Widerruf alter LVs

  • Hallo liebe Community,


    als Neuzugang möchte ich zunächst einmal herzlich die Community begrüßen. Ich freue mich auf einen regen Austausch!


    Zu meinem Thema:
    Ich bekomme derzeit noch kein klares Bild bezüglich der Auswirkung der Beendigung des sog. Widerrufsjokers bezogen auf Immobiliendarlehensverträge in Richtung Lebensversicherungsverträge zusammen. Aus meiner Sicht bezieht sich die vom BMJV am 27.01.2016 beschlossene Gesetzesanpassung mit Wirkung zum 31.03.2016 ausschließlich auf Darlehensverträge mit dem Effekt, dass für diese ein wirksamer Widerruf gegenüber Banken letztmalig am 21.06.2016 ausgeübt werden kann. Eine Auswirkung auf das sog. "ewige Widerrufsrecht" für Lebensversicherungsverträge vermag ich nicht zu erkennen.


    Sehe ich das verkehrt bzw. ist jemandem bekannt, dass die für Immobilienkredite beschlossene Vorgehensweise auch für die Lebensversicherungsverträge analoge Anwendung finden soll bzw. sich eine derartige Gesetzesinitiative schon im Köcher befindet?


    Bin sehr gespannt auf eure Antworten.


    Grüße
    xman

  • Hallo Franziska,


    genau dieses Thema ist gemeint.


    Im Moment ginge ich davon aus, dass nach wie vor für die in Betracht kommenden LV-Verträge (die also im betreffenden Zeitraum geschlossen wurden und an einem bezüglich der Widerrufsbelehrung bestehenden Formfehler leiden) das "ewige Widerrufsrecht" nicht befristet ist, sofern nicht - wie von der Nürnberger Versicherung offensichtlich praktiziert - eine nachträgliche Heilung der fehlerhaften Widerrufsbelehrung versucht worden ist. D.h. derartige Verträge könnte man auch über den 21.06.2016 hinaus noch widerrufen, selbst wenn diese mittlerweile gekündigt oder gar regulär abgelaufen und ausgezahlt worden sind oder derartiges sogar erst nach dem 21.06.2016 erfolgt.


    Gruß
    xman

  • Hallo Franziska,


    noch nicht so ganz, leider.


    Mir geht es explizit um die Auswirkung der von Seiten des BMJV verkündeten Gesetzesanpassung zur Beschränkung des ewigen Widerrufsrechts, siehe Portal www.bmjv.de mit Suche unter dem Schlagwort "ewiges Widerrufsrecht". Nach der von mir recherchierten Sachlage soll die Umsetzung des Gesetzes zum 31.03.2016 in Kraft treten. Dieses hätte zur Folge, dass letztmalig am 21.06.2016 ein Widerruf für bestimmte Altverträge ausgeübt werden könnte. Nach meiner Auffassung bezieht sich diese Regelung explizit auf Immobiliardarlehensverträge.


    Was mich umtreibt ist Folgendes: An mancher Stelle, insbesondere speziellen Anwaltsportalen, wird der Eindruck erweckt, diese Anpassung hätte Auswirkung auf die Möglichkeiten des Widerrufs älterer Lebensversicherungsverträge. Handelt es sich hierbei um eine perfide Methode der Panikmache der auf Widerruf spezialisierten Kanzleien oder ist etwas dran an deren Behauptungen bzw. droht ein Eindampfen des ewigen Widerrufsrechts per Gesetz bei den Lebensversicherungsverträgen analog zur Vorgehensweise bei den Immobiliardarlehensverträgen?


    Gruß
    xman

  • Wenn das Bestandteil wäre, würden wir das bei Finanztip auf jeden Fall den Lesern kommunizieren wollen. Das müsste sich so gesehen ein auf dieses Rechtsgebiet spezialisierter Anwalt anschauen (bzw. war das im Artikel ja schon mehr oder weniger wegargumentiert worden? Rechtlinesisch hat es bekanntlich in sich).


    Vielleicht können Sie ein Beispiel zitieren? Das wäre ja für viele Leser interessant und relevant.

  • @xman124


    Schande über mein Haupt! Danke für die Erinnerung! Ja, das hatten wir intern diskutiert. Der generelle Konsensus war, dass es nicht zutrifft. Aber wie gesagt, eine individuelle Rechtsberatung kann das nicht ersetzen - im Einzelfall kann sich die Situation ganz anders darstellen.

  • Hallo Franziska,


    bezüglich eines weiteren Aspektes ist die Rechtslage für mich auch noch etwas unscharf:


    Ist es denn so, dass der Widerruf auch noch nach regulärem Ablauf der LV ausgeübt werden kann, oder muss der Widerruf zwingend noch während der Laufzeit oder nach einer vor dem regulären Ablauf erfolgten Kündigung und Realisierung des Rückkaufwertes ausgeübt werden?


