Abfindung bei Aufhebungsvertrag - Zeitgleich Bewilligung einer EU-Rente

  • Guten Abend!
    Ich benötige bitte eure Hilfe!
    Mein Arbeitgeber bietet mir bei einer 30-jährigen Beschäftigungsdauer einen Aufhebungsvertrag an und zahlt mir für jedes Beschäftigungsjahr eine Abfindung i.H.v. 0,5 des mtl. Bruttogehaltes.
    Hat jemand einen Erfahrungswert, ob es möglich ist, anschließend eine Erwerbsminderungsrente zu beziehen? Oder schließt der Arbeitgeber so etwas im Vertrag aus? Bin ich versplichtet, den AG über ein evtl. Rentenverfahren zu informieren?
    Vielen Dank!

  • Die Abfindung an sich klingt für mich eher nicht so gut ... also 0,5mtl Bruttogehalt ... bei 30 Jahren. Ich kenne Unternehmen, die zahlen von sich aus 1 Gehalt pro Jahr ...
    Aber vllt ist es auch falsche Wahrnehmung von mir

    "Believe in yourself!"

  • Ein halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr ist der "Regelsatz", den Arbeitsgericht bei einer Abfindung zusprechen.
    Wenn Unternehmen ein ganzes Monatsgehalt pro Jahr der Beschäftigungsdauer zahlen, ist das besonders großzügig und spricht für das Vorhandensein eines schlechten Gewissens auf Arbeitgeberseite.


    In Ihrem Fall geht es ja offensichtlich darum, dass Sie glauben, unmittelbar nach Ausscheiden aus dem Betrieb in den Ruhestand wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit gehen wollen.


    Das ist zumindest heikel. Es hängt nach meiner Rechtsauffassung auch davon ab, ob Sie bei dem jetzigen Arbeitgeber Ansprüche auf eine Erwerbsminderungsrente aus betrieblicher Altersvorsorge haben oder nicht.


    Ist letzteres der Fall, könnte der Arbeitgeber, der Ihren Arbeitsplatz abbauen will, ein berechtigtes Interesse daran haben, dass zunächst die Frage der Erwerbsminderung verbindlich geklärt wird. Sollten Sie tatsächlich erwerbsunfähig sein, könnte der Arbeitgeber die Abfindung einsparen, weil sie wegen der Erwerbsminderung von selbst ausscheiden und er dann nur die betriebliche Rente wegen Erwerbsminderung zahlen muss.


    Haben Sie bei diesem Arbeitgeber KEINE Ansprüche auf Betriebsrente, sehe ich den Fall etwas anders.
    Sie würden sich dann zunächst arbeitslos melden und möglicherweise würde sich erst im Laufe der Arbeitslosigkeit herausstellen, dass eine Erwerbsminderung besteht. Dann wäre jedoch Ihr derzeitiges Arbeitsverhältnis längst beendet.


    Sollte Sie allerdings jetzt bereits ein Verfahren bei der Rentenversicherung Bund eingeleitet haben, würde ich Ihnen empfehlen, diese Tatsache dem Arbeitgeber mitzuteilen. Sie haben aus dem Arbeitsvertrag auch eine Treuepflicht Ihrem Arbeitgeber gegenüber.


    Es ist nicht auszuschließen, dass der Arbeitgeber von dem Rentenverfahren Kenntnis erhält. Aus dem Verscheigen dieses Verfahrens könnte er einen Schadensersatzanspruch gegen Sie herleiten. Denn wenn Sie gewissermaßen "sowieso" wegen Erwerbsunfähigkeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden müssen, dann gibt es keine Veranlassung Ihnen 15 Monatsgehälter als Abfindung zu zahlen.

  • Die Aussage auf der Seite der Gewerkschaft muss wohl im Kontext gesehen werden, dass hier Stimmung gegen Aufhebungsverträge gemacht werden soll.


    Während der Sperrzeit haben Sie meines Wissens im ersten Monat noch gem § 19 Abs. 2 SGB V K weiterhin vollen Anspruch auf GKV Leistung und ab Monat 2 werden Sie von der Arbeitsagentur versichert; siehe § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V.


    Denn Sie sind ja arbeitssuchend und damit dort auch "untergebracht" Sie bekommen nur keine Leistungen auf Grund der Sperre. Das heisst aber nicht, dass Sie nicht krankenversichert sind. Nur der Anspruch auf Krankengeld entfällt in dieser Zeit soweit ich weiß.


    Sollten Sie privat versichert sein müssen Sie natürlich weiter zahlen, m.E. auch den ersten Monat sofern Sie freiwillig gesetzlich versichert waren.

  • Hallo Gast,


    bitte seien Sie sich zunächst im Klaren darüber, dass der Arbeitgeber ein Interesse hat, Ihr Arbeitsverhältnis per Aufhebungsvertrag zu beenden. Niemand handelt ohne Grund. Die Abfindung bietet er i.d.R. an, damit der Arbeitnehmer möglichst schnell unterschreibt und anschließend keine bzw. wenige Rechtsmittel in der Hand hat, um gegen die Lösung des Beschäftigungsverhältnis rechtlich vorzugehen.


