Eigenfinanzierte Wohnung zum vermieten - lohnt es?

  • Sehr geehrte Damen und Herren,


    im Moment spiele ich mit dem Gedanken eine ETW anzuschaffen, habe mich aber in diesem Bereich noch keinerlei Erfahrung. Hintergrund ist hier, dass ich das in Betongold haben möchte, da ich es für am sichersten halte und das ggf. die Schwiegermutter Mieterin werden soll. Daher auch meine Frage: Macht ein Kauf einer Wohnung wirklich Sinn? Folgende Rahmenbedingungen sind aktuell gegeben:


    - Preis 200.000€ (inkl. Nebenkosten)
    - Komplett eigenfinanziert
    - Ledig, ohne Kinder
    - Ca. 70m²
    - Angenommenes Hausgeld / Rücklagen 200€
    - Einkommen 5000€ brutto
    - Ca. Kaltmiete 650€-700€


    Was würde bei diesen angenommenen Werten
    - steuerlich geltend gemacht werden können?
    - welcher Betrag würde in etwa netto übrigbleiben?


    Ich wohne bereits in einer abgezahlten eigenen Immobilie.


    "welcher Betrag würde in etwa netto übrigbleiben?" -->
    Beim Steuersatz von ca. 23,23% einer angenommenen Miete von 700€ - 200€Hausgeld würden ca. 115 Euro Steuer pro Monat anfallen. - Stimmt meine Annahme? Zinsen etc. kann ich ja nicht abschreiben da es keine gibt.
    Die Immobilie (Mehrfamilienwohnhaus) wurde 2014 komplett innen und außen renoviert und steht am Bodensee. Wie schon gesagt, innen und außen komplett renoviert und ein eher gehobener Standard.


    Kann man die Fragen beantworten ohne groß Arbeit rein zu stecken? Gibt es eine Art Formel wo man die Netto EK ausrechnen kann? Was kann alles steuerliche als V&V abgesetzt werden?


    Falls es nicht easy geht … wer kann mir bei sowas helfen?


    Danke AtheApe

  • OK, das Thema Immobilien ist natürlich ein bissel komplexer, aber ein paar Fragen kann ich versuchen zu beantworten. Gleichzeitig will ich Ihnen noch ein paar Fragen stellen.


    Was die steuerliche Behandlung angeht:


    - Absetzbar sind die Erwerbsnebenkosten (Makler, Notar, Grunderwerbsteuer)


    - Weiterhin sind die Abschreibungen für den Gebäudeanteil des Kaufpreises steuerlich absetzbar. Wie hoch dieser ist müsste man mal in Erfahrung bringen. Da gibt es auch immer ein wenig Ermessensspielraum. Die Abschreibung beträgt bei Gebäuden mit Baujahr nach 1925 2% pro Jahr. Wenn also der Gebäudeanteil am Kaufpreis "Ihrer" Immobilie 80% betrüge, könnten Sie pro Jahr 3.200€ steuerlich geltend machen (2% x 80% x 200.000).


    - Abschreibungen können natürlich auch für sämtliche weiteren Investitionen (neue Böden, neue Küche etc.) abgesetzt werden - dann werden sie natürlich nicht in dem Jahr der Anschaffung komplett als Kosten geltend gemacht


    - Sämtliche Instandhaltungsaufwendungen sind - eigentlich - erst dann absetzbar, wenn sie den Rücklagen entnommen werden oder per Rechnung an die Verwaltung gezahlt werden. Beim Einzahlen in die Rücklage ist das - eigentlich - noch nicht der Fall! In der Praxis ist es wohl so, dass auch die monatlich gezahlte Instandhaltungsrücklage akzeptiert wird. (siehe hierzu diesen Finanztip Artikel)


    - Weiterhin können Sie "Kosten der Verwaltung" - also zum Beispiel Fahrtkosten zum Notar, zur Eigentümerversammlung, Büromaterial für die Korrespondenz mit dem Mieter etc. steuerlich geltend machen. Ist natürlich alles Kleinvieh (es sei denn, Sie wohnen in Schleswig-Holstein), aber das macht bekanntlich auch Mist.


