Der fiktive Rentner

  • Hallo zusammen,
    nach dem Abschluss meines Studiums vor gut vier Jahren habe ich längere Zeit überlegt, in welche Vorsorge / Rentenprodukte ich investieren sollte. Mir ist bekannt, dass es die drei "Säulen" der privaten Vorsorge gibt. Ich habe ein kleinen Betrag in eine bAV gesteckt (nach 2004) und bespare einen Riestervertrag.
    Ich stelle mir nun gerade vor, wie das im Rentenfall mit den noch fälligen Abgaben aussieht.


    Anbei meinen Stand dazu, vielleicht findet sich der eine oder andere hier, der noch aufklären kann :)
    Ich gehe davon aus, dass ich gesetzlich krankenversichtert (freiwillig) bleibe.


    1. Gesetzliche Rente -> Die Höhe ist ja völlig unklar, Rentenpunkte sammeln und hoffen ...
    - in voller Höhe einkommens- und Sozialversicherungsplichtig (KV+PV)
    2. bAV (Direktversicherung):
    - in voller Höhe Einkommens- und Sozialversicherungspflichtig (KV+PV)
    3. Riester
    - Einkommensteuerpflichtig
    4. Private Vorsorge
    - steuerfrei ?


    Zum Thema Krankenkasse:
    Wenn ich in der zweiten Lebensarbeitshälfte mehr als 90% gesetzlich versichert war, übernimmt doch die KVDR den Arbeitgeberanteil für mich oder? Trifft dies auch auf die PV zu? (KVDR R0815)


    Bei Riester und bei einer etwaigen privaten Vorsorge (angenommen es gäbe noch eine kapitalbildene Lebensversicherung) besteht ja die Möglichkeit einer Kapitalabfindung. Ich habe mal gehört, dass sich dann die Krankenversicherung für 120 Monate ihre Beiträge mit dem vollen Satz zurückholt. Das könnten dann ja mehrere Tausend Euro sein. ...


    Und bei Riester hat mir mein Berater mal erzählt, dass man ja auch aus einem klassichen Riestervertrag für ein selbstgenutztes Eigenheim Geld entnehmen kann (Wohnförderung). Wie wird das denn dann verrechnet?

  • Hallo @Nordlicht1337 soll das 1337 Leet Speak sein? :)


    Zu Deinen Fragen:


    1: Richtig
    2: Richtig
    3. Voll einkommensteuerpflichtig, mit dem Besteuerungsanteil bis Du in Rente gehst wenn Du vor kurzem noch studiert hast dann wohl 100%
    4. Leider nicht. Entweder bei einer Einmalauszahlung § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG (Hälfte der Erträge - nicht der Beiträge - steuerpflichtig) oder bei Rentenzahlung der Ertragsanteil (je nach Alter bei Beginn der Rente).


    Krankenversicherung: Ja auch den PV Anteil


    30% kannst Du beim normalen Riester (nicht Wohnriester) vorab beziehen, SV kostet das nicht, weil Du ja Riester aus "verbeitragtem Kapital" bezahlst sprich aus Deinem Netto. Was ich nicht sicher weis, ist ob es beim freiwillig gesetzlich versicherten in die Berechnung der Leistungsfähigkeit mit einbezogen wird.
    Deine Aussage stimmt zur betrieblichen Altersvorsorge, weil Dein Arbeitgeber und Du hier ja die SV Beiträge zu Einzahlungszeiten gespart habt.
    Was genau als "der Rente vergleichbare Einnahmen" gilt (denn das darf verbeitragt werden) kannst Du in § 229 SGB V nachlesen.


    Bzgl. Wohnriester: Hier kannst Du jederzeit für eine Immobilie entnehmen. Hier läuft dann die Versteuerung der Beiträge und Zulagen etwas komplizierter über ein Wohnförderkonto. Das würde ich mal googlen dazu gibt es gute Beiträge auf den Seiten der Versicherer.

