Vermögensaufbau Aktien/ETF vs. Tilgung Darlehen

  • Hallo zusammen,


    ich würde mich sehr über Eure Meinung freuen zu meiner Frage freuen.


    Zu mir: 39, verheiratet, 2 Kinder. Wir wohnen im Eigenheim. Das Darlehen läuft noch ca. 5 Jahre mit guten Konditionen (1,3%).

    Das Darlehen habe ich bisher nicht sondergetilgt und nebenher ansparen können. Aufgrund der guten Börsenentwicklung war dies die letzten Jahre deutlich lukrativer als die Sondertilgung. Aktuell stehen rd. 150k zur Verfügung, rd. die Hälfte ist in Aktien angelegt, der Rest liegt auf dem Girokonto. Monatlich können ca. 2k angespart werden.


    Ich möchte den Vermögensaufbau gerne langfristiger planen auch vor dem Hintergrund, dass wir in ca. 5 Jahren eine Anschlussfinanzierung benötigen. Ich habe folgende Optionen im Kopf:


    1) Sondertilgen was geht. Fokus Risikominimierung bei aktuell steigenden Zinsen.

    2) Anlage des Sparguthabens in breit diversifizierte ETFs. Monatliche Sparrate ebenfalls in ETFs investieren

    3) Anlage des Sparguthabens in Dividendenwerte. Monatliche Sparrate ebenfalls in Dividendenwerte investieren.

    4) ??


    Option 1) hat den Vorteil des geringsten Risikos. Allerdings möchte ich mein Vermögen nicht nur auf eine Assetklasse begrenzen.

    Option 2) wäre einfach umzusetzen, wenig Aufwand.

    Option 3) bedeutet mehr Aufwand ggü. 2), hätte aber den Vorteil, dass regelmäßige Dividenden einen gewissen Puffer darstellen, sollte die Immobilienfinanzierung teurer werden.


    Evtl. habt ihr noch eine ganz andere Idee? Ich freue mich auf Rückmeldungen.


    VG

    Max

  • Hallo Max,


    schwierig zu sagen, ohne mehr zu wissen (wie die Fragen, um was für eine Darlehenshöhe es eigentlich geht, was sonst an Vermögenswerten da ist, wie es um die Altersversorgung steht, wo der berufliche Status zwischen Selbstständigkeit und Beamtentum liegt, usw.).


    Grundsätzlich lautet die FT-Standardempfehlung, dass Schuldenabbau vor Vermögensaufbau gehen soll. Ich für mich sehe das anders - wir haben jetzt noch 14 Jahre mit 1,09 Prozent vor uns … da müsste anderswo eine höhere Rendite rauszuholen sein.

  • Hallo.


    Es sind wenig Daten bekannt, daher ist viel Mutmaßung dabei. Die 75K auf dem Girokonto würde ich in der Situation wahrscheinlich abzüglich eines Wohlfühlpuffers für Sondertilgungen verwenden, die investierten 75K würde ich investiert lassen. Was monatlich übrig ist würde ich wahrscheinlich in Puffer/Sondertilgung/Sparplan aufteilen.

    Je mehr getilgt ist, desto weniger schlägt ein höherer Zins ins Gebälk, daher würde bei meiner Aufteilung wohl relativ viel in Sondertilgungen gehen.

  • Danke für die Antworten.

    Noch ein paar weitere Infos.

    - Restschuld bei Laufzeitende: ca. 500k (allerdings ist das Haus auch rd. 1M wert).

    - Weitere Vermögenswerte: ETW, fast abbezahlt, Wert ca. 450k

    - Bin angestellter bei einem Konzern mit "stabilen" Aussichten


    Sondertilgung schön und gut. Aber bei 1,3% Zinsen erspare ich mir hier wenig. Zudem ist das Kapital "weg". Wäre es nicht sinnvoll zumindest die nächsten 5 Jahre in Aktien/ETFs zu bleiben. Diese sollten mindestens die 1,3% p.a. erwirtschaften. Bei der Umschuldung hätte ich dann die Flexibilität entweder mit dem Ersparten einen großen Batzen zu tilgen. Oder in Aktien zu bleiben.

  • Grundsätzlich würde ich (andere können das anders sehen) eher in ETFs als in Aktien investieren.


    Je kürzer der Anlagehorizont ist, desto spekulativer wird die Geschichte. 5 Jahre wäre mir zu kurz.


    Wenn die Finanzierung bezahlbar bleibt, auch wenn der Zins deutlich nach oben geht, dann gerne auf die Sondertilgungen verzichten. Darf jeder selbst entscheiden.


    Ich würde eher tilgen, aber das hätte ich auch schon, bevor 75K auf dem Girokonto aufgelaufen wären.

  • Fünf Jahre sind lang und kurz. Lang, weil in ihnen viel negatives an der Börse passieren kann; kurz, weil im Fall der Fälle wenig Zeit bleibt, das negative Ereignis auszugleichen.


