Lindner's Aktienrente - wieso soll da etwas besser klappen?

  • Das ist mir schon klar. Aber wenn eine Versicherung, mit vergleichbarer Anlagestrategie für einen lang laufenden Vertrag keine Garantie übernehmen will, wie können dann Hr Fratzscher oder der Staat das als sicher ansehen?

    Definiere "sicher". Wenn ich eine Schatulle mit Geld irgendwo gut versteckt vergrabe, dann ist die "sicher". Ebenso (und weniger Diebstahlanfällig) das gleiche Geld auf einem einfachen Sparkonto. Man bekommt am Ende seinen eingezahlten Betrag wieder zurück. Das reicht aber nicht. Denn in der Zwischenzeit dreht sich die Welt weiter und bei 2% Inflation verdoppeln sich die Preise alle 36 Jahre. Bedeutet, 100€ zu Beginn des Berufslebens sind zum Rentenbeginn weniger als 50€ wert und gegen Ende der Rente nur noch 25-30€. Und es gibt in dieser Welt keine Anlage, die garantiert immer mehr Rendite bringt als die Inflation. Sicher ist aber, dass Garantieprodukte aufgrund ihrer niedrigen Rendite fast immer unterhalb der Inflation bleiben

  • Prinzipiell richtig, allerdings könnte man die Belastung durch die Aufnahme eines "Sondervermögens" entzerren, d. h. die Rückzahlung dieser Schulden könnte über Jahrzehnte gestreckt werden. Auch käme vermutlich die Inflation bei der "Abzahlung" zuhilfe. Es bliebe weiterhin die Hoffnung (und die ist nicht ganz unbegründet), dass sich das Globale Aktienportfolio günstiger entwickelt als die steigenden Schuldzinsen.

    Der Staat soll demnach also kreditfinanziert an der Börse investieren? Ich halte das für die Politik in schlechten Börsenzeiten so schon schwierig zu stehen … aber dann noch mit geliehenem Geld? Das halte ich für nicht durchhaltbar.

  • Der Staat soll demnach also kreditfinanziert an der Börse investieren? Ich halte das für die Politik in schlechten Börsenzeiten so schon schwierig zu stehen … aber dann noch mit geliehenem Geld? Das halte ich für nicht durchhaltbar.

    Vor allem, hat man dafür den idealen Zeitpunkt auch wieder verpasst! Man hätte 2021 zu 0-Zinsen Geld aufnehmen und investieren können.

    Nun ist man wieder bei > 2% Zinsen mit weiter steigender Tendenz angekommen. Die notwendige Rendite am Kapitalmarkt muss aber deutlich höher sein, damit es sich rechnet. Lindners-Modell der Aktienrente sieht ja eine 15 Jahren andauernde Investitionsphase vor. Die ersten 15 Jahre soll 'Rendite' gemacht werden und kein Geld entnommen werden.

    Was, wenn es mal wieder eine eher magere Dekade am Aktienmarkt gibt?:/

    Zumal AFAIK die weiteren jährlichen Zahlungen gar nicht gesichert sind. Im Augenblich geht es um 10 Mrd. Euro, die einmalig investiert werden.

    Ist halt nen Witz, wenn man sich die Dimensionen mal ansieht um die es jährlich geht.

  • Zumal AFAIK die weiteren jährlichen Zahlungen gar nicht gesichert sind. Im Augenblich geht es um 10 Mrd. Euro, die einmalig investiert werden.

    Ist halt nen Witz, wenn man sich die Dimensionen mal ansieht um die es jährlich geht.


    Naja, ist wie beim emsigen ETF-Sparer. Wichtig ist, dass man erstmal anfängt. Zumal wir auch im öffentlichen Dienst noch keine Strukturen dafür entwickelt haben. Hinzu kommt, dass jede Partei dann Ethikrichtlinien aufstellen wird und Berater hinzuzieht, damit ja die Interessen durchgedrückt werden. Also die Linke will keine Rüstungsunternehmen, die Grünen wollen - naja - grün, die CDU will dann wiederum alles außer Tabak, usw.


