Aktive Fonds halten oder verkaufen?

  • Liebes Forum,


    ich möchte mich genauer mit meinen Finanzen beschäftigen und habe in den letzten Wochen euer Forum und die Seiten und Videos von Finanztip/test (sehr hilfreich!) durchforstet. Trotzdem habe ich noch einige Fragen. Ich wäre Euch für Tipps sehr dankbar.

    Ich bin 55 und habe bei einer Volksbank neben Girokonto/Tagesgeld (ohne Zinsen) nicht unerhebliche Beträge in einigen UI-Fonds:

    UniEuro Aktien (seit Ende 2006: Gewinn +1555€)

    UniGlobal Div. NetA (seit Ende 2019: Gewinn +480€)

    UniNachhaltig Aktien Global Net (seit 2021: Verlust -2316€; Sparplan jetzt eingestellt)

    UniRak Nachhaltig NetA (seit Anfang 2015: Gewinn +9700€; seit 2021: Verlust -1600€; Sparplan jetzt eingestellt)

    UniRak Nachhaltig Konservativ NetA (seit Anfang 2018: Verlust -714€; seit 2021: Verlust -2800€; Sparplan jetzt eingestellt)

    UniStruktur (seit 2017: Verlust -70€)

    Privatfonds kontrolliert (seit 2013: Verlust -150€)

    UniImmo Wohnen ZBI (seit Mitte 2017: Gewinn 500€; seit Anfang 2018: Gewinn 17€, Sparplan jetzt eingestellt)


    Wenn dazu nähere Angaben notwendig sind, bitte fragen.


    Die Bank hat mir geraten, die Fonds mit niedrigem Aktienanteil in andere aktive UI-Fonds umzuschichten. Davon bin ich aber weniger begeistert. Ich überlege stattdessen in ETFs (Ishares MSCI World SRI) anzulegen (als Langzeitanlage zur Rentenaufbesserung) - neben einem Teil als Tages-/Festgeld. Die Frage ist ob ich die aktiven Fonds verkaufen soll. Nach einem Video von Saidi von Finanztip wäre der Verkauf von aktiven Fonds (mit schlechter Performance und hohen laufenden Kosten, was bei meinen ja leider zutrifft) und Kauf von ETFs am rentabelsten trotz ggf. Steuernachteilen und unabhängig vom Zeitpunkt (egal ob Kurse hoch oder niedrig, wie jetzt leider). Dieser Tipp war natürlich nur pauschal und wir haben jetzt eine besondere Situation (hohe Inflation, Kurse auf Talfahrt…). Ich wäre Euch sehr dankbar für Ratschläge:

    - ob es ratsam wäre die (alle?) aktiven Fonds zu verkaufen, und wenn ja wann (jetzt oder später)

    - ob es ratsam wäre den ETF jetzt oder später (bei noch niedrigeren Kursen) zu kaufen

    - ob es eine Option ist mit einem Teil meiner Rücklagen (Girokonto/Festgeld) jetzt (oder wenn die Kurse noch niedriger sind) ETFs zu kaufen und die (oder einige) Fonds später zu verkaufen (wenn die Kurse hoffentlich wieder gestiegen sind. Allerdings habe ich in dieser Zeit auch die hohen laufenden Kosten der aktiven Fonds… (und es kommt aufs Gleiche raus…)???


    Noch eine Frage zur Steuer: Werden beim Verkauf von Fonds Verluste mit Gewinnen verrechnet, wäre also nur die Differenz zu versteuern?


    Vielen Dank im voraus und viele Grüße!

  • Hallo PfUI , willkommen im FT Forum,

    fange mal von hinten an, Gewinne/Verluste werden gegen gerechnet.

    FT empfiehlt 1 weltweiten ETF, für mich ist das auch so ok.

    Teure Fonds verkaufen, ohne Rücksicht auf Steuer ist ok, warum? Irgendwann willst du sie los werden und je schneller je weniger Kosten. Einzige Variante wäre jetzt einen Teil verkaufen und den anderen Teil Anfang 2023, damit könnte man 2 Freibeträge nutzen.

  • Hallo PfUI

    willkommen hier im Forum. Leider hast Du zu sehr dem Berater von Union vertraut. Besser ist sicher die Hinweise bei Finanztip zu lesen, und dann die Sache in die eigenen Hände nehmen. Du hast da sicher schon die richtigen Schlußfolgerungen gezogen. Geld was Du investieren möchtest, ist sicher richtig, gleich anzulegen. Bei den Fonds ist es so, erst die Fonds verkaufen oder tauschen, die am schlechtesten rentiert haben. Es ist ja anzunehmen, das die ja auch in Zukunft nicht besser laufen werden.

