PKV oder freiwillig GKV

  • Hallo zusammen,


    Ich versuche eine Entscheidung für mich zu treffen, ob ich die Möglichkeit wahrnehmen soll in die GKV zu wechseln oder in der PKV bleiben sollte.


    ich bin 52, war 25 Jahre selbstständig tätig und bin in der PKV versichert. ich habe zwar auch steigende Beiträge aber einschl. Selbstkostenbehalt von 1100,- Euro zahle ich im Jahr aktuell rund 7500,- Euro, also noch überschaubar.
    Vor einem Jahr bin ich in ein Angestelltenverhältnis gerutscht (als Leiharbeiter mit Zeitvertrag für 1 Jahr). Der Vertrag würde im Oktober auslaufen, ich könnte mich arbeitslos melden, einen Monat ALG I beziehen und in die GKV wechseln. Anschließend würde ich wohl wieder einen neuen Zeitvertrag bekommen.


    Meine Rente wird voraussichtlich nicht üppig sein, sie setzt sich zusammen aus gesetzlicher Rente (derzeit ca. 500,- € laut RVA), privater Rente (ca. 500,-€) und etwas angespartem Geld dass ich hoffentlich zinsbringend anlegen kann. Die 90% der zweiten Arbeitlebenshälfte in der GKV werde ich nicht erreichen, ausserdem bin ich verheiratet, habe 2 Kinder, meine Frau als teilzeitbeschäftigte Beamtin im Grundschullehramt wird auch noch eine Pension erhalten.


    Nun meine Frage : KvdR Mitglied werden kann ich nicht mehr, aber soweit ich das verstanden habe, könnte ich die nächsten 15 Jahre freiwillig in die GKV einzahle und bleibe dann als Rentner auch GKV versichert. Nur auf wieviel summiert sich dann mein GKV Beitrag. Kann ich pauschal 15% auf alle meine Einkommen annehmen (unabhängig von der Pension meiner Frau) - also 1000,- Euro == 150,-€ Beitrag ?


    Bei der PKV habe ich angefragt und hier wurde mir angeboten als Rentner in den Basistarif zu wechseln, der bei max 650,- Euro monatlich liegen soll. Nur was heißt das - dass ich von 1000,- Euro für den Basistarif 650,- Euro Beitrag zahlen muss ?


    In diesem Fall scheint mir der Wechsel von PKV zu GKV zwingend - aber vielleicht kennt sich hier jemand besser aus und kann mir besser Auskunft geben oder hat Tips für mich welche Informationen ich noch einholen kann ?


    Vielen Dank schon mal für eure Antworten

  • Hallo @Michael_1,



    Kann ich pauschal 15% auf alle meine Einkommen annehmen (unabhängig von der Pension meiner Frau) - also 1000,- Euro == 150,-€ Beitrag ?

    Nicht ganz. Wie die Beitragssätze für freiwillig versicherte sind, findest Du hier: BeitragstabelleKVdR


    Wie auch dort beschrieben kommen zum Krankenkassenbeitrag noch hinzu: diegesetzliche Pflegeversicherung und der Zusatzbeitrag.



    Bei der PKV habe ich angefragt und hier wurde mir angeboten als Rentner in den Basistarif zu wechseln, der bei max 650,- Euro monatlich liegen soll. Nur was heißt das - dass ich von 1000,- Euro für den Basistarif 650,- Euro Beitrag zahlen muss ?

    Die Auskunft der PKV ist so - vor allem in Ihrer Verallgemeinerung - nicht korrekt. Der Standard- und der Basistarif sind sogenannte Sozialtarife. Beim Wechsel eines PKV-Kunden werden die bisher gebildeten Alterungsrückstellungen natürlich mit angerechnet, so dass - vorausgesetzt es wurde nicht/kaum gewechselt und wird auch zukünftig nicht gewechselt - wird dieser Tarif im Alter wesentlich günstiger sein als 650 Euro.


    Hierzu mal ein Beispiel aus meinem eigenen Zahlenmaterial:
    Mann, mit 29 in die PKV gegangen, 36 Jahre ununterbrochen bis zu seinem Renteneintritt mit 65 in der PKV --> Beitrag mit 65: 454 Euro (nur KV, nicht Pflege), Beitrag bei Wechsel in den Standardtarif: 127 Euro;
    Anderes Beispiel: Eintritt mit 39, 26 Jahre versichert, Beitrag mit 65: 639 Euro; Beitrag bei Wechsel in den Standardtarif: 170 Euro


    Tipp:
    Was hier gebraucht wird, sind verbindliche schriftliche Auskünfte des eigenen Krankenversicherers. Es kann natürlich keine Prognose über 15 Jahre abgegeben werden, aber zumindest mal festgestellt werden, wie hoch die bisher gebildeten Alterungsrückstellungen sind und wie sich diese bei einem Wechsel auswirken.


