Time beats Timing - ich zögere trotzdem mit dem Einstieg in Welt-ETF

  • Es ist schon unendlich oft getestet worden ob die Auswahl eines sogenannten günstigen Zeitpunktes zum Kauf besser ist, als wenn man einfach dann kauft wenn man gerade Geld hat.

    Auch wenn Du es nicht für möglich hältst, es leider völlig egal!!

    Ich weiß, dass selbst erfahrende Forumsmitglieder hier jetzt widersprechen.

    Sie werden sagen, dass es schon einen Unterschied beim Kauf macht ob die Kurse gerade "oben" oder "unten" stehen.

    Ich will dir hier gar nicht widersprechen... nur um es gleich mal vorab zu erwähnen... sonder deine Aussage/n etwas aus meiner Sicht ergänzen.

    Wenn man mit nennenswerten Beträgen, die gleichzeitig einen nennenswerten Anteil am Gesamtvermögen darstellen, in den Markt und in Einzelaktien gehen will, dann ist der Zeitpunkt nicht unerheblich. Den halbwegs richtigen Zeitpunkt zu treffen gestaltet sich allerdings als recht schwierig... und Griffe ins Klo, wenn man das im Bezug auf die Aktienauswahl so sagen darf, müssen generell mit einkalkuliert werden.


    Hier, also in diesem Thread und darüber hinaus in diesem Forum, haben wir es überwiegend mit Anlagen von Sparer-Investoren zu tun, die einen Teil ihres nicht anderweitig 'verbratenen' Einkommens regelmäßig in Fonds - breit streuende Aktien-ETF - investieren. Und dabei ist der 'passende Zeitpunkt' bei einem Anlagehorizont von hunderten von Monaten tatsächlich nicht so bedeutend. Man mag über den CAE (Cost Average Effect) denken wie man will, aber das Kaufen zu durchschnittlichen Kursen hat sich bislang als recht ordentlich erwiesen.


    Ob man, wie der TE, anfangs gleich mit einem 'größeren' Betrag all in gehen will, oder die Investition über x Monate verteilen mag, dürfen hinsichtlich der Rendite über die vielen kommenden Monate und Jahre keinen großen Ausschlag geben. Ich würde hierbei die sog. Gesamtsituation betrachten wollen und mich dann orientieren.

  • Meine Gedanken dazu:


    Themenkomplex Zinsen/Inflation

    • Die Zinsen für sichere und planbare Anlagen (Tagesgeld, Festgelder) sind aufgrund der Inflation wieder deutlich gestiegen. Dies sorgt für einen geringeren Abstand zwischen deren Zinsen und möglichen Zuwächsen durch ETF, sodass das zusätzliche Risiko dadurch in einem nicht mehr ganz so guten Verhältnis zur möglichen zusätzlichen Rendite steht wie in der Nullzins-Phase.
    • Durch die höheren Zinsen steigen möglicherweise auch Personen, die aufgrund der geringen Zinsen auf Aktien gingen, nun wieder aus Aktien aus, was schlecht für die Kurse ist.
    • Die höheren Zinsen machen Kredite für Unternehmen teurer und das erfolgreiche Wirtschaften schwieriger.
    • Die höheren Zinsen machen Sparen attraktiver und könnten den Konsum bremsen (insbesondere in Verbindung mit der Inflation).

    Themenkomplex Konflikte

    • Russlands Krieg in der Ukraine ist ja schon lange in den Kursen eingepreist. Aber wer weiß, was da noch passiert...
    • Mehr Sorge bereitet mir aber China. Quasi jederzeit könnte China einen Krieg in Taiwan beginnen. Diese chinesischen Spionageballons in aller Welt verstärken das ungute Gefühl bei mir. Wenn ich dann lese, dass Deutschland so abhängig von China ist wie nie (und damit in der Welt sicher nicht alleine dasteht), dann macht es das nicht besser. (Gleichzeitig ist China natürlich auch abhängig von den anderen, klar.)