    Helfen kann bei sowas immer der Steuerberater...


    Sinnhaftigkeit


    Sie haben gefragt, ob der Kauf einer Wohnung wirklich Sinn macht... die Frage kann man so einfach nicht beantworten. Es kommt auf viele Faktoren an - Lage, Mieter, allgemeine Marktentwicklung, Glück. Hier vielleicht ein Artikel, der ein wenig zur Diskussion beiträgt.


    Weiterhin ist eine Immobilie echt Aufwand - selbst dann wenn nur die Schwiegermama drin wohnt. Dieser Aufwand sollte - wenn man ehrlich rechnet - auch in einer Rentabilitätsbetrachtung Eingang finden.



    Meine Fragen:


    Mir fällt spontan folgende Frage ein:


    Warum gehen Sie ein so enormes Klumpenrisiko ein?
    Sie stecken (vermutlich) einen sehr großen Teil Ihres Ersparten in eine einzige Wohnung... Wenn Sie 200.000€ flüssig haben - warum kaufen Sie dann nicht 4 oder 5 Wohnungen und finanzieren diese zu 70% oder 80% fremd? Damit reduzieren Sie das Klumpenrisiko - wenn eine Wohnung mal ein paar Monate leer steht, oder ein Mieter nicht zahlt, dann haben sie immer noch die anderen Wohnungen, die Geld abwerfen. Und wenn Sie halbwegs gute Finanizerungskonditionen bekommen, sollten sich Zins, Tilgung und vielleicht ein Teil der Steuer aus der Miete zahlen lassen. Die Steuerlast sinkt natürlich durch die Zinsen, allerdings hat dann die Bank das Geld...

  • @elijah2807 hat hier schon sehr viel Richtiges geschrieben.


    Eine Ergänzung noch: Wenn Sie an "nahestehende Personen" vermieten, müssen Sie darauf achten, dass Sie wenigstens 2/3 der marktüblichen Miete verlangen. Sonst sind keinerlei Kosten absetzbar.


    Im Übrigen kann ich nur unterstreichen, was @elijah2807 schreibt! Bei Immobilien, die fremdvermietet sind, sollten Sie stets einen großen Anteil fremdes Kapital einsetzen. Nur so kommen Sie mit Hilfe des Leverage-Effekts auf eine einigermaßen aktzeptable EK-Verzinsung.


    Den nicht in der Immobilie gebundenen Teil des Kapitals streuen Sie vernünftig am Aktienmarkt.
    Das ist attraktiver, flexibler und kostengünstiger als jedes Betongold!
    Wirklich.

  • Das Thema ist sehr komplex. Dazu bietet sich das Buch von Gerd Kommer "Mieten oder Kaufen?" an. Er räumt mit Mythen wie z. B. "Miete ist nur dem Vermieter das Geld in den Rachen stecken" auf. Und belegt seine Aussagen mit Zahlen und Daten.
    Im Endeffekt sagt der Autor, wenn Sie als Mieter das Geld zu 50 % in Staatsanleihen (Rating AAA) und zu 50 % ETF-Aktienfond anlegen, haben Sie das gleiche Risiko wie beim Eigenheim und stehen am Ende (auch nach 40 Jahren) vermögender da als der Eigenheimer.

    • Offizieller Beitrag

    Ich würde mich mit pauschalen Aussagen tendenziell zurückhalten und einfach sagen .. es kommt auf den Einzelfall an, denn jede finanzielle Situation des Käufers, Lage der Wohnung, Kreditkonditionen ist anders.


    Und es gibt für beide Seite genügend Vor- und Nachteile .. je nachdem welche ich jetzt bevorzugen möchte.

    "Man kann die raffiniertesten Computer der Welt benutzen und Diagramme und Zahlen parat haben, aber am Ende muss man alle Informationen auf einen Nenner bringen, muss einen Zeitplan machen und muss handeln."

    Lee Iacocca, amerik. Topmanager