bAV mit Beteiligung des AG – wirklich ein no-brainer?

  • Hallo zusammen,


    da ich mich leider erst seit ca. 2 Jahren selber um die Themen Finanzen, Vorsorge und Versicherungen kümmere, habe ich bis dahin u.a. auf den Rat eines Versicherungsmaklers vertraut, was sicher in manchen Fällen nicht ideal war. Bin deshalb dabei diese Altlasten kritisch zu hinterfragen und ggf. aufzuräumen.


    Konkret geht es um folgendes:


    bAV, Durchführungsweg Direktversicherung, der Versicherer nennt es „Rentenversicherung (bAV)“

    -Vertragsbeginn: 01.10.2023

    -Ablauf Aufschubzeit: 01.11.2056

    -Beginn Rentenzahlung: 01.11.2056

    -Rentengarantie: mindestens 119 Monate

    -monatl. Rente: 507,88 € oder Kapitalabfindung: 148.773,93 €

    -im Todesfall während der Aufschubzeit oder Rentengarantiezeit wäre die Ehegattin bezugsberechtigt

    -monatl. Beitrag: 232,00 €

    -davon Eigenbeitrag: 166,96 €

    -davon Anteil Arbeitgeber: 65,04 €


    Einzahlungen während der Vertragslaufzeit:

    232 € x 516 Monate = 119.712,00 €


    Kosten:

    Vertragsabschluss: 3.868,62 € (!!!)

    Lfd. Kosten pro Monat: 2,54 € x 516 Monate = 1.310,64 €

    Verwaltungsgebühr pro Monat: 27,46 € x 516 Monate = 14.169,36 €

    Gesamtkosten: 19.348,62 €


    Die Rendite liegt bei Wahl der Kapitalabfindung bei mageren 0,98% lt. Versicherungsgesellschaft, Mitteilung aus März `22, begründet wird dies mit der seit Vertragsbeginn anhaltenden Niedrigzinsphase. Wobei diese ja inzwischen Geschichte ist, wodurch die Rendite in Zukunft steigt?


    Positiv:

    -Absicherung der Familie (Frau, ein Kind) im Todesfall

    -sichere bzw. garantierte Rente im Alter

    -Beteiligung des AG

    -geringe monatl. Nettobelastung, da bAV-Beitrag das sozialvers.pflichtige und steuerpflichtige Brutto senkt


    Negativ:

    -geringe Rendite und inflationsbereinigt ein Trauerspiel

    -hohe einmalige / laufende Kosten

    -durch geringeres monatl. sozialvers.pflichtiges Bruttoeinkommen, geringere Einzahlung in gesetl. Rentenversicherung

    -monatl. Rente muss bei Bezug versteuert werden und ist sozialvers.pflichtig(?)


    Fazit:

    Das monatl. zu investierende Kapital könnte sich in dieser Zeit ganz anders entwickeln (z.B. Welt-ETF), was natürlich mit einem höheren Risiko verbunden wäre. Außerdem erscheinen mir die Kosten viel zu hoch und die Rendite zu gering.

    Andererseits beteiligt sich der AG über die 15% hinaus.

    Als Familienvater habe ich einen Sicherheitsbaustein im Todesfall und eine sichere monatl. Leistung im Alter.

    Wirklich wohl fühle ich mich mit dem Vertrag jedoch nicht.


    Ich sehe folgende Möglichkeiten:

    • Variante 1: Laufen lassen
    • Variante 2: Beitragsfrei stellen, wobei mir nicht klar ist, welche Kosten dann weiterlaufen und das Kapital auffressen. Bei Beitragsfreistellung würde ich meinen Sparplan erhöhen und das Geld alternativ monatl. in ein 70/30 Welt-ETF-Depot investieren.
    • Variante 3: Vertrag vorzeitig kündigen und Kapital auszahlen lassen (auch hier in ETF investieren). Laut jährlicher Standmitteilung scheint eine vorzeitige Vertragsbeendigung möglich zu sein, auch wenn das ja bei bAV-Verträgen eigentlich nicht möglich ist?! Es wird sogar das Kapital ausgewiesen, welches ausgezahlt würde, wobei dieses deutlich unter der Summe liegt, die bisher eingezahlt wurde. Fraglich ist dann natürlich, welche Steuern und Sozialversicherungsbeiträge rückwirkend zu zahlen sind und wie man dies berechnen könnte, also wie viel dann am Ende noch übrig bleibt.

