Arbeitszeitgesetz Überstunden

  • Bin auf diesen Artikel gestoßen: http://www.finanztip.de/arbeitsgesetz-ueberstunden/


    Er ist leider extrem irreführend. Das Arbeitszeitgesetz geht von Werktagen (Montag bis Samstag) aus, die der Arbeitgeber umlegen darf. Wer also vertraglich eine 40h 5-Tage Woche hat (Mo-Fr je 8h), muss trotzdem 48 Stunden die Woche arbeiten, bevor der Arbeitgeber irgendetwas ausgleichen muss.


    Die Aussage im Artikel "Die tägliche Arbeitszeit darf 8 Stunden nicht überschreiten" ist falsch. Arbeitet man 5 Tage die Woche, darf die tägliche Arbeitszeit auch 9,6h dauern, da man im Schnitt letztendlich nur 48 Stunden die Woche gearbeitet hat.

  • Bevor Sie solche Aussagen ("extrem irreführend") machen, sollten Sie sich etwas mehr mit der Rechtslage beschäftigen.
    Ihre Ansicht, dass bei einer 5-Tage-Woche die tägliche Arbeitszeit auch 9,6 Stunden dauern darf, ist schlicht falsch!


    Lesen Sie das Gesetz! (Und bemühen Sie sich, es zu verstehen...)

  • Da sagt eben dieser Artikel etwas anderes:


    http://www.channelpartner.de/a…-darf-man-arbeiten,236791


    Zitat

    Nach § 3 S. 1 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden grundsätzlich nicht überschritten werden. Allerdings gelten als Werktage im Sinne des ArbZG alle Tage von Montag bis einschließlich Samstag. Das heißt, dass bei allen Berechnungen im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes eine Sechs-Tage-Woche zu Grunde zu legen ist. Hieraus folgt weiter, dass ein Betrieb für die Berechnung der Arbeitszeit auch dann auf den sechsten Tag der Woche zurückgreifen kann, wenn in dem jeweiligen Betrieb nur eine Fünf- oder gar Vier-Tage-Woche üblich ist.


    Zitat

    Aus der in § 3 ArbZG verankerten Arbeitszeit von acht Stunden und aus dem Grundsatz der Sechs-Tage-Woche folgt daher, dass dem ArbZG generell eine 48-Stunden-Woche zugrunde liegt (d. h. sechs Tage mit jeweils acht Stunden). Dieses ist wiederum im Jahr für 48 Wochen zulässig (52 Jahreswochen abzüglich vier Wochen gesetzlicher Urlaub). Das ArbZG geht also von einer maximalen Arbeitszeit von 2.304 Stunden pro Jahr aus.


    Zitat

    Generell sieht das Arbeitszeitgesetz hierzu vor, dass ein solcher Ausgleich innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten oder alternativ von 24 Wochen zu erfolgen hat, § 3 S. 2 ArbZG. Ein solcher Ausgleich der werktäglichen Arbeitszeit kann aber auch wöchentlich stattfinden. Da das Arbeitszeitgesetz einerseits eine Regelarbeitszeit von 48 Stunden wöchentlich vorsieht, die auf sechs Tage verteilt sind, andererseits bei vielen Arbeitgebern eine Fünf-Tage-Woche gegeben ist, folgt hieraus Folgendes: Die an einem arbeitsfreien Samstag ausgefallene Arbeitszeit von acht Stunden kann auf die übrigen fünf Wochen-Tage "umgelegt" werden, so dass die gesetzlich zulässige Arbeitszeit an diesen Tagen bis zu 9,6 Stunden betragen kann ("48 Wochenstunden geteilt durch fünf Tage").


    Das würde bedeuten, dass mein Arbeitgeber mir - trotz 40-Stunden/5-Tage Woche - die Überstunden erst dann ausgleichen muss, wenn ich über 48 Stunden gearbeitet habe, nämlich über 8h werktäglich von Montag bis einschließlich Samstag.


    Was ist nun richtig?

  • Den von zitierten Artikel können Sie in die Tonne treten.
    Die Schlussfolgerungen, die der unbekannte Autor hier zieht, und mit denen er zu einer täglichen Arbeitszeit von 9,6 Stunden kommt, sind einfach falsch.


    Was Sie selbst angeht, hängt es von Ihrem Arbeitsvertrag ab, welche Überstunden vergütet werden müssen.
    Wenn Sie eine 40-Stunden-Woche vereinbart haben, dann müssen Sie auch nicht mehr leisten.
    Und wenn Ihr Chef Überstunden anordnet, muss er sie auch bezahlen - oder in Freizeit ausgleichen.


