Vorsorge wenn Tante pflegebedürftig wird oder stirbt

  • Hallo zusammen, ich hoffe ihr könnt mir helfen. Folgender Sachverhalt:

    Meine Tante (kinderlos) ist mittlerweile 83 Jahre alt. Sie ist für ihr alter noch sehr fit und ich hoffe dies bleibt auch noch lange so. In der Regel kümmere ich mich um ihre Angelegenheiten wie Versicherungen, Verträge und dergleichen. Vor einigen Jahren wurde mal von ihr ein Testament niedergeschrieben aus dem hervorgeht wer was bekommen soll. Allerdings haben sich seit dem ein paar Dinge verändert (zum Beispiel wollte sie ihr Haus jemanden vererben, welches sie aber dann später verkauft hat), und es stehen Begriffe wie Barvermögen (was ist mit dem Geld auf dem Konto) drin. Wir haben uns jetzt mal über den Fall der Fälle unterhalten und haben festgestellt, dass vieles nicht geregelt ist. Ich habe zwar eine Vollmacht über ihr Konto und stehe im alten Testament auch mit drin, aber mehr geregelt ist nicht. Nun meine Fragen:

    Reicht die Kontovollmacht aus, damit ich das Geld nach ihrem Tod verwalten kann bzw. das Konto auflösen kann?

    Wer darf/muss ihre Verträge kündigen wie Telefon, Versicherungen usw. bzw. was benötige ich dafür?

    Gibt es verschiedene Varianten die Berücksichtigt werden müssen in Bezug auf Tod oder pflegebedürftigkeit (Unzurechnungsfähigkeit)?

    Reicht hier ein neues selbstgeschriebenes Testament, wird eine Vorsorgevollmacht benötigt oder beides oder...???


    Ich hoffe ihr könnt mir ein paar Ratschläge geben.

  • Reicht die Kontovollmacht aus, damit ich das Geld nach ihrem Tod verwalten kann bzw. das Konto auflösen kann?

    Hier ist wichtig, dass die Kontovollmacht über den Tod hinaus gilt!


    Wer darf/muss ihre Verträge kündigen wie Telefon, Versicherungen usw. bzw. was benötige ich dafür?

    Gibt es verschiedene Varianten die Berücksichtigt werden müssen in Bezug auf Tod oder pflegebedürftigkeit (Unzurechnungsfähigkeit)?

    Reicht hier ein neues selbstgeschriebenes Testament, wird eine Vorsorgevollmacht benötigt oder beides oder...???

    So lange Deine Tante nicht Geschäfts- oder Handlungsunfähig ist, ist Sie selbst für alle Verträge verantwortlich. Natürlich kann Sie Dir individuelle Vollmachten ausstellen, damit Du z.B. bestimmte Dinge (z.B. Behördengänge) für Sie erledigen kannst.

    Ich habe mit meinen Eltern die entsprechende Vorsorgevollmacht des Bundesinnenministeriums genutzt: https://www.bmj.de/SharedDocs/…are/Vorsorgevollmacht.pdf


    Auf jedem Fall sollte folgende Vollmachten vorhanden sein:

    • allgemeine Vollmacht (s.o.)
    • Kontenvollmacht bei der jeweiligen Bank (sicherheitshalber, da sich manche Banken querstellen und die obige Vollmacht ggf. nicht akzeptieren)
    • Patientenverfügung
    • Betreuungsverfügung

    Wir haben die Vollmachten durch einen Notar bestätigen lassen. Hat für meine Eltern rund 150€ gekostet.


    Testament ist ja wieder was anderes. Sollte natürlich auch einigermaßen dem aktuellen Stand entsprechen. Wenn man das Testament über einen Notar macht, wird es auch direkt beim Amtsgericht hinterlegt.

    Auch eine komplette Bestattungsvorsorge kann durchaus Sinn machen. Biete diverse Bestatter an. Dabei kann die gesamte Trauerfeier bereits zu Lebzeiten geplant werden. Die Bestattungskosten werden dann auf ein Treuhandkonto ähnlich einer Mietkaution gezahlt. Dann sind alle Bestattungsfragen und -kosten geregelt (pfändungssicher).

    Ist natürlich nicht einfach über den eigenen Tod und die Trauerfeier nachzudenken, erspart den Angehörigen dann aber u.U. eine Menge Stress und möglicherweise unangenehme Entscheidungen.

  • Hallo benre

    Ein paar Tips von mir:

    1) eine Kontovollmacht sollte ggf. den Zusatz "über den Tod hinaus" enthalten (näheres bitte mit der Bank klären).

    2) sämtliche Kosten für den - hoffentlich weit in der Zukunft liegenden - Fall der Bestattung können vom Konto der Verstorbenen beglichen werden - falls nicht bereits vorher entsprechend geregelt.

    3) Für die Kündigung von Verträgen wird i.d.R. eine Sterbeurkunde verlangt. Die Kündigung geht in vielen Fällen per email (Sterbeurkunde attached). Aber man sollte sich die Annahme der Kündigung schriftlich (Postweg) bestätigen lassen und zu den Akten legen. Je nach Vertrag sollte man um eine Formulierung im Antwortschreiben bitten "bitte bestätigen Sie, dass nach erfolgter Kündigung keine weiteren Verpflichtungen offen sind" (o.ä.).

    Manche Ansprechpartner reagieren nicht auf emails. Dann hilft oft ein "Einschreiben mit Rückschein"

    4) wenn eine Kontovollmacht vorhanden ist, dann sollte man ggf. die Kontobewegungen im Auge haben, um auch darüber festzustellen, welche Verträge vielleicht bestehen (und dafür Abbuchungen vornehmen)

  • Im Todesfall kannst du zwar über das bevollmächtigte Girokonto weiter verfügen. Das übrige Geld aufteilen geht aber nur mit Erbschein. Und das dauert eine Weile, weil erstmal das Testament eröffnet wird, und das Nachlaßgericht auch nicht gerade Langeweile hat.

    Wenn das Ende absehbar ist, sollte über eine Verteilung von Vermögenswerten zu Lebzeiten nachgedacht werden (Schenkung). Das geht zumindest schneller, ist steuerlich innerhalb gewisser Fristen auch mehrmals möglich und dann günstiger als die Erbschaft.

  • Eine klare Erbregelung wäre wichtiger als die Vollmacht. Wenn ich es richtig verstanden habe, gibt es zwar ein Testament, in dem aber nicht die Erbfolge geregelt, sondern nur Vermächtnisse ausgelobt werden. Mit dem Todesfall geht das Vermögen automatisch auf die Erben über. Ein zu Lebzeiten Bevollmächtigter, der nicht gleichzeitig Alleinerbe ist, sollte dann tunlichst die Finger von den Konten lassen, Vollmacht hin oder her. Und wenn keine direkten Abkömmlinge da sind, ist ja oft gar nicht mal eindeutig, wer nach der gesetzlichen Erbfolge in welchem Umfang erbt.

  • Ein zu Lebzeiten Bevollmächtigter, der nicht gleichzeitig Alleinerbe ist, sollte dann tunlichst die Finger von den Konten lassen, Vollmacht hin oder her.

    Ebendrum will die Bank ja den Erbschein sehen, und Kontenverfügungen (außer beim Nachlasskonto) von allen im Erbschein genannten Erben unterschrieben haben.

    Du bekommst nicht mal ne Kontenübersicht, trotz Sterbeurkunde, Familienstammbuch und/oder Vollmacht.