    Aus dem Bauch heraus würde ich zu Variante 2 tendieren, wobei ich gerne aufräumen würde, aber bei Variante 3 ist vermutlich eine Menge Geld einfach weg.


    Ich bin auf eure Einschätzung gespannt und bedanke ich mich vorab für eure Tipps!

  • Als Familienvater habe ich einen Sicherheitsbaustein im Todesfall und eine sichere monatl. Leistung im Alter.

    Besorg dir da doch lieber eine Risikolebensversicherung ;)


    Ob Variante 2 oder 3...... ist halt die Frage ob 3 wirklich möglich ist. Ich bin auch eher von der Fraktion "Aufräumen".

    Wie viel % des eingezahlten Geldes ist denn dann weg?

  • nicht klar ist, welche Kosten dann weiterlaufen und das Kapital auffressen. Bei Beitragsfreistellung würde ich meinen Sparplan erhöhen und das Geld alternativ monatl. in ein 70/30 Welt-ETF-Depot investieren.

    -Vertragsbeginn: 01.10.2023

    -

    Kosten:

    Vertragsabschluss: 3.868,62 € (!!!)

    Hast Du den Vertrag schon abgeschlossen? 01.10.2023

    Eine seperate Abschlußgebühr von fast 4000€ für den von Deinem Arbeitgeber ausgewählten Vertrag in der Höhe

    um eine eventuellem Frühstorno vorzubeugen hat ein massives Geschmäckle.

  • Besorg dir da doch lieber eine Risikolebensversicherung ;)


    Ob Variante 2 oder 3...... ist halt die Frage ob 3 wirklich möglich ist. Ich bin auch eher von der Fraktion "Aufräumen".

    Wie viel % des eingezahlten Geldes ist denn dann weg?

    Wie viel des Geldes unterm Strich weg wäre, kann ich nicht sagen, da ich nicht weiß, wie viel ich an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen nachzahlen müsste.


    Laut Mitteilung des Versicherung per 01.10.21 würde die Leistung bei vorzeitiger Vertragsbeendigung wie folgt aussehen:

    Garantiertes Kapital: 13.975,79 €

    Überschussbeteiligung: 170,01 €

    Summe: 14.145,80 €


    Eingezahlt wurden bis zu diesem Mitteilungssstand:

    01.10.13 - 01.10.21 = 96 Monate x 232 € = 22.272 €

  • nicht klar ist, welche Kosten dann weiterlaufen und das Kapital auffressen. Bei Beitragsfreistellung würde ich meinen Sparplan erhöhen und das Geld alternativ monatl. in ein 70/30 Welt-ETF-Depot investieren.

    Hast Du den Vertrag schon abgeschlossen? 01.10.2023

    Eine seperate Abschlußgebühr von fast 4000€ für den von Deinem Arbeitgeber ausgewählten Vertrag in der Höhe

    um eine eventuellem Frühstorno vorzubeugen hat ein massives Geschmäckle.

    Sorry, Tippfehler, Vertragsbeginn war am 01.10.2013.

    Mein AG hat den Vertrag nicht ausgesucht, sondern der Versicherungsmakler und der AG hat den Vertrag brav abgenickt...

  • Ein No-Brainer wäre es, wenn ausschließlich Dein AG in die bAV einzahlen würde. ;)


    Ich habe meine bAV stillgelegt und zahle das Geld lieber in einen eigenen ETF-Sparplan.

