Gesetzliche Erbfolge

  • Hallo allseits !

    Ich habe folgende Fragen zur gesetzlichen Erbfolge:

    1. Ich selbst bin geschieden und habe eine Tochter. Da ich nur gelegentlich Kontakt zu ihr habe, stellt sich für den Fall meines Ablebens
    die Frage, ob ich ihr meine Eigentumswohnung vererbe oder ob vielleicht auch die Möglichkeit besteht (z.B. durch einen Erbvertrag)
    zumindest einen Teil meines Erbes meiner langjährigen Lebenspartnerin zukommen zu lassen, mit der ich allerdings nicht verheiratet bin.

    2. Da ich monatliche Abfindungszahlungen aufgrund eines Aufhebungsvertrages mit meinem ehemaligen Arbeitgeber erhalte, stellt sich
    auch hier eine ähnliche Frage. Auch hier ist im Falle meines Ablebens eine Auszahlung der verbliebenen Restsumme aus dem Aufhebungsvertrag an die Erben vereinbart.

    Besteht hierbei die Möglichkeit meine Lebenspartnerin durch einen Erbvertrag oder ähnlichem zumindest teilweise zu begünstigen ?


    Vielen Dank für Ihre Bemühungen zur Beantwortung meiner Fragen !

  • Die Kontakthäufigkeit spielt für die gesetzliche Erbfolge keine Rolle.


    Ihre Tochter wird Sie auf jeden Fall beerben (§ 1924 Abs. 1 BGB). So wie Sie Ihre Situation schildern, erbt Ihre Tochter nach gesetzlicher Erbfolge sogar den gesamten Nachlass (Alleinerbin).


    Selbstverständlich können Sie die Erbfolge anders gestalten. Ein Erbvertrag ist dazu nicht erforderlich. Eine einfache Verfügung von Todes wegen (=Testament) würde ausreichen.


    Bedenken Sie jedoch, dass Ihre Tochter pflichtteilsberechtigt ist (§ 2330 Abs. 1 BGB). Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs - allerdings nur als Geldanspruch. Ihre Tochter hätte also keinen Anspuch auf Eintragung ins Grundbuch, aber sehr wohl einen Anspruch auf Auszahlung des Wertes ihres Pflichtteils.


    Der Pflichtteil Ihrer Tochter beträgt 1/2. Dies bedeutet, Sie dürfen ihr testamentarisch nicht weniger als die Hälfte des Nachlasses zuwenden. Notfalls muss die Eigentumswohnung nach Ihrem Tod verkauft werden und der Verkaufserlös aufgeteilt werden.


    Anders würde es übrigens aussehen, wenn Sie Ihre Lebenspartnerin heiraten würden. Dann wäre Ihre Ehefrau ebenfalls pflichtteilsberechtigt und das würde den Pflichtteilsanspruch Ihre Tochter vermindern. In Ihrem Beispiel betrüge der Pflichtteilsanspruch dann nur noch 1/4.


    Wieder einmal zeigt sich die Überlegenheit der Ehe als Rechtsform des Zusammenlebens.


    Die vorbeschriebenen Zusammenhänge gelten in gleicher Weise für die Zahlungen Ihres Arbeitgebers aus Ihrem Abfindungsanspruch, so weit diese vererblich sind. Erbe ist Erbe. Es spielt keine Rolle, ob es sich um Zahlungszuflüsse oder eine Eigentumswohnung handelt.

  • Dies bedeutet, Sie dürfen ihr testamentarisch nicht weniger als die Hälfte des Nachlasses zuwenden.

    @muc hat die Möglichkeiten gut zusammengefasst. Eine Schönheitskorrektur sei noch angebracht. Natürlich "dürfen" Sie ein Testament auflegen und ihre Lebenspartnerin zur Alleinerbin erklären. Zunächst einmal haben Sie ganz allein das Recht, eine Willensbekundung abzugeben. Das Recht Ihrer Tochter auf Ihren Pflichtteil, der wie @muc richtig sagt, 50% beträgt, bleibt davon unberührt. Das heißt, wenn Ihre Tochter es darauf anlegt, kann sie immer 1/2 bekommen, Sie muss es allerdings dann auch einklagen. Das ist ein kleiner, aber feiner Unterschied.