    Themenkomplex aktuelle ETF-Entwicklung

    • Vermutlich auch aufgrund meiner oben skizzierten Problemlagen, bewegen sich die Kurse derzeit eher seitlich bzw. mit einer Tendenz nach unten. Für die Zukunft sagt das zwar nichts aus (und wie ich gelernt habe, wird ja nur die an der Börse gehandelt), aber für mich deutet da derzeit nichts auf eine Trendwende hin.


    Alles richtig was du schreibst, allerdings hast du eine Sache vergessen.

    Dein Anlagehorizont beträgt 20-30 Jahre, du bist also ein langfristiger Investor. Also gehst du jetzt deine Punkte durch und überlegst jedes Mal, ob dies ein kurz, mittel, oder langfristiges Event ist. Als winm mit dem Zaunpfahl: Was interessiert dich die Zinsentscheidung der Bundesbank Anfang der 90er? Oder gar die damalig Inflationsrate?

    Wenn es sich nur um ein kurzfristige (unter einem Jahr bis maximal zwei, drei Jahre) oder mittelfristige (mehrere Jahre) Einflüsse handelt, kannst du sie ignorieren. Ja, ich weiß dass das Überwindung kostet. Aber du musst lernen so rational zu sein. Sonst wirst du immer etwas finden, was dir deine Investmententscheidung verhagelt.


    Sparplan kann man machen, du kannst aber auch einfach mit 2-5k anfangen (es muss schon wehtun) und schauen, ob du damit ruhig schläfst. Dann kannst du in ein paar Monaten mit einer größeren Tranche weiter machen.

  • Hier meine 2ct: Historisch gesehen (SP500) gab es relativ viele Rücksetzer um ~20% relativ zum Allzeithoch und ein paar wenige um ~40%. Ich persönlich verwende das um die aktuelle Situation einzuschätzen ob ich bei größeren Beträgen all-in gehe. Bei -20% vom Allzeithoch überlege ich nicht lange. Bei <5% über einen Zeitraum von ein paar Jahren kaufe ich eher gestreckt.


    Ich weiß das Markt-Timing schwierig ist. Habe schon Verluste minimiert, aber auch schon Rendite liegen gelassen. Kann damit ganz gut schlafen. ;)


    Evtl hilft das zum Einordnen. Warner dass es demnächst bergab geht, gab es gefühlt immer und zu jeder Zeit. Was die Zukunft bringt weiß ich trotzdem nicht. :P

  • Radfahrer

    Ein guter Kumpel von mir hat vor ca. einem Jahr sein Smartbroker-Depot eingerichtet … und seitdem wartet er und wartet und wartet und findet immer wieder einen Grund, um sein Geld nicht am Markt bzw. in ETFs unterzubringen.

    Es ist vermutlich die alte, deutsch-spezifische Mentalität: Immobilie, Festgeld plus Lebensversicherung wahlweise Riester. Und alles andere ist scheinbar zu großes Risiko …


    Von daher: Fang an! Entweder mit Sparplan oder in Tranchen oder oder …


    Viel Erfolg ?

  • Vermutlich auch aufgrund meiner oben skizzierten Problemlagen, bewegen sich die Kurse derzeit eher seitlich bzw. mit einer Tendenz nach unten.

    Und noch etwas... für die Masse zwischen den Ohren ;)


    Angenommen, die Kurse werden sich seitwärts oder leicht abwärts bewegen... dann kaufst du Anteile zu Durchschnittskursen... und hast die Chance, bei 'späteren' Kursanstiegen zu profitieren.


    Legst du dein Geld jedoch in Geldwerten (von 'unterm Kopfkissen' über laufende Konten bis zu Termingeldern) an, dann bleibt der Betrag nominal gleich oder steigt sogar 'marginal' durch gutgeschriebene Guthabenzinsen... aber kaufkraftkorrigiert wird er fallen... und dies ohne jegliche Chance auf eine Real-Rendite.

  • Ich kann Deine Bedenken nachvollziehen, mir ging es genauso. Die Gefahr ist, wie GoldGaleone schon sagte, dass man ewig an der Seitenlinie steht und wartet und wartet und wartet.

