Darf ich dem neuen Arbeitgeber meine Teilrente verschweigen?

  • Ich bin teilweise erwerbsgemindert und beziehe deshalb eine gesetzliche Teilrente. Ich darf bis zu sechs Stunden am Tag arbeiten und ungefähr 2000 Euro hinzuverdienen. Nun habe ich nach längerer Arbeitslosigkeit eine neue Stelle gefunden, die stunden- und verdienstmäßig ein Stück unterhalb dieser Kriterien liegt und auch sonst genau zu meinen verbliebenen Fähigkeiten passt. Nächste Woche soll der Vertrag unterzeichnet werden.


    Muss ich dem neuen Arbeitgeber sagen, dass ich eine Teilrente beziehe? Ich würde das gern verschweigen, weil ich da bei vorherigen Bewerbungen sehr schlechte Erfahrungen gemacht habe. Kaum hatte ich was erwähnt, hatte kein Chef mehr Lust, mich einzustellen. Alle denken dann automatisch, ich könne nichts mehr leisten - was ich aber in dem gesteckten Rahmen bei bestimmten Tätigkeiten durchaus noch kann. Bloß eben nicht mehr als das. Dass ich der Rentenversicherung den Vertrag melde und als Kopie schicke, ist natürlich klar. Aber muss ich dem neuem Chef zwangsläufig was sagen?


    Und was passiert eigentlich, wenn ich es nicht mache? Weiß jemand das? Ich möchte den Job so gern haben und mache mir Sorgen, dass der Chef seine Zusage zurückzieht, wenn er von der Rente erfährt. Wer weiß Rat? Danke im voraus!

  • Hier sind zwei Rechts-Sphären zu unterscheiden. Die eine betrifft das Zivilrecht (Arbeitsvertrag) und die andere das Sozialversicherungsrecht (Anmeldung bei der Rentenversicherung).


    Zivilrechtlich sind Sie nicht dazu verpflichtet, den Arbeitgeber VOR Unterschrift unter den Arbeitsvertrag über die Tatsache Ihrer Erwerbsminderung aufzuklären, da Sie ja - zumindest wie Sie hier schreiben - Ihren arbeitsvertraglichen Pflichten auch nachkommen können.


    Etwas anderes könnte gelten, wenn der Arbeitgeber Sie explizit danach gefragt hätte, ob Sie Rente beziehen. Aber lassen wir das einmal dahingestellt sein.


    Allerdings müssen Sie der Personalabteilung oder der lohnabrechnenden Stelle auf jeden Fall Ihren Rentenbezug mitteilen, weil die Lohnabrechnung Sie sonst falsch EDV-technisch "verschlüsselt". Rentenbezieher haben einen anderen EDV-Schlüssel als "normale Arbeitnehmer".


    Würde die Lohnabrechnungsstelle Sie als Normalfall verschlüsseln, wird sich die Sozialversicherung melden und alles aufklären, denn Sie werden ja bei der Rentenversicherung und auch bei der Krankenversicherung als Erwerbsminderungsfall geführt.


    Es kommt also so oder so alles raus - und der Arbeitgeber weiß Bescheid.
    Dagegen können Sie sich sparen, den Arbeitsvertrag an die Rentenkasse zu schicken.
    Die Meldung an die Sozialversicherung erfolgt durch den Arbeitgeber. Das läuft alles vollelektronisch.


    Wenn Ihr neuer Chef Sie wegen des Rentenbezugs nicht einstellt bzw. den Arbeitsvertrag gleich wieder kündigt, haben Sie gegen ihn einen Anspruch auf Schadensersatz nach dem AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz). Nach §§ 1 und 2 AGG ist eine Benachteiligung wegen einer Behinderung unzulässig.


    Häufig sprechen Gerichte in einem solchen Fall einen Schadensersatz in Höhe von drei Monatsgehältern zu.
    Sie haben leider keinen Anspruch darauf, dass Ihnen der Arbeitsvertrag erhalten bleibt. Arbeitsverträge können bekanntlich innerhalb der ersten sechs Monate (=Probezeit) ohne Begründung gekündigt werden.


    Mein Rat: Unterschreiben Sie den Arbeitsvertrag, treten Sie den Job an - und wenn die Personalabteilung anfängt zu drängeln, dass Sie Ihre Daten (Sozialversicherungsnummer, Steuer-ID usw.) angeben, dann teilen Sie dem Lohnbüro völlig beiläufig mit, dass Sie eine Teilrente beziehen.


    Wenn der Chef dann große Augen macht, sagen Sie ihm ruhig, dass er ja wohl nicht angenommen habe, dass Sie ausschließlich von diesem Teilzeitjob existieren können.


    Viel Erfolg!