Riester Zulage selbst bezahlt?

  • Hallo Forum,


    ich habe eine Frage bezüglich der Riesterzulage. Mein (nicht mehr riestersparender) Arbeitskollege hat sich ältere Belege seiner Steuersoftware angesehen, und mir schadenfroh mitgeteilt, dass ich die Riesterzulage (bei mir 154 EUR) im Grunde selber bezahle. Dann habe ich mir abends selber mal die Steuerberechnung angesehen. Da für mich immer ein dickes plus von über 400 Euro (alleine Riester) durch die Steuererklärung heraus kam, habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht, wie was berechnet wird.


    Jetzt bin ich ehrlichgesagt sprachlos, weil das Programm sagt folgendes:


    Es errecht mir ein "zu versteuerndes Einkommen":
    Buttolohn
    minus Arbeitnehmerpauschbetrag (1000.-)
    minus Sonderausgaben-Pauschbetrag (36,-)
    minus Vorsorgeaufwendungen
    minus Riester-Förderung (meine Beiträge plus 154,- Zulage)
    ergibt einen Durchschnittssteuersatz von ca. 20%, woraus sich eine "tarifliche Einkommensteuer nach Grundtabelle" ergibt.


    Das heisst doch, dass mir die Zulage ein bisschen (!) dazu verhilft, in der Tabelle nach unten zu rutschen (eigene Interpretation).


    Jetzt kommts aber Knübbeldick:
    Bei der "Festzusetzenden Einkommensteuer" wird die Zulage von 154,- zu dem Wert aus der Tabelle in voller Höhe dazugerechnet.


    Also ich verstehe generell nicht, warum die Zulage überhaupt in der Steuererklärung verwurstelt wird, so dass es ein normalsterblicher gar nicht mehr nachvollziehen kann, wie das alles noch funktioniert. Dass ich die Zulage aber im Endeffekt selber bezahlen muss, konnte ich so noch nirgendwo lesen. Es kann aber auch gut sein, dass sich meine Kollege und ich irren, dann wäre es nett, wenn mir jemand den Zusammenhang erklären kann, oder einen Link schickt, wo ich das nachlesen kann.


    Mein Kollege meinte sogar noch, dass bei ihm, wenn die Sonderausgaben den Wert von 2100,- übersteigen (durch zusätzliche andere Verträge), dann kommt es sogar dazu, dass die Riester-Zulage die Steuerrückzahlung reduziert?!


    Das finde ich eine Interessante Sache, aber abschließend konnte ich immer nur Dagegenargumentieren, dass die Zulage ja real in den Vertrag fließt, und das Kapital direkt erhöht, und andererseits ich ja immer was vom Finanzamt zurückbekomme.

  • Ihr Kollege hat das Prinzip von Riester nicht verstanden. Natürlich bezahlen Sie die Riester-Zulage NICHT selbst.
    Die Zulage bekommen Sie vom Staat.


    Das Grundprinzip von Riester besteht aber darin, dass die Riesterbeiträge auch steuerlich abzugsfähig sind.
    Und die Zulagenförderung ist für diejenigen interessant, die - wie Sie - ein relativ kleines Einkommen und deshalb auch nur einen geringen Steuersatz haben. 20 % Durchschnittssteuersatz ist nun wirklich nicht viel.


    Wer ein hohes Einkommen hat, für den ist die steuerliche Förderung viel interessanter als die Zulagenföderung.
    In der Spitze zahlt ein Lediger nach Grundtabelle 42 % Steuern. Das betrifft ein zu versteuerndes Jahreseinkommen ab 52.000 € p.a. aufwärts.


    Wenn jemand also 55.000 € oder mehr versteuert, kann er den kompletten Riester-Beitrag von 2.100 € von der Steuer absetzen. Bei 42 % macht das 882 € Steuerersparnis. Hinzu kommt doch der ersparte Solidaritätszuschlag.
    Das ist natürlich eine andere Größenordnung als die 154 € Zulage.


    Und damit nun der Betreffende nicht doppelt profitiert, zieht man die gezahlte Zulage von der Steuerersparnis ab.
    Deshalb kann man jedoch nicht davon sprechen, dass sich jemand die Zulage "selbst finanziert".
    Diese Verrechnung der gezahlten Zulage mit der mögichen Steuerersparnis passiert bei Riester auf jeder Einkommensstufe - also auch bei Ihnen.


    Es sind zwei Seiten der gleichen Medaille: ENTWEDER Zulage ODER Steuerersparnis. Das Finanzamt stellt von Amts wegen fest, was für den Riestersparer günstiger ist und setzt die Steuer dementsprechend fest.
    Aber ohne den Riester-Beitrag wäre auch die steuerliche Absetzbarkeit nicht gegeben. Damit wäre auch keine Steuererspanis möglich.


