Finanzierung trotz 100% Eigenkapital?

  • Hallo,
    ich möchte in die Finanzierung eines Hauses "einsteigen". Mein Partner ist bereits Eigentümer des Hauses und finanziert noch einen Teil davon.
    Bei meinem Partner seht die Umschuldung an. Wir möchten, dass ich das halbe Eigentum erwerbe (50:50 Eigentümer im Grundbuch und Notarvertrag).
    Bsp.: Die Immobilie ist 200.000 € wert, ich "kaufe" mich mit 100.000 € ein.


    Ich habe die 100.000 € als Eigenkapital (Sondervermögen aus Erbe) und es verbleibt ein Eigenkapitalpuffer auf meinen Konten.
    Soll ich die Immobilie zu 100% aus Eigenkapitel bezahlen, oder einen (großen) Teil finanzieren?


    Bei Finanztip wird insgesamt zu "tilgen" geraten und zu Finanzierung mit langen Laufzeiten bei aktuell niedrigen Zinsen.


    Aus folgenden Gründen überlege ich mir aber, einen (großen) Teil zu finanzieren, was eventuell eine Abweichung von den allgemeinen Finanztipps ergibt:
    - Ich könnte z.B. nur 5 Jahre Zinsbindung abschließen statt 10 oder 15 Jahre, um im Vergl. zu langen Laufzeiten weniger Zinsen zu bezahlen. Sollte der Zins in den 5 Jahren wider Erwarten deutlich steigen, kann ich die Restschuld am Ende auf einmal tilgen. Ich habe nicht vor, das restliche Eigenkapital anderweitig zu verprassen.
    - Das mehr verbleibende Eigenkapital kann ich nach Finanztip-Empfehlungen anlegen (Festgeld, ETFs) und könnte in der Laufzeit voraussichtlich eine etwas höhere Verzinsung erreichen, als die Zinskosten für Immobilenfinanzierung betragen.
    - In z.B. 5 Jahren kann ich neu über Finanzierung oder Volltilgung entscheiden. Die Entscheidungsfreiheit für den Kauf einer größeren Immobile wäre auch gegeben, da bei diesem Modell keine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt.
    - Wichtig: Die Finanzierung bringt Zinskosten, die den Wohnvorteil bei der Unterhaltsberechnung (Kindesunterhalt) schmälern.


    Was meint Ihr dazu? Übersehe ich dabei wesentliche Kriterien?


    Vielen Dank für Eure Einschätzung!!!

  • Hallo @pitsig


    und willkommen hier im Forum.


    Ich glaube, die wesentlichen Punkte haben Sie schon erfasst.


    • Wenn man ordentlich Eigenkapital (40% oder mehr) mitbringt dann bekommt man schon extrem günstige Zinsen, bei nur 5 Jahren Zinsbindung sicherlich in der Größenordnung von 1% oder sogar weniger
    • Da Sie ja wissen, dass Sie das Darlehen falls nötig /sinnvoll in einem Rutsch wegtilgen können, können Sie sich auch zinserhöhende Sachen wie Sondertilgungen und lange Zinsfestschreibungen etc sparen
    • Wenn man den Rest vernünftig anlegt, kann man sicherlich eine Rendite nach(!) Steuern erwirtschaften, die zumindest in der gleichen Größenordnung liegt.
    • Ob man dauerhaft eine Arbitrage hinbekommt - also mehr zu verdienen als der Kredit kostet - ist nach Steuern nicht unrealistisch, damit planen würde ich vielleicht trotzdem nicht.

    Wie genau sich der Wohnwert bei dem Thema Unterhalt auswirkt, da kenne ich mich nicht so gut aus, daher gehe ich auf den Punkt nicht näher ein. Mein Verständnis ist, dass durch die Zinsen der angerechnete Wohnwert der eigenen Immobilie sinkt, und dadurch ein geringeres Einkommen für die Festlegung des Unterhalts angesetzt wird. Das ist als Unterhaltsempfänger (oder Elternteil des Unterhalt bekommenden Kindes) natürlich von Interesse. Aber die Feinheiten kenne ich nicht...



    Was spricht dann gegen einen Kredit? Ein einziges Wort: Freiheit! Wenn Sie die Immobilie komplett bezahlt haben, sind Sie niemandem Rechenschaft schuldig.


    Oder wie John Goodman es sagen würde: https://www.youtube.com/watch?v=xdfeXqHFmPI


    Wenn Sie meine Meinung hören wollen: Ich würde mir von ein paar Banken Angebote holen. Wenn Sie auf Zinsen unter 1% kommen, würde ich ersthaft überlegen, die Finanzierung aufzunehmen und mit dem Rest eine ordentlich Rendite zu erwirtschaften. Aber ich bin auch immer ein kleiner Zocker...


    Cheers,
    Elias

  • @elijah2807 hat es treffend ausgeführt.


    Meine subjektive Meinung:
    Eine finanzierte Geldanlage - um das handelt es sich hier - hat immerdas Risiko, dass das Anlagekapital verloren geht und die Schuldenbleiben.
    Je nach Verhältnis zum "Eigenkapitalpuffer" würde ich daher nur einen Teil finanzieren. Ich bin ja ein Freund von formelmäßigen Zusammenhängen: Finanzierung max. in Höhe eines Drittels von (Erbe+Eigenkapitalpuffer): Warum: dann ist zu jedem Zeitpunkt selbst bei 50% Verlust des Anlagekapitals eine vollständige Tilgung des Darlehens möglich.


    Dann klappt es auch mit der Freiheit

  • Hallo,


    also mir ist nicht ganz schlüssig ob es sich hier um eine Kapitalanlage handelt.Meinst du mit Partner deinen Lebenspartner und du willst das Objekt für dich selbst kaufen und bewohnen. Dann würde ich so viel EK einsetzten wie möglich, wenn du dort langfristig wohnen wirst oder teilweise finanzieren und den restlichen Betrag wie du schon erwähnt hast in ETF etc. anlegen. ( würde das letzte tun) So streust du dein Risiko.


    Handelt es sich hierbei um eine Kapitalanlage und Ihr kauft etwas zusammen, dann würde ich so viel wie möglich finanzieren um den Leverage-Effekt zu nutzen und steurliche Vorteile nutzen. Das EK dann nur gering einbringen und anderweitig in entweder weitere Immobilien kaufen, ETF, Aktien etc. Jedoch kommt das natürlich auch auf die persönlichen Umstände an und sollte individuell mit Steuerberater, Bankberater etc. besprochen werden.


    Zu den Unterhaltszahlungen kann ich nichts sagen, hier kenne ich mich nicht aus.


    Beste Grüße