Selbstbehalt bei amtsrichterlicher Betreuung zur Begleichung von Schulden. Keine PI.

  • Guten Tag,
    ich bin ziemlich ratlos und hoffe sehr auf Hilfe. Mein psychisch sehr kranker Mann hat sehr hohe Schulden gemacht. Wir lebten getrennt, bis er sich endlich zu einem Klinikaufenthalt entschied. Er wurde auf starke Psychopharmaka gesetzt und es wurde ihm, noch in der Klinik ein Rechtsanwalt als Berufsbetreuer zur Seite gestellt, der sich um Finanzen und Wohnungsangelegenheiten, meines Mannes kümmern sollte. Die Wohnungsangelegenheit nahm der RA nicht so ernst und...ich will die Sache verkürzen, mein Mann zog, als ziemlicher Pflegefall in ein Zimmer bei mir ein. Dieses Zimmer hatte ich zuvor für 400 € an eine Studentin vermietet. Vom Betreuer meines Mannes, erhalte ich nun 300 € und 400 € für seine Verpflegung, Kleidung usw. Das reicht natürlich nicht und ich habe seit Monaten dazugezahlt. Zumal mein Mann nun auch noch viele andere Krankheiten, wie Diabetes, Hepatitis, offene Beine usw. hat und schon dadurch Mehrkosten entstehen.Jetzt kommt aber für mich die schlimmste, neue Situation dazu. Ich werde meinen Job verlieren! Nun scheint alles zusammen zu brechen. Ich kann auch nicht zum Arbeitsamt gehen, denn ich habe zuvor freiberuflich gearbeitet.


    Meine Frage hierzu: Muss uns der Betreuer nicht mehr Geld, als Paar, zur Verfügung stellen? Dann müssen die Gläubiger eben mit kleineren Beträgen auskommen. Es kann doch nicht sein, dass wir jetzt in den Ruin stürzen. Ach ja, mein Mann ist pensionierter Beamter und hätte fast 2000 € Versorgungsbezüge. Gilt für uns denn kein Selbstbehalt, nur weil er keine Privatinsolvenz angestrebt hat?
    Ich bedanke mich sehr für Antworten

  • Die sog. "Pfändungsfreigrenze" gem. § 850 c ZPO gilt auch dann, wenn KEINE Privatinsolvenz angemeldet wurde.


    Die Versorgungsbezüge Ihre Ehegatten sind "Arbeitseinkommen" im Sinne des Pfändungsschutzes (§ 850 Abs. 2 ZPO).
    Da Sie miteinander verheiratet sind, besteht grundsätzlich gegenseitige Unterhaltspflicht gem. § 1360 Satz 1 BGB.


    Daraus folgt wiederum, dass Ihr - wenn auch psychisch kranker - Ehegatte für eine Person unterhaltspflichtig ist.
    Nämlich für Sie als seine Ehefrau.
    Dementsprechend können Sie in der Pfändungstabelle den maximal pfändbaren Betrag ablesen, der von der Beamtenpension Ihres Mannes einbehalten werden darf.


    http://www.schuldnerhilfe-dire…le-pfaendungsfreigrenzen/


    Dies sind bei 2.000 € (netto) ganze 260,98 €!


    Damit stehen Ihnen von der Beamtenpension 1.739,02 € monatlich für den gemeinsamen Lebensunterhalt zu.
    Der Rechtsanwalt als Betreuer hat hier einen schlechten Job gemacht.


    Prüfen Sie auch die Möglichkeit des Schadensersatzes für die in der Vergangenheit zu viel an die Gläubiger abgeführten Beträge.

  • Oh, ich ahnte bereits, dass die Berechnung nicht rechtens sein kann. Ich bedanke mich sehr füe die schnelle und präzise Antwort. Jetzt muss ich nur noch sehen, wue ich diesen Anspruch auch durchsetzen kann. Der Rechtsanwalt hat mehrere andere, schwerwiegende Fehler gemacht und wir hatten schon im Dezember eine Beschwerde beim Amtsgericht eingelegt. Bei der darauffolgeden Anhörung durch die Richterin (die, die Betreuung durch gerade diesen Anwalt) veranlasst hatte, wurde nicht auf unsere Beschwerde eingegangen, sondern die Zeit der Betreuung auf weitere, mindestens, 3 Jahre verlängert. Wir fühlen uns total im Stich gelassen. Ein Anwalt kostet wieder Geld. Sollte ich mich an eine Schuldnerberatung wenden?