    Mir ist es so ergangen: nachdem ich mich endlich dazu durchgerungen hatte, mein Geld in Aktien zu investieren, habe ich mich auch nicht getraut, alles auf einmal zu investieren. Ich habe dann im Feb 20 als erste Tranche 20k auf einen Schlag investiert. Was gleich danach kam, wissen wir. Einerseits war ich damals froh, dass ich nicht alles investiert habe, andererseits habe ich mich auch nicht mehr getraut, nach dem Crash einen weiteren größeren Betrag zu investieren. Man konnte ja nicht wissen, ob und wie weit es noch runter geht. Aber es ging von da an nur noch aufwärts, also wäre es super gewesen, hätte ich im April 20 den Rest investiert. Habe ich aber nicht. Ich habe dann aber immerhin jeden Monat einen festen Betrag investiert und den Einstieg ziemlich lange gestreckt. Und als ich dann Ende 21 fertig war und voll investiert, ging es wieder bergab. Ich habe also ziemlich viel Rendite liegen gelassen. Aber immerhin bin ich jetzt drin.

    Daher würde ich jetzt nach diesen Erfahrungen sofort alles investieren. Zumal wir immer noch gut unter dem ATH liegen. Wenn dir das zu riskant ist, mach 3x10k oder 6x5k. Dann bist Du auch drin und kannst besser schlafen, wenn es hilft.

  • Radfahrer

    Genau darum geht’s, was ETF-Horst und auch andere schon beschrieben haben: Einfach anfangen. Nicht ewig an der Seitenlinie rumstehen!


    Den goldenen Einstiegspunkt gibt es sowieso nicht - aber tausend Argumente, um nicht zu investieren, findest du immer.


    Der Aktien-Spezi Christian Röhl brachte mal den Spruch: „Börse bedeutet: Krise ist immer!“ Recht hat er, weil: Irgendwo auf der Welt scheppert‘s sowieso (Krieg, Erdbeben, Tsunami, Atomkraftwerk) irgendein Typ verzockt sich (Putin, Musk, Michael Wendler) irgendein Unternehmen arbeitet mit frisierten Zahlen (Wirecard, Schubeck, der Eisladen um die Ecke) etc etc.


    Und trotzdem: Das nächste Allzeit-Hoch an der Börse kommt bestimmt! Und es wäre m. E. ein großer Fehler, da nicht dabei zu sein ?

  • Ich kann persönlich alles nur unterschreiben, dass man lieber schnell einsteigen sollte … allerdings: Man sollte immer dran denken, dass ein ETF auch sinken kann. Damit muss man (zwischenzeitlich) umgehen können. Von daher: Psychologisch ist vielleicht echt besser, sich reinzutasten. Weil was schlimmer ist als Zögern … sind Panikverkäufe. ?

  • Wenn man gerne englische Texte liest, kann man die Fragestellung HIER sehr schön vertiefen. Insbesondere der Hinweis auf den psychologischen Faktor ist wichtig.


    Wenn man sich mit der Investition eines großen Betrages schwer tut, sollte man für sich ergründen, woran es liegt und daraus die entsprechenden Schlüsse ziehen.

    Wenn es bspw. einfach das erste Mal ist und man noch nicht genug Erfahrung hat, geht die Welt nicht unter, wenn man sich Zeit lässt und mit kleineren Summen erst mal ausprobiert, wie sich das Investieren mit einem Broker anfühlt.


    Wenn man einfach nur die maximale Rendite rausholen will, sollte man den o.g. Text lesen, sich klar machen, dass Market Timing Glücksspiel ist und alles auf einmal investieren.


    Wenn man Sorge vor einem Kursrücksetzer hat, sollte man noch einmal in sich gehen und die eigene Verlusttragfähigkeit klären. Ist es einem egal genug, wenn nächsten Monat eine rote -40% im Depot stehen. Wenn nicht, passt die Asset Allocation nicht und man sollte nicht alles in Aktien investieren, sondern den risikoarmen Teil vergrößern.


    etc.