    Wie ichbins schon geschrieben hat, die Sparerfreibeträge jedes Jahr 801€ nutzen. Wenn Fonds im Minus liegen, gehen auch keine Einkommensteuern ab. Aber möglichst zeitnah wieder anlegen.

    Ein kleiner Trost für Dich, bei mir sind auch einige Fonds im Minus. Allerdings rentieren meine Fonds insgesamt immer noch über + 5%. Meine aktiven Fonds kaufe ich über einen Fondsvermittler, da zahle ich keinen Ausgabeaufschlag. Bezw, ich kaufe nur solche Fonds wo ich 100% Rabatt auf den Ausgabeaufschlag bekomme. Unionfonds sind da bei mir nicht dabei.

    Bei Unklarheiten ruhig noch mal nachfragen.

    Gruß


    Altsachse

  • Hallo zusammen,

    m.E. haben Sie sich zur richtigen Zeit mit Ihrem Vermögen beschäftigt.

    Ein MSCI World reicht.

    In einem kostenlosen Depot mit kostenlosen Sparplan.

    Die Kurse sind „wunderbar unten“ eine gute Zeit zu wechseln.

    ….desto mehr man sich Finanztip ansieht je mehr kommt man zu dieser Entscheidung.

    Ein einfache Struktur macht was her.

    Geld ist ganz einfach…wenn man nach der Aktivität die Füße stillhalten kann.

    LG

  • Großen Dank für Eure Hilfe!


    adrianberg: richtige Zeit zum Kaufen, aber blöde Zeit zum Verkaufen ?


    Habe noch einige Fragen:

    Nach meinen bisherigen Recherchen bei Finanztip etc. (und wenn ich Eure comments richtig verstehe) geht es in Richtung ‚alles weg mit dem alten Union-Kram und World ETF kaufen‘. Frage aber lieber nochmal nach. Ich möchte keine groben Fehler machen (oder nicht nochmal). Vereinzelt gibt es aber die Meinung, dass der Uni Global (Div. NetA) nicht so schlecht wäre. Was meint Ihr Spezialisten dazu? Und wie genau ist das mit dem steuerlichen Vorteil des alten 2006 gekauften (UniEuro Aktien)? (wobei, bei beiden ist nicht so viel investiert. Traurig wird’s v.a. bei den beiden UniRak nachh. und Privatfonds kontr., da kommen mir die Tränen)


    Noch eine andere Frage. Ist es ok über 100000 (bzw. evtl. über 200000) in einen ETF zu stecken, bei einem Neobroker (also einer Bank)?


    LG und vielen Dank schonmal.

  • zu Deiner letzten Frage: Du spielst sicher auf die Einlagensicherung an. Aktien und ETF sind Sondervermögen und fallen nicht darunter. Deshalb kann man theoretisch auch über 100K in ein und demselben Depot bei einer Bank/Broker haben.

    Von FT gab es neulich erst ein Video, dass auch die Neos wie TR sicher sind. Es gibt aber auch kritischere Stimmen. Ich persönlich würde auch wirklich große Summen nicht einem Neo alleine anvertrauen sondern immer auf mehrere Depots splitten.

  • Hallo zusammen,

    m.E. sind die Neos unproblematisch.

    Stichwort Sondervermögen ist schon gefallen.


    Zu den Steuern hat Saidi schon mal eine treffende Auswertung gemacht.

    Die Gebühren bei der Union kosten einiges.

    Ich meine Saidi hat berechnet das in zwei drei Jahren der steuerliche Verluste ausgeglichen ist.


    Der Uni Global läuft wohl ordentlich. Das muss ja nicht so bleiben.

    Wenn er noch in einer Rüruprente steckt gibt es sicherlich deutlich schlimmeres.


    Wenn das ganze noch 15 Jahre reifen kann …ist der MSCI World eine gute Alternative.

    Mehr braucht es nicht.


    LG

  • Steuer, hier bekommst du einen Freibetrag da vor 2009 gekauft,

    Fonds, auch wenn er gut läuft bleiben die hohen Kosten,

    Hohe Einlagen ETF ist egal, da Sondervermögen, bei Pleite Broker wird dein Guthaben an einen anderen übergehen

  • richtige Zeit zum Kaufen, aber blöde Zeit zum Verkaufen ?

    Sehe ich anders. Wenn Du einen Tausch vornimmst (also Verkauf aktiver Fonds und gleichzeitig Kauf passiver Fonds) ist es zunächst egal, ob Du das zu hohen oder tiefen Kursen machst. Das Marktrisiko ist ja gleich.


    In der Nachsteuerbetrachtung ist es aber besser, dieses zu tiefen Kursen zu machen, da dann weniger Steuern anfallen, als wenn Du es nach einer Kurserholung machst! Also mache es jetzt.


    Hinzu kommt, dass ein früherer Tausch früher Kosten spart.