  • Das klingt jetzt für mich sehr merkwürdig...


    Wieso geht eine Richterin nicht auf Ihre Beschwerde ein?
    Ich kenne natürlich Ihren gesamten Fall nicht, sondern nur das, was Sie hier geschrieben haben.


    Wenn es so sein sollte, dass Sie bisher sehr gut als freiberufliche - was auch immer - verdient haben, dann könnte aus objektiver Sicht natürlich auch Ihr Ehemann einen Unterhaltsanspruch gegen Sie geltend machen.


    Sollte das der Fall sein, wäre erklärbar, weshalb sowohl der eingesetzte Betreuer als auch das Gericht der Meinung sind, dass Sie Ihren Mann finanziell "verkraften" können. Unterhalt in der Ehe ist nun einmal "auf Gegenseitigkeit".


    Vielleicht gibt es auch noch andere rechtliche Gründe, weshalb das Gericht so entschieden hat.


    Ob Ihnen die Schuldnerberatung hilft, kann ich nicht beurteilen, weil ich noch nie mit einer Schuldnerberatung zu tun hatte.


    Meine Empfehlung lautet wie folgt:


    1. Schritt: Legen Sie gegenüber dem betreuenden Anwalt offen, wie Ihre Situation künftig ist. Wenn ich es richtig sehe, sind Sie demnächst ohne Einkommen und ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld. Fordern Sie, dass von dem Anwalt der gesamte pfändungsfreie Betrag an Sie überwiesen wird. Das machen Sie schriftlich und mit Fristsetzung.


    Dann werden Sie sehen, wie der Anwalt reagiert und welche Gründe er vorträgt, Ihnen den Pfändungsfreibetrag zu verweigern.


    2. Schritt: Wenn nichts hilft, sehe nur eine Chance darin, dass Sie Ihren Ehemann auf Unterhalt verklagen. Das können Sie auch ohne Anwalt. Gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 FamFG sind Sie als voll geschäftsfähige natürliche Person vor dem Familiengericht "verfahrensfähig". D.h. Sie müssen nicht anwaltlich vertreten werden. (Erst wenn Sie oder Ihr Mann bzw. dessen Betreuer einen Antrag auf Ehescheidung stellen, tritt Anwaltszwang ein.)


    Wenn Sie das Verfahren selbst führen, muss Ihnen die Geschäftsstelle des zuständigen Familiengerichts helfen.
    Gehen Sie dorthin, schildern Sie dem Urkundsbeamten Ihre Situation und bitten Sie ihn, die Unterhaltsklage zu Protokoll zu nehmen.


    Wenn es "pressiert", können Sie parallel zur Klage einen Antrag auf "einstweilige Anordnung" stellen. Z.B. könnte die einstweilige Anordnung des Gerichts lauten, dass der Rechtsanwalt angewiesen wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache Ihnen den monatlichen Pfändungsfreibetrag aus den Versorgungsbezügen Ihres Mannes auf Ihr Konto zu überweisen.


    Das halte ich für erfolgversprechender als den Gang zur Schuldnerberatung.
    Viel Erfolg!

  • Einen Nachtrag noch: Gegen die Anordnung des Gerichts, diesen Anwalt einzusetzen, würde ich mich an Ihrer Stelle vorerst nicht wehren. Das ist rechtlich schwierig, weil Ihnen möglicherweise dazu die Klageberechtigung (=Aktivlegitimation) fehlt.

  • Guten Tag und nochmals herzlichen Dank für Ihre Bemühungen und Zeit, die Sie mir hierzu opfern. Ich hatte das gestern Abend schon kurz überflogen, wollte nur meinen Mann nicht mehr damit beunruhigen. Also entschuldigen Sie bitte, dass ich mich erst jetzt dazu äussere.