  • Sonntag Kommentar von McProfit

    Lieber Forums, Freund Radfahrer.

    Jetzt hast du so viel Für und Wider zu deiner Frage gehört, dass es nur noch einen Ratschlag gibt: anfangen.

    Die Frage bei Dir lautet ja jetzt wohl nur noch: das gesamte vorhandene Kapital in einer Summe komplett zu investieren oder in Teilbeträgen nach diesem sogenannten

    Cost-Average Effekt.

    Statistisch gesehen ist es egal.

    Mal wäre die eine Strategie, mal die andere Strategie besser gewesen.

    Man weiß es immer erst hinterher.

    In einem Einzelfall wie bei dir, würde ich jedoch unbedingt immer zur Anlage von Teilbeträgen über einen Zeitraum von ca. einem Jahr raten.

    Der Grund ist jedoch ein rein psychologischer.

    Kommt es am Anfang nach dem Kauf zu einen Kursrückgang hat man immer noch weiteres Kapital zum nachkaufen.

    Natürlich kann es auch erst dann zu einem Rückgang kommen, wenn man gerade die letzte Teilrate angelegt hat.

    Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch geringer bei vielen Teilbeträgen, als bei einer Gesamtanlage. Statistisch ist es letztlich aber egal.

    Zum Schluss noch zum x-ten mal mein Hinweis: Redet nicht immer von CRASH.

    Bis jetzt gab es an der Börse noch nie einen CRASH.

    . Immer nur einen Kursrückgang.

    Mal mehr mal weniger.

    Mal kürzer mal länger.

    Solange die Kurse sich immer wieder erholt haben, ist das kein CRASH.

    NACH einem Crash gibt es keine Erholung!!

    Das nur nebenbei,

    sozusagen als mein Wort zum Sonntag.

    Viel Erfolg wünscht nicht nur dem Radfahrer, sondern euch allen Macprofit aus Stuttgart.

  • Also, um das ganze mal zu visualisieren:




    Das sind zwei Benchmark-Portfolios auf den MSCI World, die ich parallel zu meinem Hauptportfolio nebenbei tracke, welches ich Mitte 2018 als langfristiges Portfolio aufgesetzte habe.


    Benchmark OPT: Ich kaufe in der Regel einen Mix aus Aktien und verschiedenen ETFs und hier wird zu jedem Zeitpunkt stattdessen der Betrag in den MSCI World investiert. Also sowohl das Datum, als auch die Anlagegröße ist entscheidend.


    Benchmark SP: Ein einfacher Sparplan mit einer monatlichen fixen Rate.


    Kann sich jetzt jeder selber denken, ob es sinnvoll ist, zu versuchen, den Markt zu timen bzw. in welcher Marktphase das Sinn ergibt.

  • Hallo miteinander, nachdem ich Aktien lange Zeit sehr skeptisch gegenüberstand ...


    Ich bin 40 Jahre alt; ...


    Allerdings bereiten mir die aktuellen weltpolitischen und wirtschaftlichen Gesamtumstände doch etwas Zweifel, ob der aktuelle Zeitpunkt nicht doch etwas ungünstig sein könnte.

    Hallo Radfahrer,


    da ich zwar schon deutlich älter aber dennoch ein begeisterter Radfahrer im realen Leben bin, erlaube auch ich mir eine Antwort. Zumal Du als Sparer bzw. Anleger ja noch locker gut ein Vierteljahrhundert (oder mehr - je nach dem dann gültigen Renteneintrittsalter) vor Dir hast.


    Auf Deine "Gedanken" dazu (die ich übrigens für recht schlüssig und halbwegs stimmig halte - so weit diese reichen), werde ich nicht näher eingehen. Das ist meines Erachtens nämlich nicht unbedingt nötig und hat auch keine Relevanz: Die grundlegende und damit - nach meinem Dafürhalten jedenfalls - wichtigste Überlegung fehlt mir dabei nämlich.


    Es gibt zum "Investieren" ("praktisch") keine Alternative und "time in the market beats timing the market" (wie Du ja selbst schon in Deiner Überschrift erkannt zu haben scheinst ...).. Und wenn es keine Alternative gibt, ist es das Beste damit frühestmöglich zu beginnen.


