Indexfonds - was genau passiert da rechtlich?

  • Liebe Community,


    ich gebe keinen besonders guten Einstand - mein erstes Posting ist eine Frage. Ich bin aber etwas verzweifelt, weil ich bislang nirgends eine zufriedenstellende Antwort gefunden habe. Ich bin zwar Jurist, aber verfüge kaum über Kenntnisse der Wirtschaftswelt. Da aber sogar die Stiftung Warentest empfohlen hat, zumindest einen Teil des Vermögens in ETFs anzulegen, habe ich dies auch getan - wenngleich bislang in nur geringem Umfang und in Form der Ishares MSCI World ETF (physisch, ausschüttend).


    Ich würde aber gerne verstehen, was ich da eigentlich ganz konkret in den Händen halte und was da konkret bei Transaktionen abläuft. Also ich weiß wohl (aber auch das erst nach Recherche), dass ich mir Anteillscheine gekauft habe für den Fonds, in dem dann die ganzen Aktien als Sondervermögen liegen.Aber was ist das rechtlich? Offenbar ja ein Anspruch gegen den Emittenten, die Anteilsscheine jederzeit zum Marktwert zurückzunehmen und mir anteilig die ausgeschütteten Dividenden weiterzugeben. Gibt's für diesen Anspruch eigentlich auch entsprechende Rechtsgrundlagen im Gesetz?


    Und wieso wird einem das Ganze als so unfassbar sicher verkauft? Mag ja sein, dass BlackRock als Emittent auf dieses Sondervermögen nicht zugreifen kann. Aber wie soll denn jederzeit eine Rücknahme zum jeweiligen Marktpreis garantiert werden? Müssen im Falle der Insolvenz des Emittenten ggf. in einem bestimmten Umfang Aktien aus dem Fonds veräußert werden, um die Auszahlung zu ermöglchen? Oder wird ohnehin immer mit Aktien im Fonds gewirtschaftet, um auszuzahlen.


    Ich danke euch für Antworten oder Hinweise zu entsprechender Lektüre.


    Viele Grüße
    Jens

  • Zur Frage, was ein Sondervermögen ist, gibt es hier bei Finanztip folgende Erläuterung (http://www.finanztip.de/investmentfonds/):


    "Doch was passiert, wenn die Fondsgesellschaft selbst Konkurs anmelden muss? Für Anleger ist das kein Problem: Einlagen in Fonds sind sogenanntes Sondervermögen. Das verpflichtet Fondsgesellschaften per Gesetz, Kundengelder getrennt vom Unternehmensvermögen aufzubewahren. Sie müssen das Anlagekapital bei unabhängigen Depotbanken hinterlegen. Das verhindert, dass Anlegervermögen bei einer Pleite mit in die Konkursmasse fällt und daraus Ansprüche von Gläubigern befriedigt werden. Dieser Schutz der Anleger ist aber nicht mit einem Schutz vor Kursverlusten zu verwechseln. Fonds enthalten in der Regel Wertpapiere, deren Kurse schwanken. Das Risiko trägt der Anleger. Dafür erhält er in der Regel eine Rendite.


    Weitere Infos gibt es zum Beispiel hier:
    http://www.boerse.de/etf/Insol…tz-bei-Geldanlagen/wissen
    http://www.etfs.de/etf-sondervermoegen/


    Die rechtlichen Grundlagen waren früher das Investmentgesetz (§§ 30ff InvG), heute das Kapitalanlagegesetzbuch. Die Regelungen über das Sondervermögen findest du ab § 92 KAGB.

  • Aber wie soll denn jederzeit eine Rücknahme zum jeweiligen Marktpreis garantiert werden? Müssen im Falle der Insolvenz des Emittenten ggf. in einem bestimmten Umfang Aktien aus dem Fonds veräußert werden, um die Auszahlung zu ermöglchen?

    den Punkt hatte ich noch übersehen. Etwas vereinfacht gesagt ist es so:


    Die Fondsgesellschaft ermittelt einmal am Tag den Wert des Anteils, zu dem Anteile verkauft oder zurückgenommen werden. Übersteigen die Rückgabewünsche die Kaufaufträge an einem Tag, dann müssen entsprechend Wertpapiere aus dem Sondervermöngen verkauft werden, damit die Rückgabewünsche erfüllt werden können. Allerdings halten die Fonds idR auch eine gewisse (eher geringe) Liquidität, so dass im Zweifel auch aus diesem "Topf" Rückgabewünsche bezahlt werden können.


    Sinngemäß läuft es nicht anders, als wenn du selbst ein breit diversifiziertes Wertpapierdepot hast und dann eines Tages einen größeren Geldbetrag für eine Anschaffung benötigst. Dann verkaufst du Wertpapiere und hast das Geld am nächsten Tag auf dem Girokonto. Letztlich macht die Fondsgesllschaft nichts anderes.