    Ich war zum Zeitpunkt, als die Betreuung einsetzte gerade arbeitslos geworden und bei unserem 1. gemeinsamen Gespräch mit dem Betreuer, fragte mich dieser sogar noch, warum ich keinen Unterhalt verlangen würde. Ich sagte ihm, dass ich die Schulden meines Mannes kenne und frei nach dem Motto "fass mal einem nackten Mann in die Tasche", nichts eingefordert hätte. Er sagte damals, er wolle für mich in die Düsseldorfer Tabelle schauen und das ändern. Leider haben wir aber selbst keinen weiteren Kontakt mehr zu dem Betreuer gehabt, da alles seine Sachbearbeiterin händelt. Ihn selbst sahen wir erst vor Gericht wieder, als es um unsere Beschwerde (und nur seine Rechtfertigung dazu) ging. Es hat sich auch keiner jeh danach erkundigt, ob und was ich nun arbeite, oder wie wir finanziell zurecht kämen. Mir wurden die 700 Euro "genehmigt" und basta. Mein Mann hätte schliesslich einen Obdachlosenstatus und ich könne ihn ein Wohnheim geben......Egal, ich wollte nicht zu weit ausholen, aber es ist nicht so, dass ich wie eine "Freiberufliche" gut, bis sehr gut verdiene. Es war nur in meiner/unserer Not so, dass ich einen total unterbezahlten Job (12 €) annahm, damit wir überhaupt überleben können. Ich wurde in diesem Job lange hingehalten, denn es ist eher eine Scheinselbständigkeit und ich hoffte immer auf eine (mir zuerst versprochene) Anstellung. Aber selbst von diesem Verdienst (ca. 1.300 - 1.400 €) wissen Gericht und Betreuer nichts, wollten es auch nie wissen. Dies hierzu.


    Ich werde den ersten, von Ihnen vorgeschlagenen Schritt gehen und dem Betreuer von der eingetretenen Arbeitslosigkeit in Kenntnis setzen (bisher bin ich nur krank, aber auch dass, ja ohne Lohnfortzahlung). Die Erwiderung habe ich schon in den Ohren: Ihr Mann hat aber kein Geld! - Stimmt soweit, weil ja nun alle Gläubiger bedient werden.


    Auf Unterhalt zu klagen ist eine ganz schlimme Option für mich, zumal sie mein Mann nicht versteht und es ihm enorme Angst machen würde. Der Betreuer weiss von der Schwere der Erkrankung meines Mannes, denn das Gericht hatte ein neues, psychologisches Gutachten angefordert, was am Tag der Beschwerde gleich mit abgehandelt wurde (daher die Verlängerung der Betreuung).


    Entschuldigung, aber da ist noch eines. Habe ich das nur so gelesen, oder könnte der Betreuer eine Scheidung beantragen?


    (Erst wenn Sie oder Ihr Mann bzw. dessen Betreuer einen Antrag auf Ehescheidung stellen, tritt Anwaltszwang ein.)

    Weder ich, noch mein Mann wollen uns scheiden lassen. Wie weit gehen denn die Befugnisse eines Betreuers?
    Ich bin da recht naiv, werde erst langsam wach und habe mich viel im Netz informiert. Mein Mann hat z.B. die Pflegestufe 0 (eingeschränkte Alltagskompetenz). Als ich vor einiger Zeit seine Krankenkasse zu Verbrauchsmaterialien in der Pflege kontaktierte, wollten die mir gar keine Auskunft mehr geben. Auf Nachfrage, erfuhr ich dann, dass der Betreuer sogar Verträge ändern und kündigen könnte (!) . Ich dachte doch, es wäre auf die klaren Begriffe - Vermögen und - ggf. Vertretung vor Gericht (Wohnungssorge hat man jetzt rausgenommen), definiert.


    Ich weiss, ich weiche ab, aber alles in Allem ist sehr komplex und ich habe momentan Niemanden, der mich wirklich berät.


    Gut, also wenn ich ggf. meinen Mann auf Unterhalt verklagen muss, dann ginge es doch aber nur um meinen Unterhalt, oder verstehe ich das falsch?


    Ich bin sehr verwirrt.
    Tut mir leid, wenn ich Sie so sehr in Anspruch nehme.


    Viele liebe Grüße und nochmals danke für Alles.

  • Hier läuft einiges sehr zu Ihren Ungunsten.
    Ich kann das aber alles nicht im Einzelnen hier beantworten.


    Ich habe Ihnen eine persönliche Nachricht gesendet.
    Ganz oben auf dieser Website finden Sie einen Button "Konversationen".


    Sehen Sie dort nach!

  • Unabhängig von der Insolvenz sollten sie den Betreuer auffordern, für ihren Mann bei der Pflegekasse einen Verschlimmerungsantrag zu stellen. Pflegestufe I oder sogar II dürfte möglich sein. Dann bekommt ihr Mann Pflegegeld und sie sollten als Pflegepersonst eingetragen sein. Reichen sie die Quittungen über Hilfsmittel bei dem Betreuer ein.