    "Praktisch" deshalb, weil man natürlich auch so viel verdienen und/oder so viel sparen bzw. Kapital akkumulieren kann (und zwar "konservativ" auf Sparbüchern, Tagesgeldkonten, Festgeldkonten, als Bargeld im Schließfach, im Sparstrumpf, unterm Kopfkissen usw.), daß man seine "Spar- und Vermögensziele" dennoch real sprich wertmäßig erreicht. Man gleicht so die Inflation aus bzw. "überholt" diese sogar im Laufe der Jahre bzw. Jahrzehnte. Mir selbst sind allerdings (trotz meines Alters) nur zwei Fälle erinnerlich, wo diese Vorgehensweise (aus welchen Gründen auch immer) gewählt wurde und wo das auch funktioniert hat. In einem Fall war das Ziel aber auch eher niedrig gesetzt - im anderen Fall war das Einkommen sehr um nicht zu sagen extrem hoch.


    Über die Jahrzehnte hinweg habe ich mich nicht nur mit Geld, Währungen und Finanzen und der monetären Ökonomik (usw.) beschäftigt, sondern auch mit Preisen. Dazu habe ich ziemlich viele und umfangreiche Aufzeichnungen. Um hier nur (eher wahllos) einige Beispiele zu nennen: Ich habe vor 35 Jahren noch eine Kugel Eis für 50 Pfennig gekauft - letzten Sommer war (hier vor Ort) der Preis dafür 1,50 Euro (oder umgerechnet etwa 3 DM). Für eine Projektarbeit hatte ich Anfang der 80er mal ein sehr kleines Apartment in München zum Preis von 450 DM angemietet - heute liegen die Preise für solche Apartments um die 1.100 Euro (also etwa 2.200 DM); möbliert noch darüber. Meine erste Maß Bier auf dem Münchner Oktoberfest kostete Mitte der 70er genau 3,65 DM - letztes Jahr habe ich 13,60 Euro für eine Maß bezahlt (also etwa 27 DM). Anfang der 80er hatte ich eine geräumige Altbauwohnung in München-Schwabing zum Preis von 750.000 DM erworben - Verkaufspreise dort im letzten Jahr für eine vergleichbare Wohnung im Haus um die 3,7 Millionen Euro (also ca. 7,4 Millionen DM). Mein erster VW Golf (Typ eins) kostete Mitte der 70er um die 8.500 DM - ein aktueller Golf (Typ acht) um die 28.000 oder 29.000 Euro (genauen Preis müßte ich nachschauen) also deutlich > 50.000 DM. Die Pizza zum Mitnehmen war bei dem Italiener nähe meines Büros noch im Jahr 2001 für genau 5 DM zu bekommen - aktueller Preis ist 8,50 Euro (also ca. 17 DM). Diese Liste mit Beispielen (angefangen von kleinen Gütern (wie Eiskugel, Pizza, Maß Bier usw.) und typischen Alltagspreisen (Miete) über mittlere Güter (Auto) bis hin zu großen Gütern (Immobilie)) ließe sich beliebig ergänzen und fortsetzen.


    Nur eher sehr bzw. ganz wenige Dinge sind billiger geworden (das Telefonieren ins Ausland etwa) oder sogar billiger und dabei noch leistungsstärker (wenn ich etwa an mein erstes Fax-Gerät denke).


    Keine Ahnung, ob das so weitergeht. Es spricht aus meiner Sicht vieles wenn nicht alles dafür.


