Darlehen widerrufen???

  • Kann uns jemand eine Einschätzung geben ob es sinnvoll ist jetzt noch unseren Darlehensvertrag per Anwalt zu widerrufen.
    Folgende Situation:


    Unser Darlehensvertag läuft im August 2016 10 Jahre.
    Unser Darlehen haben wir über die Commerzbank bekommen und ist in 2 Darlehnen gesplittet.
    1 Darlehen 130000 EUR über Hypothekenbank Frankfurt
    2 Darlehen 60000 EUR über KfW


    Das erste Darlehen hat 4,35 % bei 30 Jahren Laufzeit und wir haben bisher nur Zinsen bezahlt da damals vereinbart wurde
    das die endfällige Rückführung über eine Lebensversicherung erfolgt.
    Beim 2 Darlehen der KfW haben wir auch etwas Tilgung dabei gehabt.


    Stand Februar 2016 ist also:


    Restschuld Hypothekenbank 130000 EUR
    Restschuld KfW 48000 EUR


    und das nach 10 Jahren bezahlen


    Die Widerrufsjoker dürfte nach grober persönlicher Einschätzung greifen und eine Versicherung ist ja auch noch angehängt...
    Unsere Frage nun...Lohnt sich ein Widerruf des gesamten Vertrages????
    Bei Erfolg müssen wir ja der Bank den gesamten Betrag von 190000 Euro plus damals vereinbarte Zinsen innerhalb 30 Tagen zurück zahlen.
    Auf der anderen Seite bekommen wir ja die gezahlten Beiträge + 5% Nutzungsgebühr.
    Ist das eher ungünstig für uns????


    BITTE helft uns das richtige zu tun


    DANKE

  • Liebe Familie Wagner,


    Sie können das Darlehen nach 10 Jahren sowieso mit einer Frist von 6 Monaten kündigen (§ 489 Abs. 1 Nr. 2).


    Ob eine Rückabwicklung nach Widerruf sinnvoll ist, muss man ausrechnen. Ich gebe diesbezüglich aber zu bedenken, dass Sie bei der Rückabwicklung an die Bank auf die vollen € 130.000,- 4,35% p.a. Zinsen zahlen müssen, Sie selbst aber nur 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz (der Zurzeit unter 5 Prozentpunkte liegt) auf die viel geringeren Zinszahlungen erhalten. Konkret kann man aber das erst nach Durchführung der Berechnung sagen.

  • @FamilieWagner, eine Rückfrage: Waren die Darlehen für eine selbst genutzte Immobilie?


    Hintergrund der Frage: Ich kann einer solchen endfälligen Konstruktion generell nicht viel abgewinnen, da man im Endeffekttausende Euro mehr an die Bank zahlt. Aber schon gar nicht wenn die Immobilie selbst genutzt ist (da man dann ja nicht einmal die Zinsen steuerlich nutzen kann). Und da Sie ja die Lebensversicherung auch besparen müssen, hätten Sie ja durchaus Geld für eine Tilgung gehabt.


    Ohne die Antwort zu kennen, würde ich zumindest mal die Frage in den Raum stellen wollen, ob es sich da nicht um eine (absichtliche?) Fehlberatung der Bank handelt. Was meinen Sie, Frau @DrEckardt ?

  • Danke für die schnellen Antorten...ihr seid super...muss auch mal gesagt werden und ja die Immobilie nutzen wir selber...



    Wie wäre es im Falle einer Kündigung des Darlehens nach 10 Jahren wegen Verkauf der Immobilie???
    Was müssen wir dann der Bank zahlen??? Die Restschuld ohne Zinsen und
    ohne jegliche Vorfälligkeitsentschädigung? Ist das korrekt?
    Datum für die vollen 10 Jahre ist aber der Tag des Erhalt des Darlehens und nicht das Datum im Kaufvertrag, richtig?
    Und ab diesen Zeitpunkt haben wir 6 Monate Zeit zu kündigen und einen Käufer zu finden???

  • Bei Selbstnutzung eine Tilgungsaussetzung mit Lebensversicherungsabschluss zu machen, ist schon extrem ungünstig für den Kunden - und sehr günstig für den Vermittler. Der Provisionsturbo gewissermaßen: zwei Mal Provision! Einmal für das Darlehen und dann auch noch zusätzlich für die LV. Das hat sich wirklich gelohnt. Leider nicht für FamilieWagner.


    Gleichwohl halte ich es für schwierig, ein Prozess gegen die Bank bzw. den Vermittler wegen Falschberatung zu führen.
    Viele "Anlegerschutzanwälte" machen ihren Mandanten da etwas vor. Selbst vermeintlich "offensichtliche Falschberatungen" müssen im Prozess in mühevoller Kleinarbeit dargelegt und bewiesen werden. Schließlich herrscht bei uns Privatautonomie, d.h. es steht jedem frei, auch für sich selbst ungünstige Verträge abzuschließen.