    Etwas anderes gilt, wenn Sie zum Management gehören. Ab ca. 5.000 € monatlich können Überstunden in gewissen Grenzen pauschal vereinbart sein. Das gilt aber nur für solche sehr gut bezahlten Führungskräfte bzw. Spezialisten.

  • Hallo Zusammen,
    ich habe mal eine Frage die sich hier irgendwie nicht konkret für mich beantwortet und auch auf keiner anderen Website mit dem Thema:


    In meinem Arbeitsvertrag steht, dass 8 Stunden Überstunden/Mehrarbeit mit dem Gehalt abgegolten sind. Als Info...laut Vertrag habe ich eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden.


    Das bedeutet finanziell werden die 8 Überstunden nicht ausgeglichen. Aber wie steht es mit dem Freizeitausgleich? Muss man nicht alle Überstunden ausgleichen, oder nur wenn die schriftlich angeordnet wurden? Und muss bei einer solchen Anordnung nicht auch beschrieben werden wofür die Überstunden/Mehrarbeit anfallen?...


    Danke schon mal für eine konstruktive Antwort!

  • ...vergessen: Fällt die angekündigte Arbeit am Samstag mit unter die 8 Stunden oder muss die Zeit in jedem Fall zurückgegeben werden?

    Als Background: ich bin Designerin (unter der Beitragsbemessungsgrenze), deswegen fällt oft mal Mehrarbeit an, aber wir bekommen fast nie einen Ausgleich. Aktuell ist es auch eher so, dass Überstunden anfallen, weil wir nach diversen Kündigungen (unschön unfreiwillig und freiwillig) und Schwangerschaften viel zu wenig Kapazitäten haben. Wir arbeiten schon seit Monaten am Limit, haben keinen Betriebsrat und leider auch keinen Chef, der unsere Lage ernst nimmt und immer nur fordert weil er seine Firma wirtschaftlich an der Grenze sieht. Unsere Loyalität hat mittlerweile die Grenze erreicht. Wir wissen einfach keinen Rat mehr...außer natürlich selbst kündigen...:/

  • Ihr Frage ist auch schwierig zu beantworten!
    Mit dem Arbeitszeitgesetz kommen Sie hier nicht weiter.


    Es ist auch nicht grundsätzlich so, dass alle Überstunden ausgeglichen werden müssen. Dabei ist Freizeitausgleich nur die eine Seite der Medaille. Die Rückseite ist der finanzielle Ausgleich. Also: Überstunden werden entweder durch Freistellung von der Arbeit während der normalen Arbeitszeiten ausgeglichen - oder sie werden bezahlt.


    Allerdings könnte Ihre Vergütung im Branchenvergleich so hoch sein, dass der Arbeitgeber berechtigterweise erwarten kann, dass Sie Mehrarbeit leisten und nicht ganz penibel auf Ihre Arbeitszeit achten. Dann wäre die Klausel gerechtfertigt.


    Da Sie schreiben, dass Sie als Designerin arbeiten und gehaltlich noch unter der Beitragsbemessungsgrenze liegen, scheint mir dies jedoch eher nicht vorzuliegen.


    Ob Sie die Klausel benachteiligt - und damit im Ergebnis unwirksam wäre - ist jedoch eine Frage, die unter Umständen Gegenstand eines Arbeitsgerichtsprozesses sein könnte. So einfach lässt sich das nicht beantworten. Hier kommt es auf den Einzelfall an.


    Immerhin ist die Überstundenanzahl mit acht Stunden (ich nehme an: pro Monat) begrenzt.
    Das spricht für ihre Wirksamkeit, denn Sie wissen, auf was Sie sich bei Vertragsabschluss eingelassen haben: Es könnten pro Monat acht Stunden Mehrarbeit auf Sie zukommen. Das sind rund 5 % Ihrer vertraglich geschuldeten Arbeitszeit.


    Sollte es jedoch so sein, dass die Ausnahme zur Regel geworden ist und Sie ständig diese acht Überstunden ableisten müssen, könnte dies dafür sprechen, dass die Klausel unzulässig ist, weil Sie beim Gehalt über den Tisch gezogen wurden. Sie haben Ihr Gehalt für 173 Stunden im Monat ausgehandelt und müssen nun regelmäßig 181 Stunden arbeiten.


    Krass wäre es, wenn 8 Stunden pro Woche gemeint wären. Das wäre ein zusätzlicher Arbeitstag - also 20 % der regelmäßigen Arbeitszeit. Damit wären Sie - jedenfalls nach meiner Rechtsauffassung - unangemessen benachteiligt und die Klausel wäre unwirksam.