  • Hallo Raphael. 1337 könnte man wohl so nennen :)


    ich riestere ja deshalb, weil ich keine Beiträge bei der bAV sparen würde (oberhalb der Beitragsgrenze).
    Ich muss bzgl. Kapitalabfindung nochmal differenzieren:
    - Ich habe dich so verstanden, dass die 30% aus Riester versteuert werden (wahrscheinlich im Jahr des Zuflusses) und keine KV+PV Abgaben fällig werden.
    - Ich habe dich so verstanden, dass Privatrenten (Fondsgebunden Lebensversicherung oder ohne Fonds) nach dem Halbeinkünfteverfahren bei Kapitalwahl versteuert werden (also 50% der Eträge mit dem persönlichen Steuersatz im Jahr des Zuflusses) (Ertrag = Kapital - Eigenbeitrag). Lasse ich die Privatrente verrenten, so mit dem Etragsanteil (je geringe, je später ich in Rente gehe).


    Ich habe ein wenig die Befürchtung, dass Riester die Wette auf das lange Leben ist. Wäre es denn nicht möglich, sich 30% auszahlen zu lassen und vorher möglichst noch selbstgenutztes Wohneigentum zu verwenden. Dann gibts keine Rente mehr und man zahlt die Immobilie ab?

  • Die einzige "steuerfreie" Methode fürs Alter vorzusorger (und die bringt dafür eine ganzen Haufen anderer Herausforderungen mit sich), ist der Kauf (und Verkauf) einer vermieteten Immobile. Was meine ich damit:


    • Die Abschreibungen, Zinsen und laufenden Kosten können als Werbungskosten gegen die Mieteinkünfte gerechnet werden. Je nachdem, wie die Miete ausschaut und wie hoch die Kosten sind kommt man da plus-minus null raus.
    • Nach 10 Jahren kann man die Immobilie verkaufen und den Gewinn - so es denn welchen gibt, steuerfrei einstreichen.


    Ob dieses Privileg noch Ewigkeiten Bestand hat, wird man sehen, aber als junger Gutverdiener sind Eigentumswohnungen durchaus einen Gedanken wert...

  • Ja na klar ist es das, so ist das mit reinen Rentenprodukten ja immer. Deine Annahmen im Übrigen sind richtig.


    Ob man die 30% und die Wohnförderung kombinieren kann weiß ich nicht. Bin kein Spezialist für Versicherungen. Aber man kann mittlerweile jeden Riestervertrag fürs Wohnriestern einsetzen. Denk aber dran, dass Voraussetzung für den Wohnriesterbezug das Eigenheim ist, also nix vermieten, nix kurzfristig verkaufen und es muss der Mittelpunkt des Lebens sein, also nicht das Ferienhaus auf Malle.

  • Denk aber dran, dass Voraussetzung für den Wohnriesterbezug das Eigenheim ist, also nix vermieten, nix kurzfristig verkaufen und es muss der Mittelpunkt des Lebens sein, also nicht das Ferienhaus auf Malle.

    Ein weiteres Beispiel wie die Politik an der Lebenswirklichkeit der Generation unter 40 vorbei gestaltet...

  • Danke für eure tollen Antworten!


    Es ist anscheinend selten, dass sich jemand unter 30 mit so etwas intensiv beschäftigt. Nachdem die Zinsen auf diesem Rekordtief sind und unser Geld quasi vernichtet wird und sich dann noch nicht mal Produkte für die Anlage / Vorsorge abzeichnen, die ich guten Gewissens machen kann, ist es echt ein Trauerspiel.

  • @Nordlicht1337 - In der Tat beschäftigen sich viele Jüngere nicht oder nicht ausreichend damit oder betreiben ob der gefühlten Komplexität der Materie das angewandte Vogel Strauß Prinzip - Kopf in den Sand.


    Das Gute ist, dass die Inflation ja auch auf niedrigstem Niveau liegt, so dass man real (und darum geht es ja letztendlich) auch mit Tagesgeld und Festgeld immer noch eine (Mini)-Verzinsung bekommen kann.


    Und der große Vorteil für die Jüngeren ist: Da es noch weit bis zu Rente ist, kann man sich auch noch riskantere Anlagen leisten - Aktien (als Einzelwerte, Fonds oder ETF) oder Immobilien.