Kann man Vermögensanteile als "gehört nicht zur Erbmasse" deklarieren?

  • Hallo, meine Frage steht schon im Titel. Ich habe folgende Situation angetroffen:
    Ein noch lebender Urgrossvater hat ein Testament, dass seine beiden noch lebenden Kinder zu gleichen Teilen begünstigt.
    Nun will er erhebliche Teile seines Bankguthabens, definierte Geldsummen, aus der zukünftig vorhandenen Erbmasse herauslösen und direkt seinen Enkelkindern und nicht verwandten Drittpersonen vererben. Geht das und wenn ja wie?

  • Zunächst einmal folgendes: so lange der Urgroßvater noch lebt, gibt es KEINE ERBMASSE.
    Das ist sein Vermögen! Erst mit seinem Tod geht das Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über (§ 1922 BGB).


    Auch wenn sich seine Kinder schon ausgerechnet haben mögen, was sie dereinst als Erbe kassieren werden, steht ihnen hier kein Anspruch zu. Der Urgrossvater kann mit seinem Eigentum machen was er will (§ 903 BGB). Das ist jedenfalls der Grundsatz.


    Der Uropa könnte sich also auf Weltreise begeben, ins Spielcasino laufen oder sonst irgendwie sein Vermögen "auf den Kopf hauen". Soweit er sich von dem Bargeld etwas kauft oder eine Dienstleistung bezahlt, geht der Wert der gekauften Sache oder der Gegenstand der Dienstleistung natürlich in sein Vermögen ein und wird im Erbfall ebenfalls vererbt.


    Z.B. kauft sich der Opa auf seine alten Tage noch eine Segelyacht, erben die Erben eben eine Segelyacht.
    Und lässt er die Segelyacht vor seinem Tod noch aufwendig renovieren, erben die Erben eine aufwendig renovierte Segelyacht. Da haben sie nicht mit zu reden.


    Von diesem Grundsatz gibt es allerdings in der Tat eine Ausnahme: diese betrifft Schenkungen.
    Hier kann es gem. § 2325 BGB zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Beschenkten kommen.


    Dies hat jedoch folgende Voraussetzungen:


    1. Es müssen überhaupt Pflichtteilsberechtigte vorhanden sein. Das wäre vorliegend wohl der Fall, wenn es sich um die Kinder des (künftigen) Erblassers handelt.


    2. Die Schenkungen an - wie oben beschrieben - "Enkelkinder und nicht verwandte Drittpersonen" müssten die Kinder in ihrem Pflichtteil beschränken.


    Nach dem oben beschriebenen Sachverhalt, hat der Uropa zwei Kinder. Wenn es sonst weiter keine Pflichtteilsberechtigten gibt (z.B. keine noch lebende Ehefrau), dann würde die gesetzliche Erbfolge für jedes der Kinder die Hälfte des Nachlasses betragen. Der Pflichtteil ist wiederum die Hälfte des gesetzlichen Erbteils - also ein Viertel.


    Damit würde eine Beschränkung der pflichtteilsberechtigten Kinder erst dann eintreten, wenn der Uropa ihnen weniger als ein Viertel des Nachlasses zuwendet.


    Zahlenbeispiel: Das Vermögen sei 100.000. Dann kann der Urgroßvater 50.000 an die Enkelkinder und an Dritte verteilen, ohne dass die Kinder irgendetwas dagegen tun können.


    3. Die Zehnjahresfrist dürfte noch nicht abgelaufen sein.
    Um Schenkungen auch gegenüber pflichtteilsberechtigten Erben rechtssicher zu machen, gibt es gem. § 2325 III BGB eine 10-Jahresfrist. In jedem Jahr nach der Schenkung nimmt der "Pflichtteilsergänzungsanspruch" (so heißt das Teil rechtlich) gegen den Beschenkten um ein Zehntel ab. Tritt der Erbfall erst 10 Jahre nach der Schenkung ein, gibt es für den Pflichtteilsberechtigten gar nichts.


    Noch ein Zahlenbeispiel: Vermögen sei wieder 100.000. Der Urgroßvater verschenkt 80.000 an Enkelkinder und Dritte.
    Damit ist der Pflichtteilsergänzunganspruch der Kinder 30.000. D.h. die Enkel und die Dritten müssen von 80.000 einen Teilbetrag von 30.000 an die Erben (=die Kinder) zurückzahlen. Das gilt aber nur bei Tod des Erblassers im Jahr der Schenkung.


    Stirbt der Erblasser fünf Jahre nach der Schenkung müssen die Beschenkten nur noch 15.000 zurückzahlen.
    Nach 10 Jahren müssen sie gar nichts zurückzahlen, den Erben bleiben dann nur die 20.000.


    Wir merken uns: Erben ist schön, allerdings sollte man erst dann anfangen zu rechnen, wenn der Erbfall eingetreten ist.
    Wer vorher rechnet, muss zweimal rechnen. Und meist sind hier Enttäuschungen vorprogrammiert.