    Nur was hilft Ihnen das alles?
    So wie Sie Ihren Arbeitgeber schildern, werden Sie um eine gerichtliche Klärung nicht herumkommen.
    Und dann stellt sich die Frage, ob nicht eine Eigenkündigung die weniger stressige Variante wäre.

  • Hallo muc,
    vielen Dank für die Antwort, auch wenn die mir nicht so viel weiter geholfen hat, aber ein wenig. Der zweite Absatz wiederspricht sich meines Erachtens....


    In meinem Fall ging es im Übrigen um 8 Stunden pro Woche, die vertraglich festgehalten sind. Mit 8 Stunden pro Monat könnte ich ja noch leben...:/


    Die letzten Wochen habe ich übrigens über diese 8 Stunden pro Woche gearbeitet. Ich habe letze Woche das Gespräch gesucht mit meiner vorgesetzten Creative Direktorin und mich ausgesprochen. Es geht ihr aber genauso, und sie weiß auch nicht mehr was sie tun soll. Fest steht, dass uns schon seit Monaten Kapazitäten fehlen und wir eigentlich für 2-3 Leute mehr arbeiten. Ich habe ihr gesagt, dass ich nicht bereit bin diese Belastung weiter zu tragen und es auch auf meine Gesundheit geht. Erwähnen müsste man vielleicht noch, dass ich seit 5 Jahren keine Gehaltserhöhung bekommen habe, vor 2 Monaten gab es eine kleine, dem zu Schulden, dass er befürchtet, ich könnte gehen....was ich vor hatte, weil die Situation untragbar ist und in der letzten Zeit auch ganz gruselige Sachen passiert sind mit Leuten, die nicht besonders nett gekündigt wurden und Mamas, die einfach in eine andere Abteilung verschoben wurden, welche nicht ihrer Ausbildung entspricht....:/


    Ich habe nach dem Gespräch mein Zwischenzeugnis verlangt. Nun scheint Chef zu erwachen...da ich als Kreative mit einer anderen Designerin beste Kraft zu sein scheine, hat es wohl doch etwas Wirkung...jedenfalls hat er ne Mail geschrieben und zugegeben, dass er den kapazitären Mangel auf unseren Schultern ausgetragen hat. Er hat versprochen ab sofort für Personal zu sorgen. Ich glaube es erst, wenn es soweit ist, bis dahin werde ich meine Bewerbung trotzdem rausschicken. Die Überstunden will er ausgleichen, wenn es etwas ruhiger ist...momentan nicht absehbar....immerhin mal geschriebene Worte. Aber es werden sicher nicht alle Überstunden ausgeglichen.


    Wie gesagt, auf 8 pro Monat könnte ich verzichten, aber was ist mit dem ganzen Rest? Und wie verlange ich sie zurück? In einem Schreiben? Muss er sie auch schriftlich angekündigt haben? Und wie soll das zukünftig laufen? Kann ich mich weigern? Geht es nicht darum wofür die Überstunden sind? Ich meine gelesen zu haben, dass Überstunden aufgrund von Kapazitätenmangel nicht geleistet werden müssen....wie verhalte ich mich richtig, ist die große Frage? Und Samstagarbeit muss doch in jedem Fall zurück gegeben werden nach 2 Wochen, oder? Und, wenn sich nichts ändert...wäre an eine Anzeige beim Gewerbeamt zu denken, könnte aber auch der Ruin sein, oder...? :/


    Ich werde vielleicht kündigen, aber ich denke da auch an meine Kollegen. Ich wäre sehr dankbar für Tipps.

  • Das Gewerbeamt kümmert sich nicht um Ihren Arbeitsvertrag.
    Und vom Arbeitszeitgesetz her wäre eine 48-Stunden-Woche ja abgedeckt.
    Ihr Arbeitgeber verhält sich also nicht ungesetzlich.


    Es spielt auch keine Rolle, weshalb die Überstunden angeordnet worden sind.


    Eine andere Frage ist, ob Ihr Arbeitsvertrag in diesem Punkt wirksam ist.
    Nach meiner Rechtsauffassung ist eine Regelung, die Sie bis zu 8 Überstunden pro Woche verpflichtet unwirksam, weil Sie damit unangemessen benachteiligt werden (§ 307 Abs. 1 BGB).


    Das kann man allerdings auch anders sehen: der gegnerische Anwalt könnte die Meinung vertreten, dass Sie in Ihrem Arbeitsvertrag sich einverstanden erklärt haben, für das gleiche Geld auch 48 Stunden/Woche zu arbeiten.


