Hier werden bestimmte Zeiten (Bezug von Übergangsgeld wegen berufsfördernder Maßnahmen) nicht gewertet.


    Spätestens nach fünf Jahren ist in diesen Fällen der Anspruch auf Arbeitslosengeld erschöpft.


    Für die vorstehende Frage von @Paraguay müsste geprüft werden, ob Übergangsgeld bezogen wurde.
    Ohne diese besondere Situation beträgt die Rahmenfrist gem. § 143 Abs. 1 SGB III nur zwei Jahre.

  • ...ich möchte dazu noch mal mit meinem konkreten Beispiel nachfragen:
    Ich will aufhören zu arbeiten.
    Ich würde mich dazu bei der Arbeitsagentur melden und mein Arbeitslosengeld 1 berechnen lassen.
    Ich würde die Agentur jedoch auch gleich darüber informieren, dass ich für mind. 2 Jahre kein Arbeitslosengeld beziehen möchte (weil ich in dieser Zeit keine neue Arbeit annehmen möchte).
    Für wie lange wäre die aktuelle Berechnung gültig?
    Und zweite Frage:
    Ich kündige aus freien Stücken - erwarte eine Sperrzeit.
    Wird diese Sperrzeit nach den 2 Jahren, wenn ich dann ALG 1 beantrage, noch wirksam?
    Schöne Grüße
    Gerfried (53 Jahre)

  • Gerfried:


    Hier scheint mir ein grundlegendes Missverständnis vorzuliegen. Die Arbeitslosenversicherung ist nicht eine Einrichtung, die man nach Belieben dazu benutzen kann, um sich finanziell schadlos zu halten, falls man noch zu jung für die Rente ist...


    Wenn Sie mit 53 Jahren aufhören wollen zu arbeiten, dann tun Sie das doch!
    Aber dann finanzieren Sie Ihren Lebensunterhalt aus anderen Quellen - und nicht auf Kosten der Solidarkasse der Beitragszahler.


    Arbeitslosigkeit im Sinne des SGB III bedeutet gem. § 138 Abs. 1:


    (1) Arbeitslos ist, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und


    1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit),
    2. sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und
    3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).


    Damit sind Sie gar kein Arbeitsloser im Sinne des SGB III, wenn Sie einfach nicht mehr arbeiten wollen.


    Dass der Anspruch auf ALG noch ein gewisse Zeitlang besteht, hat damit zu tun, dass unser Staat extrem sozial ist.
    Und wer sich z.B. selbstständig macht oder in eine Familienpause eintritt, soll nicht sofort seinen Anspruch verlieren, falls es mit der Selbstständigkeit nicht geklappt hat oder die Familienpause kurzfristig beendet wird.
    Das ist der Sinn der Rahmenfrist gem. § 143 SGB III.


    Natürlich kann diese Rahmenfrist auch missbraucht werden. Allerdings sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass die Konjunktur auf dem Arbeitsmarkt zurzeit sehr gut läuft.


    Deshalb sollten Sie sich nicht wundern, wenn Ihnen die Arbeitsagentur im Fall Ihrer (vorgetäuschten) Arbeitslosmeldung ziemlich schnell auch offene Stellen zuweist. (Das hängt natürlich davon ab, was Sie beruflich bisher gemacht haben.)


    Es gilt § 138 Abs. 5:


    (5) Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer


    1. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende
    zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder
    ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf,
    2. Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann,
    3. bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben, und
    4. bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.



    Wer einen der Punkte 1 bis 4 NICHT erfüllt, steht der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung!
    Folge: die Zahlung des Arbeitslosengeldes wird wieder eingestellt.


    Also: entweder vorgezogenen Ruhestand aus Ersparnissen/Vermögen finanzieren oder weiterarbeiten und weitersparen, bis es reicht...

  • @muc
    Danke für die Antwort. Aber ich glaube, dass meine Frage falsch verstanden wurde.
    Ich meine:
    § 161
    (2) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung vier Jahre verstrichen sind.


    Zitat Website der Agentur:


    Verjährung/Erlöschen des Anspruchs: Der erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld bleibt Ihnen nach seiner Entstehung vier Jahre lang erhalten. Das bedeutet, dass Sie innerhalb dieser Frist auf eine nicht verbrauchte Anspruchsdauer zurückgreifen können, falls Sie durch eine neue Beschäftigung oder durch andere Versicherungszeiten nicht erneut die Anwartschaftszeit erfüllen. Sind vier Jahre vergangen, kann der (Rest-)Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden.


    Ich war bereits einen Monat Arbeitslos und hatte einen Anspruch von 12 Monaten. Es sind also noch 11 Monate übrig. Nach der Arbeitslosigkeit war ich selbstständig und bin es noch.