    Ob sich der Staat dafür verschulden soll... naja, würde sich anbieten. Der Bund gibt ne Anleihe für 3% heraus und bekommt langfristig 5-6% wieder zurück. Ist eher eine Frage von Haben oder nicht Haben.

  • Vor allem, hat man dafür den idealen Zeitpunkt auch wieder verpasst! Man hätte 2021 zu 0-Zinsen Geld aufnehmen und investieren können.

    Nun ist man wieder bei > 2% Zinsen mit weiter steigender Tendenz angekommen. Die notwendige Rendite am Kapitalmarkt muss aber deutlich höher sein, damit es sich rechnet. Lindners-Modell der Aktienrente sieht ja eine 15 Jahren andauernde Investitionsphase vor. Die ersten 15 Jahre soll 'Rendite' gemacht werden und kein Geld entnommen werden.

    Was, wenn es mal wieder eine eher magere Dekade am Aktienmarkt gibt?:/

    Zumal AFAIK die weiteren jährlichen Zahlungen gar nicht gesichert sind. Im Augenblich geht es um 10 Mrd. Euro, die einmalig investiert werden.

    Ist halt nen Witz, wenn man sich die Dimensionen mal ansieht um die es jährlich geht.

    Irgendwie fiel mir da die 100-jährige Anleihe aus Österreich ein. :/

    Chance vertan, würde ich sagen.

  • Klar ist für den Privatmann ein Engagement an der Börse auf Kredit alles andere als sinnvoll (die Älteren unter uns erinnern sich noch an die Zeit um 2000 herum... ;(), beim Staat kann das anders aussehen, da er sich sehr viel höher und riskanter verschulden kann als ein Privatmann...

    Ist halt die Wahl zwischen Pest und Cholera: entweder eine solche Aktienrente anstoßen oder über viele Jahre hinweg Summern von deutlich über 100 Mrd € pro Jahr in den gesetzlichen Rententopf zuschießen.

  • Klar ist für den Privatmann ein Engagement an der Börse auf Kredit alles andere als sinnvoll (die Älteren unter uns erinnern sich noch an die Zeit um 2000 herum... ;( ), beim Staat kann das anders aussehen, da er sich sehr viel höher und riskanter verschulden kann als ein Privatmann...

    Was eine normale Verschuldung für Konsumzwecke angeht, hast Du recht. Aber bei einer Verschuldung für Aktien, sehe ich es anders. Der politische Gegner würde das ausschlachten, das würde niemand stehen wollen.

  • Interessante Diskussion mit einigen sicherlich bedenkenswerten Aspekten.


    Wenn auch schon allein die bislang in Rede stehenden "Volumina" (präziser sind das - in Relation zur anstehenden Aufgabe - ja kosmetisch-homöopathische finanzielle "Petitessen") den aufmerksamen Beobachter etwas skeptisch stimmen mögen ...


    Nachdem ich so lange in diesem Land lebe und auch die Politik durchaus recht aufmerksam beobachte - fällt mir der Glaube an grundlegende, tragfähige und finanziell vernünftige, weit auf die Zukunft ausgelegte, derartige Reformen sukzessive immer schwerer. Das hier aber nur am Rande.


    Wie auch immer: Mal angenommen das Ganze wird im partei-politischen Ränkespiel nicht zerredet (m. E. nicht unwahrscheinlich), man kann sämtliche sachlichen Fallstricke (nicht ganz wenige in dem Fall) lösen (m. E. recht unwahrscheinlich), man erreicht (irgendwann) tatsächlich relevante (Billion aufwärts) Volumina (sehr unwahrscheinlich) usw. usw.


    Dann käme mir in dem Kontext das legendäre Strauß-Zitat, wenn auch in abgewandelter Form, direkt in den Sinn:


    "So wie ein Hund unfähig ist, sich einen Wurstvorrat anzulegen - könnte der Staat unfähig sein erhebliche Geldvorräte (wenn auch nur für seine Bürger) anzulegen und/oder zu verwalten und/oder auch nur zu verwahren bzw. auch nicht in der Lage sein, auf diese nicht zuzugreifen, wenn es ihm denn gerade genehm oder opportun erschiene".


