Lieber Saidi, liebe Community,
im Spiegel Bestseller: Das Ende des Kapitalismus beschreibt Ulrike Herrmann ...
In dem Kontext: Erstaunlich finde ich generell die Medienpräsenz von der Dame (im ARD-Presseclub beispielsweise scheint sie sozusagen zu den abonnierten Dauergästen zu gehören; ebenso in manchen Runden beim TV Sender Phoenix). Meines Wissens arbeitet Frau Herrmann für die taz (mit einer Auflage < 50.000 und einer Reichweite von nur 0,24 Mio. ein eher am linken (politischen) Rand angesiedeltes Nischenprodukt im Printbereich). In Sachen "Finanz- und Wirtschaftskompetenz" - aus meiner Sicht - zudem sehr überschaubar aufgestellt. Vielleicht (vermutlich) ist der Buchtitel eher ein (frommer) Wunsch von Frau Herrmann - denn das Resultat einer nüchternen Analyse ?! Als (verkaufsfördernder) "Teaser" aber vielleicht dennoch gut geeignet ... ?
Hatte - eher zufällig - mal ein Interview von Frau Herrmann gehört (Finanzwesir), wo es um konkrete Tipps für den Sparer, Verbraucher, Anleger usw. ging (nach meiner Erinnerung wurde sie dabei auch nach ihrer eigenen Altersvorsorge bzw. Altersvorsorge-Strategie befragt). Der Tenor von Frau Herrmann war deprimierend: "Aktien nur was für Hütchenspieler", "Immobilien eh überteuert und eine Blase", "Kryptowährungen reine Spekulation", "Gold überflüssig" als sozusagen barbarisches Relikt vergangener Zeiten usw. Was soll da noch übrig bleiben ? Geld dauerhaft unter das Kopfkissen legen ... ?
Auch wenn ich unser Papiergeldsystem (präziser: den Umgang von Politik und Notenbanken damit) im Allgemeinen eher kritisch sehe und die Esperantowährung Euro (präziser: den Umgang damit und den entsprechenden EU-Verträgen siehe AEUV) im Besonderen noch deutlich kritischer, muß ich - meines Erachtens jedenfalls - trotzdem irgendwie agieren. Zu sagen "Alles eh nix" , wie Frau Herrmann, wird da kaum weiterhelfen.
Um zum Buchtitel zurückzukehren: Der Kapitalismus ist fraglos ein ziemlich lausiges System - aber mit weitem Abstand das noch am wenigsten lausige von allen bisher ausprobierten. Jedenfalls so lange die Menschen eben sind, wie sie sind. Da dürften Anreize in aller Regel immer noch die für alle besten (bzw. die am wenigsten schlechten) Ergebnisse generieren.
Nach meinen Beobachtungen und Erfahrungen hat sich der Kapitalismus als erstaunlich anpassungsfähig und widerstandsfähig erwiesen (totgesagt wurde er ja schon öfter).
Eine ganz andere Frage wäre, ob man in der Eurozone überhaupt noch von Kapitalismus (und damit Märkten) sprechen kann (beim Blick etwa auf die Staatsquoten von Ländern wie Frankreich und Deutschland mit > 60% bzw. > 50%). Die EZB jedenfalls betreibt schon lange "Zinsplanwirtschaft" und einen "Geldsozialismus" mit der Umverteilung der Mittel weg vom Bürger hin zu den Staaten (via Finanzieller Repression) sowie auch eine Umverteilung der Staaten untereinander (von Nord- nach Südeuropa). Die immer weiter zunehmende (EU)Regulatorik samt staatlichem (EU)Dirigismus, (EU)Interventionismus, (EU)Zentralismus etc. setzt ein weiteres Fragezeichen am sog. Kapitalismus in der Eurozone. Das hier aber nur am Rande.
Bei Themen rund um "Geld und Finanzen" würde ich jedenfalls keinen Rat ausgerechnet bei Frau Herrmann suchen - und damit auch nicht bei der Frage, ob der "Kapitalismus am Ende" ist.
Nur meine bescheidene Meinung.