    Fazit: Der Staat fördert Riestersparen. Für die Gering- und Mittelverdiener durch eine Zulage, für die Hochverdiener durch die Steuerersparnis.


    Damit ist jedoch nichts darüber gesagt, ob sich Riestern für den Einzelnen lohnt. Es gibt viele Untersuchungen die zu dem Ergebnis kommen, dass die ganze Riesterförderung im Endeffekt durch die hohe Kostenbelastung aller Riesterprodukte überkompensiert wird. Wenn das so sein sollte, ist Riestern eine große Augenwischerei, die vor allem der Finanz- und Versicherungsindustrie dient.


    Auszuschließen ist das nicht.

  • Hallo muc,
    danke erstmal für Ihre schnelle Antwort. Ich kann Ihren Ausführungen nur schwer folgen, Sie machen mir aber Mut, dass mein Kollege und ich vielleicht doch etwas falsch verstanden haben und ich mich mit der Thematik weiter befassen werde. Mir war bislang nicht bewusst, dass ich wenig verdiene, das werde ich demnächst mal meinem Chef unter die Nase reiben :) Ich muss viel gesetzliche Sozialabgaben leisten, was das zu versteuernde Einkommen schon um mehrere tausend Euro senkt, also ich denke dass ich da so im guten Mittelfeld liege, wenn ich mir im Vergleich so manch andere arme Wurst ansehe :(
    Auf einmal wird mir wieder bewusst, wie wenig ich die Steuer verstehe (Durchschnittsteuersatz, Grenzsteuersatz ect.) und es deshalb zu Verständnisschwierigkeiten kommt
    Das schon mal vorab

  • Sorry, ich wollte Sie nicht verletzen.
    Sicherlich gibt es noch Menschen, die viel weniger verdienen.


    Bei einem - von Ihnen angebenen - Durchschnittssteuersatz von 20 % haben Sie ein zu versteuerndes Einkommen zwischen 27.000 € und 28.700 € p.a. (Grundtabelle unterstellt). Wenn Sie jetzt nicht übermäßig hohe Werbungskosten haben, dürfte Ihr Bruttomonatseinkommen bei um die 2.600 € liegen. Das ist natürlich nicht sehr viel im Vergleich zu jemandem, der 5.000 € oder 7.000 € im Monat brutto auf der Abrechnung hat.


    Es ist halt alles relativ.


    Noch zum Durchschnittssteuersatz: das ist der Prozentsatz, der sich ergibt, wenn Sie Ihre Einkommensteuer in Relation zu Ihrem zu versteuerndem Einkommen setzen.


    Da unser Steuersystem jedoch "progressiv" ist, steigt mit steigendem Einkommen auch der SteuerSATZ (nicht nur der Steuerbetrag! Der steigt logischerweise immer!).


    Bei Ihrem Durchschnittssteuersatz von 20 % haben Sie einen Grenzsteuersatz (=Spitzensteuersatz) von 35 %.
    Das bedeutet konkret: Wenn Sie eine Gehaltsanpassung von 100 € bekommen, werden darauf "in der Spitze" Ihres Einkommens 35 € mehr an Steuern fällig. (Und nicht 20 € wie es nach Ihrem Durchschnittssteuersatz zu erwarten wäre!)


    Selbstverständlich steigt auch der Durchschnittssteuersatz mit steigendem Einkommen. Aber der wird stets deutlich unter dem Spitzensteuersatz liegen, weil bei der Durchschnittsbetrachtung sich auswirkt, dass Sie für die ersten 8.400 € Ihres Einkommens p.a. null Steuern zahlen. 8.400 € sind das Existenzminimum, das überhaupt nicht besteuert wird.
    Und diesen Steuerfreibetrag hat jeder - der Normalverdiener genauso wie der Topverdiener.


    Hoffe, das bringt für Sie etwas mehr Klarheit.

  • Hallo muc,


    "um Gottes willen" keine Gehaltsdiskussion, ich habe bewusst "ca. 20%" geschrieben um einen ungefähren Richtwert zu geben, in welchem Bereich sich das ganze befindet. Bitte jetzt kein "Reverse-Engineering" betreiben, mir ging es doch um etwas ganz anderes.


    Betrachtet man die Riester-Zulage "alleine", dann ist festzustellen, dass diese das zu versteuernde Einkommen senkt. Die Steuerersparnis ist aber keineswegs 154,- sondern nur 35% (Grenzsteuersatz, Ihre beispielhafte Angabe) von diesen 154,- also ca. 54,-


    Dagegen wird es mir aber wieder zu 100% bei der Festzusetzenden Steuer draufgerechnet.


    Vielleicht liegt der gedankliche Fehler meines Arbeitskollegen darin, dass er die Zulage eben NICHT "alleine" betrachten darf, sondern Zulage plus Eigenbeitrag, was die "tarifliche Einkommensteuer nach Tabelle" mehr senkt als 154,- und dadurch im Endeffekt auch noch was vom Finanzamt zurückkommt.