    Eine solche - irgendwann akkumulierte - große finanzielle Verteilungsmasse dürfte erhebliche und permanente Strahlkraft zudem auch auf politische Parteien ausüben, um durch Anzapfen derselben Vorteile zu erlangen und/oder bestimmtes ausgewähltes Wählerklientel zu bedienen.


    Wie auch immer: Überhaupt so weit zu kommen, dürfte also schon sehr schwierig sein. Diesen Altersvorsorge-Schatz dann aber auch noch rechts- und zugriffsicher auszugestalten (müßte wohl im GG verankert werden) dürfte vermutlich noch diffiziler und anspruchsvoller werden.


    Was alles nichts an der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit des Ansatzes ändert - angehen sollen (präziser vielleicht müssen ?) hätte man dies - nach meinem Dafürhalten - daher schon vor Jahrzehnten.


    Nur meine bescheidene persönliche Meinung.

  • Dann käme mir in dem Kontext das legendäre Strauß-Zitat, wenn auch in abgewandelter Form, direkt in den Sinn:


    "So wie ein Hund unfähig ist, sich einen Wurstvorrat anzulegen - könnte der Staat unfähig sein erhebliche Geldvorräte (wenn auch nur für seine Bürger) anzulegen und/oder zu verwalten und/oder auch nur zu verwahren bzw. auch nicht in der Lage sein, auf diese nicht zuzugreifen, wenn es ihm denn gerade genehm oder opportun erschiene".

    Finde ich einen interessanten Gedanken, bspw. der norwegische Staatsfonds ist aber ein empirisches Gegenbeispiel.

  • Habe keine Problem mit z.B. + 5-10% mehr Rentenbeitrag. Wenn das Geld dann nicht mehr reicht müssen halt die Löhne entsprechend anziehn. Da ist ja noch extrem viel Spielraum, nette Nebeneffekt: auch die Steuereinnahnen sprudeln + Sozial- und Gesundheitssysteme werden gestützt.

    dann könnte die Belastung für die aktuelle Generation im Erwerbsleben vielleicht (aber nur vielleicht) zu hoch sein.

  • Finde ich einen interessanten Gedanken, bspw. der norwegische Staatsfonds ist aber ein empirisches Gegenbeispiel.

    Bei einem empirischen Gegenbeispiel darf der gesamte Kontext nicht vergessen, wesentliche Faktoren hierbei sind Bevölkerungszahl sowie Ressourcen. Das lässt sich nicht auf Deutschland eins zu eins übertragen, das gilt auch für das österreichische Rentensystem.


    Deutschland hat es jahrzehntelang verdrängt und verschlafen, um essenzielle Reformen für einen modernen Staat im 21. Jahrhundert zu entwickeln und umzusetzen. (Und ja: Kritische Infrastruktur war auch vor dem Russisch-Ukrainischen Krieg ein Thema, aber dieser hattet augenscheinlich einen tiefen Listenplatz.) Das Thema Rente wurde schon in den 2000er als ich noch zur Schule ging von Lehrkräften verspottet: "Ihr werdet bei dem aktuellen System die Verlierer, als Zahler, sein.";)

  • Finde ich einen interessanten Gedanken, bspw. der norwegische Staatsfonds ist aber ein empirisches Gegenbeispiel.

    Zu dem ersten fett herausgehobenen Textteil: Finde ich auch - und zwar berechtigterweise aber auch leider ...


    Nun ja, Norwegen ist der Euro erspart geblieben bzw. hat weiterhin seine eigene Währung (Norwegische Krone) und ist damit weder Mitglied der Eurozone noch (nicht mal) Mitglied der EU. Zudem hat man da wohl auch reichlich den Rohstoff Öl - um unsere wichtigsten Rohstoffe wie "Bildung" und einen markt- und wettbewerblichen "ordnungspolitischen Rahmen" samt der zu verwendenden Währung ("Einheitswährung") ist es - aus meiner Sicht - dagegen nicht so gut bestellt.


    Oder in dem Kontext (Norwegen, Rohstoff Öl und Pensionsfonds) und salopp formuliert: Mit vollen Hosen ist gut stinken ...