    Ich setzte einfach voraus, dass der Betrieb regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter hat und die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes zur Anwendung kommen.


    Da ich Ihre Erwerbsgeschichte nicht kenne, und auch nicht für mich von Bedeutung ist, hier meine ganz persönliche Meinung:


    1. Der AG hat ein Interesse das Arbeitsverhältnis aufzulösen ohne einen möglicherweise kostenträchtigen Kündigungsschutzprozess zu führen. Unabhängig vom Ausgang hätte jede Seite ihre Hälfte der Kosten am Verfahren zu tragen. Die gilt für die erste Instanz. Sollte das Verfahren in Revision gehen, zahlt die Unterlegene Partei (das ist meistens der Arbeitgeber) alles.


    2. Die angebotene Abfindung ist, wie meine Vorredner schon sagten, eher als dürftig anzusehen. Sollten Sie sich vor Gericht wieder sehen, und es zu einer vergleichsweisen Lösung des Beschäftigungsverhältnisses kommen, ist der Faktor 0,5 ohnehin gegeben. Ich kenne Aufhebungsverträge von Mitarbeitern von DAX Konzernen (kein Führungspersonal) da war durchaus Faktor 2,0 > drin. Wie gesagt, die Höhe des Faktors ist vor allem abhängig vom Betrieb, der Betriebsgröße, der wirtschaftlichen Lage und vor allem auch dem Verhandlungsgeschick.


    3. Falls Sie sich keine Verhandlungen mit dem AG selber zu trauen, würde ich mit dem Betriebsrat sprechen (sofern es in dem Unternehmen einen gibt, und dieser nicht im Arbeitgeberlager steht) und diesen als Beistand bei einem Verhandlungsgespräch dabei haben.


    4. Sollten die Verhandlungen mit dem AG fruchtlos für Sie verlaufen (zu wenig Abfindung), würde ich erst mal gar nichts machen und die Kündigung erwarten, Sie können sich preiswerten Arbeitsrechtschutz OHNE Wartezeiten über eine Gewerkschaftsmitgliedschaft verschaffen. Damit fällt eine Kündigungsschutzklage direkt leichter.


    5. Falls Sie außergerichtlich einen Aufhebungsvertrag in Betracht ziehen wollen, achten Sie unbedingt darauf, dass die tarifvertragliche bzw. arbeitsvertragliche (d.h. für Sie günstigste) Kündigungsfrist gewahrt bleibt. Der Eintritt einer Sperrzeit könnte (u.a.) somit abgewendet werden. Günstig wäre natürlich auch, wenn die Aufhebung beinhaltet, dass die Aufhebung z.B. zur Abwendung einer betriebsbedingten Kündigung dient.


    6. Bevor Sie unterschreiben informieren Sie sich bitte noch über die Möglichkeit des Dispositionsjahres. Sie können unter legaler Ausnutzung der Regelungen des SGB die für Sie vorteilhaftesten Regelungen über Arbeitslosengeld I ausnutzen. Einen lesenswerten Beitrag finden Sie hier: http://der-privatier.com/kap-9-3-2-das-dispositionsjahr/


    Bitte beachten Sie, dass mein Beitrag keine Rechtsberatung darstellt, sondern lediglich meine Gedanken zu meinem Verhalten, innerhalb einer hypothetischen Situation meine Person betreffend, widerspiegelt. Daher meine Bitte, dass Sie im Zweifel bitte einen Anwalt konsultieren, um alle Unklarheiten zu beseitigen.


    VG


    Schopenhauer

  • Hallo Gast,


    ist das Thema für Dich noch offen?


    Erwerbsminderungsrente hat grundsätzlich nichts mit dem Aufhebungsvertrag zu tun. Du kannst also im Anschluss an Dein Arbeitsverhältnis eine Erwerbsminderungsrente beantragen. Gegenüber der DRV halte ich eine vorhergehende Krankschreibung für besser - sonst kommen Diskussionen "Warum konnten Sie bisher arbeiten und jetzt auf einmal nicht mehr?" Am besten die Krankschreibung in den letzten Arbeitstagen beginnen lassen, da die Bemessungsgrundlage für das Krankengeld u.a. das Gehalt des Vormonats ist. Genau genommen werden auch noch die letzten 12 Monatsgehälter zzgl. Sonderzahlungen angesetzt - wäre aber noch ein Thema für einen neuen Thread - so kompliziert ist das. Krankengeld ist idR auch höher als die Rente. Nach fortgeschrittener Krankschreibung meldet sich dann die Krankenkassen bzgl. Reha, weil die einen natürlich lieber vom Krankengeld im die Rente drücken wollen. über den Weg ist dann auch das Thema ALG-Sperre für dich umschifft. Beim Aufhebungsvertrag kann ich dir noch den Tipp geben, in den Vertrag reinschreiben zu lassen "Auf Initiative des Arbeitgebers aufgrund betrieblicher Belange" und Zahlung in das Folgejahr legen. Dann hast Du die wenigsten Steuern (Google mal nach Fünftelregelung).


    L.G. Shaki