    Bevor ein PKV-Kunde aber in einen Sozialtarif wechselt, sollten die Möglichkeiten eines Tarifwechsels nach §204 VVG geprüft werden. Leider gibt es hier viele wenig seriöse Angebote zur Prüfung dieses Sachverhalts und zur Ausführung - oft völlig überhöhten Erfolgshonoraren stehen oft schwache und wenig fundierte Leistungen gegenüber.


    Fazit:
    Es steht ein Weg aus, wo es doch lohnenswert erscheint, den noch zu gehen bevor eine so elementare Entscheidung zu treffen ist.


    Schöne Grüße,
    Michael



    ---
    Michael Schreiber
    Versicherungsmakler und
    Finanzanlagenfachmann
    in Freiburg im Breisgau

  • noch zwei andere Zahlen, auch wenn man bei Durchschnittswerten vorsichtig sein sollte:


    Laut Finanztest 5/2014 lag der durchschnittliche Beitrag im Jahr 2013 nach Angaben des Verbandes der privaten Krankenversicherungen nur bei 283 Euro. Den Höchstbeitrag zahlten demnach im Jahr 2013 nur 445 der 45.500 Versicherten im Standardtarif. Im Jahr 2014 sank der durchschnittliche Beitrag sogar auf 272 Euro, der Anteil der Höchstbeitragszahler lag weiterhin bei rund einem Prozent (Finanztest 8/2015).

  • Vielen Dank Michael und Oekonom,


    insbesondere der Link auf KvdR war sehr hilfreich !
    Michael, leider habe ich Dein Fazit nicht verstanden - und noch eine Frage : was fange ich dann damit an wenn ich die Höhe der Altersrückstellungen weiß ?


    Ich war von 1996 bis 2004 bei der Bayrischen Versicherungskammer und seit 12 Jahren bei der Alte Oldenburger. Altersrückstellungen wurden, soweit ich mich erinnere, von der BayVK nicht gebildet.


    Von einem Standardtarif hatte ich bisher gar nichts gewusst, aber auch der scheint mir in Anbetracht der schlechteren Leistungen zur GKV nicht erstrebenswert. Eigentlich hätte ich bei meiner Frage an die PKV erwartet, dass sie mir zumindest eine ungefähre Höhe auf Basis meiner jetzigen Beiträge und unter Einbezug meiner Altersrückstellungen hätten geben können. Da kam aber leider nur, dass sie keine Prognosen zur zukünftigen Höhe abgeben. Das kann dann ja wieder alles sein.
    Oekonom : Beziehen sich Deine Durchschnitte alle auf den Standardtarif ? Wäre jetzt natürlich wissenswert ob der sich in den nächsten Jahren auch weiter nach unten entwickelt. Aber falls der Kostendeckend sein muss, wird der sich wohl mit der zukünftig steigenden Zahl der Rentner auch erhöhen.


    Wie auch immer, auch wenn ich nicht mehr Mitglied des exklusiven Clubs der KvdR werden kann, scheint mir die GKV immer noch deutlich attraktiver zu sein, insbesondere wenn man die Möglichkeit von Zusatzversicherungen einschließt.


    Danke nochmal für eure Hilfe !
    Michael

  • @Michael_1


    du kannst unter bestimmten Bedingungen ab dem 55 Lj in den Standardtarif wechseln. Daher sollte deine PKV auch in der Lage sein, den Preis für dich zu berechnen. Nicht zuletzt deshalb weil es sogar schon vor dem 55 Lj in engen Grenzen möglich ist. Nicht dass du das anstreben solltest, aber wenn es zumindest theoretisch möglich ist, dann muss die PKV dafür auch einen Beitrag berechnen könnnen.


    Ferner: Es gibt bei der Stiftung Warentest zwei sehr interessante Artikel zum Umfang von „Basistarif“ und „Standardtarif“ samt Abgleich zur GKV. Beide sind allerdings kostenpflichtig, jeweils einen Euro.