    Zudem hat Norwegen seine Bürger (iGz Deutschland beispielsweise) dazu befragt und entscheiden lassen. Nach meiner Erinnerung haben die Norweger in Volksabstimmungen damals in 1972 den Beitritt zur EG (hieß damals noch EG für Europäische Gemeinschaft) sowie auch im Jahr 1994 den Beitritt zur EU (Europäische Union) abgelehnt.


    Meines Wissens sind die Norweger daher nur bei EFTA als Mitglied dabei (Europäische Freihandelsassoziation - oder so ähnlich zumindest).


    Der Wunsch aus Sicht der Norweger dies doch noch zu ändern (und der EU beizutreten oder gar die Krone für den Euro aufzugeben), dürfte eher sehr gering ausgeprägt sein. Zurückhaltend formuliert. Oder wie mir ein Norweger mal sagte: "Schon allein unser staatlicher und auch stattlicher Pensionsfonds würde uns in den Fokus der Brüsseler-Umverteilungsmaschinerie bringen. Es ist daher sehr gut so, wie es ist. Und so soll es unbedingt auch bleiben".


    Zu dem zweiten fett herausgehobenen Textteil: Für ein empirisches Gegenbeispiel reicht das aus meiner Sicht eher nicht. Der Hintergrund mit dem Öl macht für das Norwegische Königreich schon ein elementaren Unterschied. So wurde (m. W.) der norwegische Pensionsfonds zum größten Staatsfonds der Welt - obwohl das Land von der Bevölkerung her ja winzig ist (m. W. < 6 Millionen Einwohner - und damit sogar noch viel kleiner als die Schweiz mit inzwischen fast 9 Millionen Einwohnern).


    Norwegen sehe ich daher schon als eine Art Sonderfall. Zudem war man da so vorausschauend damit schon in den 90er Jahren zu beginnen (Gründung des Pensionsfonds) und auch seit 1998 den Fonds für die Anlage auch in Aktien geöffnet zu haben. Der Fonds notierte zuletzt (Ende 2022) übrigens bei etwa 12,4 Billionen Kronen - was umgerechnet > 1,1 Billionen Euro bedeutet.


    Entspricht zufälligerweise ziemlich genau dem deutschen Target2-Saldo welches aktuell auch bei > 1,1 Billionen Euro steht ... ^^


    Mögen die gigantischen Billionen-Summen auch fast identisch sein: Zwischen realem und verfügbarem Vermögen und reinen noch dazu ungedeckte und unbesicherten Forderungen an Dritte (die im Zweifel wohl eh nicht einbringbar sind), gibt es leider einen Unterschied. Das hier aber nur am Rande.

  • Übrigens geht es hier um die Löhne in Deutschland, Produkte kommen aus der ganzen Welt. Arbeitsintensive Produkte werden praktisch nie in Deutschland produziert.

    Absolut richtig, energieintensive Produkte werden zukünftig kaum noch in Deutschland oder Europa produziert werden. Ähnliches haben wir schon bei Medikamenten gesehen, die nicht lieferbar aus Indien waren.

  • Habe keine Problem mit z.B. + 5-10% mehr Rentenbeitrag. Wenn das Geld dann nicht mehr reicht müssen halt die Löhne entsprechend anziehn. Da ist ja noch extrem viel Spielraum, nette Nebeneffekt: auch die Steuereinnahnen sprudeln + Sozial- und Gesundheitssysteme werden gestützt.

    Als humoristischer Beitrag ganz kreativ und unterhaltsam … ?

  • Sicherlich werden der Herr Lindner und seine Berater nicht in diesem Forum lesen.....

    Für mich wichtig, es gibt einen Start, bisher haben sich alle Bundesregierungen davor gedrückt....

    Wie die richtige Variante aussieht... ist wie bei uns Kleinsparern, wissen wir hinterher....

    Was ich allerdings vorher weiß, egal wie es ausgeht, es wird gemeckert werden und die Lautesten haben es dann schon vorher gewußt....besonders die, die bisher noch nichts unternommen haben!