    Meine Frage: Kann ich die 11 Monate noch 4 Jahre nach der ersten Arbeitslosigkeit beantragen,
    oder muss ich diese innerhalb der 4 Jahre aufbrauchen?


    Gruß

  • In § 161 Abs. 2 SGB III heißt es ja, dass der Anspruch vier Jahre nach seiner Entstehung nicht mehr geltend gemacht werden kann. Das bedeutet, dass Sie zurückrechnen müssen auf den Zeitpunkt der Entstehung.


    Das ist in Ihrem Fall der Zeitpunkt, zu dem Sie das erste Mal arbeitslos geworden sind.
    Und von diesem Tag zählt die Vierjahresfrist.

  • ....ja, das ist klar. Aber muss ich spätestens 4 Jahre nach diesem Datum die Meldung tätigen und kann dann anschließend 11 Monate beziehen, oder muss ich dies zum Zeitpunkt 4 Jahre - 11 Monate nach dem Enstehungszeitpunkt tun um dann innerhalb dieser 4 Jahre die restlichen 11 Monate zu beziehen?

  • So lange sie den Anspruch haben, können Sie diesen geltend machen.
    Es kommt nicht darauf an, wie lange die Dauer des ALG-Bezugs dann noch ist.


    Heißer Tipp: Fragen Sie bei der Bundesagentur nach!

  • Dankeschön für die Aussage.


    So heiß ist der Tipp aber leider nicht. Dort habe ich zwei konträre Antworten bekommen.


    Telefonisch: "Sie müssen sich innerhalb der 4 Jahresfrist Arbeitslos melden und können dann, über diese Frist hinaus, auf den Restanspruch zurückgreifen."


    Beraterin vor Ort: "Sie können ihren Restanspruch nur innerhalb der 4 Jahresfrist aufbrauchen.
    Nach diesem Stichtag verfällt ihr Anspruch, auch wenn Sie davor eine Arbeitslosmeldung tätigen."


    Deshalb habe ich mein Glück mal hier versucht.

  • Das ist natürlich erschütternd, wenn Sie von der zuständigen Behörde unterschiedliche Auskünfte bekommen...


    Meine Auskunft habe ich aufgrund des bloßen Gesetzestextes gegeben. Gesetze können jedoch unterschiedlich ausgelegt werden. Dies ist hier so ein Fall.


    Nach meiner Lesart bedeutet "Geltendmachung des Anspruchs", dass der Berechtigte zu der Behörde (Bundesagentur für Arbeit) geht und sich dort arbeitslos meldet und Arbeitslosgeld beantragt. Das ist für meine Begriffe die "Geltendmachung".


    Der Zeitraum, für den ihm dann das Arbeitslosengeld zusteht, richtet sich nach der individuellen Situation (bereits verbrauchter Zeitraum. Weiterbildungsmaßnahmen usw.) Ich kann nicht erkennen, dass der Gesetzgeber auch den Leistungszeitraum auf diese vier Jahre begrenzen wollte.


    Aber jetzt ist mein Interesse geweckt. Ich bin morgen sowieso an der Uni (da ich Jura studiere) und da werde ich in die Bibliothek gehen und diese Frage für Sie klären. im Kommentar zum SGB III ist dieser Absatz mit Sicherheit erläutert.

  • Paraguay:


    Also, ich lag mit meiner gestern Abend rein aus dem Gesetzestext abgeleiteten Beurteilung der Rechtslage richtig!


    Im Kommentar zum Sozialrecht (KSW/Mutschler, § 162 SGB III Rn. 14) wird erläutert, dass § 162 Abs. 2 SGB III das "Stammrecht" nicht zeitlich begrenzt.


    Die Vorschrift bestimmt nur die Frist, innerhalb derer der Anspruch geltend zu machen ist.
    Wenn die Geltendmachung rechtzeitig erfolgt ist (also innerhalb der Ausschlußfrist von vier Jahren), dann steht dem Berechtigten auch über den Vierjahreszeitraum hinaus die laufende Arbeitslosengeldzahlung zu.


    Dazu gibt es auch ein Urteil: Hessisches LSG vom 26.06.2006 - L 9 AL 1189/03.


    Sagen Sie der Sachbearbeiterin vor Ort einen schönen Gruß von mir: sie muss sich noch etwas mehr mit der Rechtslage befassen, damit sie künftig keine falschen Auskünfte mehr gibt.

  • Keine Chanche ... ich hab nen ähnlichen Fall und da wird das Sozialgesetz auch nicht befolgt.
    Dir bleibt nur der Klageweg....