  • Guten Tag,


    ich wollte mich noch einmal für Ihre Antworten bedanken und Sie über die eigeleiteten Schritte informieren. Ich lasse nämlich ungerne Menschen, an die ich mich wandte, ohne weitere Info´s stehen. ;)


    Ich habe mich an Ihrem Vorschlag orientiert und den Betreuer, unter einer Fristsetzung zur Auszahlung des Freibetrages (unter Hinzuziehung Ihrer Pharagraphen und Summen), angeschrieben. Ich bekam eine sehr anmaßende, mich persönlich angreifende Nachricht, wo ich sogar bezichtigt wurde, mich an den 300 € für das möblierte Zimmer und die Nutzung der Wohnung, durch meinen Mann, persönlich zu "bereichern". Es wurde mir unterstellt, dass die hälftige Kreditsumme (monatl. Zahlung von 678 €) auch schon auf meinen Unterhalt angerechnet werden müsste. Dies obwohl feststeht, dass mein Mann dieses Geld, ohne mein Wissen und für seine eigenen Zwecke aufgenommen hat und nun zurück zahlt. Ich brauchte einige Zeit, um diesen Brief zu verdauen. Nun hatten mein Mann und ich am Montag dieser Woche einen persönlichen Termin bei diesem Betreuer. Er legte uns, die einmal im Jahr dem Amtsgericht vorzulegenden Vermögenswerte und Schuldenaufstellung vor. Damit erklärte er uns, dass mein Mann kein Geld hätte und ich daher auch keines zu erwarten hätte. Ich solle zum Jobcenter gehen und die könnten sich dann gerne an ihn als Betreuer wenden.


    Jetzt stehe ich vor der Aufgabe, die ich eigentlich nicht angehen wollte und bereite mich auf den Antrag beim Jobcenter vor. Ich habe in meinem ganzen Leben noch keine Bezüge von öffentlicher Hand für mein Leben bekommen und dies auch immer abgelehnt. Dieser Schritt ist für mich sehr schwer und ich denke auch mit weiteren unangenehmen Dingen und Sanktionen verbunden.


    Mit dem Betreuer ist jedenfalls nicht zu reden. Er stellt sich dumm, bzw. überrascht immer wieder mit seinem Halbwissen. Ich solle doch in die Familienversicherung der Krankenkasse meines Mannes wechseln (wir sind beide privatversichert zu 30% und beihilfefähig). Meines Erachtens ist das gar nicht möglich. Wie ich jetzt aber in einem Hartz 4 - Forum las, würde ich, bei Bezug von ALG 2, in den sogenannten Basistarif hinabgestuft (der Leistungen unter der der gesetzlichen Krankenkassen bietet). Ich bin immer noch krank und kann auf die jetzigen medizinischen Massnahmen auch nicht verzichten!


    Auch macht mir ein anderes Thema grosses Kopfzerbrechen. Ich besitze mit meinem Mann ein altes Segelboot, was seit Ausbruch der Krankheit (2012) bei meinem Mann, in der Türkei an Land steht. Um es verkäuflich herzurichten, müssten wir Beide da runter und es aufbauen, fotografieren und ins Netz stellen, bzw. Makler beauftragen. Das Boot muss ich aber im Antrag beim Jobcenter angeben und werde es auch. Das wird dann wieder berücksichtigt, obwohl es uns nicht finanziell rettet, sondern eher zusätzlich auffrisst. Es muss dringend was getan werden, damit das Schiff verkauft werden kann. Wie bitte soll das alles gehen? Soll ich zum Jobcenter gehen und sagen: Da liegt aber noch unser Schiff in der Türkei und ich muss jetzt mal eben ca. 4 Wochen weg, um die Anstriche zu machen und den Motor zu warten? Wir drehen uns im Kreis.


    Meine Frage wäre allerdings nur die Eine noch: Bringt es überhaupt noch Sinn den 2. Schritt mit dem Antrag zum Amtsgericht zu gehen?


    Danke für Ihre Aufmerksamtkeit und Ideen.


    Mit freundlichen Grüßen


    PS.: Ich rufe auch gerne an. Es ist mir nur immer unangenehm, wenn ich mich so komplex (und gratis) beraten lasse.