    Ich empfehle für das weitere Ausloten von Gestaltungsmöglichkeiten anwaltlichen Rat einzuholen, da bei Ihnen auch Themen wie die Erbschaftssteuer und die steuerliche Gestaltung eine Rolle spielen werden. Ggf. können Sie auch über Schenkungen zu Lebzeiten nachdenken, um einerseits jährliche Steuerfreibeträge Ihrer Lebenspartnerin auszunutzen und um andererseits - sofern Sie das in Erwägung ziehen - die Erbmasse für Ihre Tochter zu schmälern. Ihr Plichtteil bleibt dann zwar bei 50%, aber die Bemessungsbasis ist geringer. Eine Hochzeit würde in jedem Fall vieles vereinfachen, insb. die Steuerthematik.

  • um einerseits jährliche Steuerfreibeträge Ihrer Lebenspartnerin auszunutzen

    An dieser Stelle sei auch eine kleine Schönheitskorrektur erlaubt: Die Freibeträge im Erbschaft- und Schenkungsteuerrrecht gibt es nur alle zehn Jahre.


    Ferner noch bei Schenkungen zu berücksichtigen:
    Es gibt einen so genannten Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB). Weil der Gesetzgeber die Pflichtteilberechtigen vor den Folgen taktischer Geschenke schützen wollte, ignoriert er diese Gaben in vielen Fällen einfach: Geschenke, die der Erblasser bis zu zehn Jahre vor seinem Tod gemacht hat, werden dem Nachlass, der für die Höhe des Pflichtteils ausschlaggebend ist, fiktiv hinzugerechnet.


    Hier gibt es auch noch ein paar ganz interessante Anmerkungen:
    http://www.rosepartner.de/rech…g-schenkung-verzicht.html

  • Eine Schönheitskorrektur sei noch angebracht. Natürlich "dürfen" Sie ein Testament auflegen und ihre Lebenspartnerin zur Alleinerbin erklären. Zunächst einmal haben Sie ganz allein das Recht, eine Willensbekundung abzugeben.


    Sie verwechseln rechtliches KÖNNEN mit rechtlichem DÜRFEN.
    Das passiert juristischen Laien häufig und wäre nicht weiter schlimm, wenn Sie daraus nicht eine falsche Schlussfolgerung ziehen würden.



    Das heißt, wenn Ihre Tochter es darauf anlegt, kann sie immer 1/2 bekommen, Sie muss es allerdings dann auch einklagen. Das ist ein kleiner, aber feiner Unterschied.


    Das ist falsch. Die Tochter hat aus § 2324 Abs. 1 BGB einen Auskunftsanspruch und aus § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Anspruchsgrundlage den Pflichtteil zu fordern.


    Formvorschriften gibt es dafür nicht. Es würde im Extremfall ausreichen, wenn die Tochter zu der Erbin (=Lebensgefährtin von @Goldiemann) sagt: "Ich will wissen, was alles zum Nachlass gehört und dann will ich von Dir meinen Pflichtteil überwiesen bekommen."


    Erst wenn die Erbin die Auskunft und die Auszahlung verweigern würde, müsste die Tochter klagen.
    Dann würde die Erbin allerdings auch die Kosten des Rechtsstreits tragen müssen, da die Rechtslage eindeutig ist und sich die Tochter im Recht befindet.


    Es bleibt daher bei meiner Empfehlung an @Goldiemann: Sie dürfen Ihrer Tochter nicht weniger zuwenden, als dieser gemäß ihres Pflichtteils zusteht.


    Ein ganz simples Testament könnte in Ihrem Fall lauten:


    "Ich setze meine Lebensgefährtin, Frau sowieso, geb. am ... in ... zur Alleinerbin ein. Meine Tochter sowieso geb. am ... in ... soll den Pflichtteil erhalten."


    Beachten Sie jedoch die Formvorschriften von § 2247 BGB!
    Die Empfehlung, sich juristischen Rat zu holen, ist sicherlich zutreffend.