    Ich würde es wie ichbins machen: Jetzt fast alles verkaufen, nur eine Position mit einem Gewinn in Höhe von ca. 1000€ erst im Januar verkaufen/tauschen (FIFO-Prinzip bei Teilverkäufen einer Position beachten!).


    Bei dem Altbestand von 2006 beachten: Die Bank berechnet Dir zunächst Steuer, nicht vergessen, diese über die Steuererklärung 2022 zurück zu holen.

  • Ich habe heute meine UI-Fonds verkauft!!! Werde, sobald der Betrag eingegangen ist, ETF kaufen.

    Ganz herzlichen Dank für Eure sehr hilfreichen Beiträge!!!


    In diesem Zusammenhang ist noch eine andere Frage entstanden:

    Meine Eltern (ü80) haben ebenfalls UI-Fonds und würden auch gerne auf ETFs wechseln (nicht um sie selbst zu nutzen, sondern um sie mir später zu vererben). Allerdings haben sie eine NV-Bescheinigung, die sie nicht so gerne aufgeben möchten. Würde der Verkauf der Fonds selbst (>200.000) zur Überschreitung des Grundfreibetrags, d.h. zur Rückgabe der NV-Bescheinigung führen - oder die reinen Kapitalerträge aus den Fonds? Werden bei letzteren ebenfalls Gewinne und Verluste aufgerechnet (das wären ca. +7000€)? Wenn letzteres: Um die Rückgabe der NV-Bescheinigung zu verhindern, müsste man nur die Fonds o. Teile davon verkaufen damit der Freibetrag (den man noch offen hat) ausgenutzt wird? Und den Rest im nächsten Jahr/Jahren?

    Eine andere Überlegung wäre, die Fonds oder einige davon schon auf mich zu übertragen (Schenkung) so dass ich sie verkaufe und in ETFs anlege (und somit die Steuerlast der Gewinne beim Verkauf trage, aber ihre NV-Bescheinigung erhalten bleibt). Ist dies möglich/ratsam? Sind mit Fondsübertragungen (oder Depotübertragung) Kosten verbunden?

    Für Eure Erklärungen und Ratschläge bin ich sehr dankbar.

  • Für die NV-Bescheinigung zählt das Einkommen, also hier die reinen Kapitalerträge (genau, wieder mit Gewinn/Verlust-Rechnung, nach Teilfreistellung, also 70% der Gewinne bei Aktienfonds), die Depotgröße ist irrelevant. Wichtig für die NV: Alle Einkommen (inkl. Kapitalerträge, Rente, ...) müssen unter dem Grundfreibetrag bleiben, der Sparerpauschbetrag zählt nicht. Wer eine NV-Bescheinigung hat, hat keinen Sparerfreibetrag. Ja, man kann den Verkauf stückeln. Und bzgl. Schenkung: Vermutlich ist der Verkauf bei den Eltern günstiger, weil bei einem selbst der Gewinn mit Kapitalertragssteuer zu besteuern ist. Depotübertragung würde nichts kosten und geht, ist aber fehleranfällig (in Bezug auf steuerliche Einstufung und Anschaffungskosten).

  • ... Einlagensicherung an. Aktien und ETF sind Sondervermögen und fallen nicht darunter. Deshalb kann man theoretisch auch über 100K in ein und demselben Depot bei einer Bank/Broker haben. ...

    Das kann so nicht verallgemeinert werden. Soweit ein ETF swap-basiert ist, besteht natürlich wie bei allen Derivaten das Risiko, dass der Kontrahent ausfällt und das hieße dann im Zweifel Totalverlust. Wenn der Kontrahent des Differenzkontrakts pleite ist, sind die swaps wertlos. Dann hat man auch nichts davon, dass die wertlos gewordenen Papiere Sondervermögen sind.

  • Das kann so nicht verallgemeinert werden. Soweit ein ETF swap-basiert ist, besteht natürlich wie bei allen Derivaten das Risiko, dass der Kontrahent ausfällt und das hieße dann im Zweifel Totalverlust. Wenn der Kontrahent des Differenzkontrakts pleite ist, sind die swaps wertlos. Dann hat man auch nichts davon, dass die wertlos gewordenen Papiere Sondervermögen sind.


    Kann es sein, dass ein Swap-ETF pleite­geht und mein Geld komplett verloren ist?

    Nein. Der Swap darf nicht mehr als 10 Prozent des Fonds­vermögens ausmachen. Sollte der Swap-Partner, mit dem der ETF den Swap abge­schlossen hat, pleite­gehen, dann sind maximal 10 Prozent verloren, nicht alles.