    Dazu kommt noch, wenn man in der Eurozone lebt, daß die dafür zuständige Notenbank (EZB) nur einen Leitzins hat - für inzwischen aber 20 Länder, die noch dazu sehr verschieden und unterschiedlich teilweise sogar disparat sind. Dabei wird man als Notenbank den Blick besonders immer auf die am höchsten verschuldeten Länder richten müssen (will man nicht das Risiko einer neuen Eurokrise hinnehmen). Vereinfacht gesagt: Der Leitzins der EZB wird sich eher immer an den Schwächsten orientieren müssen. Zudem hilft ein dauerhaft negativer Realzins (Stichwort: Finanzielle Repression - mit Zinsen unterhalb der Inflationsrate) hoch und höchst verschuldeten Ländern (mit zudem meist auch noch schwachem Wirtschaftswachstum) bei der sozusagen "automatischen" realen Entschuldung. Aus meiner Sicht könnte daher der Euro künftig eher (und noch mehr) der früheren griechischen Drachme, der italienischen Lira usw. ähneln - anstatt der früheren Deutschen Mark, dem aktuellen Schweizer Franken usw. Was die Brisanz oben dargestellter Preis-Thematik eher noch verschärfen denn entschärfen dürfte.


    Wie vor diesem Hintergrund Deine folgende Aussage funktionieren soll ...

    Aus all diesen Punkten ergibt sich mein Zögern. Ich überlege, mich jederzeit mit einem hoch verzinsten Tagesgeld bereit zu halten

    ... erschließt sich mir nicht. Zum einen verliert man damit real Geld (Stichwort: Negativer Realzins - wie hoch ist denn die reale Verzinsung auf Deinem Tagesgeld nach Steuer und Inflation ?) zum anderen insinuiert "bereit halten" ja, daß man selbst den richtigen (optimalen) Zeitpunkt zum Einstieg identifizieren kann. Das wage ich, offen gesagt, stark zu bezweifeln. Mir traue ich das jedenfalls nicht zu.


    Mein Rat wäre daher eingedampft: Neben dem 1. Check der Versicherungsseite 2. die individuelle Rücklage für Notfälle definieren und bereitstellen und danach 3. die individuelle Gewichtung "risikoarm zu risikoreich" festlegen - und dann 4. loslegen. Und zwar sofort oder zumindest sehr zeitnah. Jedenfalls, wenn es einem - so wie Dir - "um Vermögensaufbau" noch dazu über einen "sehr langen Zeitraum" hinweg geht.


    Einen "gestückelten" Einstieg würde ich persönlich eher als mental-psychologische Hilfe ("Krücke") verstehen. Wobei: Wenn es denn beim "Investieren" hilft oder es sogar so überhaupt nur so zum "Investieren" kommt - why not ?!


    Mir fällt nämlich - über lange Zeiträume - kein anderes Investment außer einer Aktienanlage (an ausgewählten Standorten auch noch vermietete Immobilien finanziert mit Kredit sozusagen als Hebel auf das Eigenkapital) ein, mit dem man diese Inflation (ob man es nun Preissteigerungen oder Geldentwertung nennen will) ausgleichen bzw. schlagen kann. Je nach Art des Guts und den Zeiträumen kommt man da nämlich auf Preise mit beispielsweise Faktor 5 oder auch Faktor 10.


    Das war a) mein Wort zum Sonntag und ist


    b) nur meine bescheidene persönliche Meinung.

  • Hallo Börsenfreund Sovereign

    Ich habe gerade sehr aufmerksam und mit Vergnügen Deinen langen Kommentar gelesen. Da ich selbst auch zu der 70 Generation gehöre, kann ich deinen Kommentar nur Satz für Satz unterstreichen.

    Besonders lustig natürlich die lange Liste der Preis Entwicklung von alltäglichen Produkten in diesem Zeitraum.

    Daran erkennt man viel besser, die Auswirkung der Inflation als bei reinen Prozent-Zahlen.

    ich füge nur noch ebenfalls ein lustiges Beispiel bei.

    Den Bild-Zeitungs-Indikator .

    In meinen jungen Jahren hat Bild noch geworben mit dem Slogan: „10- Pfennig Bild-Zeitung“

    Ich weiß nicht was eine Bild-Zeitung heute kostet.

    Ich schätze mal 1Euro.

    Das wäre das 20-fache von damals 10 Pfennig also 5 Cent.

    Im Endeeffekt war deine Aussage aber dieselbe:

    In Aktien oder ETFs investieren,

    liegen lassen und nicht jeden Tag die Kurse anschauen.