    Zu den von @FamilieWagner aufgeworfenen letzten Fragen: Rechtsgrundlage ist § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. (Nachlesen!!!)
    Dort heißt es "10 Jahre nach Empfang", damit ist die Auszahlung der Darlehenssumme gemeint. ABER: wenn inzwischen eine neue Kondition vereinbart wurde, ist der Zeitpunkt der Neuvereinbarung relevant.


    Also Vorsicht! Die 10 Jahresfrist kann ohne detaillierte Kenntnis Ihrer Vertragssituation nicht berechnet werden!


    Dabei hängt die 10-Jahresfrist nicht vom Verkauf der Immobilie ab! Wenn Sie verkaufen, entsteht wieder eine andere rechtliche Situation. Die Rechtsfolgen im Hinblick auf das Darlehen können ebenfalls nicht ohne Kenntnis des Vertragstextes beurteilt werden.


    Mein Rat: Keinesfalls das Darlehen mit 6 Monaten Frist kündigen und den Verkäufer dann erst suchen!!!
    Da könnten Sie eine böse Überraschung erleben. Ein halbes Jahr vergeht sehr schnell, wenn Sie eine bestimmte Preisvorstellung haben. Und viele Verkäufer haben schon viel länger als sechs Monate gebraucht, um den Preis zu erzielen, den sie sich gewünscht haben...

  • Bei Selbstnutzung eine Tilgungsaussetzung mit Lebensversicherungsabschluss zu machen, ist schon extrem ungünstig für den Kunden - und sehr günstig für den Vermittler. Der Provisionsturbo gewissermaßen: zwei Mal Provision! Einmal für das Darlehen und dann auch noch zusätzlich für die LV. Das hat sich wirklich gelohnt. Leider nicht für FamilieWagner.


    Genau das war meine Vermutung! Es sind ja nicht nur die Provisionen, sondern auch sehr viel höhere Zinseinnahmen, die der Bank zufließen.


    Hätte @FamilieWagner über die 30 Jahre eine Tilgung von anfänglich 1,8% durchgezogen, wären nach den 30 Jahren nix mehr viel von den Schulden übrig gewesen - und man hätte sich fast 70.000€ Zinsen und sämtliche Kosten für die Lebensversicherung gespart.
    Fairerweise muss man dagegen natürlich noch die Verzinsung des LV-Kapitals rechnen - aber die müsste schon bei einer Rate von 2400€ im Jahr schon bei über 4% liegen, damit der Case sich lohnt.

  • Ob eine Falschberatung wegen der Darlehenskonstellation mit der Tilgungsaussetzung in Betracht kommt, müssten Sie gegebenenfalls anwaltlich prüfen lassen. Gegebenenfalls kann Ansatzpunkt auch eine etwaige Unterdeckung der Lebensversicherung sein.
    Wenn Sie das Darlehen ordentlich nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kündigen, fällt keine Vorfälligkeitsentschädigung an. Sie müssen dann das Darlehen zurückzahlen.
    Viel Erfolg!

  • Vielen Dank für die hilfreichen Antworten und das Ihr euch Zeit genommen habt...


    Dann müssen wir uns jetzt überlegen in welche Richtung es gehen soll.
    Entäuscht sind wir allemal. Damals hatte unserer früherer Vermögensberater von der
    Deutschen Vermögensberatung den Deal bei der Bank angekurbelt und wir sind
    als Laien blind gefolgt. Da hat Er sogar noch eine Provision dafür bekommen.
    Soviel zum Slogan der Deutschen Vermögensberatung "Früher an Später denken"

  • Mit der "Deutschen Vermögensberatung AG" hätten Sie aber wenigstens einen potenten Beklagten!
    Die DVAG - meiner persönlichen Einschätzung nach eine Drückertruppe - hat wenigstens viel Geld.


    Wenn Sie da einen ausgeschlafenen Anwalt mandatieren und Sie bekommen die Falschberatung durch, würden Sie vernünftigen Schadensersatz auch durchsetzen können. Viele Solo-Finanzmakler sind hingegen selbst ständig am Rande der Insolvenz. Da hilft dann auch ein gerichtlicher Titel nichts.


    Aber nochmal: es ist nicht einfach, ein Falschberatung zu beweisen. Auch wenn in Ihrem Fall - nach allem was Sie geschrieben haben (Finanzlaien, blindes Vertrauen, selbstgenutztes Immobilie usw.) - die Chancen ganz gut stehen, dass Sie es hinkriegen.


    Sie wissen ja: vor Gericht und auf Hoher See sind wir immer in Gottes Hand.


    Viel Erfolg!