    Gruß
    xman

  • Hallo Community,


    ich habe im Dezember 2014 meine 3 Fondspolicen bei der Heidelberger Leben (ehemals MLP Lebensversicherung) gekündigt, welche ich in den Jahren 2001 bzw. 2002 abgeschlossen habe.
    Der Rückkaufswert der Fondspolicen war annähernd so hoch wie die eingezahlten bzw. investierten Beiträge.
    Macht es Sinn, hier mit dem Widerrufs-Joker die Versicherungen zu widerrufen?
    Ich habe immer noch eine flexible Berufsunfähigkeitsversicherung (Tarif FBUB), Versicherungsbeginn 01.12.2000, bei der Heidelberger Leben (ehemals MLP Lebensversicherung) laufen, die möchte ich auch nicht kündigen.
    Könnte es sein, dass ich durch die Widerrufe der vorher beschriebenen Fondspolicen, zukünftig irgendwelche Nachteile bei der noch bestehenden flexiblen Berufsunfähigkeitsversicherung habe, wenn der Leistungsfall eintritt? Dass sich die Heidelberger Leben quer stellt, bzw. sich revanchieren möchte? Nicht mehr so kooperativ ist und die Versicherungsleistung nicht oder nur widerwillig erbringen möchte?
    Vielleicht hat jemand diesbezüglich Erfahrungen gemacht bzw. Antworten zu meinen Fragen.


    Vielen Dank schon mal! Freue mich auf viele Antworten.

  • @xman124


    Nach der Überarbeitung des Ratgebers kann unsere Redaktion die Möglichkeit der endlosen Widerrufsmöglichkeit bestätigen:


    Anders als bei den fehlerhaften Widerrufsbelehrungen bei Baufinanzierungen hat der Gesetzgeber bei Lebens- und Rentenversicherungen keine Frist eingeführt, zu der das Widerrufsrecht im Falle eines Fehlers erlischt.


    Quelle: http://www.finanztip.de/widers…cht-lebensversicherungen/


    Das gilt, wenn der Vertrag noch läuft, wenn er gekündigt wurde oder ausgelaufen ist. Lohnenswert ist aber vor allem der Fall, wenn bei einer Kündigung nur ein geringer Rückkaufswert gezahlt wurde.

  • ....meine Antwort wäre - das sind zwei verschiedene paar Schuhe, wieso solltest Du da Nachteile haben. Ich meine, auf der anderen Seite ist der Teufel ein Eichhörnchen - dennoch, Nachteile nein. Bezüglich Deines Rückkaufswertes kannst ja einigermaßen zufrieden sein - es kommt nicht oft vor, dass nach 14 bis 15 Jahren die eingezahlten Beiträge als Guthaben da stehen, da gibt es ganz andere Fälle. Kurzum, den Fehler mit LV solltest nicht noch mal machen, egal ob fondsgebunden oder klassisch - ist meist ein Minusgeschäft. Wenn Du den Widerrufsjoker ziehst, machst Du nichts verkehrt. Überlege Dir einfach mal, wenn Du das Geld in einen Fondssparplan, in eine FondsVermögensverwaltung gegeben hättest über die Jahre - wie dann Dein Guthaben aussehen würde? Nee, machs nicht, ärgerst Dich nur....

  • Hallo Franziska,


    super Hinweis.


    Für jeden den es interessiert, sind hier die beiden Nichtannahmeentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (
    (1 BvR 2230/15 und 1 BvR 2231/15 -) zu dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. Juli 2015 - IV ZR 448/14 sowie zu dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. Juli 2015 - IV ZR 384/14.



    https://www.bundesverfassungsg…k20160523_1bvr223015.html

  • Hallo Community,



    im Rahmen der ständigen Aktualisierung meiner Urteilsdatenbank zum Thema Widerspruch / Widerruf bzw. Rücktritt von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen habe ich die typischen Fehler in Belehrungen (d.h. die Gründe für eine nicht ordnungsgemäße Belehrung) nunmehr in fünf „Fehlerkategorien“ erfasst:


    • Zugang (z.B. Beweislastfragen, Beweis des Zugangs durch Versicherer)
    • Zeitpunkt der Belehrung (z.B. bei Aushändigung des Versicherungsscheins, Policenbegleitschreiben, im Versicherungsschein usw.)
    • Inhalt der Belehrung (z.B. Fristwahrung durch Absendung des Briefes / des Widerspruchs, Textform, Schriftform, fehlerhafte Fristangaben, 14 /30 ohne Angabe der Tage usw.)
    • Drucktechnische Hervorhebung (z.B. kursiv, eingerückt, Fettdruck, Fettdruck mit Einrückung, Sternchen, Überschrift Widerspruchsrecht usw.)
    • Weitere Einzelfälle (z.B. widersprüchliche Belehrungen)


    Fehlerhafte Belehrungen lassen sich demnach nicht auf drei oder vier Sachverhalte beschränken.



    Alleine der Bundesgerichtshof hat mehr als 100 Urteile dem vorgenannten Thema „ordnungsgemäße / nicht ordnungsgemäße Belehrung“ erlassen.