    Würde persönlich mit max. der Hälfte riskant agieren und in Aktien (am liebsten in ETFs) bleiben … für den Rest wären evtl. bis zum Ende der Kreditlaufzeit laufende staatsnahe Anleihen eine Option, da sollte was für bald 3 Prozent Rendite im Jahr zu finden sein … und das wäre eine sehr sichere Möglichkeit, Geld mit höherer Rendite als normaler Tilgung für die Endfälligkeit anzulegen.

  • Ich würde auch auf jedem Fall eine nennenswerte Reduktion der Restschulden in 5 Jahren planen. Ein Rest kann in ETFs bleiben.


    Anlage auf einem Girokonto mach gar keinen Sinn (außer Liquiditätsreserve), dann besser gleich sondertilgen.

    Anlage in Aktien/ETFs für 5 Jahre ist reine Zockerei, würde ich (gerade jetzt) ganz sicher nicht machen.

    Tatsächlich würde ich sichere Anleihen kaufen. Die zahlen bei 2-5 Jahren Restlaufzeit 3-4% Rendite. Das ist deutlich mehr, als Dein Sollzins (auch nach Steuern), ohne hohe Risiken.

  • Evtl. habt ihr noch eine ganz andere Idee? Ich freue mich auf Rückmeldungen.

    Wie schon weiter oben zitiert, lautet die konservative Empfehlung, zuerst Schulden abzubauen und dann erst an den Vermögensaufbau zu denken. MMn sollte dies für Konsumschulden gelten; bei Hypotheken darf man ruhig etwas anders ticken ;)


    Ich sehe diese Sequenz (primär zu tilgen, danach Vermögen aufzubauen) nicht, also auch kein Entweder-Oder, sondern ein Und. Wenn ich eine Immo (sebst genutzt) an der Backe habe, dann habe ich mich - alternativ zum Miete Zahlen - auf einen Betrag zur Finanzierung eingelassen. Und eben diesen Betrag, auch wenn er nach Ablauf einer Zinsbindungsphase ansteigen mag, muss ich mir leisten können. Beim Vermögensaufbau ist der Faktor Zeit (Anlage- und Anspardauer) wesentlich; früh damit zu beginnen ist besser gut ;)


    Auch wenn man Finanzentscheidungen besser unter Berücksichtigung der sog. Gesamtsituation treffen sollte, und/oder seriöse Empfehlungen nicht ohne Kenntnis der 'Lage' aussprechen sollte, will ich mich doch ein wenig aus dem Fenster lehnen. Mir erscheint ein Cash Polster (Liquiditätsreserve) von 75k relativ zu hoch... es sei denn, ihr hättet - ohne Immos - Sachwerte von wenigstens einer halben Mio. und seht eine Notwenigkeit dafür, die Reserve auf diesem Niveau zu belassen. Daraus lässt sich ableiten, möglichst viel in Sachwerte (Aktien, Aktienfonds, Aktien-ETF) zu investieren und die angeschnittene 'Zockerei' mal schnell zu vergessen. Ich meine damit nicht, nicht zu investieren, sondern das Investieren nicht als Zocken anzusehen. Zocken tun die Doofen, die Unbedarften... Wer vernünftig investiert, der sucht sich seine Anlagevehikel mit Bedacht aus, beobachtet deren Entwicklung und Umfeld, und reagiert. Punkt. In diesem Zusammenhang solltet ihr mal über die Bedeutung von 'langfristig' nachdenken. Langristig in Aktien, Aktienfonds und/oder Aktien-ETF zu investieren bedeutet nicht, und hat noch nie bedeutet, Titel zu kaufen und diese quasi ewig zu halten. Langristig zu investieren bedeutet mMn, langfristig generell in solche Sachwerte zu investieren, wobei durchaus auch ab und an Gewinne mitgenommen werden können (ja, ich weiß... die Steuern und der verschenkte Steuerstundungseffekt...) und/oder Verluste vermieden werden sollten... durch Verkäufe der betroffenen Titel. Natürlich wissen 4 alle, dass das sog. Market Timing nicht wirklich funct, jedenfalls nicht ohne zuverlässige Kristallkugeln. Aber, man kann sich guten Zeitpunkten von Käufen und Verkäufen durchaus annähnern. Sollte eure Investition in 5 Jahren gerade nicht so prickeld im Kurs stehen und euch Buy & Hold besser zu Gesicht steht, und sollten Anzeichen vorliegen, dass ein Verkauf (von Teilen) gerade etwas ungünstig sein würde, dann lasst das Zeug laufen. Die Anschlussfinanzierung, auch wenn sie etwas teurer ausfallen könnte, wird wohl mit einem monatlichen Überschuss (2k?) auch zu stemmen sein, ohne dass das Kreditvolumen merklich reduziert werden wird.