    "Riester nicht verstanden" halte ich für eine Parole der Versicherungswirtschaft. Wir sind Diplom-Ingenieure in einem technischen Beruf und haben uns von zahlreichen ganz gescheiten Leuten überall aus dem Land und anderen Ländern bestätigen lassen, dass wir die Höhere Mathematik verstehen, von daher halte ich es eher für eine Verwirrungstaktik des Staates und der Finanzindustrie, warum es hier überhaupt der Verständnisdiskussion bedarf, das ist doch nicht nur in diesem Faden so, sondern Riester wird doch allgemein schon als viel zu kompliziert bezeichnet. Und es sind eben NICHT zwei Seiten der gleichen Medaille: Der Staat hat mir vor meinem Vertragsabschluss suggeriert: Du bekommst Zulage UND Steuerersparnis. Woher soll ich innerhalb 30 Tagen wissen, wie sich das alles entwickelt, wenn mir nach 10 Jahren klar wird, dass wohl alles ziemlich verstrickt ist, und das bei einer Klassischen Riesterrente!


    Aber wie gesagt: Ich kann nicht meckern, die Zulage addiert sich 1:1 zum Vertragsguthaben, zugleich bekomme ich vom Finanzamt Bares zurück. Muss mal morgen meinen Kolläägen nochmal überzeugen :) der findet bestimmt ein neues Argument um mir meinen Vertrag madig zu reden (ich nehme es mittlerweile alles nur noch mit Humor :) )

  • Die Höhe Ihres Gehaltes spielt für die Steuerbelastung und damit für den Steuervorteil eine Rolle.
    Wenn Sie hier 20 % angeben, nehme ich das halt als gegeben. Ob Sie nun mehr oder weniger verdienen, ist mir egal.
    Allerdings entscheidet sich genau da, ob Sie von der Zulage profitieren oder von der Steuerersparnis.


    Dass Ihnen "suggeriert" wurde, Sie bekämen "Zulagen UND Steuervorteile" tut mir leid. Das ist sachlich falsch.
    Allerdings drückt sich auch Finanztip hier in seinem Fachartikel so aus.


    Dort steht dann zwar auch zutreffend, dass der "Steuervorteil um die Höhe der Zulage vermindert" wird.
    Das stimmt.


    Aber genau deswegen sollten man nicht davon sprechen, es gäbe Zulage UND Steuervorteile. Das ist einfach Quatsch.
    Die Zulage wird in voller Höhe mit dem Steuervorteil verrechnet.
    Wenn Ihr Kollege das so gemeint hat, dass Sie gewissermaßen durch den verringerten Steuervorteil die Zulage "selbst bezahlen", hat er sogar recht!


    Aber das ist eine verquere Sicht auf die Dinge.
    In Wirklichkeit ist es so, dass es eine Förderung ENTWEDER durch Zulage ODER durch Steuervorteile gibt.
    Die gezahlte Zulage, die in Ihren Vertrag fließt, ist gewissermaßen eine Abschlagszahlung auf Ihre Steuerrückerstattung.
    Hätten Sie keine Zulage beantragt, würde Ihre Steuerrückerstattung genau um diesen Betrag, den Sie als Zulage erhalten haben, höher sein.


    Und wer eine Steuernachzahlung festgesetzt bekommt, muss genau den Betrag, den er als Zulage erhalten hat, MEHR nachzahlen.


    So ist die Logik der Riesterförderung.
    Unterm Strich wird jeder Riestersparer gefördert.
    Wer jedoch ein hohes Einkommen hat, spart mehr Steuern als die Zulage ausmacht.
    Das ist jedoch eine unvermeidbare Konsequenz unseres progressiven Steuertarifs.

  • Hallo Zusammen,
    der Staat zahlt die Zulage, das haben Sie ja schon rausgearbeitet, diese wird dann mit der Steuererstattung verrechnet. Sie zahlen also die Zulagen nicht selbst, da will ich gar nicht einsteigen.
    Zum Thema der Absetzbarkeit aber noch ein Hinweis: Die Absetzbarkeit der Beiträge lohnt sich nicht mit dem Durchschnittssteuersatz, sondern mit dem Grenzsteuersatz. Sprich wenn Sie keinen Riester hättten, müssten Sie den entsprechenden Betrag mehr versteuern, Ihr zu versteuerndes Einkommen würde um den Betrag steigen. Und diesen Betrag müssten Sie dann mit dem Grenzsteuersatz versteuern. Entsprechend "lohnt" sich der Riester nicht mit einer Absetzbarkeit von 20% (Durchschnittststeuersatz), sondern 35% (Grenzsteuersatz).
    Nur zur Klärung und hoffentlich Freude.