    Ja, es gibt dabei das Risiko, dass sich die Renditen nicht so entwickeln, wie gewünscht. Aber eine bAV bietet auch Risiken, wie viele Kunde von Pensionskassen leidvoll erfahren konnten. Da wurde die Rente dann eben mal gekürzt, weil die Pensionskassen sich mit den Niedrigzinsen verrechnet haben.


    Ansonsten mal bei Hartmut Walz vorbeischauen:

    https://hartmutwalz.de/betrueb…eine-herbe-enttaeuschung/

    https://hartmutwalz.de/betriebliche-altersversorgung/


    PS: Meine Partnerin hat so eine No-Brainer bAV. Da zahlt der AG 100% der Beiträge. Dann ist es auch egal, wie schlecht die Rendite ist, da es sich um 'geschenktes' Geld handelt.

  • monstermania:

    Danke für die Rückmeldung.

    Angenommen, ich könnte den Vertrag kündigen - macht das keinen Sinn auf Grund der Rückzahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen? Habe absolut keine Vorstellung, welche Summe da zusammenkäme.

    Wenn ich den Vertrag beitragsfrei stelle, laufen die Kosten doch weiter und fressen das vorhandene Kapital auf, oder? Oder verringern sich die laufenden Kosten bei Beitragsfreistellung?

  • Kündigen einer bAV ist nicht so einfach möglich!

    Es geht nur, wenn der AG der Kündigung zustimmt oder wenn es sich um einen kleinen Betrag handelt (Bagatellgrenze).

    https://www.transparent-berate…altersvorsorge/kuendigen/


    Ansonsten bleibt nur die Beitragsfreistellung. Dann bekommst Du halt bei Fälligkeit der bAV eine Minirente oder die einmalige (mini) Kapitalabfindung.

    Ich habe meine bAV 2013 nach einem Arbeitgeberwechsel beitragsfrei stellen müssen, da mein neuer AG die bAV nicht übernehmen wollte.

    Ich hatte dabei halt noch Glück im Unglück, da meine bAV noch mit einem Garantiezins von 2,75% verzinst war. Effektiv kommen dabei immerhin ~ 1,8% rum.

    Ich habe das abgehakt und meine bAV und meine alte Kapitallebensversicherung sind meine Sicherheitsbausteine in meinem Vermögen.

  • Da eine Kündigung wohl nicht so einfach möglich ist, die Auszahlung bei Kündigung deutlich unter den geleisteten Beträgen liegt und dann noch die Rückzahlung der Sozialversicherungsbeiträge sowie Steuerermäßigungen ansteht, werde ich den Vertrag beitragsfrei stellen.


    Kann ich die Beitragsfreistellung dem Versicherer melden oder muss dies über den AG laufen?

    Gibt es hierzu Vorlaufzeiten, also wäre eine Freistellung per Jahresende realistisch?

  • Ich würde zunächst mal mit dem AG wegen einer Kündigung sprechen.

    Auch wenn Du abzüglich der Steuern und KV/PV evtl. nur 5,90€ heraus bekommst, wären das halt 5,90 die Du JETZT investieren könntest!

    Das Geld für Vertragsabschluss, usw. ist ohnehin weg!


    Vor einer Kündigung/Beitragsfreistellung bitte noch folgendes berücksichtigen:

    Eine bAV bietet einen Schutz vor Anrechnung bzw. Pfändung, falls Du in Deinem Leben einmal auf Sozialleistungen angewiesen sein solltest oder gar in eine Privatinsolvenz mit Lohnpfändung rutschst. Ein privates ETF-Depot müsste in so einem Fall dann bis zur Höhe des Schonvermögens verbraucht werden, bevor Sozialleistungen gewährt werden.

    Nicht das ich auf diesen Umstand meine Zukunftsplanung aufbauen würde, aber das sollte einem Zumindest klar sein!


    Ich habe es auf jedem Fall bisher nicht bereut meine bAV stillgelegt zu haben.