    Es käme also im Falle eines Gerichtsprozesses darauf an, wer das Gericht besser überzeugen kann, was zwischen Ihnen und Ihrem Chef vereinbart wurde.


    Freilich spricht die Formulierung, dass Sie eine 40 Stunden-Woche haben dafür, dass Sie gerade nicht für das vereinbarte Gehalt jede Woche 48 Stunden arbeiten wollten. Allerdings zeigt die Erfahrung vor Gericht, dass sich Gerichte aus der Festlegung des Gehalts raushalten. Das ist nun wirklich Sache der Vertragsparteien. Dies gilt insbesondere dann, wenn es keine tarifvertragliche Bindung gibt.


    Sollte die Klausel in Ihrem Arbeitsvertrag unwirksam sein, wäre der Vertrag im Übrigen wirksam.
    Dann stünde Ihnen eine Bezahlung der geleisteten Überstunden zu. Nach der gesetzlichen Regelung eines Dienstvertrages muss jede geleistete Stunde auch vergütet werden.


    Selbstverständlich können Sie - wenn die Klausel unwirksam ist - die weitere Leistung von Überstunden verweigern.


    Ich empfehle Ihnen, dass Sie zunächst einmal Ihren Chef auffordern, die geleisteten Überstunden zu bezahlen.
    Stellen Sie sich auf den Standpunkt, dass die Klausel mit 8 Stunden/Woche unwirksam ist.
    Die Begründung dafür lautet, dass es damit im Belieben des Arbeitgebers steht, einen zusätzlichen Arbeitstag pro Woche von Ihnen ohne Bezahlung zu fordern. Das benachteiligt Sie einfach zu krass.


    Dann fordern Sie die Bezahlung für die geleisteten Überstunden nach.
    Sie werden dann an der Reaktion des Arbeitgebers erkennen, ob Sie den Job besser kündigen - oder ob er bereit ist, sie fair und vernünftig zu bezahlen.


    Viel Erfolg!

  • Den Artikel finde ich sehr gut, allerdings sind meine Erfahrungen anders. Die Lösungen, welche vorgestellt werden, handeln von Firmen, die wirklich über Führungs- und Leitungspersonal verfügen. Der Geschäftsführer per se erteilt meiner Erfahrung nach nicht die Arbeitsaufträge und man geht in der Regel nicht zu ihm hin und fragt, ob man Überstunden machen soll, weil diverse Aufträge noch offen sind. Rein organisatorisch würde das in einem Drama enden. Das geschieht häufig im eigenen Ermessen des Arbeitnehmers, einfach, weil zu viel auf dem Tisch liegt und sich die Arbeit häuft. Oder eben durch fachliche Abteilungsleiter, deren Ziel es in der Regel ist die Dinge fertig zu bekommen - koste es, was es wolle. Ich habe es sehr oft miterlebt, dass Mitarbeitern, die pünktlich gehen wollten oder nicht zu viele Überstunden machen wollten, mit einem Achselzucken begegnet wurde. Ich habe auch schon persönlich von 07:00 bis 22:00 Uhr in einem Unternehmen verbracht, davon die letzten beiden Stunden auf den Chef gewartet, weil er gerade in einem Meeting war und um 20:00 Uhr meinte, er sagt mir, wann ich nach Hause gehen darf. Diese Überstunden und viele andere habe ich weder absetzen noch in irgendeiner anderen Form geltend machen können. Einem Arbeitgeber stehen zu viele Möglichkeiten offen seine "Rechte" durchzusetzen, nichtzuletzt durch Mobbing. Es wird ja auch nicht überprüft. Natürlich könnte man als Arbeitnehmer versuchen rechtlich dagegen vorzugehen, jedoch muss man aus Sicht des Arbeitnehmers auch die Relation von Nutzen und Aufwand sehen. Nichtzuletzt besteht seitens des Arbeitnehmers eine größere Abhängigkeit - die Existenz steht auf dem Spiel, wenn es um den Job geht. Man sollte, denke ich, gerade diesbezüglich nicht immer aus Sicht von top Jobs bewerten, wie Ingenieure o. ä. Bei Assistenten, Reinigungskräfte und ähnlichen Jobs zieht der Arbeitnehmer häufiger den Kürzeren, einfach weil er schnell ersetzbar ist. Überstunden werden hier häufig als ein Zeichen von Motivation gewertet.

  • Da hast du nicht unrecht, allerdings hab ich bisher auch noch keinen Arbeitgeber erlebt, mit dem man nicht über die Überstunden reden konnte. Ansonsten steht bei solche Chefs sowieso ein Jobwechsel an