    Weiterhin viel Erfolg

    Und immer dran denken:

    Es gibt auch noch ein Leben abseits der Börse!

    Viele Grüße aus Stuttgart

    von McProfit

    Ps

    Deine Immobilien Bewertung für eine gebrauchte Wohnung in Mü Schwabing mit 3,7 Millionen erscheint mir zu hoch

    Das müssten dann mindestens 300 m2 sein und selbst da hätte ich noch Zweifel.

    Dies nur nebenbei - ändert nichts an Deiner Aussage oben!!

  • Besonders lustig natürlich die lange Liste der Preis Entwicklung von alltäglichen Produkten in diesem Zeitraum.

    Daran erkennt man viel besser, die Auswirkung der Inflation als bei reinen Prozent-Zahlen.

    Besonders "lustig" sind diese Zahlen für den Normalbürger und Sparer (in Nominalwerten) eher nicht. Ich weiß aber, wie Du das meinst.


    Man kann sich des Eindrucks nur schwer erwehren, daß es staatlicherseits ein Interesse gibt, die sog. "offizielle Inflationsrate" eher klein zu rechnen - insbesondere, wenn man sich mal mit der Berechnung derselben en detail beschäftigt hat (würde hier zu weit führen, daher nur kurz und stichwortartig): Angefangen von der Erfindung einer sog. "Kerninflationsrate" (dabei werden dann besonders schwankungsanfällige Preise wie für Energie und Lebensmittel rausgerechnet) über die sog. "Hedonistische Methode" ("Produktverbesserungen" werden rausgerechnet, so daß dann statistisch das Auto z. B. kaum oder gar nicht teurer geworden ist, weil es eben mehr kann, sicherer ist, stärker ist, ein ABS und eine Klimaanlage hat etc. Wobei es das andere (vorherige) Auto ja eh nicht mehr als Neuwagen zu kaufen gibt ... - Produktverschlechterung gibt es danach generell gar keine ...) bis hin zur sog. "Substitutionsmethode" (danach steigt z. B. der Rentner, dem das Filet zu teuer wird auf kostengünstige Fernreisen um und "substituiert" bzw. kompensiert so den gestiegenen Preis für das Fleisch ... aus meiner Sicht auch reichlich lebensfremd). Die sog. "Vermögenspreise" (Beispiel: Immobilien) waren damals jedenfalls ohnehin komplett außen vor bei der Berechnung. Dabei wirken diese sozusagen abgeleitet schon über die Mieten auch auf die Inflation. Würde hier zu weit führen, bei mir war aber schon damals bei der Beschäftigung mit dem Thema ein gewisses Unbehagen aufgekommen. Das hier aber nur am Rande.

    Deine Immobilien Bewertung für eine gebrauchte Wohnung in Mü Schwabing mit 3,7 Millionen erscheint mir zu hoch

    Das müssten dann mindestens 300 m2 sein und selbst da hätte ich noch Zweifel.

    Dies nur nebenbei - ändert nichts an Deiner Aussage oben!!

    Da dort im letzten Jahr im selben Haus eine Wohnung verkauft wurde (nach Erstellung eines Gutachtens übrigens) kann man den Preis recht ordentlich einschätzen. Die besagte Wohnung hatte übrigens nicht 300 qm sondern "nur" 184 qm (5 Zimmer-Altbau) und wurde für knapp 3,7 Mio verkauft.. . Aktuell wird ganz in der Nähe (zwischen Leopoldstraße und dem Englischen Garten) eine (m. W. allerdings) Neubauwohnung angeboten - für 4,5 Mio. bei 172 qm. Meine Einschätzung (Beitrag 33) diesbezüglich halte ich daher für ziemlich realistisch. Das aber hier auch nur am Rande.