  • JDS , ich kann Deine Sichtweise nachvollziehen. Sie gibt einige Denkanstöße, die bedenkenswert sind. Es ist aber definitiv eine Strategie, die merklich risikoreicher ist.


    Wenn Du die Zahlungen für die Finanzierung als Mietzahlung betrachtest, muss Dir bewusst sein, dass sich Deine Miete in 5 Jahren plötzlich weit mehr als verdoppeln kann/wird.


    Solange der Kredit nicht getilgt ist, hast Du doppeltes Risiko, nämlich Aktien- und Zinsrisiko. Und das (wg. long/short) auf erhöhte Beträge.


    Wenn Du eher getilgt hast, kannst Du eher Deine "Mietzahlungen" zum Investieren nutzen.

    Beim Vermögensaufbau ist der Faktor Zeit (Anlage- und Anspardauer) wesentlich; früh damit zu beginnen ist besser gut ;)

    Korrekt, aber der Faktor Zeit (Zinseszins) gilt eben auch für Kredite, nur eben mit negativer Wirkung.

    Wenn Du erst tilgst und dann investierst, investierst Du zwar später, kannst aber mehr investieren.

    das Investieren nicht als Zocken anzusehen.

    Investieren ist kein Zocken. Aber das Spekulieren auf Termin ist m.E. Zocken. Erst recht, wenn es auf Kredit geht.


    Übrigens ist Zocken nicht generell negativ gemeint. Es kann ja auch sehr ertragreich sein. Es kann aber auch sehr verlustreich sein.


    Vermutlich zocken wir alle hier auch, aber hoffentlich begrenzt! Wo die Grenzen sind muss natürlich jeder selbst entscheiden. Ich hoffe nur, dass es eine bewusste Entscheidung ist, nicht das zufällige Ergebnis einer laufenden Finanzierung o.ä.

  • Sie gibt einige Denkanstöße, die bedenkenswert sind. Es ist aber definitiv eine Strategie, die merklich risikoreicher ist.

    Moin Hornie,


    man wird ja wohl auch mal ein kleines bisschen provozieren dürfen, oder? Ich neige dazu, mir beide Seiten der Medaille anzusehen und die unterschiedlichen Varianten wenigstens mal kurz mit Bleistift auf Butterbrotpapier (oder mit Excel) zu berechnen. Dabei betrachte ich Nominalwerte und alternativ eine inflationsbereinigte Variante. Investieren auf Kredit, und das wäre es zweifelsohne auch in diesem Fall, ist in Schland verpönt... aber - egal woauf dem Blauen Planeten - 'goil'. Steckt dahinter nicht auch das Erfolgsprinzip der Banken?

    Wenn Du die Zahlungen für die Finanzierung als Mietzahlung betrachtest, muss Dir bewusst sein, dass sich Deine Miete in 5 Jahren plötzlich weit mehr als verdoppeln kann/wird.

    Sagt das der 'deutsche Michel', oder hast du das ausgerechnet?

    Übrigens ist Zocken nicht generell negativ gemeint. Es kann ja auch sehr ertragreich sein. Es kann aber auch sehr verlustreich sein.

    Im dritten Satz spricht ja schon wieder der 'Michel' ;-)... und zwar der 'Michel', der noch nienicht von Möglichkeiten gehört hat, wie und dass man Verluste begrenzen kann.

  • Ja klar, ich bin ein konservativer, deutscher Michel. Aber einer der investiert und auch immer wieder zockt (z.B. vermietete Immobilie 100% fremdfinanziert, 1% Tilgung). Man kann alles machen, wenn man seine Grenzen kennt, vorher klar definiert und auch einhält!


    Die Mietverdoppelung kann ich auch ohne Excel abschätzen: Bei 1,3% Zins + 1% Tilgung auf

    3,6% Zins + 1% Tilgung bist Du dort. Ich persönlich gehe aber von höheren Zinsen in 5 Jahren aus. Man darf aber auch nicht den Wert der Zinsfestschreibung unterschätzen: 5 Jahre lang gibt es keine Mieterhöhung (NK ausgeschlossen), egal wie hoch die Inflation ist.

  • Sondertilgung schön und gut. Aber bei 1,3% Zinsen erspare ich mir hier wenig.

    Letztendlich ersparst du dir hier vor allem Zinsen in der Anschlussfinanzierung. Mit 500k hast du da einen Brocken der viele Erstfinanzierungen übersteigt. Da würde ich mir zumindest ernsthaft Gedanken machen was für eine Belastung bei gewissen Zinssätzen auf euch zukommt und das mit in die Entscheidung einfliesen lassen. Die 1,3% auf 5 Jahre mögen nicht viel ausmachen. Aber 5% auf die nächsten 10 Jahre reichen um die Gesamtkalkulation wieder anders aussehen lassen. Man kann natürlich auch die Tilgung erst in 5 Jahren erhöhen und bis dahin das Geld an die Börse. Hängt von eurem Geschmack und eurer Schätzung für zukünftige Zinsen und Renditen ab.