  • Hallo zusammen,


    ich habe folgendes Problem:
    Ich bin Mutter einer heute zweijährigen Tochter und war bis zum 30.11.2014 in Elternzeit.
    Das Arbeitsverhältnis bei dem Arbeitgeber, über den ich in der Elternzeit noch beschäftigt war, habe ich zu diesem Termin beendet und habe dann zum 01.12.2014 eine neue (Vollzeit-) Beschäftigung begonnen.
    Ich habe dann vom neuen Arbeitgeber eine ordentliche, betriebsbedingte Kündigung zum 31.10.2015 erhalten und mich ab dem 01.11. arbeitslos gemeldet.


    Als ich letztes Jahr den Arbeitgeber wechselte tat ich das, um eine Arbeitsstelle in Wohnortnähe zu haben und mir die Pendelstrecke von 70 km zu ersparen, die ich vorher hatte.
    Dies war für die Betreuung meiner kleinen Tochter notwendig (ich bin alleinerziehend).
    Dafür habe ich ein um 400 Euro niedrigeres Bruttogehalt in Kauf genommen.


    Nun möchte die Arbeitsagentur mir die ALG I-Leistung zunächst sperren mit der Begründung, dass ich mich damals freiwillig verschlechtert habe.


    Kennt jemand vergleichbare Fälle?
    Ist die Agentur im Recht? Und wenn ja, wo kann ich das nachlesen?
    Und wenn nein, wo kann ich das nachlesen? ;)


    Besten Dank im Voraus und viele Grüße in die Runde!

  • "Der Berufswahlfreiheit kommt bei der Beurteilung des wichtigen Grundes iS des § 144 Abs 1 SGB 3 besondere Bedeutung zu. Zu dieser Freiheit gehört insbesondere, dass der Arbeitnehmer bei auf Dauer unzumutbaren Arbeitsbedingungen die Chance haben muss, einen - wenn auch zunächst nur befristeten - Arbeitsplatz mit günstigeren Arbeitsbedingungen zu erlangen, ohne den Eintritt einer Sperrzeit befürchten zu müssen."
    SG Fulda, Urteil vom 26. März 2003 – S 1 AL 313/02 –


    Berufsfreiheit im Grundgesetz: Art. 12 GG


    Wie du siehst, auch andere Verschlechterungen (von unbefristete zu befristete Arbeitsstelle) führen nicht automatisch zu einer Sperrzeit. Zu mal du sowieso durch ein geringeres Durchschnittseinkommen (im Vergleich zum Job, den du vor der Elternzeit hattest) ein geringeres Arbeitslosengeld bekommst, somit wirst du schon "bestraft" für das geringere Gehalt.


    Also unbedingt Widerspruch einlegen.


    Ein Tipp ist das Buch "Leitfaden für Arbeitslose - Der Rechtsratgeber zum SGB III" ISBN 9783943787498 vom Fachhochschulverlag, 20 €.

  • Hallo,


    mich würde interessieren, ob ich durch eine sozialversicherungspflichtige Nebentätigkeit (weniger als 15 Stunden die Woche) einen erneuten Anspruch auf Arbeitslosengeld erwerbe.


    Wenn ich es richtig verstehe, müssen nach § 27 Abs. 5 SGB III solange ich Arbeitslosengeld beziehe keine Beiträge an die Arbeitslosenversicherung gezahlt werden. Ich erwerbe also auch keine neuen Ansprüche.


    Nach dem Auslaufen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld müssen für die Nebentätigkeit aber wieder Beiträge gezahlt werden und ich erwerbe neue Ansprüche.


    Wenn ich also ein Jahr arbeitslos gemeldet war, die Nebentätigkeit ausgeübt habe und keine Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr hatte, kann ich erneut Arbeitslosengeld beantragen, oder?

  • Um einen erneuten Anspruch auf Arbeitslosengeld zu erwerben, müssen Sie erst einmal die Anwartschaftszeit gem. § 142 SGB III zurückgelegt haben.


    Das sind gem. § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III grundsätzlich 12 Monate versicherungspflichtige Tätigkeit.
    Damit ist Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung gemeint.


    Aufgrund Ihrer Nebentätigkeit während der Arbeitslosigkeit sind Sie jedoch versicherungsfrei. Daher zählt diese Tätigkeit auch nicht zur Erfüllung der Anwartschaftsfrist.


    Sie müssen daher erst einmal 12 Monate Arbeitslosenbeiträge zahlen, bevor Sie wieder Arbeitslosengeld beantragen können.
    Wenn Sie weniger als 15 Wochenstunden arbeiten, wird nach diesen 12 Monaten Ihr Anspruch auf ALG dementsprechend gering sein. Sie fahren also besser, wenn Sie ein normales Vollzeitarbeitsverhältnis aufnehmen.