    Quelle: Finanztest

  • Richtig, insofern war "Totalverlust" oben etwas mißverständlich ausgedrückt. Das Totalverlustrisiko bezieht sich auf den swap-Anteil am Fonds. Und das sind nach der europäischen Fondsrichtlinie für Fonds, die EU-Recht unterliegen, in der Tat maximal 10%.

  • Galileo: Depotübertragung würde nichts kosten und geht, ist aber fehleranfällig (in Bezug auf steuerliche Einstufung und Anschaffungskosten).


    Vielen Dank für Deine Antwort! Was meinst Du genau mit fehleranfällig?

  • Soweit ein ETF swap-basiert ist, besteht natürlich wie bei allen Derivaten das Risiko, dass der Kontrahent ausfällt und das hieße dann im Zweifel Totalverlust.

    Derivate sind im Interbankenhandel eigentlich immer besichert mit täglicher Marginverrechnung. Daher sollte nur die letzte Tagesschwankung im Risiko stehen.

  • Es geht dabei nicht um Kursrisiken, sondern um das Kontrahentenrisiko, also das Ausfallrisiko. Wenn B sich gegenüber Fondsgesellschaft A verpflichtet, stets für die Differenz zwischen dem tatsächlichen Aktienbestand eines ETF und dem tatsächlichen Stand des Index, den der ETF abbilden soll, aufzukommen, dann ist dieser Anspruch von A gegen B wertlos, wenn B insolvent ist. Und zulässig ist eben, dass solche Ansprüche bis zu 10% des Wertes des ETF abdecken dürfen und nur 90% tatsächlich in Form von Wertpapieren im Depot sein müssen.


    Außerden sind das keineswegs immer Interbankengeschäfte. Das dürfte sogar eher die Ausnahme sein. Bekannt geworden sind z. B. einige Fälle, in denen Kommunen für Zahlungsverpflichtungen aus Zins-Swaps gerade stehen mussten, die den Verantwortlichen von der örtlichen Sparkasse als prima Geschäft empfohlen wurden, das dann aber aus dem Ruder gelaufen ist, weil sich die Zinsen anders als erwartet entwickelt haben.

  • Galileo: Depotübertragung würde nichts kosten und geht, ist aber fehleranfällig (in Bezug auf steuerliche Einstufung und Anschaffungskosten).


    Vielen Dank für Deine Antwort! Was meinst Du genau mit fehleranfällig?

    Dass die Zusammenarbeit zwischen abgebender und aufnehmender Bank manchmal schief geht und dann Anteile für eine gewisse Zeit verschwinden, oder falsche Anschaffungsdaten übertragen werden oder die Versteuerung falsch läuft etc. Kann gut gehen, muss aber nicht beim ersten Anlauf gut gehen. Lässt sich alles korrigieren, kostet halt ggfs mehr Zeit als Verkauf + Überweisung.

  • Es geht dabei nicht um Kursrisiken, sondern um das Kontrahentenrisiko, also das Ausfallrisiko. Wenn B sich gegenüber Fondsgesellschaft A verpflichtet, stets für die Differenz zwischen dem tatsächlichen Aktienbestand eines ETF und dem tatsächlichen Stand des Index, den der ETF abbilden soll, aufzukommen, dann ist dieser Anspruch von A gegen B wertlos, wenn B insolvent ist. Und zulässig ist eben, dass solche Ansprüche bis zu 10% des Wertes des ETF abdecken dürfen und nur 90% tatsächlich in Form von Wertpapieren im Depot sein müssen.


    Außerden sind das keineswegs immer Interbankengeschäfte. Das dürfte sogar eher die Ausnahme sein. Bekannt geworden sind z. B. einige Fälle, in denen Kommunen für Zahlungsverpflichtungen aus Zins-Swaps gerade stehen mussten, die den Verantwortlichen von der örtlichen Sparkasse als prima Geschäft empfohlen wurden, das dann aber aus dem Ruder gelaufen ist, weil sich die Zinsen anders als erwartet entwickelt haben.

    Im Interbankenhandel werden komplexe Derivate täglich bewertet und täglich durch Austausch von Sicherheiten (idR cash) ausgeglichen. Wenn B ausfällt wird A das Geschäft sofort bei einem Dritten neu abschließen und hat prinzipiell keinen Verlust. Das Restrisiko ist nur die Marktveränderung vom Vortag zu heute.

    Standard-Derivate wie Zins-Swaps werden über einen zentralen Kontrahenten gebucht, hier besteht kein Kontrahentenrisiko.


    Bei den erwähnten kommunalen Geschäften gab es keinen Kontrahentenausfall. Kämmerer von kleinen Kommunen haben hochkomplexe Zinsderivate abgeschlossen, die sie offensichtlich nicht verstanden haben. Das war eher ein Beratungsproblem. Nach MifiD zählen Kommunen (richtigerweise!) inzwischen idR als Privatkunden, nicht als professionelle Gegenparteien.