    Hier die Links:


    https://www.test.de/Private-Kr…Standardtarifs-4976004-0/


    https://www.test.de/Private-Kr…f-sinnvoll-ist-1756002-0/

  • Hallo @Michael_1,


    gern geschehen!


    Zurück zu meinem Fazit. Das war so gemeint, dass es aus meiner Sicht nicht so klar ist, dass man definitiv in die GKV muss. Es müssen erst alle Fakten auf den Tisch und dann kann man sich ein Bild verschaffen. Deshalb ist da noch ein Weg zu gehen bis zu einer guten Entscheidung. Teilweise gehören zu diesen Fakten auch Dinge, die man nicht öffentlich in einem Forum diskutiert, aber erheblich sind für eine Einschätzung. Dazu gehören z.B. Risikozuschläge, die man von der KV erhalten hat für risikoreiche Hobby oder für Vorerkrankungen.


    Ersteinmal zum Vergleich GKV - Standardtarif/Basistarif ohne Betrachtung des Beitrages:
    Hier ist die GKV deutlich vorzuziehen. Die Leistungen auf gesetzlichem Niveau in der Privaten wie im Basistarif, aber trotzdem die Rechnung vorstrecken mit ungewissem Ausgang und dann regelmäßig kürzen lassen, weil der Arzt "falsch" (z.B. weil z.T. privatärztlich, was es ja eigentlich immer noch ist) liquidiert hat. Man darf auch nicht vergessen, dass das aus Sicht der PKV erstmal Zwangstarife sind, die man am liebsten links liegen lässt.


    Die Höhe der aktuellen Alterungsrückstellungen:
    Die müssen Dir jedes Jahr mitgeteilt werden - ähnlich wie die Standmitteilungen zu Lebens- und Rentenversicherung.


    Versicherte Tarife:
    A118 ---> 1.100 Euro SB (ist aber nur auf den ambulanten Bereich bezogen) --> ggf. kann in den A80/100 Tarif gewechselt werden, dort 20% SB aber max 330 Euro pro Jahr
    K20, K30 oder K20+K/S? --> stat. Tarif (kein Selbstbehalt)
    Z100/80 oder Z80/60 ---> auch 0 Euro Selbstbehalt und insbesondere bei der ersten Variante gibt es gehörige Einsparungen gegenüber der Gesetzlichen spätestens sobald mal der Zahnersatz dran ist (gerade in fortschreitendem Alter knallt's da gewaltig und da bin ich lieber Privat-Patient oder GKV + sehr Zusatzversicherung)
    PVN
    welches KT? --> geht ja bei Selbständigen gerne mal vor der 6. Krankheitswoche los


    Beachten, dass im Alter:
    - der gesetzliche Zuschlag wegfällt, 10% auf den KV-Beitrag und
    - der Krankentagegeldtarif ebenfalls wegfällt und ggf.
    - hast Du schon heute einen Tarif zur späteren Beitragssenkung versichert, der später ebenfalls wegfällt und die Beiträge im Alter senkt (heißt bei Deiner Versicherung PBE)


    Wichtig:
    - Wie hoch wäre der Beitrag zur gesetzlichen Versicherung?
    - Wer an der Beitragsbemessungsgrenze verdient, zahlt in GKV inzwischen deutlich über 700 Euro inklusive Pflege.
    - Gesamtbetrachtung: Ist-Zustand (inkl. Alterungsrückstellungen), Phase bis zur Rente, Rentenphase


    Hier mal die Beitragsentwicklung in der GKV (nur der KV-Beitrag; Pflegeppflichtversicherung wurde erst zum 01.01.1995 eingeführt):


    2016 GKV Entwicklung_.pdf




    Zu Deiner Krankenversicherung:
    Mit Alte Oldenburger hast Du eine KV erwischt, die sehr nachhaltig arbeitet. Ständig neue Tarife oder Spitz-auf-Knopf-Kalkulationen sucht man hier vergebens. Eine gute Wahl!
    Dafür aber hat diese Versicherung im Verhältnis zu vielen anderen schon heute Beiträge, die andere Versicherungen eigentlichen nehmen müssten, damit man wirklich mit dem Geld auskommt. Folge aus meiner Überzeugung ist, dass Alte Oldenburger Versicherte zu den 20% am besten Versicherten gehören, im Alter vermutlich zu den 10% besten.


    Schöne Grüße,
    Michael


    ---
    Michael Schreiber
    Versicherungsmakler und
    Finanzanlagenfachmann
    in Freiburg im Breisgau