Neobroker und die Sicherheit des Depots (nicht V-Kontos) bei einem Bestand > 20.000 €

  • Ich möchte mich hier mal kritisch zu der uneingeschränkten Empfehlung von Finanztip zu den Neobrokern: Finanzen.net Zero, Scalable Capital, Trade Republic, Flatex und Smartbroker äußern.


    Das Problem: Mit Ausnahme von Smartbroker, der z.Z. noch (Änderung in Planung) die deutsche Niederlassung der französischen Großbank BNP Paribas als Depotbank nutzt, werden die Depots bei den übrigen Brokern von relativ kleinen, jedenfalls nicht systemrelevanten Wertpapierhandelsbanken wie Baader Bank, Trade Republic Bank oder Flatex Bank verwaltet.


    Bekanntlich haftet der Einlagensicherungsfonds der Wertpapierhandelsbanken nur für Vermögenswerte bis zu 20.000 €. Wer jetzt denkt, macht doch nichts, denn das Depot ist als Sondervermögen des Kunden vor dem Zugriff des Insolvenzverwalters geschützt, dem antworte ich mit einem "Jein". Das liegt daran, dass in der Tat alle Wertpapiere, die sich im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung im Depot befinden geschützt sind, aber auch nur diese.


    Hat z.B. die Depotbank die Wertpapiere an Leerverkäufer verliehen, so werden sie zwar weiter auf dem Depotkonto des Depotinhabers virtuell verzeichnet sein, aber physisch sind sie seitens der Lagerstätte einem ganz anderen Eigentümer zugeordnet; in diesem Beispiel dem Käufer, der die Papiere vom Leerverkäufer erworben hat. Und das ist noch ein legaler Fall, dass Papiere nicht zurück gegeben werden können. Genauso denkbar ist der Fall, dass eine Bank zwar das Geld ihres Kunden erhält und die Papiere betrügerisch nur fiktiv im Kundendepot verbucht - analog einem Demodepot - , tatsächlich aber das erhaltene Geld für allgemeine Geschäftszwecke "verbrät". Weiter besteht auch die Möglichkeit, dass ein untreuer Angestellter der Depotbank die Wertpapiere unbemerkt veräußert und den Erlös auf sein eigenes Konto umleitet. Gerade bei älteren Menschen, die nicht täglich ihr Depot checken, ist dieser Fall schon öfters vorgekommen. Und jetzt sagt nicht, alles nur Theorie. Nein, der Einlagensicherungsfonds hat im Laufe der Jahre schon etliche Millionen € für solche Fälle aufgewandt.


    In allen drei Beispielen hätte der Kunde natürlich einen Schadenersatzanspruch gegen die Bank, nur ist der wegen der eingetretenen Insolvenz nicht durchsetzbar. Mein Aktiendepot dient der Altersvorsorge und weist z.Z. einen Bestand im sechsstelligen Bereich auf. Die Vorstellung, dass Anleger die Ersparnisse eines ganzen Lebens auf Grund einer nur bedingt guten Empfehlung von Finanztip pulverisieren, ist mir unerträglich.


    Ich möchte daher anregen bei 4 der 5 genannten Neobroker den Hinweis aufzunehmen, dass Depots oberhalb 20.000 € im Fall der Fälle unter bestimmten Voraussetzungen ungeschützt sind. Smartbroker nehme ich hier (z.Z. noch) aus, weil ich davon ausgehe, dass der französische Staat bei BNP Paribas auf Grund der Systemrelevanz eine Insolvenz verhindern wird.

  • Xenia getaggt für die Redaktion.


    Hierzu möchte ich anmerken, dass die Bedingungen der o.g. "4 von 5" Depotbanken die Wertpapierleihe nicht vorsehen. Ausnahme ist der Degiro-Teil von Flatex Degiro; dort ist die Wertpapierleihe ausdrücklich vorgesehen.


    Ferner erlaube ich mir die Wiederholung meines persönlichen Ratschlags, ab einer gewissen Depotgröße mehrere Depots bei unterschiedlichen Banken zu halten.