    Was ich damit nur veranschaulichen wollte: Wer über so lange Zeiträume (in dem Fall ging es ja um > ein Viertjahrhundert) wirklich real "Vermögen" aufbauen und schaffen will, wird an Aktien und/oder Immobilien nicht vorbeikommen. Umso eher er damit beginnt, desto besser. Und meine Beispiele sollten auch zeigen, daß die 2 oder 3 Prozent sog. offizielle Inflationsrate per annum sich in realen Preisen (jedenfalls in weiten Teilen und bei sehr vielen Produkten) in praxi und über lange Zeiträume dann schließlich ganz anders anfühlen.


    In meinen jungen Jahren hat Bild noch geworben mit dem Slogan: „10- Pfennig Bild-Zeitung“

    Ich weiß nicht was eine Bild-Zeitung heute kostet.

    Ich schätze mal 1Euro.

    Nicht schlecht geschätzt. Bild (Regionalausgabe Frankfurt) lag m. W. im letzten Jahr schon bei 1,10 Euro.

    Das wäre das 20-fache von damals

    Zu Deinem Preis "in jungen Jahren" also ca. Faktor 22 ...


    Beste Grüße ins Schwabenländle

    Sovereign


  • Also der Beitrag ist ein wenig "schwierig" zu beurteilen, da hier mehrere Dinge vermischt werden. Grundsätzlich neigt der Mensch dazu, dass er alles positive einfach hinnimmt und nur die negativen Dinge ankreidet. Dass nur ganz wenige Dinge günstiger (ich hoffe nicht billiger) geworden sind, ist recht schwierig zu erfassen. Was heißt denn "günstiger"? Unter Inflation? Dann behaupte ich mal, dass man den Preisanstieg im Restaurant mal locker im Supermarkt gespart hat, wo man tagtäglich hin geht. Lassen wir mal die Sonderpreise für 1€ das Kilo Hack außen vor. Und bis vor kurzem war es auch noch günstiger, nicht das Auto, sondern das Flugzeug zum Einkaufen zu nehmen. ;) Und wie lange haben die Nahrungsmittelpreise eigentliche ne Seitwärtsbewegung gemacht? 20 Jahre?


    Dann hat ein VW Gold eine ganz andere/hochwertige Ausstattung als 2020. Ich vermute, die Klimaautomatik war in den 8500DM damals nicht enthalten.


    Eine Immobilie ist ein Investitions- und kein Konsumgut, also passt nicht in diese Liste. Hätte ich damals von den 750k DM Dax-Aktion gekauft, dann hätte ich eine verfünfzehnfachung, was noch einmal 1.5 Mio. mehr währen, als die 3.7 Mio.


    Also, so einfach ist es dann doch nicht. Erkennbar auch daran, dass der ein oder andere schon längst in der Privatinsolvenz wäre, würde man konstant die Apokalypse predigen. ^^

  • Zu Deinem Beitrag flip könnte man viel schreiben. Dazu fehlt mir aber im Moment leider schon die Zeit. Daher nur so viel:

    Eine Immobilie ist ein Investitions- und kein Konsumgut, also passt nicht in diese Liste.

    Das scheint selbst die EZB anders zu sehen.


    Dazu erlaube ich mir (aus der Erinnerung) eine Aussage des IW Köln (Institut der Deutschen Wirtschaft) zu zitieren (müßte aus dem Jahr 2020 stammen):


    "Die EZB will die Geldpolitik verständlicher gestalten, indem sie die Lebenswirklichkeit der Menschen in der Eurozone besser abbildet. Unter anderem diskutiert die EZB den Vorschlag, die Kosten für selbstgenutztes Wohneigentum (!) in die Berechnung der Inflationsrate einzubeziehen. Eine solche Umstellung würde zudem internationalen Standards folgen" ...


    Und natürlich ist eine selbstgenutzte Immobilie immer (zumindest auch) ein Konsumgut - die Immobilie als Gebäude nutzt sich ab wird also sozusagen über die Zeit (ver)"konsumiert" - während der Grund und Boden (Grundstückanteil) erhalten bleibt. Vereinfacht gesagt: In aller Regel (jedenfalls in Ballungsräumen) sinkt (zumindest) tendenziell der Wert des Gebäudes während der Wert des Grundstücks erhalten bleibt oder steigt.