  • Hallo ihr,


    herzlichen Dank für die schnellen Antworten. Sehr anschaulich fand ich die Ausführungen auf finanzwesir.com. Gerade dessen Ausführungen klingen aber ein wenig danach, als würde es zwischen BlackRock und dem Anteilscheininhaber (also mir) überhaupt kein rechtliches Verhältnis geben. Das ist aber ja falsch, oder? Woher käme denn dann die quarteilsweise Ausschüttung?!


    Also ich verstehe das so:


    Mein Anteil berechtigt mich, von BlackRock die jederzeitige Rücknahme der ETFs zum Marktwert zu verlangen. Der Finanzwesir erklärt nun schön, wie das tatsächlich funktioniert. Nämlich über die mit den vertraglich mit BlackRock zusammen arbeitenden Brokern auf dem sog. Sekundärmarkt oder hilfsweise bei großen Volumina durch den autorisierten Marktteilnehmer auf dem Primärmarkt.


    Aber wenn nun - realitätsferner rein hypothetischer Fall - alle Broker und autorisierten Marktteilnehmer ihre Arbeit niederlegen und ob des guten Wetters streiken - dann müsste ich doch von BlackRock verlangen können, dass BlackRock (oder im Fall der Insolvenz, der Insolvenzverwalter) eben selbst entsprechende Transaktionen durchführt, oder? Und auch hier noch einmal die Frage nach dem rechtlichen Verhältnis. Kann mir jemand das juristisch erklären?


    Ich finde es unheimlich schwer, das gedanklich dingfest zu machen. Eigentlich absurd, wenn man überlegt, dass das sozusagen das Sorglospaket der Wirtschaftswelt für vergleichsweise unbedarfte Anlegerinnen und Anleger ist. und man ja eigentlich nur in eine Sache investieren soll, die man komplett versteht.


    Eine Aktie jedenfalls ist da wesentlich leichter zu verstehen und rechtlich zu durchdringen...


    Viele Grüße
    Jens


  • Aber wenn nun - realitätsferner rein hypothetischer Fall - alle Broker und autorisierten Marktteilnehmer ihre Arbeit niederlegen und ob des guten Wetters streiken - dann müsste ich doch von BlackRock verlangen können, dass BlackRock (oder im Fall der Insolvenz, der Insolvenzverwalter) eben selbst entsprechende Transaktionen durchführt, oder? Und auch hier noch einmal die Frage nach dem rechtlichen Verhältnis. Kann mir jemand das juristisch erklären?


    Ich finde es unheimlich schwer, das gedanklich dingfest zu machen. Eigentlich absurd, wenn man überlegt, dass das sozusagen das Sorglospaket der Wirtschaftswelt für vergleichsweise unbedarfte Anlegerinnen und Anleger ist. und man ja eigentlich nur in eine Sache investieren soll, die man komplett versteht.

    Hallo @JensK


    ich kann Deine Gedanken nachvollziehen. Auch dazu hat der Finanzwesir übrigens kürzlich was geschrieben: http://www.finanzwesir.com/blog/zukunft


    Ich persönlich sehe das Ganze so: Da es sich für alle Beteiligten lohnt, das System am Laufen zu halten, vertraue ich darauf, dass es halbwegs stabil bleiben sollte, mit gelegentlichen Erschütterungen natürlich. Alles andere würde mich nur die paar Haare kosten, die ich noch habe...


    Ist keine juristische Antwort, sondern eine pragmatische, ich hoffe trotzdem, dass sie Dir ein bißchen weiterhilft.


    VG,
    Elias

  • @JensK zur den juristischen Grundlagen:


    Wie @Oekonom weiter oben schon zutreffend ausgeführt hat, sind seit drei Jahren alle Rechtsbeziehungen im KABG geregelt. Für Ihre Frage einschlägig ist § 98 Abs. 1 Satz 1 KAGB.


    Nach dieser Vorschrift haben Sie mindestens zweimal im Monat einen Auszahlungsanspruch gegen die Kapitalverwaltungsgesellschaft Zug um Zug gegen Rückgabe des Anteils.


    Einzelheiten dieser Anspruchs sind in den Anlagebedingungen des jeweiligen Fonds festgelegt.
    Dabei ist heute in den allermeisten Fällen der Marktstandard, dass Anteile börsentäglich zurückgegeben werden können.


    Bei den ETFs kommt hinzu, dass diese - wie der Name schon sagt - börsengehandelt werden.
    D.h. ausser der Rückgabe an die Kapitalverwaltungsgesellschaft können Sie die Anteile auch an einen anderen Anleger über die Börse verkaufen, um wieder an Bargeld zu kommen.