Stornierung bei der Bahn: Gebühren?

  • Der Kunde schließt mit der Bahn einen Beförderungsvertrag, also einen Unterfall des Werkvertrages, ab.


    Auch für Werkverträge gilt, wie für alle Verträge: 'Geschlossene Verträge' sind einzuhalten oder - wie wir Lateiner unter uns sagen: 'pacta sunt servanda'.


    Gestzliche Grundlage für die Stornierung:
    § 649 BGB - Kündigungsrecht des Bestellers

    Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner
    Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Es wird vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 vom Hundert der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.


    Der Nachweis des Kunden, daß die Bahn genau das vom Kunden gekaufte Ticket/den Sitzplatz an jemand anderen verkauft hat und daraus (=anderweitige Verwendung) einen Erlös erzielt hat, dürfte sehr sehr schwierig werden. Und genau diesen Beweis müssen Flugpassagiere (die meisten Tickets werden im Billigsegment erworben und sind nicht kostenlos erstattbar) auch erbingen. Dieser Beweis gelingt eigentlich nur in zwei Fallvarianten:
    -das Flugzeug / der Zug ist restlos ausgebucht oder
    -man hat dem Beförderungsunternehmen selbst einen Ersatzmann gestellt.


    Bei Flugtickets kommt noch ein anderer Aspekt hinzu: Zusätzlich zum reinen Flugpreis werden noch Steuern und Gebühren für Dritte (Flughafenbetreiber, Sicherheitsbehörden usw.) zusätzlich erhoben. Deren Bezahlung erfolgt in der Regel sofort nach Bestellung. Diese Steuern und Gebühren für Dritte übersteigen gerade im Billigsegment oft den reinen Flugpreis. Diese personenbezogenen Steuern und Gebühren für Dritte fallen 'in der Fliegerei' nur an, wenn der Passagier wirklich abfliegt. Fliegt der Kunde nicht, sind diese Kosten dem Flugpassagier vollständig (!) zu erstatten. Für den reinen Flugpreis gilt das oben Gesagte. - Im Bahnverkehr gibt es solche pesonenbezogenen Steuern und Gebühren für Dritte ('Bahnhofsgebühr', 'Sicherheitsabgabe' oder ähnlich) natürlich nicht. Insofern können solche auch nicht erstattet werden.

    'Es sei nicht immer zu verlangen, „dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften dem Bürger grundsätzlich ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar sein muss“.' (BVerfG, Beschl. v. 04.06.2012, Az.: 2 BvL 9/08)

  • Die Deutsche Bahn storniert Fahrkarten während des Streiks ohne Gebühren. Das ist eine freiwillige Kulanzleistung des Unternehmens.


    Das ist nicht nur eine freiwillig Kulanzleistung der Bahn sondern es sind Verbraucherrechte!


    'Seit Juli 2009 gelten neue Fahrgastrechte für Bahnreisende in Deutschland. Grundlage ist die EU-Fahrgastrechte-Verordnung, die am 3. Dezember 2009 automatisch in allen EU-Mitgliedsstaaten für Eisenbahnfahrten und -dienstleistungen in Kraft trat.


    Die Regelungen zur Rückerstattungszahlung
    Erreicht man mit 60 Minuten Verspätung sein Reiseziel, erstattet das Bahnunternehmen 25 Prozent des Fahrpreises, ab 120 Minuten sogar 50 Prozent. Im September 2013 hat der europäische Gerichtshof entschieden, dass die Entschädigung auch bei höherer Gewalt zu zahlen ist, z. B. bei schlechtem Wetter, Streik oder wenn ein Lastwagen die Gleise blockiert (EuGH, 26.09.2013 - C-509/11).


    Die Entschädigung kann man sich auf Wunsch auch bar ausbezahlen lassen.


    Zeichnet sich schon vor Beginn der Reise eine Verspätung von über einer Stunde ab, kann der Fahrgast auf die Fahrt verzichten und sich den Fahrpreis komplett zurückerstatten lassen oder die Fahrt auf einen späteren Zeitpunkt und mit geänderter Streckenführung verschieben.


    Wenn sich abzeichnet, dass eine Übernachtung nötig wird, weil der Zug über eine Stunde zu spät das Ziel erreichen wird, muss die Bahn dem Reisenden die Übernachtung in einem Hotel bezahlen. Dies hängt jedoch von der
    Verfügbarkeit ab.


    Keine Erstattung gibt es, wenn die Rückerstattungssumme weniger als vier Euro beträgt.


    Neuregelungen im Nahverkehr
    Wenn sich abzeichnet, dass sich ein Nahverkehrszug mehr als 20 Minuten verspätet, darf stattdessen ein Fernverkehrszug mit dem gleichen Ticket benutzt werden (mit Ausnahme von Zügen der Linien „City Night Line“ und
    „ICE Sprinter“)

    Taxifahrten von bis zu 80 Euro werden bezahlt, wenn aufgrund einer mindestens einstündigen Verspätung das Ziel erst nach Mitternacht und noch vor fünf Uhr morgens erreicht wird und kein anders preisgünstiges öffentliches Verkehrsmittel mehr zur Verfügung steht oder


    wenn der letzte fahrplanmäßige Zug des Tages (nach 20 Uhr) ausfällt und der Passagier daher sein Ziel vor Mitternacht nicht mehr erreichen würde.' Quelle: Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland auf: http://www.eu-verbraucher.de/d…n/bahn/eu-fahrgastrechte/

    'Es sei nicht immer zu verlangen, „dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften dem Bürger grundsätzlich ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar sein muss“.' (BVerfG, Beschl. v. 04.06.2012, Az.: 2 BvL 9/08)

  • Sorry, das war wohl missverständlich. Es stimmt, dass die gesetzlichen Fahrgastrechte im Fall eines Streiks greifen. Darüber hinaus storniert die Bahn Fahrkarten im Streikzeitraum erfahrungsgemäß unbürokratisch ohne Nachweis und ohne Fahrgastrechte-Formular.